The Majestic (DVD) Testbericht

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ab 7,30
Auf yopi.de gelistet seit 06/2010

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Erfahrungsbericht von mima007

Engagierter Darabont, fabelhafter Carrey, schwache DVD

Pro:

-

Kontra:

-

Empfehlung:

Ja

Für diesen Film sollte Jim Carrey den Oscar bekommen. Er legt hier sein Filmkasper-Image ab und trägt eine engagierte Filmhandlung inklusive der Botschaft von Regisseur und Produzent Frank Darabont (\"Die Verurteilten\", \"The Green Mile\"). Dass man dem Film Darabonts Appell an den US-Zuschauer so stark ansieht, sorgt aber auch für Probleme.

Filminfos

FSK: 12 Jahre
Länge: 146 Minuten inkl. Abspann
Produzent/Regisseur: Frank Darabont (The Green Mile, Die Verurteilten, Hearts in Atlantis)
Drehbuch: Michael Sloane
Musik: Mark Isham (sowie Nat King Cole u.v.a.)
Darsteller: Jim Carrey, Martin Landau, Laurie Holden, Ron Rifkin, Bob Balaban, Hal Holbrook u.a.

Handlung

Prolog, 1. Teil: Skriptbesprechung im Studio des Drehbuchautors . Der Autor, Peter Appleton alias Jim Carrey, hört schweigend den zahlreichen, zunehmend absurder werdenden Änderungen an seinem Drehbuch zu. Er scheint in Erinnerungen versunken, während er unsichtbaren Männern lauscht, die Vorschläge für Änderungen machen. Die Sprecher sieht man nur als Schemen und Schatten. Diese Situation ist analog zu Appletons eigenem Leben: Es ist fremdbestimmt und zensiert. Höchste Zeit also, das Drehbuch seines Lebens umzuschreiben. Als die Dunkelmänner den Skriptautor Appleton gnädigerweise nach seiner Meinung fragen, meint er nur geistesabwesend: \"Amazing\" (verblüffend, nicht etwa \"Wahnsinn\", wie die dt. Fassung übersetzt).

Diese Szene findet ihre zweite Entsprechung in der Kongressanhörung Appletons, in der er vor dem McCarthy-Ausschuss \"für unamerikanische Umtriebe\" aussagen muss. Hier sitzen die Dunkelmänner über Peter zu gericht. Die Szene findet ein Gegengewicht in Prolog 2. Teil. Somit bilden diese Szenen eine Rahmenhandlung. Es ist gut möglich, sich vorzustellen, dass die gesamte Haupthandlung nur als Erinnerungsprozess in Appletons Kopf während der Drehbuchsitzung stattfindet - in der Literatur nichts Neues, in der Filmgeschichte nur selten anzutreffen. Die haupthandlung erhält dadurch den Anschein einer Illusion, gar eines Traumes. Und wie eine Räuberpistole fängt sie auch an.

Haupthandlung, 1. Teil

Unser aufstrebender Hollywood-Autor hat bislang nur einen Film der B-Kategorie (für Matineen etc.) namens \"Sand Pirates of the Sahara\" verfasst. Die Indiana-Jones-Story strotzt nur so vor Klischees. (Kurioses am Rande: Der ältliche Professor, der für etwa 2 Nanosekunden zu sehen ist, wird von Drehbuchautor von \"Majestic\", Michael Sloane, selbst gespielt.)

Hoffnungsfroh betritt Peter das Studio, um sich ans Werk für den nächsten Film zu machen. Leide wurde er jedoch als Kommunist denunziert: Niemand darf mit ihm arbeiten oder gar sprechen. Über Nacht ist er in Hollywood ein Aussätziger. Wie Robinson und Gulliver ist er gestrandet ode vielmehr über Bord geworfen.

Studio-Anwalt und sein Agent raten ihm zu Wohlverhalten, was allerdings die Denunziation weiterer Filmschaffender voraussetzt. Peter, der durchaus dazu bereit ist, besäuft sich erst einmal und setzt sich in sein schickes Sportauto, um auf einer Spazierfahrt nach Norden einen klaren Kopf zu bekommen. Seine Affenpuppe ist sein einziger Gefährte, denn seine Freundin hat ihm sofort den Laufpass gegeben - Aussatz ist ja bekanntlich sehr ansteckend.

