Abby Lynn. Verbannt ans Ende der Welt (Taschenbuch) / Rainer Maria Schröder Testbericht

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ab 14,52
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Erfahrungsbericht von vampire-lady

Gefangen nach Down Under

Pro:

-

Kontra:

-

Empfehlung:

Ja

Ich habe das Buch letztens zufällig bei Ciao gefunden und mich erinnert, daß ich es früher als Teenie unheimlich gerne gelesen habe – da hatte ich auch noch die Zeit und Muße, Bücher mehrmals zu lesen. Ich habe die Erstausgabe von „Abby Lynn verbannt ans Ende der Welt“ von Rainer M. Schröder erschienen bei Bertelsmann aus dem Jahre 1987 im Hardcover. Den Preis weiß ich nicht mehr. Ich weiß nur noch, daß das Buch auf eine Empfehlung im Buchla-den in meinen Schrank kam. Ich habe gerade noch einmal die ersten Seiten überflogen und muß feststellen, daß ich den Roman eigentlich auch heute noch gern einmal wieder lesen würde – ist er doch keineswegs kindlich oder zu schlicht formuliert.

Das Buch spielt in der Zeit von 1804 bis 1808 und beginnt zunächst in London. Abby Lynn ist vierzehn Jahre alt und bettelarm, ihre Mutter liegt im Sterben und das Mädchen versucht sich irgendwie durchzuschlagen und die Mutter zu pflegen. Aus einer Mischung von Blödheit und purem Zufall wird Abby in einen Diebstahl verwickelt, verhaftet und verurteilt. Damals war es üblich die meisten Delikte mit der Deportation der Häftlinge nach Australien zu bestra-fen. So soll auch Abby 7 Jahre Zwangsarbeit in Australien leisten. Nebenbei bemerkt wurden aber die Gefangenen damals so saumäßig behandelt, daß dieses Urteil einem Todesurteil gleich kommt.

Abby hat das Glück von der Diebsbande, die ihr das Urteil eingebrockt hat, ein wenig Geld zugesteckt zu bekommen, als kleine Wiedergutmachung – die Abby aber doch irgendwie das Leben erleichtern wird. Auf dem Transport zum Hafen lernt Abby eine Freundin fürs leben kennen – Rachel. Die beiden halten einander aufrecht. Während der monatelangen Reise auf See müssen sie gegen Krankheiten, Hunger und bösartige Mitgefangene kämpfen – das einzig positive was Abby passiert, ist die Bekanntschaft der Familie Chandler, auf deren Farm Abby nach einigen Umwegen als Arbeiterin geschickt wird.

Der Roman ist sehr spannend erzählt. Ich hätte ihn mir damals sehr gut als Weihnachtssechs-teiler, wie „Silas“ oder „Jack Holborn“ vorstellen können. Auch glaube ich, daß der Autor die Bedürfnisse der Altersklasse ab 12 sehr gut getroffen hat. Keinen blödsinnigen Mädchenmüll, dafür aber eine gute Prise Abenteuer, viele historische Informationen und zum Ende hin auch etwas Romantik, ohne dabei kitschig zu werden. Die Hauptfigur wird in einer für sie schlim-men Zeit erwachsen und kämpft sich durchs Leben ohne aufzugeben und ohne sich von den Umständen und anderen Menschen fertig machen zu lassen. Ihr gelingt es auch als Strafge-fangene ihre Würde zu behalten.

Dem Autor gelingt es, dem Leser die historischen Aspekte ohne Langeweile nahezubringen, fast unbemerkt. Ich merkte erst kurz vor dem Abitur, was aus diesem Buch alles in meinem Schädel hängen geblieben war, als ich beim Verlassen der Klasse einem Mitschüler ganz ne-benbei ein paar Infos über das damalige Australien gab, was meine damalige Englischlehrerin unheimlich stresste – pflegte ich doch im Unterricht mehr zu schlafen und mein – ich zitiere – „immenses Wissen“ eher für mich zu behalten. Und ehrlich gesagt, über Australien habe ich in der Schule ansonsten herzlich wenig erfahren.

„Abby Lynn“ schafft einen Einblick über das damalige Ende der Welt, welches aber schon dabei war, sich zu etwas besserem als einer Kolonie zu entwickeln. Der Roman greift sowohl politische Themen auf, zeigt aber auch, wie die Menschen lebten, aber auch ganz pragmatisch überlebten - und wie sich die Bevölkerung Australiens damals zusammensetzte – nämlich vielfach aus „verkrachten Existenzen“, die sich dort ein neues Leben aufbauen wollten, wofür Abby am Ende eines der besseren Beispiele sein wird. Dabei redet der Autor nichts schön und kann durchaus sehr nüchtern werden – beispielsweise in der Episode in der Rachel ihren E-hemann kennen lernt.

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