Satire Testbericht

No-product-image
ab 8,19
Auf yopi.de gelistet seit 09/2003

5 Sterne
(8)
4 Sterne
(2)
3 Sterne
(3)
2 Sterne
(0)
1 Stern
(0)
0 Sterne
(0)

Erfahrungsbericht von Buecherjule

DER HASE IM HAUS BIN ICH!

Pro:

-

Kontra:

-

Empfehlung:

Ja

DER HASE IM HAUS BIN ICH!
oder die amüsante Geschichte eines noch kurzen Hasenlebens

Mein Name ist Biene und ich bin ein Hase!
Ich gebe zu, das ist nicht unbedingt logisch, aber Logik gehört nicht zur Charakteristik dieses Landstriches, schließlich bin ich ein sächsischer Hase. Eigentlich bin ich auch kein Hase, sondern ein Mischlingszwergkaninchen, aber alle kurzohrigen Zweibeiner sagen Hase zu mir. Das gefällt mir auch, dieses Wort klingt so nach Wiese und Wald und vor allem nach Hoppeln. Kaninchen klingt nach Topf, in den hat mich mein Frauchen mal zur Probe gesetzt, aber bleiben wir erst mal bei meiner Vorstellung.

Mein Hasenleben währt noch nicht sehr lange, ungefähr einen Hasensommer und eineinhalb Hasenhäuser lang. Ich bin ein ausgesprochen hübscher Hase, obwohl Frauchen immer sagt, ich hätte einen dicken Hintern, dabei ist der verglichen mit ihrem absolut harmlos.

Meinen kleinen, wohlgeformten Kopf zieren zwei prächtige, braune Löffel. Sie sind mein ganzer Stolz. Ich kann sie drehen und wenden wie Antennen, aufstellen und ablegen, je nach Situation. Vor allem aber höre ich damit alles, auch das, was ich nicht hören soll. Diese zwei Ohren unterscheiden mich wesentlich vom Rest der Familie und verdeutlichen auch jedem Sachsen: ich bin ein Hase.
Augen besitze ich auch, dunkelbraune Hasenknopfaugen, damit sehe ich alles, auch das was ich nicht sehen soll, schließlich fresse ich täglich Möhrchen.

Des weiteren findet der aufmerksame Betrachter in meinem Hasengesicht eine süße kleine Hasenschnuppernase, und die ist immer in Bewegung, Training ist alles, und schnuppert alles, auch das... aber das hatten wir ja bereits.
An Wichtigkeit unbedingt meinen Löffeln gleichgestellt sind meine zwei Hasenhauer. Die brauche ich vor allem zum Fressen, aber man kann damit auch viele andere tolle Sachen machen. Frauchen hat doch ernsthaft erwogen, sie zu kürzen, warum eigentlich?