Als er versucht, auf einer Holzbrücke einem Opossum auszuweichen, steuert er seinen Wagen gegen das Seitengeländer. Es gelingt ihm nicht, sich aus dem abstürzenden Auto rechtzeitig zu befreien. Sein in die Tür eingeklemmter Mantel droht ihn mit in die Tiefe des Flusses zu ziehen. Peter streift das Kleidungsstück in letzter Sekunde ab, dort darin befinden sich seine Ausweispapiere. Bei der Kollision seines Schädels mit einem brückenpfeiler verliert er das Bewusstsein, ertrinkt aber nicht.

Wie weiland Odysseus, Gulliver und Robinson erwacht er an fremdem Gestade. Allerdings weckt ihn ein mechanisches Geräusch. Es stellt sich als Hecheln eines Hundes heraus. Dessen besitzer bringt Peter in das nächste Dorf Lawson, um ihn zu verarzten. Peter ist wie ein Alien gelandet.

Haupthandlung, 2. Teil

Die Gemeinde Lawson wirkt wie ausgestorben, denn sie hat im 2. Weltkrieg, der erst neun Jahre vergangen ist, über 60 junge Männer verloren - ein hoher Blutzoll für fast jede Familie der Stadt (verdeutlicht bei der Einweihung des Kriegerdenkmals). Unter den Verlorenen befand sich auch ein Albert Lucas Trimble, genannt \"Luke\". Er war der Sohn des lokalen Kinobesitzers Harry Trimble (Martin Landau), aber auch der Verlobte der Arzttochter Adele (Laurie Holden).

Adeles Vater versorgt Peters Kopfwunde im lokalen Restaurant. Allen Besuchern kommt der noch benommene Peter bekannt vor, und als er an Harry Trimble vorbeischwankt, trifft diesen fast der Schlag: Er meint in Peter den als vermisst geltenden Sohn wiederzuerkennen, der posthum als Kriegsheld ausgezeichnet wurde.

Diese Rückbesinnung auf eine vergangene, mit den jungen Männern abgeschnittene Identität tritt bei fast allen auf, die Peter treffen, außer einem: Bob, dem Koch, der mit einer Armprothese aus dem Krieg zurückgekehrt war. Bob sagt Peter unter vier Augen, der wahre Luke sei ganz anders gewesen.

Harry Trimble nimmt Peter an Sohnes Statt auf. Diesem bleibt nicht anderes übrig, da er sein Gedächtnis verloren hat. Da ist jede Identität so gut wie jede andere. Nun ist er selbst der Spieler einer von anderen ihm zugedachten Rolle. Allmählich merkt er, wie sich ein Schauspieler fühlen muss. Er kann auch nicht beweisen, dass er jemand anderes ist, da seine Papiere weg sind.

Nachdem er mit Adele (sprich: a\'dell) ein \"Wiedersehen\" gefeiert hat - eine witzige Szene, in der Adeles nervöser Schluckauf nur durch einen Kuss geheilt werden kann - erweckt Peter auch das alte Kino \"The Majestic\" wieder zu neuem Leben. Dies ist der Wunsch- und Lebenstraum seines Pflegevaters Harry Trimble. Die Gemeinde hilft mit Sachspenden mit, und neue Hoffnung keimt auf: auf persönlicher, zwischenmenschlicher und nun auch auf lokaler Ebene.

Haupthandlung, 3. Teil

Doch die Tage des Triumphes der Auferstehung sind gezählt, und die Wahrheit über Peter kommt ans Licht. Peters Wagen und seine Papiere wurden gefunden. Das Unheil nähert sich mit einem ominösen Brummen, das wohl eines der UFOs verursachen könnte, das einem der paranoiden Science Fiction-Filme der fünfziger Jahre entstammt, die Peter im \"Majestic\" zeigt: \"Der Tag, an dem die Erde stillstand\" (1951) ist sowohl der Tag, als Harry Trimble nach einem Herzinfarkt zu Grabe getragen wird, als auch der Tag, an dem Peter Adele seine wahre Identität gesteht. Seine Erinnerung war ihm ausgerechnet beim Ansehen seines Films \"Sand Pirates of the Sahara\" zurückgekehrt. Ist es Zufall, dass Harry Trimble ausgerechnet bei diesem Film einen Infarkt erlitt?

Das erwähnte Brummen wird von einer Armada schwarzer Wagen erzeugt, die auf die Hauptstraße Lawsons wie bei einer Invasion einbiegen. Die Außerirdischen vom FBI sind gelandet: Peter wird vor den Kongressausschuss der Kommunistenjäger zitiert - bei Strafe für Nichterscheinen. Ihm bleibt noch eine Nacht und ein Morgen, um von seinem Traum- und Filmleben Abschied zu nehmen. Nicht nur Adele, auch die Gemeindemitglieder wenden sich enttäuscht von Peter ab: Der Film hat das falsche Ende, er hat sich als Illusion entpuppt.

