Erfahrungsbericht von wildheart
Wozu der Zeigefinger Gottes?
Pro:
-
Kontra:
-
Empfehlung:
Ja
Nach „The Six Sense“ (1999) und „Unbreakable“ (2000) liefert M. Night Shyamalan nun seinen nächsten „Horrorfilm“ ab. Allerdings bewegt sich „Signs“ eher im Rahmen von Filmen wie „Panic Room“, die mit Klaustrophobie spielen, der Horror kommt nicht so sehr aus dem, was zu sehen ist oder dass z.B. Monster auftauchen, sondern aus dem, was nicht zu sehen und zu hören ist. „Panic Room“ arbeitete mit dem Eingeschlossensein einer Mutter und ihrer Tochter und drei Gangstern, die in den Raum hinein wollten. „Signs“ arbeitet mit dem In-die-Enge-getrieben-werden, dem zunehmenden Abschneiden von der Außenwelt durch eine Gefahr, die lange nicht fassbar ist.
Inhalt
Farmer Graham Hess (Mel Gibson) war früher einmal Priester. Doch nachdem seine Frau durch einen Autounfall, den Ray Reddy (M. Night Shyamalan) verursacht hatte, tödlich verunglückt ist, hat er seinen Glauben verloren. Am Tisch im Hause Hess wird nicht mehr gebetet. Graham lebt zusammen mit seinen Kindern Bo (Abigail Breslin) und Morgan (Rory Culkin) sowie seinem Bruder Merrill (Joaquin Phoenix) auf der Farm und besitzt riesige Maisfelder. Eines Tages entdeckt er einen etwa 200 Meter großen Kornkreis in einem der Felder. Zunächst vermutet Graham einen üblen Scherz durch ein paar Jugendliche aus der Umgebung. Die von ihm herbeigerufene Caroline Paski (Cherry Jones), Sheriff am Ort, zweifelt an dieser Erklärung.
Aus Fernsehen und Radio erfährt die Familie, dass auch anderswo auf der Welt solche Kornkreise entdeckt wurden. Das Baby-Fon seines Sohnes Morgan gibt plötzlich merkwürdige Geräusche wieder. In dem Haus von Ray Reddy bewegt sich eine Gestalt in der Speisekammer. Die Tiere in der Umgebung und auch der Hund der Familie Hess verhalten sich äußerst ungewöhnlich.
Graham befürchtet das Schlimmste, zumal im Fernsehen behauptet wird, man habe an verschiedenen Orten der Welt außerirdische Raumschiffe entdeckt ...
Inszenierung
Der Ausdruck „Horrorfilm“ ist für „Signs“ sicherlich unzutreffend. Es geht nicht um Monster, nicht einmal primär um Außerirdische oder andere personifizierte Gefahren, sondern vor allem um eine sich zuspitzende Situation der Gefahr, der Einengung, des Sich-Eingeengt-Fühlens. M. Night Shyamalan verzichtet weitgehend auf musikalische Untermalung, sein Film enthält praktisch nichts, was den Namen „Action“ verdient hätte. Vielmehr setzt der Regisseur auf Stille, Bewegungslosigkeit, fast starre Gesichter, Menschen, die sehen, horchen, warten, auch nachdem sie sich schon verbarrikadiert haben.
Graham fragt Merrill, als sich die Situation zuspitzt, ob er an den Zufall glaube, ob er glaube, dass Glück ein mehr oder weniger zufälliges Ereignis sei, oder ob er an die Vorbestimmung glaube, dass alles einen Sinn habe. In diesem Moment ist Graham am weitesten von seiner früheren religiösen Überzeugung entfernt, glaubt nicht an ein überirdisches Wesen, dass ihnen in dieser Situation helfen würde.
