Thema Depression Allgemein Depression Testbericht

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Erfahrungsbericht von FrauNeedle

Umgeben von einem Mantel aus Blei

Pro:

-

Kontra:

-

Empfehlung:

Nein

\"Ich möchte mich am liebesten in eine Ecke setzen, möchte gar nichts mehr sagen und mich nicht bewegen. Alles fällt mir so unendlich schwer. Ich kann mich selbst nicht mehr leiden und falle allen nur noch zur Last. Ich kann mich nicht mehr fühlen und empfinde eine große Leere\".
Das sind Sätze, die auf schwere Depressionen ahnen lassen. Über 4 Millionen Menschen in Deutschland leiden an Depressionen und viele wissen es nicht einmal. Kaum ein Patient wird daraufhin richtig behandelt.

Die Depression ist wie ein bleiernder Mantel, der sich über Körper und Geist legt. Als ich letztens diesen ausführlichen Bericht gelesen hatte, mußte ich feststellen, daß auch ich manchmal unter starken Depressionen litt und auch heute noch nicht alles so ok ist. Erschrocken über diese Erkenntnis habe ich in den letzten Tagen oft in mich hineingehorcht und mich gefragt, wie schwer ist meine Last, die ich zu tragen habe. Bin ich nur traurig oder bin ich wirklich depressiv?

Ich schreibe mal eine Liste auf, die in dem Bericht aufgeführt war. Je mehr Fragen mit \"ja\" beantwortet werden, umso eher besteht die Gefahr, daß du depressiv bist.
1. Fühlst du schwächer, reizbarer und erschöpfter als früher?
2. Bist du geräuschempfindlicher und unausgeglichener als früher?
3. Fühlst du dich ausgelaugt?
4. Leidest du an Gleichgültigkeit und Kontaktschwäche?
5. Bist du freud- und lustlos?
6. Leidest du an Gedankenträgheit?
7. Leidest du an Unentschlossenheit?
8. Leidest du an Willensschwäche und Interessenverlust?
9. Hast du kein Selbstvertrauen mehr?
10. Hat deine Leistungsfähigkeit deutlich abgenommen?
11. Fühlst du dich hoffnungslos und ohne Perspektive?
12. Fühlst du dich antriebslos und ständig müde?
13. Bleiben deine Gedanken oft in Grübeleien stecken?
14. Leidest du grundlos unter starken Ängsten?
15. Empfindest du nichts mehr für Menschen/Dinge, die dir früher
wichtig waren?
16. Erscheint dir das Leben sinnlos?
17. Denkst du daß du keine Zukunft hast?
18. Leidest du unter starken Schuldgefühlen und Selbstvorwürfen?
19. Leidest du unter vielen körperlichen Beschwerden wie Schwindel,
Kopfschmerzen, Übelkeit, Schweißausbrüchen oder Ähnliches?
20. Leidest du unter hartnäckigen Schlafstörungen?
21. Ist morgens alles am schlimmsten und abends ist es besser?
22. Denkst du oft, du möchtest am liebsten nicht mehr leben?
23. Gibt es andere in der Familie die unter Depressionen leiden?

Dieser Test liefert nur Anhaltspunke. Eine wirkliche Diagnose kann natürlich nur von einem Arzt gestellt werden. Hast du nur wenige Fragen mit \"ja\" beantworten können, dann besteht die Möglichkeit, daß du unter einer leichten, depressiven Störung leidest. Konntest du ca. die Hälfte mit \"ja\" beantworten, deutet einiges darauf hin, daß du dich in einer mittelschweren Depression befindest und ärztliche Hilfe brauchst. Sind mehr oder fast alle Fragen mit \"ja\" beantwortet, könntest du unter einer schweren Depression leiden und benötigst dringend Hilfe von einem Arzt.

Doch nur keine Panik jetzt. Sich ab und zu mal niedergeschlagen fühlen, ist noch lange keine Depression. Es ist nur normal und auch sehr gesund, ab und zu mal seine Traurigkeit rauszulassen, sich in eine Ecke zu verkrümeln um alles Belastende zu verdauen. Tut man das nicht, frißt man immer alles in sich hinein, dann besteht erst die Gefahr, an einer depressiven Störung zu leiden.

Wie oben schon genannt leiden über 4 Millionen Menschen an Depressionen und es ist somit weltweit die zweithäufigste Erkrankung. Doppelt so viele Frauen als Männer und erschreckenderweise auch immer mehr Kinder und Jugendliche leiden darunter. Etwa 2% der Kinder unter 12 Jahren und 5% der Jugendlichen unter 20 Jahren sind davon betroffen. Bei jedem zweiten Betroffenen wird die Erkrankung nicht erkannt und nur jeder vierte wird angemessen behandelt.