Nicht vergessen darf ich meine rosarote Zunge. Mit der unterscheide ich die Zweibeiner, manche schmecken salzig, andere dreckig und häufig auch rauchig. Wenn ich meine sogenannte Familie (völlig unpassend, weil die Zweibeiner eben auf nur zwei Beinen laufen, statt Löffeln komische Schüsseln tragen und auch unter Schwanz etwas anderes verstehen) beeindrucken will oder ich muss etwas gut machen, schlecke ich ihnen Hände und je nach Schwere des Vergehens auch Füße ab. Sie lieben mich dann um so mehr und sehen mir vieles nach.
Wahrscheinlich ist das der Grund, warum ich am Tag mehr lecke als meine Notdurft verrichte und diese Meßlatte hängt schon ziemlich hoch.
Im übrigen leiste ich sehr wohl damit Abbitte, schließlich kann sich auch ein Hase etwas Amüsanteres vorstellen, als Schweißfüße abzulecken.
Zu nennen wären noch mein Bart und der kleine weiße Fleck auf meiner Stirn. Den lasse ich mir am allerliebsten kraulen, stundenlang, das entspannt so schön und macht das Käfigleben erträglicher.
Ein schöner, langer, brauner Hasenrücken kann auch entzücken (auch Hasen kennen dumme Sprüche) und an dessen Ende kommt der schon angesprochene "kleine" Hasenhintern, geschmückt von einer weiß-braunen Blume (die Farbe braun hat durchaus ihre Vorteile, schließlich sind meine kugelförmigen Ausscheidungen von derselben).
Viel wichtiger als der weiße Bauch, an den mir sowieso keiner kommen darf, sind die weißen Hasenpfötchen, vier an der Zahl. Die vorderen erfüllen eigentlich nur die Funktion des Putzens und damit ich nicht umfalle. Aber meine mächtigen Hasenhinterpfoten verleihen mir mein charakteristisches Sprungvermögen und die Schnelligkeit, das Wohnzimmer in wenigen Sätzen exakt zu vermessen. Ich kann sogar während der Flugphase wenden. Nur leider ist das meine kitzligste Stelle, Gott sei Dank weiß das kaum jemand.
Den Abschluss meiner recht umfangreichen Beschreibung, schließlich bin ich ja hier die Hauptperson, bilden die Krallen, die jedes meiner vier Pfötchen zieren. Neben dem unerlässlichen Festkrallen kann ich damit auch Markierungen setzen, zum Beispiel auf Frauchens haarlosen Körper. Die zeigen jedem Hasen deutlich an, das ist meine "Fressnapfliebe"!
Meine Größe entspricht ungefähr der Höhe des Mülleimers oder dem Abstand des letzten Dieffenbachblattes vom Fußboden im Wohnzimmer meiner Herbergsfamilie.
Mein Gewicht geht niemanden etwas an, darüber sprechen auch Hasenfrauen (?) nicht gerne, jedenfalls für einen Braten zu wenig.

Damit wären wir bei der Frage des Geschlechts angelangt, dem bedauerlichsten und wohl schmerzhaftesten Kapitel meines kurzen Hasenlebens. Auf die Hasenwelt geworfen hat mich meine Hasenmama als strammen Rammler, der ganze Stolz des Wurfs. Die entscheidende Wendung (im wahrsten Sinne des Wortes) brachte eine kurzohrige Menschin, die da behauptete, ich wäre eine Häsin. Da ich im allgemeinen recht sprachlos bin und zu diesem Zeitpunkt noch sehr jung und unerfahren war, konnte ich mich diesen Irrtums nicht erwehren. Etwa drei Menschenmonate und drei Tierarztbesuche später konnte ich dieses ändern. Ich wollte gerade meiner Lieblingsfuttergeberin meine grenzenlose Liebe beweisen, da geriet mein Hasenhormonhaushalt in Wallung und ich mit ihm und Frauchen schrie: "Huch, da stimmt aber etwas nicht!" . Was sollte da nicht stimmen, mein Gott, ich bin doch auch nur ein Mann. So verlor ich schließlich meine Unschuld und bald darauf auch die Insignien meiner Hasenmännlichkeit. Nach einem ausgiebigen Schläfchen außer Haus, erwachte ich und war ein "ES".
(Wenn Frauchen meint, ich vergesse, wer mich dorthin getragen hat, irrt sie.)
"ES" sagt eigentlich keiner zu mir, meist bin ich Biene (weiblich) und "sie" oder Bino (undefinierbar) und "er", es ist also alles in bester Unordnung.

