Tod und Teufel (gebundene Ausgabe) / Frank Schätzing Testbericht

ab 19,42
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Summe aller Bewertungen
  • Niveau:  anspruchsvoll
  • Unterhaltungswert:  hoch
  • Spannung:  sehr gering
  • Humor:  durchschnittlich
  • Stil:  ausschmückend

Erfahrungsbericht von Tut_Ench_Amun

Mer losse d'r Dom in Kölle

Pro:

Leicht und teils witzig zu lesender Mittelalter-Krimi, Guter Unterhaltungswert

Kontra:

Kleine Schwächen am Ende, etwas einfach zu durchschauen, arg überzogenes Dozieren über Politik und Geschichte Kölns

Empfehlung:

Ja

Und weiter geht\'s mit des Pharaos derzeitigem Tick sich Romane mit kirchlichem Hintergrund zu geben. Tod und Teufel ist nun schon das dritte Buch dieser Art in Folge, dass Merkwürden sich zu Gemüte führt...Keine Ahnung, wo dieser Spleen plötzlich herkommt, denn gläubig ist Merkwürden nämlich überhaupt nicht *g*. Aufgefallen ist mir der Wälzer im Club Bertelsmann Katalog des letzten Quartals, wo er als „Best Book“-Ausgabe für 8,90 € angepriesen wurde. Nur Bestseller erreichen diese höchste der Bertelsmannschen Weihen, sodass man davon ausgehen kann, dass es sich nicht unbedingt um Schrott handelt. Also dann: Fix bestellt. Der Klappentext haut in die Gleiche Kerbe: „Vom Geheimtipp zum Bestseller“ steht da zu lesen, das behauptet jedenfalls die „Kölner Rundschau“...Na, ob da nicht ein wenig Lokalpatriotismus mitschwingt? Wir werden sehen...Seit etwa zwei Monaten schlummerte die Neuerwerbung jetzt schon ungelesen in meinem Regal, Zeit also den Roman endlich zur Brust zu nehmen und mal abzuklopfen, ob das Buch es verdient hat über den grünen Klee gelobt zu werden...

Der Steckbrief
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Titel: „Tod und Teufel“
Autor: Frank Schätzing
Genre: Mittelalterlicher Krimi
Ersterscheinungsjahr: 1998 (Emons)*
Seiten: 462*
ISBN: 3 – 8970 - 5133 - 8
Ausführung: Broschiert *
Illustration(en): vereinfachte Karte von Köln anno 1260
Preis: zwischen 8.90 € (PB) und 15,00 € (HC)*

*) meine Version des Buches stammt aus der „Best Book“-Serie vom Club Bertelsmann aus dem Jahre 2002, ein Mittelding zwischen Hardcover und Paperback und unterscheidet sich im Cover von der Originalausgabe (1998), sowie dem PB von Goldmann (2003). Der Sepiafarbene, auf Alt getrimmte Einband zeigt einen wandelnden Kapuzinermönch vor einem vergilbten Grundriß einer Kirche.

Zur Story
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Wir schreiben das Jahr 1260 in Köln, der Kölner Dom befindet sich noch im Bau unter der Leitung des genialen, visionären Baumeisters Gerhard Mortat. Doch eine dunkle Verschwörung von der Gerhard Kenntnis haben muss, wird ihm zum Verhängnis, schon zu Beginn der Geschichte werden wir Zeuge, wie ein gewisser Mathias und ein gewisser Heinrich in einer Nacht-Und-Nebel Aktion den gedungenen Killer Uruqhart anheuern, der den Baumeister erledigen und eine weitere – bislang unbekannte - Aufgabe übernehmen soll. Uruqhart tut wie ihm geheißen, kauft sich zwei Zeugen, die den Mord später einen Unfall bekunden und als sich die Gelegenheit bietet schubst er Gerhard dezent vom Baugerüst des Doms. Allerdings hat er nicht mit einem richtigen Zeugen gerechnet, der sich gerade an bzw. in den erzbischöflichen Apfelbäumen gütlich tut: Jacop, genannt „Der Fuchs“, seines Zeichens ein kleiner, unbedeutender Dieb. Eigentlich wollte Jacop nur (illegal) seinen Hunger stillen, fällt aber vor lauter Schreck über die schattenhafte Gestalt und die Tat aus dem Baum – mehr noch: Da der Baumeister sich noch bewegt, überkommt ihn der irrige Gedanke ihm vielleicht helfen zu können. Alle Vorsicht vergessend setzt Jacop im Schweinsgalopp herüber zum Gestürzten und dieser lebt tatsächlich noch lang genug, um dem Tagedieb ein paar Worte ins Ohr zu flüstern bevor er sich endgültig aufmacht seinen Schöpfer zu treffen.

