Sterbehilfe Testbericht

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Erfahrungsbericht von Juwo6

Sterbebegleitung

Pro:

Der Tod gehört zum Leben und ein Sterbender d a r f nicht allein gelassen werden.

Kontra:

Gibt es für mich nicht.

Empfehlung:

Ja

Über Sterbehilfe habe ich noch keine endgültig \'fertige\' Meinung. Viel mehr bin ich überzeugt, daß Sterbebegleitung ein ganz wichtiger Aspekt im Leben ist. Ich habe durch einen Zufall eine alte dame auf ihrem letzten Weg begleiten dürfen. Bis dahin wußte ich nicht, daß ich überhaupt dazu in der Lage bin. Heute muß bzw. kann ich sagen daß ich dankbar dafür bin, diese Lebensschule durchgemacht zu haben.
Sicher kann nicht jeder Mensch mit Sterbenden umgehen, doch es ist den Versuch wert!
Es gibt ungeheure, tiefe Zufriedenheit - bei aller Trauer und bei all der Aussichtslosigkeit - zu sehen und zu spüren, wie dankbar jedes Streicheln, jedes Wort, einfach nur das Dasein für diesen Menschen durch ihn registriert wird. Bis zum letzten Atemzug.
Man sollte in sich hineinhören und bei sich nachfragen, ob man selbst allein sterben möchte. Ich habe empfunden, daß man Sterbende nicht allein lassen darf! Und man sollte sich ruhig, auch schon in jüngeren Jahren, mit diesem Thema konfrontieren!

----- Zusammengeführt, Beitrag vom 2004-09-25 16:08:54 mit dem Titel Sterbebegleitung - Teil 2

So, nun bin ich aus dem tiefen Loch, in das ich gefallen war, wieder heraus und kann über die Ereignisse sprechen!

Ich knüpfe an meinem ersten, in der Tat sehr knappen Bericht über Sterbebegleitung an und möchte Euch mitteilen, daß ich über 5 Monate eine einzigartige Erfahrung machen durfte:

Über einen Hospizverein, bei dem ich mich gemeldet hatte, habe ich die Bekanntschaft einer jungen (43) Frau machen dürfen, die zum Zeitpunkt Krebs in seiner letzten, grausamen Phase hatte. Zaghaft haben wir uns einander genähert und zum Glück einen unglaublich guten Draht zueinander gefunden. Wir verstanden uns blind und ich konnte spüren, wie gut ihr meine Nähe tut. Täglich habe ich sie besucht, wir haben stundenlang miteinander debattiert, gelacht, geweint, kleine Reisen gemacht. Sie hat es mir \"leicht\" gemacht, indem sie offen über ihre Krankheit sprach und über den Tod...

Viele meiner Bekannten haben mich gefragt, wie ich \"so etwas\" überhaupt tun kann, ob ich \"das alles\" auch nicht zu nahe an mich heran lasse. Ja, ich konnte es tun, mußte es tun und ich habe es nahe an mich heran gelassen. Allerdings bemerkte ich das erst, als es vorbei war....
Ich konnte dieser jungen Frau durch mein bloßes Dasein ein wenig Kraft zum Sterben geben, und ihren Kindern vielleicht ein wenig Trost.
Noch enmal möchte ich hier betonen, daß es so unglaublich wichtig ist, den Tod und den Umgang damit nicht zu tabuisieren. Er gehört zum Leben. Und wenn er so früh kommt, dann noch mehr.
Ich füge an dieser Stelle einen Brief bei, den ich an den Sohn (18) dieser unvorstellbar tapferen Frau geschrieben habe (die Namen wurden geändert). Auch das ist Trauerarbeit, eben mit den Angehörigen und vielleicht sagt er noch etwas mehr darüber aus, was in mir vorgegangen ist:



Lieber Ben,

nachdem nun ein paar Tage vergangen sind, möchte ich Die Gelegenheit wahrnehmen, Dir ein paar Zeilen zu schreiben.
Zuerst möchte ich Dir sagen, dass ich mit Dir fühle und auch mir Deine Mutti fehlt, denn sie ist mir sehr ans Herz gewachsen.

In den vielen und langen Gesprächen, die ich mit ihr in den letzten Monaten hatte, ist zum Ausdruck gekommen, dass das Verhältnis zwischen Euch beiden ein besonderes ist. Bewahre Dir das. Wenn sie auch nicht mehr auf dieser Welt ist, so wird sie doch in Deiner Erinnerung ihren festen Platz haben. Mit der Zeit wirst Du den Schmerz überwinden. Du bist der „Große“ und kannst möglicherweise besser dem Unabänderlichen umgehen, als Dein Bruder Joe. Vielleicht kannst Du ihm Hilfe geben, wenn er sie braucht. Aber wer hilft Dir? Ich habe Joe geschrieben, dass er über seine Nöte und Ängste sprechen sollte, dass ihm das helfen könnte. Auch Dir möchte ich das empfehlen. Wenn Du Dich öffnen könntest und nicht alle Trauer mit Dir allein ausmachst, kann Dir das auch Hilfe sein. Einfach darüber reden....
Ben, leider ist es oft im Leben so, dass man so wertvolle Menschen, wie Deine Mutti es war, unter außergewöhnlichen Bedingungen und erst sehr spät kennen lernt. In diesem Falle war es so, denn ohne ihre grausame Krankheit hätte ich die Jenny sicher nicht getroffen und schätzen gelernt. Aber es war nicht zu spät. Ich habe mit ihr auch viel gelacht – auch geweint. Vielleicht habe ich ihr ein wenig helfen können.
Ganz sicher aber hast Du ihr in ihrem Leben und besonders in den letzten so schweren Wochen und Stunden geholfen. Sie hat mir gesagt, dass sie froh darüber ist, dass Du da bist, aber das weißt Du selbst.
Ihre letzten Wünsche sind doch zumindest annähernd erfüllt worden und das kann Dich ruhiger machen, denn Du hast in größtem Maße dazu beigetragen.

Lieber Ben, ich wünsche Dir für Deinen weiteren Weg viel Kraft. Auch in Dir wird Deine Mutti weiterleben, wie in Deinem Bruder.

Geh Deinen Weg und schließ sie in Dein Herz ein. Dann wirst Du immer wissen, was richtig für Dich ist.



22.April 2004

Liebe Yopi-Mitglieder, die Ihr diesen kleinen Bericht gelesen habt, es wäre sehr edel und schön, wenn der Eine oder Andere sich mit dem Thema der Begleitung von todkranken Menschen auf ihrem letzten Weg befassen und Mut fassen könnte, sich zu engagieren.

8 Bewertungen, 1 Kommentar

  • antjeeule

    25.09.2004, 18:27 Uhr von antjeeule
    Bewertung: sehr hilfreich

    Das ist ein ganz wichtiges Thema. Viele Menschen haben einfach Angst davor und nehmen sich und dem Sterbenden damit so viel. Ein guter Beitrag. LG, Antje