Meine sogenannte, schon häufiger erwähnte Familie besteht aus drei Exemplaren der Gattung Mensch. Diese Spezies unterscheidet sich doch wesentlich von der meinen und meine Mutter gab mir auch eine entsprechende Warnung mit auf den Weg, aber auch Hasen haben das Recht auf ihre eigenen Erfahrungen.
Alle drei laufen auf nur zwei Pfoten, sind kurzohrig, riesengroß und gemessen an meinen Hasenvorstellungen völlig unvollkommen. Das fehlende Fell ersetzen sie durch mehr oder weniger attraktive Textilien, geschmacklich durchaus angenehm.
Herrchen, auch Papa oder Alter genannt, kümmert sich um meinen Stall. Er macht das ganz ordentlich, obwohl Ordnung nicht zu seinen Stärken gehört (sagt Frauchen). Mittlerweile habe ich ihm auch beigebracht, wie die Einrichtung meiner guten Stube auszusehen hat. Außerdem bringt er mir sehr viel Grünes von seinen Ausflügen mit und berücksichtigt in einzigartiger Weise meine Vorlieben beim Körnerfutter. Er ist wohl nicht mehr der jüngste, denn mit einer gewissen Regelmäßigkeit vergisst er meinen Namen und nennt mich statt dessen "Schnuppchen" oder "Bienerle", aber das klingt noch angenehmer als Frauchens "Hasenfurz". Da spürt man doch eine gewisse Seelenverwandtschaft, schließlich war ich auch einmal ein Rammler. Genehmigt er mir Ausgang in Frauchens Abwesenheit gilt das als Feiertag. Dann darf ich nach Herzenslust die Wohnung meiner Menschenfamilie verkosten.
Bei Frauchen läuft das etwas anders. Als hätte sie an ihrem Menschenkind nicht genügend zu (v)erziehen, versucht sie es auch noch an mir wehrlosem Geschöpf. "Lass die Grünlilie zufrieden", "Nimm die Zähne von der Tapete" und "Hüte dich vor den Kabeln". Das nervt vielleicht. (Herrchen sagt das auch immer!)
Dafür sorgt sie sich sehr um mein leibliches Wohl, wechselt täglich das Wasser, beachtet vorbildlich die Trinktemperatur und lässt mir auch manchen zusätzlichen Leckerbissen zukommen. Deshalb habe ich ihr auch wenigstens einen, vermeintlichen Erziehungserfolg zugestanden: statt auf Couch und Teppich mache ich mein Geschäft fast nur noch im Käfig. Mein Revier habe ich in den ersten Wochen sowieso ausgiebig markiert.
Da ich die ganze Familie benennen will, muss ich auch das Menschenjunge, genannt Sophia, berücksichtigen. Sie ist die Krönung der ganzen Menschenfamilie und von hasenähnlichem Schrot und Korn. Ihre Dummheiten sind nicht zu verachten, auch wenn sie nicht meine Qualitäten erreichen. Oftmals bewegt sie sich wie ein Hase auf vier Pfoten und versteckt ihre Menschenohren unter langem gelben Fell. Im Allgemeinen trete ich aber bei ihrem geräuschvollen Erscheinen den strategischen Rückzug an. Sicher ist sicher! "My Home is my Castle" und schützt auch einigermaßen vor Zugriffen von außen.
Sophia kann aber auch ganz lieb sein und ihr Zimmer ist immer eine Entdeckungsreise wert.
Meine Familie ist schon ganz in Ordnung und ist erst durch mich komplett. Ich weiß gar nicht, wie das vorher ohne mich lief?