Jetzt heisst es nichts wie weg! Jacop hockt hier auf dem Domplatz mitten auf dem Präsentierteller, der Mörder hat ihn unter Garantie gesehen, sodass ein Rückzug mehr als angebracht erscheint – keine leichte Aufgabe für jemanden der mit seinem leuchtenden Rotschopf auffällt, wie eine Knackwurst in der Maibowle. Dennoch schafft er es dank der unerwarteten Hilfe der (soeben kennen gelernten) Färberstochter Richmodis und eigener Pfiffigkeit den kaltblütigen Attentäter abzuschütteln. Denkt er. Doch als er seine unglaubliche Story zweien seiner engsten Freunde erzählt, werden diese etwas später von ungewöhnlichen Armbrustbolzen durchbohrt von ihm aufgefunden. Der Killer hat seine Witterung also doch nicht verloren und beseitigt nun alle, die das Geheimnis kennen könnten. In seiner Not und auch leicht verletzt sucht er Richmodis nochmals auf – ihr Onkel Jaspar Rodenkirchen ist Physikus (Arzt), hatte sie beiläufig erwähnt. Der ist von Jacops Geschichte derart fasziniert, dass er beschließt weiter zu forschen, was den Stein erst richtig ins Rollen bringt. Jacop ist nämlich unfreiwillig in eine Fehde zwischen dem Erzbischof und einiger reicher Patrizierfamilien geschlittert und die dulden bei ihrem Komplott nun mal keine Mitwisser. Jetzt befinden sich außer Jacop zu allem Überfluss auch noch seine neugewonnenen Freunde und Helfer: Richmodis, ihr Vater Goddert von Weiden und ihr Onkel Jaspar in höchster Todesgefahr und somit auf der Abschussliste des Killers...

Pharaos Meinung
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Die Basis des Plots steht auf wahren Begebenheiten, tatsächlich ist Gerhard Mortat in besagtem Jahr unter ungeklärten und mysteriösen Umständen vom Baugerüst des Kölner Doms zu Tode gestürzt. Des weiteren sind auch die Patrizier, wie die Overstolzens, die Weisens und die Kohns historisch korrekt, Gleiches gilt natürlich auch für Erzbischof Konrad. Auch wenn Schätzing behauptet: „die Hälfte der Figuren spielt sich selbst“, so ist die Handlung als solches frei erfunden und bedient sich lediglich der Personen, um diesen mittelalterlichen Kriminalfall realistischer erscheinen zu lassen. Mystery sucht man vergebens, denn schon auf den ersten Seiten wird klar, dass es sich um ein Komplott handelt und mindestens drei (Mit-)Täter sind dem Leser sogar schon mal namentlich bekannt, peu á peu zieht die Verschwörung dann immer weitere Kreise, wobei man sich schon bald denken kann, worauf das Ganze im Endeffekt hinausläuft. Hauptaugenmerk liegt demnach darauf, wie es Jacop und seine Freunde schaffen die Verschwörung aufzudecken und von dem eiskalten Profi-Meuchler Uruqhart dabei nicht abgemurkst zu werden.

