Spider-Man (VHS) Testbericht

Spider-man-vhs-fantasyfilm
ab 10,88
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Erfahrungsbericht von T-Shirt

Mehr Teenager als Superheld

Pro:

-

Kontra:

-

Empfehlung:

Ja

Eigentlich sind Superhelden-Geschichten immer gleich gestrickt und daher per se eher langweilig. Dass sich im vorliegenden Film Superheld Spiderman (als Vertreter des Guten) mit einem fast gleichwertigen Gegner (dem Vertreter des Bösen) duelliert, bis es schließlich zum großen Showdown kommt, ist daher auch nur bedingt überraschend und wenig originell. Aber das spricht trotzdem nicht grundsätzlich gegen diesen Streifen, denn glücklicherweise konzentriert sich die vorliegende Comic-Verfilmung von Sam Raimi über weite Strecken weniger auf Spiderman als vielmehr auf Peter Parker - das 18-jährige menschliche Wesen, das hinter dem Kostüm des Spinnenmannes steckt.

Peter Parker (Tobey Maguire) ist gar nicht so, wie man sich einen Superhelden vorstellt: Für den Brillenträger und Klassenstreber ist die Fahrt mit dem Schulbus regelmäßig ein Spießrutenlauf - statt bewunderter Held ist er eher das Opfer von Spott und Prügeln. So traut sich der schüchterne Außenseiter auch nicht, die Nachbarstochter Mary-Jane (Kirsten Dunst) anzusprechen, in die er schon von Kindesbeinen an verliebt ist. Doch eines Tages ändert sich alles: Als Peter beim Schulausflug in einem Versuchslabor von einer genmanipulierten Spinne gebissen wird, entwickelt er ungeahnte Superkräfte und kann sich dank neu entstandener Drüsen wie eine Spinne von Mauer zu Mauer und von Hausdach zu Hausdach schwingen.

Doch neben seiner Tätigkeit als gegen das Böse der Welt kämpfende Superheld bleibt Peter eben auch ein Teenager mit ganz normalen Alltagsproblemen. Sein Großvater, der ihn gemeinsam mit der Großmutter aufgezogen hat, kommt ums Leben, und seine große Liebe Mary-Jane ist plötzlich mit seinem besten Freund Harry (James Franco) liiert. Zudem muss Peter zunächst einmal lernen, mit seinen neu erworbenen Superheld-Fähigkeiten umzugehen. Seine ersten, von starker Verunsicherung geprägten \"Geh\"-Versuche als menschliche Spinne gehören vor allem dank der schauspielerischen Leistung von Hauptdarsteller Toby Maguire zu den besten Szenen des Films.

So bleibt die Teenager-Geschichte, die sich im weiteren Verlauf immer mehr auf Peters Schwärmen für Mary-Jane konzentriert, über weite Strecken des Films eine gleichberechtigte Parallelhandlung. Wenn dann aus dem Teenager wieder der Superheld wird, bleiben Drehbuch und schauspielerische Qualität zwar auf der Strecke, doch in diesen Szenen weiß der Film auf andere Art und Weise zu überzeugen: Wenn Peter nämlich als Spiderman durch die Häuserschluchten von New York fliegt, wird dem Publikum durch rasante Kamerafahrten fast der Atem geraubt. Der Zuschauer bekommt der Eindruck vermittelt, als säße er auf dem Rücken der menschlichen Spinne und würde die abenteuerlichen Sprünge von Wolkenkratzer zu Wolkenkratzer und von Hauswand zu Hauswand selber mitmachen - eine Achterbahnfahrt ist nichts dagegen!

Je mehr sich der Film seinem Ende nähert, desto mehr gewinnt leider die Superhelden-Geschichte die Oberhand. Zwischen Spiderman und dem ehrgeizigen Wissenschaftler Norman Osborne (Willem Dafoe), der als futuristischer grüner Kobold die Stadt in Angst und Schrecken versetzt, entwickelt sich ein gnadenloser Kampf. Und wie so oft bei solchen Filmen kommt es irgendwann zur Gewissensprüfungen für den Helden: Spiderman muss sich entscheiden, ob er mehreren Kindern das Leben rettet oder seiner heißgeliebten Mary-Jane ...

Ist es kritikwürdig, wenn bei einem Spiderman-Film der Kampf zwischen Gut und Böse und der direkte Vergleich der übermenschlichen Kräfte beider Kontrahenten in den Vordergrund gespielt wird? Grundsätzlich: Nein. Aber man kann solche Geschichten im 21. Jahrhundert nicht mehr ohne eine gewisse ironische Distanz erzählen. Schon in den 60-er Jahren gab es Batman-Verfilmungen, die vor Witz und Ironie nur so sprühten. Dem von Sam Raimi inszenierten Spider-Man geht dieser Hang zur Selbstironie aber leider fast völlig ab. Und weil sich der Film an diesen Stellen selber zu ernst nimmt, kann man ihn leider nicht richtig ernst nehmen (so paradox das auch klingen mag ...)

Was der Film beim Erzählen der Teenager-Geschichte an Sympathie gewinnt, verliert er deshalb ein wenig, wenn er sich mit Peter Parker in seiner Rolle als Superheld beschäftigt. Dank einer herausragenden Kameraführung und sehr guter Special Effects wird man zwar über vieles hinweggetröstet, aber ein wenig nervt die ironiefreie Erzählweise dieser Geschichte schon. Trotzdem bietet Spiderman professionell gedrehte, grundsolide Unterhaltung - und mehr muss man im vermeintlichen cineastischen Sommerloch ja auch nicht unbedingt verlangen.

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