Nachdem nun alle Beteiligten entsprechend vorgestellt wurden, komme ich nun zum Kernpunkt meiner Memoiren: Mein Leben bei B...'s!
Angefangen hat mein Leben ja eigentlich schon vor B...'s, aber daran kann ich mich kaum erinnern.
Geboren wurde ich an einem sonnigen Julitag im Schoße meiner Hasenmama als schönster ihres Wurfes. Geschwister und Eltern verließ ich bald, schließlich wartete ja meine neue Familie. Kurzzeitig verschlug es mich in ein recht geräumiges Gehege eines Gartencenters. Dort tummelte ich mich mit Artgenossen und Meerschweinchen. Letztere sind von der Natur mit Ohren gestraft, die diese Bezeichnung überhaupt nicht verdient haben. Eines Tages, dem Tag X meines Hasenkalenders galt der zielsichere Griff meines späteren Herrchens dem hübschesten Hasenkind dieser munteren Gesellschaft, nämlich mir. Einmal auf seinem Arm platziert versuchte der hasenlose Menschenmann mir zwanghaft klar zu machen, ich solle mich nicht fürchten. So ein Quatsch, schließlich wartete ich ja nur auf ihn. Es folgte die schon beschriebene verkorkste Geschlechtsbestimmung. Diese verlief zur vollsten Zufriedenheit meiner zukünftigen Pflegeeltern, war ja auch vermessen, anzunehmen, sie würden den Irrtum bemerken!
In einen kleinen, fürchterlich gelben Karton gequetscht trat ich auf den Armen meines gerührten Frauchens die Heimreise an. Dort stellte man mich dem Menschenkind Sophia vor. Dieses war auf Grund meines zarten Alters von vier Wochen und meiner Schönheit einfach sprachlos. Leider stellte sich dieser Zustand später als äußerst selten heraus. Frauchen stammelte ununterbrochen "mein Muckel, mein Muckel". Es folgte ein ausgiebiger Erkundungsgang durch meinen zukünftigen Stall, das, was sie Wohnung nennen. Diese bietet mit Sicherheit Platz für hundert Hasenkinder, aber ich bin ganz allein hier.
Ich begann meine Entdeckungsreise im Wohnzimmer, fraß mal von der, mal von der Grünpflanze und sortierte diese nach Geschmack auf meinen Speiseplan. Außerdem entwickelte ich eine Strategie meines noch folgenden Wachstums, um auch die leckersten Blätter irgendwann zu erreichen. Das Wohnzimmer bietet aber nicht nur eine Vielzahl von Leckerbissen pflanzlicher Art, sondern auch textiler und "papieriger" Art. Noch heute ist der Couchbezug fester Bestandteil meines Menüplanes und die Kurzohrigen wissen mittlerweile auch mein gestalterisches Talent zu würdigen. Gleichmäßig gelöcherte Couchüberwürfe und ungleichmäßig gelöcherte Tapeten verleihen dem Raum doch erst das besondere Ambiente. Als Dessert vermerkte ich die herrlich prickelnden Stromleitungen, ich liebe das Risiko!
Nachdem die Fressensfrage vorläufig geklärt war, vermaß ich meine zukünftige Rennstrecke.
Am Schlafzimmer gefielen mir auf Anhieb die herrlich weichen, gut saugenden Bettdecken. Meine "Norpel" passten farblich ideal zur Bettwäsche. Leider teilen meine Zweibeiner diese Ansicht nicht, sodass ich auf dieses Vergnügen bald verzichten musste.
Die Hasenhitliste der Räumlichkeiten führte und führt aber einsam und alleine das Kinderzimmer, Aufbewahrungsort des Menschenkindes, an. Nicht nur die Bettdecke mit den lustigen Motiven beflügelt meine Hasenphantasie, sondern vor allem die wild im ganzen Raum verstreuten Spielsachen und Kleidungsstücke. Da weiß man gar nicht, wo man mit schnuppern und probieren anfangen soll. Dagegen sind Grünpflanzen und Tapeten profan.
Der Flur hat dagegen nicht viel zu bieten, nur Schuhe, und diese erinnern mich meist an Frauchens Problemzone.
Bad und Gästebad lohnen kaum einen Besuch. Es fehlt dort auch das, was die Menschen Auslegware nennen, auch wenn die meiner Familie diesen Namen nicht verdient. Auf den Fliesen muss man sich sehr vorsichtig bewegen, die Fluchtmöglichkeiten beschränken sich daher auf ein Minimum. Herrchen nennt das dann "schusseln" und findet es lustig. Ich nenne es rutschen, und kann darüber nur müde lächeln. Nichtsdestotrotz schaue ich auch hier regelmäßig nach dem Rechten und korrigiere, wenn nötig den Standort des Wischeimers.
Besonders lange aufgespart habe ich mir das Abenteuer Küche. Da kommt schließlich meist das Fressen her und den Glauben an große Dillbeete und riesige Körnersilos wollte ich mir bewahren. Schnell musste ich nach den ersten Besuchen einsehe, es gibt weder das eine, noch das andere. Von Dill oder anderem Grünzeug keine Spur. Und die Körner befinden sich in einer vergleichsweise kleinen Dose mit rotem Deckel. Heute steht dort mein Stall, direkt neben dem Mülleimer links und dem gut abgeernteten Ficus rechts.
Wesentlich später fiel mir auf, da gibt es noch eine unentdeckte Räumlichkeit: den Balkon! Aus irgendeinem Grund wollen Frauchen und Herrchen es besonders spannend machen. Bis heute durfte ich ihn nicht betreten, aber man braucht ja auch noch Zukunftsperspektiven!