Aber auch die Selbsthilfe der Familie besteht mehr oder weniger in Hilflosigkeit. Man nagelt die Fenster und Türen zu, begibt sich in den Keller, Morgan liest Bücher über Außerirdische – als ob dies alles etwas nützen würde hinsichtlich einer Gefahr, die man in keiner Weise kennt oder einschätzen kann. Trotzdem bleibt der Glaube in die eigenen Kräfte bis zum Schluss bestehen.
M. Night Shyamalan gelingt ein bis fast zum Schluss in dieser Hinsicht für mich erstmaliges Suspense-Erlebnis durch die Elemente: Ruhe, Schweigen und Untätigkeit der Personen in bestimmten Momenten. So weit so gut. Was mich dann jedoch wirklich geärgert hat, ist die quasi religiöse Auflösung der Geschichte. Nicht dass ich etwas gegen religiöse Überzeugungen habe oder einwenden will. Aber die simple Banalität dieser über dem Film schwebenden religiösen Verkleisterung nimmt dem Kino-Erlebnis letztlich wieder das, was sich anfangs als spannend andeutete. Mel Gibson wird wieder Pfarrer und die letzten Worte seiner Frau und die Träume seiner Tochter waren Zeichen – Zeichen Gottes. Dabei hatte sich im ersten Teil des Films sogar noch eine gewisse satirische Komponente bezüglich des Genres angekündigt.
Die Außerirdischen allerdings erscheinen nach 106 Kinominuten wie Abgesandte des Satans, denen man nur das Kreuz (im Film etwas Profaneres) entgegenhalten muss, um dem teuflischen Spuk ein Ende zu bereiten. Auch so könnte man nämlich die Geschichte deuten: Alles nur „Einbildung“: Weil Farmer Hess vom Glauben abgefallen war, Gott für den Tod seiner Frau verantwortlich gemacht hatte usw. usf., schickte ihm der Herr Zeichen.
Mel Gibson, Joaquin Phoenix und vor allem auch die beiden Kinder Rory Culkin und die äußerst süße (vielleicht vierjährige) Abigail Breslin leisten trotz allem gute Arbeit.
Fazit
Was bleibt: Ein paar durchaus spannende Minuten und eine religiös verbrämte Story, die das Suspense-Erlebnis im nachhinein zunichte macht. So ging es jedenfalls mir. Statt dessen hätte M. Night Shyamalan mehr Gewicht auf die – im Film allzu klischeebeladenen – Außerirdischen und die Entwicklung der Spannungsmomente bis hin zum Schluss legen sollen. Das hätte dem Film nicht nur mehr Würze, sondern auch eine solidere inhaltlich Grundlage verschafft.
Signs – Zeichen
(Signs)
USA 2002, 106 Minuten
Regie: M. Night Shyamalan
Drehbuch: M. Night Shyamalan
Musik: James Newton
Kamera: Tak Fujimoto
Schnitt: Barbara Tulliver
Spezialeffekte: Andrew Mortelliti
Hauptdarsteller: Mel Gibson (Graham Hess), Joaquin Phoenix (Merrill Hess), Cherry Jones (Officer Caroline Paski), Rory Culkin (Morgan Hess), Abigail Breslin (Bo Hess), M. Night Shyamalan (Ray Reddy), Patricia Kalember (Colleen Hess), Ted Sutton (SFC Cunningham), Merritt Wever (Tracey Abernathy), Lanny Flaherty (Mr. Nathan), Marion McCorry (Mrs. Nathan), Michael Showalter (Lionel Prichard)
Offizielle Homepage: http://bventertainment.go.com/movies/signs/
Internet Movie Database: http://us.imdb.com/Title?0286106
Weitere Filmkritik(en):
„Chicago Sun-Times“ (Roger Ebert):
http://www.suntimes.com/ebert/ebert_reviews/2002/08/080205.html
„Washington Post“ (Ann Hornaday):
http://www.washingtonpost.com/ac2/wp-dyn?pagename=article&node=style/movies/reviews&contentId=A34089-2002Aug1
© Ulrich Behrens 2002
(dieser Beitrag wurde zuerst veröffentlicht in www.ciao.com unter dem Mitgliedsnamen Posdole)
Inhalt
Farmer Graham Hess (Mel Gibson) war früher einmal Priester. Doch nachdem seine Frau durch einen Autounfall, den Ray Reddy (M. Night Shyamalan) verursacht hatte, tödlich verunglückt ist, hat er seinen Glauben verloren. Am Tisch im Hause Hess wird nicht mehr gebetet. Graham lebt zusammen mit seinen Kindern Bo (Abigail Breslin) und Morgan (Rory Culkin) sowie seinem Bruder Merrill (Joaquin Phoenix) auf der Farm und besitzt riesige Maisfelder. Eines Tages entdeckt er einen etwa 200 Meter großen Kornkreis in einem der Felder. Zunächst vermutet Graham einen üblen Scherz durch ein paar Jugendliche aus der Umgebung. Die von ihm herbeigerufene Caroline Paski (Cherry Jones), Sheriff am Ort, zweifelt an dieser Erklärung.
