Tempodrom Testbericht

Ich war dieses Wochenende zu einem Konzert im Tempodrom und möchte euch ein wenig von meinen Erfahrungen berichten.


--- Adresse ---
Tempodrom
Möckernstraße 10
10963 Berlin

www.tempodrom.de

--- Was ist das Tempodrom? ---
Das Tempodrom ist ein Veranstaltungsort. Hier finden Konzerte und andere Events statt.

--- Geschichte ---
Irene Moessinger, eine ehemalige Krankenschwester, verwirklichte einen Lebenstraum, indem sie die Mittel einer Erbschaft in ein Zirkuszelt investierte. 1984 zog das Zelt vom Potsdamer Platz in die Nachbarschaft der Kongresshalle im Tiergarten um.

Nach der Wende wurde in direkter Nachbarschaft das Bundeskanzleramt errichtet und damit das Tempodrom gezwungen, den angestammten, bewährten und traditionsreichen Spielort In den Zelten zu verlassen - das Zelt und sein Publikum bedeuteten dem damaligen Bundeskanzler Helmut Kohl ein Sicherheitsrisiko. Mit privaten Spendenmitteln, einer Entschädigungszahlung und staatlichen Zuschüssen wurde dann auf dem Gelände des ehemaligen Anhalter Bahnhofs ein Betonbau in Gestalt eines Zirkuszeltes errichtet und als Neues Tempodrom 2002 wiedereröffnet. Die massive Überschreitung der geplanten Baukosten (32 Mio. Euro statt 16 Mio. Euro) führte am 7. April 2004 zum Rücktritt von Stadtentwicklungssenator Peter Strieder (SPD). Seit Juli 2005 wird das Tempodrom durch eine vom Insolvenzverwalter eingesetzte Unternehmensberatungsgesellschaft geführt.

Eine Ironie der Geschichte will es, dass das ursprüngliche Gelände inzwischen durch eine ähnliche, aber nicht mehr als alternativ zu bezeichnende Spielstätte belegt wird: «Tipi das Zelt».
(Dank an Wikipedia)

--- Architektur ---
Das Tempodrom erinnert von außen wirklich an ein Zirkuszelt aus Beton. Das 37,5 m hohe Dach beherbergt eine Fläche von fast 8.000 Quadratmetern. Auch der Innenraum erinnert an ein Zirkuszelt. In der Mitte befindet sich die sogenannte Manege, die sowohl als Bühne als auch als Sitz- und Tanzfläche benutzt werden kann. In der Manege befindet sich etwas erhöht eine Bühne. Um die Bühne und die Manege herum erheben sich die Ränge. Die Ränge sind auch seitlich von der Bühne, sodass man, wenn man Pech hat, den Künstler nur von der Seite sieht.
Leider kann ich nicht herausfinden, wie viele Plätze das Tempodrom hat, ich würde es jedoch zu den kleineren Veranstaltungsorten in Berlin zählen.

--- Erreichbarkeit ---
Das Tempodrom ist, seit der Anhalter Bahnhof wieder geöffnet ist, mit der Bahn sehr gut erreichbar. Von der Friedrichsstraße kann man mit der S-Bahn bis zum Anhalter Bahnhof fahren und fällt dann fast in das Tempodrom :-)
Mit dem Auto sollte es sich etwas schwieriger gestalten, vor allem wegen der fehlenden Parkplätze. Ich bin noch nie mit dem Auto hingefahren, aber den Gesprächen der anderen Gäste konnte ich entnehmen, dass es extrem schwierig ist, in der Nähe einen Parkplatz zu finden.

--- Eingang ---
Über die Abfertigung am Eingang kann ich mich nur positiv äußern. Als wir kamen, war eine sehr lange Schlange, trotzdem waren wir schnell im Tempodrom. Auch die Ordner am Eingang zur Halle waren sehr freundlich und zeigten uns die Plätze.