Damals aber, im August verfrachtete man mich ins Schlafzimmer, dem langweiligsten Zimmer der Wohnung. Noch dazu bekam ich eine blaue (passt überhaupt nicht zu meiner Fellfarbe) Bücherkiste sehr spartanisch ausgestattet als Unterschlupf. Da habe ich den Zweibeinern aber bald die Hacken gezeigt. Auch eine eilig darüber befestigte Gardine konnte meinen Freiheitsdrang nur unwesentlich behindern.
Irgendwann sah das auch meine Familie ein und ich zog mit Sack und Pack ins Wohnzimmer und bekam einen richtigen Hasenkäfig. Vorausgesetzt ein Hase mag überhaupt einen Käfig, der war und ist ok, ordentlich ausgestattet und bequem, trotzt aber jedem Fluchtversuch. An meinem neuen Standort stand ich endlich, wie sich das für den Star der Familie gehört, entsprechend im Mittelpunkt. Nur das allabendliche Fernsehprogramm lässt viele Wünsche offen.
Der letzte Hasenumzug fand dann im Winter an den schon erwähnten Ort statt.
Einen entscheidenden Einschnitt in mein junges Hasenleben stellte die Namensgebung dar. Sie gestaltete sich äußerst schwierig. Auf Grund des falsch bestimmten Geschlechtes konnte das nicht gut ausgehen, aber das meine Zweibeiner auch noch fremder Hilfe bedurften, finde ich schon bedenklich. Eine Menschin namens Dörte bestimmte: Hase heißt Biene. Die Logik ist umwerfend und sie muss ja auch nicht mit diesem Namen durchs Leben gehen. Als hätte ich es geahnt, der Name blieb auch der gleiche, nachdem ich mich als Rammler geoutet hatte. Nur die Abwandlungen wurden variantenreicher (Bienerich, Bino, Bienchen, Schnullertrude, Schnuppchen, Süße, Dicke usw.).
Als wichtiger Meilenstein erwies sich das Geschenk meines Herrchens im Herbst, kurz bevor ich eine Woche zur Pflege abgeschoben wurde. Pflegefrauchen ist für meinen Namen verantwortlich, Hasenrache ist löchrig. So nutzte ich diese Woche, um mich entsprechend zu revanchieren.
Bewusstes Geschenk also bestand aus einem hölzernen Haus mit wunderschönem, knallrotem, natürlich biologisch eingefärbtem Dach, der Traum eines jeden Hasen. Fortan war der Nagestein out. Sperrholz erwies sich als vitaminreicher und widerstandsfähiger. Aber nicht nur meine Zähne bekamen Arbeit, sondern jetzt konnte ich endlich meinem Hobby, der Innenarchitektur, auch im eigenen Stall und nicht nur im Stall meiner Zweibeiner frönen. Ich räume eigentlich ständig und vor allem sehr geräuschvoll um. Mittlerweile habe ich das erste Haus auf natürliche Weise recycelt und ein zweites, diesmal mit modernem Flachdach in Besitz genommen. Auf diesem hockt man besonders trocken, seitdem werde ich häufig "Hausbesetzer" genannt. Meine Zweibeiner sind einfach nur neidisch, schließlich bin ich der einzige Hausbesitzer der Familie.
Ein weniger erfreuliches Erlebnis hatte ich im Dezember. Plötzlich tauchte ein großer, mehr oder weniger weißer Hundekopf vor meinem Käfig auf. Man stellte ihn mir als neuen Freund Max vor, um das anscheinend zu unterstreichen, jammerte und bellte der Vierpfoter. Als ob ein ordinärer Hund der Freund eines intelligenten Hasen werden könnte. Ich übte vornehme Zurückhaltung, zeigte mich meist von meiner, schönsten, der hinteren Seite, obwohl die Anwesenheit des Tieres vor meinem Käfig zeitweise einer Belagerung gleichkam. Bei einem Spaziergang durfte ich ihn dann sogar mal aus der Nähe betrachten. Die Art, wie Max "Guten Tag" zu sagen pflegt, gefiel mir ganz und gar nicht. Dieses klappende Geräusch tut meinen empfindlichen Ohren gar nicht gut.