Der Schreibstil Schätzings ist locker und flockig auch wenn er gerne auf archaische Begriffe zurückgreift, die man damals nunmal benutzt hat, so mischt er immer wieder kleinere moderne Worte mit hinein, um ein wenig Witz in die Sache zu bringen. Witzig ist das Werk stellenweise wirklich, gerade die Wortgefechte zwischen Jaspar und Goddert sind herzerfrischend komisch – doch auch sonst spielt der Autor geschickt mit Sprache und Figuren. Leider gibt es wo Licht ist auch Schatten, so fallen die ausholenden und dozierenden Erklärungen Jaspars zur Geschichte Kölns und der politischen Situation manchmal etwas arg lang und unrealistisch aus, wenn man beispielsweise Zeit hat zu philosophieren kann die Gefahr in der man grade schwebt doch nicht so groß sein, oder? Trotzdem ist das Bild, dass Schätzing vom mittelalterlichen Köln und seiner Akteure zeichnet lebendig und recht glaubhaft, allerdings ein klitzekleines Bisschen Klischeebehaftet und überzeichnet. Die Atmosphäre an sich ist jedoch stimmig und weiß zu gefallen und mitzureissen, da kann ich über minimale Schwächen generös hinwegschauen.

Waren die Erklär-Passagen Jaspars noch sehr weit ausholend, so kommt die Action dennoch nicht zu kurz, wenngleich manche Sachen durchaus vorhersehbar sind, gelingt Schätzing doch die ein oder andere interessante Überraschung. Sehr zu meinem Bedauern geht es am Schluss zu sehr Hoppla Hopp dem Ende der Geschichte zu, hat sich Schätzing vorher noch beinahe akribisch seinen Figuren und der Handlung gewidmet, so geht\'s nun einen Tick zu rasant zu, um die Handlung zu einem logischen und befriedigenden Abschluss zu bringen. Meiner Meinung nach hätte er entweder im Mittelteil die ellenlangen Geschichtsstunden etwas einkürzen können und dafür das Ende pfiffiger und ausführlicher gestalten können (wenn er schon eine bestimmte Seitenzahl erreichen musste/sollte) oder er hätte gleich weitere 20 – 30 Seiten für einen anständigen Showdown drangehängt. Das Ende jedenfalls ist ein ziemlich abrupter Stilbruch und zudem ein veritabler Cliff-Hanger, wozu macht er sich die Mühe die Beziehungen der Charaktere untereinander zunächst tief auszubauen, um dann mit aller Macht auf die Bremse zu treten? Spekuliert(e) Schätzing gar auf eine eventuelle Fortsetzung und wollte den Erfolg seines ersten Buches erstmal abwarten? Ich bin versucht, genau das anzunehmen ohne ihm da was unterstellen zu wollen, doch irgendwie ist mir der Stimmungswechsel am Ende ZU augenfällig.

Fazit
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Bis auf die unfreiwilligen aber trotzdem recht interessanten Geschichtsstunden ein sehr kurzweiliges Buch mit Witz und Charme, hätte...ja hätte...Frank Schätzing das Ende nicht ein wenig schludrig vergeigt, wäre sicher eine 5 Sterne-Bewertung drin gewesen. Insofern hat das Buch seine „Best Book“ Einstufung schon verdient. Die Frage bleibt für welche Leserschaft? Freunde des mysteriösen Thrillers werden ganz bestimmt ein wenig enttäuscht sein, denn es ist ein Krimi – nicht mehr, nicht weniger – bei dem die Täter zu Beginn bekannt sind und auch das Motiv relativ schnell klar wird, auch wenn die handelnden Figuren darüber im Dunkeln tappen und vornehmlich um ihr Leben bangen müssen, weil sie den Mächtigen der Zeit ein wenig zu nahe kommen. Die Idee ein Komplott bzw. eine Mordserie ins finstere Mittelalter zu verfrachten ist auch nicht besonders neu, da hat Umberto Eco mit „Der Name der Rose“ einen Meilenstein geschaffen, der schwerlich zu toppen ist. Eine empfehlenswerte Lektüre für Zwischendurch ohne großen Anspruch, wer mit dem vielen Latein und einigen Begriffen des Mittelalters Probleme hat, bekommt sogar im Anhang ein kleines, nützliches Lexikon geboten. Ich denke 4 Sterne sind gerechtfertigt für Jacop, den Fuchs, der es streckenweise faustdick hinter den Ohren hat, doch am Ende etwas nachlässt.

SoLong

Der Dom-Pharao

Warnhinweis:
Schnellklicker sollen Uruqhart als Versuchsobjekte für seine Zielübungen mit der Armbrust dienen...*ssssssssssssssssst* *tschack!* ;-)

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