Der Vorleser (Taschenbuch) / Bernhard Schlink Testbericht

"Der Vorleser" von Bernhard Schlink, ein wirklich gelungenes und lesenswertes Buch, dass sich nicht nur mit dem Holocaust, dem Völkermord im dritten Reich befasst, sondern auch mit einer gegen moralische Werte verstoßenden Liebesbeziehung zwischen dem Protagonisten 15-jährigen Michael Berg und der 36-jährigen Hanna Schmitz.
Ein Roman, der nicht nur das Interesse an der Vergangenheit Deutschlands weckt, sondern auch typische Elemente der 50iger Jahre beinhaltet (Widerspruch zwischen dem Anerzogenen und sexuellen Bedürfnissen). Meiner Meinung nach die beste Schullektüre, die ich je gelesen habe. Der Verlauf des Prozesses, in den die ehemalige KZ- Aufseherin Hanna verwickelt ist, ist durch Michaels Rückblenden in die Vergangenheit unglaublich spannend und faszinierend. Endlich mal ein Roman, der sich mit den Tabuthemen der Gesellschaft befasst: Analphabetismus, Nationalsozialismus und unmoralische Liebesbeziehungen. Die Geschichte ist unglaublich tragisch und der Autor gestaltet die Rolle des Michael Bergs, in die sich der Leser hineinversetzt sehr authentisch. Man durchlebt förmlich Michaels Gefühle und Gedanken. Schlink verbindet Alltag, das normale Familienleben in einer Stadt mit etwas Ungewöhnlichem. Er zeigt sozusagen, was sich hinter der Fassade abspielt.
Das Lesen dieses Romans bereitet den Schülern der Sekundarstufe II Spaß - ich kenne kaum Kritik. Er unterscheidet sich von allen anderen Pflichtlektüren, denn er ist mordern! Modern bedeutet meiner Meinung nach, dass er sich mal mit etwas Aktuellerem auseinandersetzt und endlich mal Tatsachen zur Sprache bringt, die sonst eigentlich eher totgeschwiegen werden. Heutzutage ist es oft schwer Bücher zu finden, die man durchgehend interessant und spannend findet - anders "Der Vorleser"! Ich glaube ich hatte selten ein Buch, dass ich so schnell ausgelesen hatte! Man würde es am liebsten gar nicht mehr aus der Hand legen!
Allerdings muss ich dazu sagen, dass der Roman nichts für Zartbeseitete ist, die es nicht erwünschen, sexuell Anzügliches zu lesen. "Der Vorleser" kennt kein Tabu, auch vor dem normalerweise Unausgesprochenen wird hier kein Halt gemacht. Michaels sexuellen Bedürfnisse, Wünsche, Gedanken und Taten werden teilweise sehr detailliert dargestellt.
Die Sprache ist leicht verständlich und für jedermann gedacht. Schlink verzichtet auf komplexe Sprache und schwerverständliche oder veraltete Ausdrücke.
Insgesamt ist "Der Vorleser" ein modernen interessanter und abwechslungsreicher Roman und in meinen Augen eine Bereicherung für die deutsche Literatur. Ich kann ihn nur weiterempfehlen. Eine wirkliche Erfrischung für den deutschen Buchmarkt!