Wenn ich auch dieses Mal den geordneten Rückzug antrat, ich kann auch anders. Einer meiner, vielen Namen lautet auf "Kampfhase". Und das zurecht, ob nun Staubwedel oder Hauslatschen, Pfoten hoch und drauf! Auch den Zweibeinern muss man gelegentlich mal zeigen, wo es lang geht. Neben meinem außergewöhnlichen Mut zeichnet mich aber auch meine Ordnungsliebe aus. Da sind Frauchen und ich uns völlig einig: Ordnung muss sein! Sollte also mal etwas wie Hausschuhe, Ärmelbretter, Gläser oder ähnliches im Wohnzimmer herumliegen, helfe ich meinem gestressten Frauchen und räume es flugs beiseite. Ein besonderer Schwachpunkt ist das kleine Tischchen zwischen beiden Sofas. Dort werde ich regelmäßig fündig und entferne Kerzenständer genauso wie halbgeleerte Gläser. Gründlich vergewissere ich mich, ob das betreffende Teil den Fußboden heil oder zerdeppert erreicht hat. Auch unter der Couch musste ich erst einmal für Ordnung sorgen. Das war Knochenarbeit und erstreckte sich über einen längeren Zeitraum.
Selbstverständlich erstreckt sich meine Hilfsbereitschaft auch auf die Wäsche, erstens hat die im Wohnzimmer nichts zu suchen und zweitens muss sie halt sortiert werden.
Charakterlich gefestigt und mit der Erfahrung eines alten Hasen griff ich auch am Heiligen Abend ein. Lampen an einem Tannenbaum, ja wo gibt es denn so was? Schließlich erwarteten wir hohen Besuch! Mit einem gezielten Biss stellte ich den gewohnten Zustand wieder her. Danach brauchte ich einige Tage das Wohnzimmer nicht kontrollieren, meinte meine Familie.
Entgegen anderslautenden Äußerungen bin ich ein wohlerzogener Hase. Es genügt ein Schrei "Biene" und ich unterbreche sofort meine intensive Tapetengestaltung für ca. 30 Sekunden.
Eigentlich lebe ich sehr gesund, vertilge Mengen von frischem Grünzeug, Gemüse und sogar Obst. Zweimal täglich werte ich meine Hasenkost mit Körnernahrung auf. Genügend Abwechslung bringen die schon erwähnten Grünpflanzen, Tapetenschnipsel, Kabelummantelungen, Textilien und die Hausschuhe meines Herrchens (Herrchens Devise lautet: man muss alles mal probieren). Allerdings kann ich auf Kohlrabi leicht verzichten. Nach dessen Genuss war ich mal einen Tag lang krank, litt unter Bauchschmerzen und Blähungen. An Getränken bevorzuge ich Wasser mit einer Trinktemperatur von 21,65 Grad Celsius. Herrchen meint, das sei zu einseitig und lässt mich gelegentlich auch an seinem Bierglas schlecken. Seinen Bierkonsum hat Herrchen nach meinen Vorlieben umgestellt auf Schwarzbier und Hefeweizen, während Frauchen einfach nicht zu überzeugen war, trockenen Wein zu trinken. Dann muss sie ihre Weinvorräte eben ganz allein reduzieren.
Herrchen ist sowieso ein Hasenschatz! Ich habe ihm nicht nur das Häuschen, sondern auch eine mit Sand gefüllte Schale im Wohnzimmer zu verdanken. Dort kann ich nach Herzenslust scharren und den Sand im Wohnzimmer ausreichend verteilen. Am liebsten aber verbringe ich da meine Rennpausen, schmeiße mich geschickt der Länge lang auf den Rücken (Frauchen und Herrchen sagen dazu "Hase tot", der Humor der Zweibeiner ist schon eigenartig!) und lasse mir kurzzeitig die Lampe auf den Bauch scheinen. Die Menschen würden so was wohl Solarium nennen, leider bin ich ein schlecht bräunender Hauttyp.
Zwischendurch lege ich meine müden Pfoten aber auch gerne mal auf der Couch ab und schaue etwas fern. Frauchen streichelt mich voller Inbrunst und wenn dann noch meine favorisierte Fußballmannschaft gewinnt, bin ich im siebenten Hasenhimmel (natürlich nur sprichwörtlich, den Gefallen tue ich so schnell Niemandem).
Als letzte Episode will ich noch die Begegnung mit meinem Schatten erzählen. Plötzlich im Wohnzimmer, bei einem recht langweiligen Fußballspiel, tauchte vor und neben mir ein dunkles Etwas auf. Ich legte mich wie gewöhnlich flach auf den Boden und schlich mich an. Leider erreichte ich es nie, es wich sofort ängstlich aus.
Natürlich verriet mir mein Hasenverstand bald die Lösung, es ist mein eigener Hasenschatten, den jede bedeutende Persönlichkeit besitzt. Nur Herrchen und Frauchen schenkten meinen Anschleichfähigkeiten soviel Aufmerksamkeit, dass ich noch eine weitere Kostprobe meines Könnens gab.