Am Bahnsteig übergibt ihm Adeles Vater - sie selbst ist nicht erschienen - ein Geschenk von ihr: die Verfassung der Vereinigten Staaten. In dem Büchlein findet Peter eine Widmung und einen Abschiedsbrief des wahren Luke an seine Verlobte. Es ist sehr bewegender Brief, in dem Luke festhält, warum er in den Krieg gezogen ist: um die Freiheit und die Werte Amerikas zu verteidigen. Und was ist daraus geworden?

Haupthandlung, 4. Teil

Als Peter den Saal des Ausschusses betritt, ist alles für ein Tribunal, quasi eine öffentliche Hinrichtung, bereit: Presse und Fernsehen sind präsent, ein parteiischer Richter und schließlich der Kommunistenjäger als \"Beisitzer\". Dieser stellt ihm Fragen nach seiner \"kommunistischen Vergangenheit\", die Peter ins Lächerliche zu ziehen weiß. Als man gespannt auf die vorbereitete Erklärung Peters wartet, die einer Entschuldigung und Denunziation gleichkommt, gibt es eine handfeste Überraschung.

Prolog 2. Teil:

Wieder sitzen die Dunkelmänner mit dem Autor Appleton zusammen; die Kamera zeigt nur sein Gesicht mit beredtem Mienenspiel. Man nimmt sein Drehbuch auseinander und fragt ihn nach seiner Meinung. Seine Antwort lautet diesmal ganz anders: \"Das ist das Dämlichste, was ich je gehört habe. Ich habe einen anderen Einfall...\" Spricht\'s und fährt zurück nach Lawson.

Epilog

Peter wollte eiegntlich nur Adele sprechen, um sich zu entschuldigen und alles zu erklären. Statt dessen erhält er einen triumphalen Empfang! Seine Erlösung? Jahre später sehen wir ihn am Kinoeingang. Im \"Majestic\" wird heute ein weiterer Invasionsstreifen gezeigt, aber beileibe nicht der letzte: \"Invasion der Körperfresser\" von 1956...

Die DVD

Bildformate: ?
Tonformate: DD 5.1, DTS, SDDS
Sprachen: Engl., Dt., Spanisch
Untertitel: Engl., Dt., Spanisch, Schwedisch, Norwegisch, Dänisch, Finnisch, Portugiesisch, Hebräisch, Frz., Ital., Kroatisch, Poln., Griech., Tschechisch, Türk., Ungar., Slowenisch/Islenska
Extras:
Cast & Crew
Kino-Trailer
Geschnittene Szenen (meist Füllsel)
Die vollständige Sequenz des Films im Film \"Sand Pirates of the Sahara\" mit dem kompletten Fechtduell und der Musik von Erich Wolfgang Korngold

Mein Eindruck

A: Der Film

In der deutschen Fassung hat mir der Streifen gar nicht zugesagt. Zu wenig bringt die deutsche Synchronisation vom Lokalkolorit Lawsons und von der Eigenart der Figuren herüber. Jim Carrey steht oft da wie ein stummer Fisch, der nichts weiß, was er hier soll. In der Originalfassung macht er hingegen durchaus passende Äußerungen, und die ihn umgebenden Figuren gehen darauf auf glaubwürdig wirkende, sympathische Weise ein. Der ganze Sound der Originalfassung ist anders als die deutsche Version. Ich kann daher nur die Originalfassung gelten lassen und besprechen.

Frank Darabonts Film beschwört wie bereits in \"Hearts in Atlantis\" das Dilemma der amerikanischen Fünfziger: Hier die bösen Dunkelmänner und Kommunistenhetzer vom FBI auf nationaler Ebene, dort die sich gerade noch behauptenden, aber stark verunsicherten Durchschnittsamerikaner aus der Kleinstadt. Die Musik (Mark isham) kontrastiert die zwei Ebenen/Welten wieder einmal recht expressiv: Piano in der Kleinstadt, grummelnde Celli und Bässe vor Gericht.

Aber Darabonts traut sich, ein in Hollywood heißes Eisen anzupacken: die McCarthy-\"Schauprozesse\", in denen u.a. Filmgrößen wie Elia Kazan geradezu vernichtet werden sollten. Man hat die Kontroverse wiederaufleben sehen, als Kazan ein Ehren-OSCAR verliehen wurde. Darabont klagt die Fünfziger-Jahre-Paranoia an, aber nicht mit erhobendem Finger, sondern mit einem Lachen.

