Sünder ohne Zügel - In Extremo Testbericht

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Summe aller Bewertungen
  • Cover-Design:  gut
  • Klangqualität:  sehr gut

Erfahrungsbericht von LordSinister

Die zügellosen Sünder geben ihr Bestes

4
  • Cover-Design:  gut
  • Klangqualität:  sehr gut

Pro:

genialer, rockiger Sound; klasse Mischung aus Metal, Mittelalter und Gothic, exzellente Produktion

Kontra:

thematisch nicht jedermanns Sache; Altfans mag die Scheibe zu glatt und perfekt sein

Empfehlung:

Ja

Wer dieses Ausnahmeprojekt noch nicht kennen sollte: In Extremo kommen ursprünglich aus der Mittelalterszene und verbinden inzwischen die treibenden Spielmannsklänge mit griffigem Gitarrensound, der in die Beine geht und sich im Kopf festfrisst. Eine unschlagbare Kombination.

Am 3. September 2001 erschien der Nachfolger zu „Verehrt und angespien“. Die Werbetrommel wurde ja ausreichend gerührt: Promo-CDs und gekürzte Reinhörfassungen wurden en masse verteilt, die Single „Vollmond“ hatte schon eindrucksvoll gezeigt, was zu erwarten sein wird, das Video lief – leider in angepasster Optik ohne jedes Mittelalterflair – sogar auf Musiksendern, die diesem Genre eher eingeschränkt gewogen sind. Die Single „Wind“ hatte es sogar in die Top Ten der Club-Charts geschafft. Nun sollte sich zeigen, ob das Album es schaffen würde, den Platz 11 des Vorgängers in den Albencharts zu toppen. Und ja: Das tat es.

Wer wegen der Medienpräsenz irgend etwas Halbgares oder Weichgespültes erwartet hatte, wurde wohl herb enttäuscht: Hier ist ein Meisterwerk geglückt und es wurde einiges hinzugelernt und verfeinert, ohne das ursprüngliche Konzept aus den Augen zu verlieren. Die ursprünglich aus der Mittelalterszene stammende Combo hatte es meines Erachtens endlich geschafft, sich zu einer respektablen und auch im handwerklichen Sinne fähigen Größe auch in der Metalszene zu etablieren.

Stilistisch wurde hier ordentlich weitergearbeitet, man scheut nicht den Kontakt mit der Moderne; Synthesizer sind harmonisch vereint mit Gitarren, Drums und Spielmannsinstrumenten. Die ganze Produktion lässt sich schon zu Recht als „fett“ bezeichnen. Sprachlich gesehen ist es mein Eindruck, dass die deutschen Texte besser geworden sind, während sie auf dem Vorgänger noch so manches Mal eine in Falten gelegte Stirn meinerseits hervorriefen. Die Hälfte der Stücke ist in fremder Zunge gehalten, wobei von Altdeutsch über Provencalisch bis zu Latein so einiges vertreten ist.

Gleich der erste Song „Wind“ kracht mit fabelhafter Gitarrenarbeit ins Gehäuse und geht direkt ins Blut; der Text ist eingängig und der Refrain die wahre Freude – wer dabei nicht zumindest zaghaft mitmosht, sollte sich endlich vollends einschläfern lassen. Auch die Dudelsäcke fehlen natürlich nicht und geben gerade dem Refrain die besonders tanzbare Note.
Sucht man eine Immobilie in ruhigerer Lage, so findet man den Nachfolger der „Merseburger Zaubersprüche“, in diesem Fall ein Text aus der namensgebenden Sammlung, der selbst Schülern bekannt sein sollte. Melodie und Arrangement sind ähnlich erhaben und wundervoll wie bei „MZ“ Teil 1 gehalten. Der Gitarrenteppich legt sich hier äußerst harmonisch über die Keyboards und den Gesang.
Rockig und textlich erotisch geht es im zweisprachlichen „Stetit Puella“ zu. Auch hier wissen Brücke und Refrain sehr gut zu überzeugen und gehen direkt ins Ohr.
Zur Singleauskopplung „Vollmond“ brauche ich wohl kaum etwas sagen, es ist bereits geraume Zeit her, dass dieser melodisch-romantische Medieval-Metal-Kracher ausreichend durch den Äther schwebte. Live brettert das Stück aber erheblich mehr.
Und direkt danach wird es romantisch, ruhig und erotisch, diesmal aber mit einer waschechten Rockballade namens „Die Gier“. Der Titel ist Programm und hier passt alles, Text und Melodie greifen ineinander und spätestens beim Refrain sollte zumindest jedem frisch Verliebtem ein eiskalter Schauer über den Rücken laufen.