Aus Fernsehen und Radio erfährt die Familie, dass auch anderswo auf der Welt solche Kornkreise entdeckt wurden. Das Baby-Fon seines Sohnes Morgan gibt plötzlich merkwürdige Geräusche wieder. In dem Haus von Ray Reddy bewegt sich eine Gestalt in der Speisekammer. Die Tiere in der Umgebung und auch der Hund der Familie Hess verhalten sich äußerst ungewöhnlich.
Graham befürchtet das Schlimmste, zumal im Fernsehen behauptet wird, man habe an verschiedenen Orten der Welt außerirdische Raumschiffe entdeckt ...
Inszenierung
Der Ausdruck „Horrorfilm“ ist für „Signs“ sicherlich unzutreffend. Es geht nicht um Monster, nicht einmal primär um Außerirdische oder andere personifizierte Gefahren, sondern vor allem um eine sich zuspitzende Situation der Gefahr, der Einengung, des Sich-Eingeengt-Fühlens. M. Night Shyamalan verzichtet weitgehend auf musikalische Untermalung, sein Film enthält praktisch nichts, was den Namen „Action“ verdient hätte. Vielmehr setzt der Regisseur auf Stille, Bewegungslosigkeit, fast starre Gesichter, Menschen, die sehen, horchen, warten, auch nachdem sie sich schon verbarrikadiert haben.
Graham fragt Merrill, als sich die Situation zuspitzt, ob er an den Zufall glaube, ob er glaube, dass Glück ein mehr oder weniger zufälliges Ereignis sei, oder ob er an die Vorbestimmung glaube, dass alles einen Sinn habe. In diesem Moment ist Graham am weitesten von seiner früheren religiösen Überzeugung entfernt, glaubt nicht an ein überirdisches Wesen, dass ihnen in dieser Situation helfen würde.
Aber auch die Selbsthilfe der Familie besteht mehr oder weniger in Hilflosigkeit. Man nagelt die Fenster und Türen zu, begibt sich in den Keller, Morgan liest Bücher über Außerirdische – als ob dies alles etwas nützen würde hinsichtlich einer Gefahr, die man in keiner Weise kennt oder einschätzen kann. Trotzdem bleibt der Glaube in die eigenen Kräfte bis zum Schluss bestehen.
M. Night Shyamalan gelingt ein bis fast zum Schluss in dieser Hinsicht für mich erstmaliges Suspense-Erlebnis durch die Elemente: Ruhe, Schweigen und Untätigkeit der Personen in bestimmten Momenten. So weit so gut. Was mich dann jedoch wirklich geärgert hat, ist die quasi religiöse Auflösung der Geschichte. Nicht dass ich etwas gegen religiöse Überzeugungen habe oder einwenden will. Aber die simple Banalität dieser über dem Film schwebenden religiösen Verkleisterung nimmt dem Kino-Erlebnis letztlich wieder das, was sich anfangs als spannend andeutete. Mel Gibson wird wieder Pfarrer und die letzten Worte seiner Frau und die Träume seiner Tochter waren Zeichen – Zeichen Gottes. Dabei hatte sich im ersten Teil des Films sogar noch eine gewisse satirische Komponente bezüglich des Genres angekündigt.