Warum bleiben so viele mit ihrer Not alleine?
Oft wird es gar nicht erkannt, denn die Symptome sind sehr unterschiedlich. Es schwankt zwischen bleiernde Freudlosikeit über rastlose Unruhe bis hin zu körperlichen Erkrankungen. Die körperlichen Beschwerden werden beim Arzt in den Vordergrund gestellt und das eigentliche Problem wird dadurch nicht erkannt. Über Gefühle wird ja schließlich beim Arzt nicht gesprochen. Auch gibt es noch zu viele Vorurteile gegenüber psychischen Erkrankungen. Aus diesem Grund suchen viele Erkrankten keinen Psychiater auf und stehen dadurch noch mehr unter Druck. Vielen Menschen wird oft vorgeworfen, daß sie selber Schuld an ihrem Leiden sind.

Gibt es Wege aus einer Depression herauszukommen?
In den letzten Jahren hat sich sehr viel bei der Behandlung von Depression getan und über 80% können mit Erfolg therapiert werden. Doch vorab ist es wichtig eine Depression von einer Verstimmung oder Trauer unterscheiden zu können. Bei einem Stimmungstief ist oft nach kurzer Zeit ein Aufschwung spürbar, bei einer Trauer ist das Schlimmste nach ein paar Wochen wieder vorbei, bei einer Depression kann man Monate oder sogar Jahre feststecken und kommt ohne fachärztliche Hilfe da nicht mehr raus.

Neben einer psychiatrischen Behandlung sind bei schweren Depressionen auch Medikamente wie z.B. Antidepressiva erforderlich. Doch Psychopharmaka werden oft abgelehnt, weil sie einen schlechten Ruf haben. Sie machen angeblich abhängig und verändern die Persönlichkeit. Das mag bei Aufputschmitteln zutreffen, doch bei Antidepressiva ist das nicht so. Sie verändern nicht das Bewußtsein und beeinträchtigen auch nicht den Verstand. Machen also in keiner Weise abhängig.

Ich kann das persönlich bestätigen, denn ich spreche aus Erfahrung. Nur wußte ich damals nicht, was ich da für ein Medikament bekommen hatte. Ich hatte das Pech an einen nicht so guten Arzt geraten zu sein, der es nicht für nötig hielt, mich aufzuklären, was da überhaupt mit mir los war. Ich saß oft einfach nur da und wollte nichts mehr tun, sehen oder hören. Oder ich war überdreht, habe nächtelang nicht geschlafen und fand einfach keine Ruhe, war gereizt und ständig schlecht gelaunt. Alles deutlich Anzeichen für eine Depressionssphase die der Arzt zwar erkannt hatte, mich aber in keinster Weise darüber aufklärte. Erst später wurde mir klar, daß auch ich unter Depressionen leide. Das Medikament hatte mich in keine Abhängigkeit gebracht, es hat mir wirklich über meine schlimmste Zeit gut geholfen.

So ein Antidepressiva bringt die aus der Balance geratene chemische Übertragung zwischen Nervenzellen und Gehirn wieder ins Gleichgewicht. Manche Mittel wirken beruhigend, andere hellen die Stimmung auf oder wirken Angstlösend. Das einzige Problem bei diesen Medikamenten sind die anfänglichen Nebenwirkungen wie Schwindel oder Herzrasen. Sie erscheinen sofort, während die heilsame Wirkung erst nach Wochen einsetzt. Viele Patienten halten deshalb die Dosierung nicht ein oder setzen das Medikament ab. Damit ist ihnen aber nicht geholfen. Mittlerweile wurden die Antidepressiva weiterentwickelt, greifen noch gezielter auf den Hirnstoffwechsel ein und werden nun besser vertragen.

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5 hilfreiche Therapien bei Seelenqualen:

1. Psychotherapie
Die Psychotherapie hat in der Behandlung von Depressionen den höchsten Stellenwert. Sie ist bei leichten und mittelschweren Depressionen sehr erfolgreich und wird bei schweren Depressionen ergänzend zu anderen Behandlungsmethoden angewendet. Bei dieser Behandlung wird auf die individuelle Situation des Patienten eingegangen und eine feste Anzahl von Sitzungen erarbeitet.