--- Tempodrom als Veranstaltungsort ---
Ich war bis jetzt dreimal im Tempodrom: Einmal zu Kaya Yanar, zu Franz Ferdinand und zu Reinhard Mey. Wie man sieht sehr unterschiedliche Anlässe mit sehr unterschiedlichen Erfordernissen. Bei Michael Mittermeier traf mich das schon erwähnte Problem, dass ich ihn nur von der Seite sehen konnte. Nun bin ich kein großer Fan und nur durch Zufall an die Karten gekommen, daher war es nicht so schlimm. Trotzdem ist es architektonisch der größte Schwachsinn, eine Bühne so zu bauen.
Bei Franz Ferdinand hielt ich mich in der Manege zum Tanzen auf. Ich sage nur Hexenkessel. Es war so unerträglich heiß, das habe ich bis jetzt noch in keinem Konzert erlebt. Es ist einfach so, dass die Manege nicht sehr groß ist und für die Menge an Fans überhaupt nicht geeignet war. Das ist sicherlich auch ein Problem der Band, ich behaupte jedoch, dass das Tempodrom durch diesen seltsamen Baustil viele Kunden (Bands und Fans) verärgert.
Bei Reinhard Mey handelt es sich um ruhigere Musik, hier wurde die Manege als Sitzfläche genutzt. Auch das erschien mir sehr ungünstig, da ich bezweifle, dass die Leute ab Reihe 6 noch viel sehen konnten. Hier machten sich jedoch die Ränge positiv bemerkbar. Wir saßen sehr weit hinten, konnten aber sehr gut sehen. Trotzdem bemerkte ich ein weiteres Problem in der Architektur. Ich saß auf den oberen Rängen und wie man weiß, steigt heiße Luft nach oben. Das Tempodrom ist schlecht klimatisiert, sodass es nach weniger als einer Stunde oben einfach nur noch unerträglich heiß war. Ganz zu schweigen von den Sitzen, die aus hartem Holz waren und eine niedrige Rückenlehne hatten. Nach einiger Zeit war das Sitzen nicht mehr angenehm. Anscheinend ist auch die Akkustik ziemlich schlecht, denn der Künstler lobte ausdrücklich seine Tontechniker, die ihn überhaupt hörbar gemacht hatten.
Positiv anzumerken ist an der Architektur lediglich, dass es sehr gemütlich wirkt. Nicht nur wegen der Wärme :-) Aber die runde Form hat doch etwas für sich und ich empfand die Atmosphäre als sehr angenehm.

--- Sonstiges ---
Das Tempodrom hat mehrere Bars mit einem großen Angebot. Ich habe nichts gekauft, aber ich fand die Preis für einen Veranstaltungsort ganz in Ordnung und man wurde auch schnell bedient.
Besonders ärgerlich sind die Toiletten. Im ganzen Gebäude gibt es 4 Toilettenräume. 2 für Männer und 2 für Frauen. Diese befinden sich direkt gegenüber der Bar. Das bedeutet, dass es a) zu wenig Toiletten gibt ergo: die Leute in Schlangen davor stehen und b) die Leute an der Bar anstehen. Die Gänge sind relativ schmal, man kann sich also vorstellen, wie eng es zu Beginn der Vorstellung und während der Pause ist. Ich kann mir nicht erklären, wie man auf die Idee kommen kann, sowenig Toiletten einzubauen. Ich habe die gesamte Pause in der Schlange vor der Toilette verbracht. Die Leute waren so verzweifelt, dass sie auf die zwei Behindertentoiletten gegangen sind, was ja wohl auch nicht Sinn der Sache ist. Vor allem, weil ich beobachtet habe, dass die armen Rollstuhlfahrer, die sich bis zu den Toiletten durchgekämpft hatten, kaum aus der Tür kamen.
Vielleicht war das mit den Toiletten aber auch Absicht. So haben die Leute nämlich keine Zeit, den Vorraum zu nutzen und sich über die fehlende Gestaltung aufzuregen. Der "Pausenraum" hat den Charme einer Bahnhofshalle. Die Leute stehen dicht an dicht, ab und zu findet man ein paar Stehtische. Da könnte man sich wirklich überlegen, einfach in der Halle sitzen zu bleiben, wenn es nicht so extrem warm wäre.

--- Meine Meinung---
Um es kurz zu machen: Ich halte das Tempodrom für eine totale Fehlinvestition.
Wie man ja schon in meinem Bericht gemerkt hat, weist das Tempodrom zahlreiche Mängel in der Architektur auf, die auch die ach so tolle Zirkuszeltform nicht rausreißen kann. Ich frage mich wirklich, wie lange das Tempodrom angesichts der 02-Arena, die angeblich (ich war noch nicht drin) trotz der Größe eine hervorragende Akkustik und Organisation hat, bestehen kann.
Sicherlich ist die 02-Arena für größere Veranstaltungen gedacht, aber es gibt in Berlin viele Veranstaltungsorte, die bis jetzt die Großveranstaltungen organisiert haben und sie jetzt an die Arena verlieren. Diese werden dann sicherlich dem Tempodrom im Bereich der kleineren Events Konkurrenz machen.