So nun ist schon wieder Juli und ich habe bald Geburtstag(1.). Mal sehen, was meine Familie sich einfallen lässt. Beim Max gab es ein riesen Brimbamborium, na ja der junge Hüpfer freut sich noch über so was. Ich bin den Kinderpfoten ja längst entwachsen und ein richtiger alter Hase.
Meiner Familie werde ich noch meine besten Jahre schenken. Schließlich können sie gar nicht ohne mich. Ich bin ja auch so zufrieden, wie es ist. Die wichtigsten Voraussetzungen sind geschaffen und auch die Hasensprache beherrschen sie schon ganz gut: Löffel anlegen - ich will gestreichelt werden; Lecken - es tut mir leid; Fressnapf umwerfen - ich habe Hunger; am Gitter nagen - ich will spazieren gehen!
So kann ich in Ruhe alt werden und meine Memoiren weiter schreiben.

Bis zum nächsten Mal

Biene!

Erscheint auch bei Ciao!

102 Bewertungen, 37 Kommentare

  • olsenbande

    03.05.2008, 14:59 Uhr von olsenbande
    Bewertung: sehr hilfreich

    bin fleißig am Lesen...... LG Steffen

  • XXLALF

    22.07.2007, 14:09 Uhr von XXLALF
    Bewertung: sehr hilfreich

    0001 0001

  • sweetsixty

    26.04.2007, 22:17 Uhr von sweetsixty
    Bewertung: sehr hilfreich

    LG Martina

  • Ratzchen

    03.04.2007, 20:40 Uhr von Ratzchen
    Bewertung: sehr hilfreich

    sh und lg Katja

  • Estha

    26.03.2007, 15:47 Uhr von Estha
    Bewertung: sehr hilfreich

    schön :-)

  • LadySimara

    24.03.2007, 21:19 Uhr von LadySimara
    Bewertung: sehr hilfreich

    ***Liebe Grüße Steffi***

  • hjid55

    24.03.2007, 13:00 Uhr von hjid55
    Bewertung: sehr hilfreich

    Sh & lg Sarah

  • anonym

    24.03.2007, 00:41 Uhr von anonym
    Bewertung: sehr hilfreich

    *lol* verglichen mit ihrem Hintern... ich lach mich tot!

  • rosewitch

    23.03.2007, 17:55 Uhr von rosewitch
    Bewertung: sehr hilfreich

    ♥(¨*•.¸SH & LG Diana¸.•*¨)♥

  • Sabate

    22.03.2007, 15:54 Uhr von Sabate
    Bewertung: sehr hilfreich

    schöne Grüsse...Todd

  • angi3000

    20.03.2007, 19:29 Uhr von angi3000
    Bewertung: sehr hilfreich

    Liebe Grüsse!