2. Lichttherapie
Menschen, die an der sogenannten Winterdepression leiden, kann sehr helles, weißes Licht helfen. Das Licht bewirkt, daß der gestörte Schlaf-Wach-Rhythmus geregelt wird. Der Patient setzt sich täglich morgens und abends vor Speziallampen, die weißes Licht von mindestens 3000 Lux, besser noch 10000 Lux abstrahlen. Schon nach einer Woche fühlen sich viele besser.

3. Kunsttherapie
Malen ist oft eine gute, und am Anfang oft die einzige Möglichkeit, die Probleme auszudrücken, die man in Worten oft nicht beschreiben kann. Der Therapeut begleitet und hilft dem Patienten beim Gestaltungsprozeß und kann somit zur Lösung der Probleme und Konflikte beitragen. Zu malen heißt auch, sich wieder als aktiv und kreativ zu erkennen.

4. Elektrokrampftherapie
Diese Therapie wird nur in besonders schweren Fällen angewandt, wenn alle anderen Behandlungsmethoden versagt haben. Hier wird dem Gehirn des Patienten unter Narkose ein Stromstoß von 70 bis 120 Volt verabreicht, das einen künstlichen Krampfanfall auslöst. Bei ungefähr 90% der Patienten durchbricht die lang anhaltende depressive Phase. Durch die neue Technik ist das Verfahren auch nicht mehr so gefährlich wie früher und hat nicht mehr so viele Nebenwirkungen und Risiken. Als Nebenwirkungen wären da Blutdruckschwankungen und vorübergehende Gedächtnisstörungen zu nennen. Aber das nehmen die Patienten bei ihrem großen Leid gerne in Kauf.

5. Schlafentzug
Rund zwei Drittel der Patienten fühlen sich 1 - 2 Tage besser, wenn sie eine Nacht nicht schlafen. Den Grund dafür vermuten Wissenschaftler in den Abläufen im Körper während des sogenannten REM-Schlafes (rapid eye movement). In dieser Schlafphase kommt es zu raschen Augenbewegungen und lebhaften Träumen. In der REM-Phase wird ein wichtiger Botenstoff abgebaut, der bei depressiven Patienten sowieso schon sehr wenig oder gar nicht vorhanden ist. Der Arzt gibt ein genaues Schema vor, wann der Patient nicht schlafen soll und kann zusätzlich zu anderen Therapien eingesetzt werden.

Familienangehörige und Freunde stehen einem depressiven Menschen oft sehr hilflos gegenüber. Sie möchten helfen und und fühlen sich machtlos. Ganz wichtig ist hier, daß Familienangehörige die Depression nicht heilen können. Aber sie können dem Patienten in der schwierigen Situation viel helfen und unterstützen. Hierzu noch ein paar Tipps, die sehr hilfreich sein können:

Niemals sollte man einer betroffenen Person versuchen klarzumachen, daß seine Situation gar nicht so schlimm ist und andere Menschen viel schlimmer dran sind. Auch solche Sätze wie: \"Jetzt reiß dich mal zusammen, dann wird es besser\", sind weniger hilfreich, denn sie setzen den Patienten nur noch mehr unter Druck. Wichtig ist auch, daß man seine eigenen Interessen nicht für die Hilfe des Patienten aufgibt, denn damit überfordert man sich nur selber. Es gibt bestimmt noch andere Personen, die sich um den Patienten kümmern können. Etwas Ablenkung am Tag ist auch sehr hilfreich, aber man sollte darauf aufpassen, daß man den Patienten nicht bevormundet oder ständig kritisiert. Ein Spaziergang ist ja was schönes, aber setze keine festen Zeiten an, sondern wäge die Situation ab, ob der Patient in der richtigen Laune ist. Besser man unterstützt die Person, indem man ganz diskret darauf achtet, ob die Medikamente regelmäßig eingenommen werden und die Termine zur Therapie eingehalten werden.

Ganz wichtig zum Abschluß: Nehmt Selbstmord-Andeutungen ernst. Gebt dem Betroffenen die Möglichkeit, sich auszusprechen und informiert den behandelnden Arzt über diese Andeutungen.

Ich hoffe, das war euch jetzt nicht zu lang. Ich könnte noch viel mehr darüber schreiben, denn ich kenne einige Menschen, die in meinen Augen sehr depressiv sind. Aber das möchte ich euch nicht antun, denn dann würdet ihr nochmal eine Stunde daran lesen. Nur noch einen kleinen, persönlichen Tipp: Führt ein Tagebuch und schreibt alles auf. Mir hat es sehr geholfen.

Danke fürs Lesen - FrauNeedle

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