Die Außerirdischen allerdings erscheinen nach 106 Kinominuten wie Abgesandte des Satans, denen man nur das Kreuz (im Film etwas Profaneres) entgegenhalten muss, um dem teuflischen Spuk ein Ende zu bereiten. Auch so könnte man nämlich die Geschichte deuten: Alles nur „Einbildung“: Weil Farmer Hess vom Glauben abgefallen war, Gott für den Tod seiner Frau verantwortlich gemacht hatte usw. usf., schickte ihm der Herr Zeichen.
Mel Gibson, Joaquin Phoenix und vor allem auch die beiden Kinder Rory Culkin und die äußerst süße (vielleicht vierjährige) Abigail Breslin leisten trotz allem gute Arbeit.
Fazit
Was bleibt: Ein paar durchaus spannende Minuten und eine religiös verbrämte Story, die das Suspense-Erlebnis im nachhinein zunichte macht. So ging es jedenfalls mir. Statt dessen hätte M. Night Shyamalan mehr Gewicht auf die – im Film allzu klischeebeladenen – Außerirdischen und die Entwicklung der Spannungsmomente bis hin zum Schluss legen sollen. Das hätte dem Film nicht nur mehr Würze, sondern auch eine solidere inhaltlich Grundlage verschafft.
Signs – Zeichen
(Signs)
USA 2002, 106 Minuten
Regie: M. Night Shyamalan
Drehbuch: M. Night Shyamalan
Musik: James Newton
Kamera: Tak Fujimoto
Schnitt: Barbara Tulliver
Spezialeffekte: Andrew Mortelliti
Hauptdarsteller: Mel Gibson (Graham Hess), Joaquin Phoenix (Merrill Hess), Cherry Jones (Officer Caroline Paski), Rory Culkin (Morgan Hess), Abigail Breslin (Bo Hess), M. Night Shyamalan (Ray Reddy), Patricia Kalember (Colleen Hess), Ted Sutton (SFC Cunningham), Merritt Wever (Tracey Abernathy), Lanny Flaherty (Mr. Nathan), Marion McCorry (Mrs. Nathan), Michael Showalter (Lionel Prichard)
Offizielle Homepage: http://bventertainment.go.com/movies/signs/
Internet Movie Database: http://us.imdb.com/Title?0286106
Weitere Filmkritik(en):
„Chicago Sun-Times“ (Roger Ebert):
http://www.suntimes.com/ebert/ebert_reviews/2002/08/080205.html
„Washington Post“ (Ann Hornaday):
http://www.washingtonpost.com/ac2/wp-dyn?pagename=article&node=style/movies/reviews&contentId=A34089-2002Aug1
© Ulrich Behrens 2002
(dieser Beitrag wurde zuerst veröffentlicht in www.ciao.com unter dem Mitgliedsnamen Posdole)
27 Bewertungen, 2 Kommentare
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11.01.2010, 12:23 Uhr von XXLALF
Bewertung: besonders wertvollnach der devise, alles wird wieder gut, endet halt dieser film, den ich, so kommt es mir wenigstens vor schonmal im fernsehen gesehen habe. fand ihn jedoch auch nicht sonderlich berauschend, wobei sich doch der titel sehr, sehr vielversprechend anhört, und so glaube ich, sogar als ein sehr guter, sogar sehenswerter film damals eingestuft wurde. ein bw dafür und ganz liebe grüße
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17.12.2006, 14:28 Uhr von Sayenna
Bewertung: sehr hilfreichsh & Kuss :-)
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