  • b00n1

    20.03.2007, 19:21 Uhr von b00n1
    Bewertung: sehr hilfreich

    Sehr Hilfreich und informativ Würde mich über eine Gegenlesung freuen =) gruß b00n1

  • Sayenna

    11.03.2007, 22:56 Uhr von Sayenna
    Bewertung: sehr hilfreich

    sh :-)

  • mu4you

    11.03.2007, 20:34 Uhr von mu4you
    Bewertung: sehr hilfreich

    sh LG mu4you

  • Tweety30

    06.03.2007, 10:39 Uhr von Tweety30
    Bewertung: sehr hilfreich

    ▪ sh ▪ Liebe Grüße, Tweety30!

  • anonym

    04.03.2007, 17:57 Uhr von anonym
    Bewertung: sehr hilfreich

    *sh* LG Iris

  • melliCLP

    04.03.2007, 00:12 Uhr von melliCLP
    Bewertung: sehr hilfreich

    lg sh melli

  • Baby1

    28.02.2007, 16:26 Uhr von Baby1
    Bewertung: sehr hilfreich

    .•:*¨ ¨*:•. Liebe Grüße Anita .•:*¨ ¨*:•.

  • Zzaldo

    24.02.2007, 13:18 Uhr von Zzaldo
    Bewertung: sehr hilfreich

    ein sh von mir für Dich. LG Stephan

  • anonym

    22.02.2007, 20:25 Uhr von anonym
    Bewertung: sehr hilfreich

    LG Damaris :-)

  • oxalife

    15.02.2007, 22:04 Uhr von oxalife
    Bewertung: sehr hilfreich

    sh :O)

  • Qantas

    15.02.2007, 19:16 Uhr von Qantas
    Bewertung: sehr hilfreich

    Liebe Grüße aus Kölle! :-) Und nein, ich gehe nicht Karneval feiern! ;-)

  • luxusklasse1

    15.02.2007, 15:17 Uhr von luxusklasse1
    Bewertung: sehr hilfreich

    sh + lg

  • binobalino

    13.02.2007, 21:14 Uhr von binobalino
    Bewertung: sehr hilfreich

    sh..lg heino

  • kirbekind

    12.02.2007, 23:33 Uhr von kirbekind
    Bewertung: sehr hilfreich

    :-D sehr hilfreich!

  • paula2

    12.02.2007, 19:24 Uhr von paula2
    Bewertung: sehr hilfreich

    liebe Grüße

  • papaonline

    11.02.2007, 20:51 Uhr von papaonline
    Bewertung: sehr hilfreich

    lg papaonline

  • Ilka123

    11.02.2007, 20:21 Uhr von Ilka123
    Bewertung: sehr hilfreich

    Liebe Grüsse, Ilka ;-))

  • anonym

    11.02.2007, 11:59 Uhr von anonym
    Bewertung: sehr hilfreich

    sh :o)

  • sandrad198

    11.02.2007, 08:50 Uhr von sandrad198
    Bewertung: sehr hilfreich

    sh+lg Sandra

  • campimo

    11.02.2007, 00:01 Uhr von campimo
    Bewertung: sehr hilfreich

    *°* SH & LG *°*

  • bodenseestern

    10.02.2007, 23:14 Uhr von bodenseestern
    Bewertung: sehr hilfreich

    **liebe Grüße Petra**

  • taz772112

    10.02.2007, 22:25 Uhr von taz772112
    Bewertung: sehr hilfreich

    SH & LG :o)

  • swissflyer

    10.02.2007, 22:02 Uhr von swissflyer
    Bewertung: sehr hilfreich

    ♦*♦*♦*♦ sh ♦*♦*♦*♦

  • morla

    10.02.2007, 22:02 Uhr von morla
    Bewertung: sehr hilfreich

    sehr hilfreich

  • bastiansuperstar

    10.02.2007, 21:40 Uhr von bastiansuperstar
    Bewertung: sehr hilfreich

    SH!! LG bastiansuperstar

  • anonym

    10.02.2007, 21:36 Uhr von anonym
    Bewertung: sehr hilfreich

    Sehr hilfreich :-)