Na ja, um es nicht ausarten zu lassen: Jeder Song ist auf dieser CD wirklich gelungen, einige sind zumindest gut, die meisten aber in meinen Augen herausragend. „Über den Wolken“ stellt einen angenehm ruhigen und nachdenklichen Abschluss dieses Silberlings dar, man möge sich da nicht vom Titel abschrecken lassen, der irgendwie an einen unrasierten Liedermacher namens May erinnert *grinsel*.

Absoluter Kauftipp, nicht nur für Mittelalterbegeisterte!

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Gesamtspielzeit: 54:08 min

Anspieltipps:

Wind, Die Gier, Vollmond (Video dazu: http://www.inextremo.de/_realmedia/video/vollmond.ram)

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Samples zum Reinhören für alle Songs (plus Coverbild) unter:

http://www.inextremo.de/_content_d/disco_6.html

Tracklist:

Wind
Krummavísur
Lebensbeichte
Merseburger Zaubersprüche II
Stetit Puella
Vollmond
Die Gier
Omnia Sol Temperat
Le Or Chiyuchech
Der Rattenfänger
Óskasteinar
Nature Nous Semont
Über den Wolken

Besetzung:

Das letzte Einhorn (Gesang)
Dr. Pymonte (Dudelsack, Harfe, Schalmeien)
Flex der Biegsame (Dudelsack, Schalmeien)
Yellow Pfeiffer (Dudelsack, Schalmeien, Nyckelharpa)
Der Lange (Gitarre)
Der Morgenstern (Schlagzeug)
Die Lutter (Bass)

Bisherige Veröffentlichungen:

· 1997 "In Extremo" - Akustik - (Eigenvertrieb / EFA)
· 1997 "Der Galgen" - Maxisingle - (Eigenvertrieb)
· 1998 "Hameln" - Akustik - (Eigenvertrieb / EFA)
· 1998 "Weckt die Toten!" - Rock - (Vielklang / EFA)
· 1998 "Weckt die Toten!" - Rock - (Metalblade)
· 1998 "Ai Vis Lo Lop" - Single - (Vielklang / EFA)
· 1998 "Die Verrückten sind in der Stadt" - Akustik- (Vielklang / EFA)
· 1999 "Verehrt und Angespien" - Rock - (Megalux / Mercury)
· 1999 "Verehrt und Angespien" - Rock / Digidoppelpack - (Metalblade)
· 1999 "Merseburger Zaubersprüche" - Single - (Megalux / Mercury)
· 1999 "This Corrosion" - Single - (Megalux / Mercury)
· 2000 "Vollmond" - Single - (Megalux / Mercury)
· 2001 "Sünder ohne Zügel" (Megalux / Island)
· 2002 "In Extremo - Live" (Mercury Records & Megalux / Vielklang)
· 2003 "7" (Motor Music & Megalux / Vielklang)

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Anmerkung: Diese Rezension wurde von mir in variierter Form bereits im Magazin POWERMETAL.de veröffentlicht.

23 Bewertungen, 3 Kommentare

  • LittleGiant

    23.01.2005, 13:47 Uhr von LittleGiant
    Bewertung: sehr hilfreich

    hab` ich irgendwann mal beim "Festival der Spielleute" gesehen, das 1996 von SWR-Moderator Gunter Haug ins Leben gerufen wurde. Da gab`s in ´Südwest 3` mal eine Aufzeichnung der Veranstaltung. Gefiel mir sehr gut...

  • linnie

    15.01.2005, 18:39 Uhr von linnie
    Bewertung: sehr hilfreich

    Da kann ich mich nur anschließen, auch wenn ich nie einen Stern abgezogen hätte in der Bewertung, weil das Album einfach nur genial, hörenswert und einfach klasse ist. Ohne die Gier wäre ich vielleicht nie IE-Fan geworden, wer wei&szli

  • lilly

    14.01.2005, 00:24 Uhr von lilly
    Bewertung: sehr hilfreich

    Da könnte eine Höhrprobe wohl nix schaden. Toller Bericht. LG, Steffi