Tegernseer hell Testbericht

In München und Umland erfreut sich das "Augustiner" Bier traditionell großer Beliebtheit; auf dem Markt für helles Lagierbier hat "Augustiner" dort einen Anteil von etwa zwei Drittel. Auch überregional konnte an diesen Erfolg angeknüpft werden, insbesondere in Berlin. Neben "Augustiner" und den übrigen Marken (u.a. "Paulaner" und "Münchner Hofbräu") ist seit etwa 2005 allerdings ein weiteres Helles in München (und zum Teil auch andernorts) verstärkt anzutreffen, das "Tegernseer".

Die Tegernseer Brauerei führt ihre Tradition auf das im Jahr 746 am Tegernsee gegründete Benediktinerkloster zurück. Vom bayerischen Kurfürsten Ferdinand Maria (1636-1679) erhielt das Kloster 1675 nebem dem Brau- auch das öffentliche Ausschank- und Verkaufsrecht; außerdem wurde die klösterliche Brauerei vom ca. 20 Kilometer entfernten Holzkirchen nach Tegernsee verlegt. Im Zuge der Säkularisation wurde das Kloster 1803 aufgehoben, ging in Staatsbesitz über und wurde 1805 vom Beamten Karl Freiherr von Drechsel gekauft. Der bayerische König Max I. Joseph fand so großen Gefallen an dem ehemaligen Kloster, dass er es 1817 selbst erwarb. Daraufhin erhielt die Brauerei den Namen "Königlich Braunes Brauhaus Tegernsee". Durch Weitervererbung blieb die Brauerei im Besitz der Familie Wittelsbach, allerdings heute als "Herzoglich bayerisches Brauhaus Tegernsee".
Nach Schätzungen hat die Tegernseer Brauerei, die neben dem Hellen (mit 4,8 Prozent Alkohol) u.a. auch noch Spezial- (mit 5,6 Prozent Alkohol), Leicht- (mit 2,8 Prozent Alkohol) und ein naturtrübes Exportbier (mit 5,5 Prozent Alkohol) herstellt, zwischen 2006 und 2010 ihre Kapazität von 90.000 auf 130.000 Hektolitern ausgebaut (zum Vergleich: Augustiner erreichte 2010 einen Ausstoß von 1,3 Millionen Hektolitern).

Von der Aufmachung her präsentiert sich das "Tegernseer" standesgemäß traditionell; ebenso wie "Augustiner" wird das "Tegernseer Hell" in den dickbauchigen 0,5-Liter-Euroflaschen verkauft. Das Etikett ist im blau-weißen Rautenmuster gehalten und wird neben Krone und Wappen von einer Zeichnung des Klosters Tegernsee geschmückt. Manch einem wird das zu bieder und altbacken sein, für meine Begriffe ist die Aufmachung aber ansprechend und der Traditionsmarke angemessen.
Nach dem Eingießen bleibt die Blume recht stabil, und der Kohlensäuregehalt ist durchaus hoch. Auffallend ist schon beim ersten Schluck der Eindruck eines Qualitätsproduktes; sowohl bei den verwendeten Rohstoffen als auch beim Brauvorgang muss ein hoher Aufwand getrieben worden sein. Geschmacklich ist das "Tegernseer" unaufdringlich und äußerst mild, und das auch im Vergleich mit anderen Marken "Helles". Neben dem nicht gar so hohen Alkoholgehalt von 4,8 Prozent sorgt das für eine zusätzlich erhöhte Süffigkeit. "Tegernseer Hell" hat nur eine ganz leichte Spur von Hopfenherbe, tendiert daneben aber eher zum Süßlichen. Insgesamt handelt es sich hier um ein wirklich schön gemachtes Bier, auch wenn’s nicht mein absoluter Favorit ist. In rein praktischer Hinsicht ist "Tegernseer" nicht überall zu bekommen und zudem auch recht teuer (für eine 0,5-Flasche habe ich 1,10 EUR bezahlt).
Werden Pilstrinker auch vom Tegernseer überzeugt sein? In der Hinsicht bin ich eher skeptisch, denn die Milde des Bieres wird für viele Konsumenten Geschmackssache, und das Profil zu wenig ausgeprägt sein.