Doch so wie sich Peter Appleton vor Gericht gegen die Un-Amerikaner (= Aliens) McCarthys behauptet, so muss auch Kleinstadt-Amerika wieder zu sich selbst und zurück zu seinen Idealen finden. Das lässt sich nicht auf einer Lüge oder einer Film-Illusion gründen, sondern nur auf der Wahrheit und der Bereitschaft, für die Freiheit der Meinung und der politischen Ansicht (1. Verfassungszusatz) zu kämpfen.

Und was hat das mit der Gegenwart zu tun? Wieder einmal ist eine konservative US-Regierung im Amt, die sich mit Andersdenkenden auseinandersetzen muss, nämlich gewaltbereiten Islamisten (al-Kaida). Wieder werden subversive Elemente gesucht, verfolgt und eingesperrt, statt zu versuchen, das Problem politisch anzugehen. Im Gegenteil: Pentagon und Geheimdienste verstärken die elektronische Überwachung jedes Jahr mehr. Steht dies in direktem Zusammenhang mit der steigenden Zahl von Amokläufern? Wofür sterben und kämpfen die US-Truppen in Afghanistan? Warum kehren sie als Psychopathen zurück - in eine Gesellschaft, die zunehemnd entmutigt und verwirrt ist (= Lawson)?

In den gezeigten Schundfilmen der fünfziger Jahre spiegelet sich, wie Darabont zeigt, nicht nur die Paranoia der Regierung wider, sondern auch, wie sie die Filmschaffenden vergewaltigte und zu ihren Werkzeugen machte. Science Fiction-Filme als antikommunistische Propaganda: Die Aliens sind finstere Eroberer à la Rote Armee. Das einzige Gegenbeispiel: der Alien Klaatu in \"Der Tag, als die Erde stillstand\". Natürlich wird er verkannt und erledigt. So wie Peter Appleton?

Die Darsteller

Jim Carrey ist nur in der Originalfassung glaubwürdig, seine Mitdarsteller sehen in beiden Fassungen gut aus. Der farbige Angestellte des \"Majestic\", der dem armen Süden entstammt, bringt aber in der Originalfassung eine so glaubwürdige Blues-Stimmung herüber, dass man direkt überrascht ist. Seine Kollegin, eine Klavierlehrerin, ist der größte denkbare Gegensatz, denn sie stamnmt aus der gebildeten weißen Mittelschicht Lawsons. Wenn also der unechte \"Luke\" plötzlich anfängt, einen astreinen Boogie-Woogie und dann einen Roadhouse Blues zu spielen, so ist dies eine Offenbarung: Der echte Luke war nämlich ein Schüler der Klavierlehrerin. Musik als Klassen- und Rassenidentität.

B: Die DVD

Von der Silberscheibe hatte ich wesentlich mehr erwartet. Doch weder Interviews noch Making-of finden sich auf der Leihversion. Statt dessen stellen Texttafen Darsteller & Filmschaffende vor, ergänzt vom obligatorischen Kino-Trailer. Die geschnittenen Szenen sind meist Füllsel, auf die man in der Mehrzahl hätte verzichten können.

Ein Schmankerl für Cineasten mag ja die vollständige Sequenz des Films im Film \"Sand Pirates of the Sahara\" sein, die mit dem kompletten Fechtduell und der Musik des bekannten Hollywood-Komponisten Erich Wolfgang Korngold aufwartet (wo sie die wohl her hatten?). Da aber die Sequenz bereits zweimal im Film gezeigt wird, könnte man auch darauf verzichten.

Unterm Strich

Ein ausgezeichneter, Darabont-typischer Film um die großen amerikanischen Themen, in der Originalfassung kompetent (ich will nicht sagen \"ausgezeichnet\") gespielt von einer eingespielten Darabont-Crew, zu der nun endlich auch Carrey als ziemlich unwahrscheinlicher Kandidat gestoßen ist. Hier legt er das Image des Filmkaspers ab.

Die Leih-DVD verdient lediglich drei von fünf Sternen, der Film hingegen vier Sterne. Eigentlich sollte ich also 3,5 Sterne verleihen. Da dies aber nicht geht, gebe ich wg. Jim Carreys Leistung einen Bonus und komme so auf vier Sterne.

Michael Matzer (c) 2002ff
Info: The Majestic, 2001, DVD: 10/2002

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