Tischler/in Testbericht

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ab 22,85
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Summe aller Bewertungen
  • Einstellungschancen:  schlecht
  • Aufstiegschancen:  gut
  • Verdienstmöglichkeiten:  durchschnittlich
  • Sozialleistungen:  durchschnittlich

Erfahrungsbericht von YetiChris

Von Null auf Holzwurm

4
  • Einstellungschancen:  schlecht
  • Aufstiegschancen:  gut
  • Verdienstmöglichkeiten:  durchschnittlich
  • Sozialleistungen:  durchschnittlich

Pro:

Abwechslungreich, fordert sowohl theoretische als auch Praktische Fertigkeiten, relativ gute Auf-/Umstiegschancen

Kontra:

Recht geringer Verdienst, Flaute in der Baubranche

Empfehlung:

Ja

Nachdem ich nun schon im Sommer 2003 meine Gesellenprüfung zum Schreiner abgeschlossen habe, möchte nun einmal über meine Erfahrungen berichten, die ich vor, während und nach der Ausbildung hatte.

1999 war meine Bundeswehrkarriere zuende. Sehr traurig war ich nicht darüber, und ich hatte mich auch schon entschlossen, das ich nun eine Ausbildung zum Schreiner beginnen wollte. Da ich ja schon das Abitur in der Tasche hatte, war ich der Meinung, die Ausbildung in 2 Jahren beenden zu können, zumal ich ja auch noch ein Architekturstudium ins Auge gefasst hatte. Allerdings fand ich zunächst keine Lehrstelle, also musste ich ein Jahr als Montagehelfer mein Geld verdienen. Das hatte aaber auch ein gutes: Mein Arbeitgeber hatte Kontakt zu eine Schreinerei, und hatte ich schnell und ohne große Umstände eine Lehrstelle in Aussicht, das ganz ohne Bewerbung und große Sucherei. Allerdings stellte mein Lehrherr eine Bedingung: Ich sollte das „BGJ“, das Berufs-Grundbildungsjahr absolvieren. Das bedeutet einfach gesagt, dass man das erste Lehrjahr komplett in der Schule verbringt, 2 Tage theoretischen Unterricht hat und drei Tage in der schuleigenen Werkstatt die Grundfertigkeiten des Schreinerhandwerk erlernt, also das sägen, hobeln, stemmen, schleifen etc. Da diese handwerklichen Fähigkeiten später in der Gesellenprüfung benötigt werden, aber mein Chef argumentierte, dass in einem 5-Mann-Betrieb keine Zeit für das Üben von Zinken und Zapfen sei, stimmte ich zu.

Im Sommer 2000 wurde ich also in der Berufsschule eingeschult. Natürlich als Klassen-Opa ;-). Meine Klassenkameraden waren zwischen 15 und 19, da ragte ich mit meinen 25 Lenzen schon ziemlich weit heraus. Auch mit meinem Schulabschluss hob ich mich größtenteils deutlich ab – in der Hauptsache befanden sich Hauptschüler in meiner Klasse. In der Theorie hatte ich keinerlei Probleme. In Technologie (Fachkunde) war zunächst Biologie gefragt: Wachstum des Baumes, Photosynthese, Wuchsarten, Krankheiten, Wachstumsfehler, Baumarten. Auch Physik gehörte zum Stoff: bei den Holzeigenschaften. Die Fachmathematik war geprägt von Wiederholungen (Schuljahr 4-6: Bruchrechnen, Flächen- und Volumenberechnungen, Prozentrechnung, Dreisatz). Weitere Fächer waren natürlich „Konstruktion und Arbeitsplanung“ (technisches Zeichen), Politik/Wirtschaftskunde, Deutsch, Sport und Religion, alles auf 2 Schultage verteilt.
In der Berufspädagogik werden seit 2000 übrigens einige Änderungen umgesetzt. Die Fächer Mathemaik, Technologie und Konstruktion/Arbeitsplanung werden in sog. „Lernfelder“ zusammengefasst, die bestimmte Aspekte der Schreinerarbeit behandeln, wie z.B. „Fertigung komplexer Werkstücke“.
Dahinter steht die Idee, das man auch in der täglichen Arbeit sowohl sein Fachwissen als auch Mathematische und zeichnerische Fertigkeiten einbringen muss. Die Schulische Ausbildung soll damit praxisorientierter werden.
Die Übrigen 3 Tage in der Woche brachten wir in der schuleigenen Werkstatt zu, um die klassischen Aspekte des Handwerks zu erlernen. Das korrekte Sägen, das Hobeln, Stemmen und schleifen wurde uns von einem kompetenten, aber etwas unmotivierten Meister beigebracht, danach ging es an die Holzverbindungen: Überblattungen, Schlitz und Zapfen, Verkeilungen und schließlich die hohe Schule des Klassischen Möbelbaus: Zinkungen. Auch erste Furnierarbeiten wurden hergestellt und der TSM1 absolviert, landläufig „Maschinenschein“ genannt – Diese Berufsgenossenschaftliche Ausbildung wird benötigt, um an Holzbearbeitenden Maschinen arbeiten zu dürfen.

Nach einem Jahr begann dann der „Ernst des Lebens“ – die Betriebliche Ausbildung. Das erste Jahr war geprägt von Montagearbeiten. Was die Gesellen oder der Chef in der Werkstatt herstellten, musste montiert werden. Das reichte von Einbauschränken bis zu Haustüren, auch Fenster und Trockenbauwände wurden montiert. Alles in allem sehr abwechslungsreich und teilw. auch Anspruchsvoll. Keine Baustelle ist gleich, kein Kunde hat die gleichen Ansprüche wie der Letzte. Immer wieder taten sich Probleme auf, die gelöst werden mussten.
Natürlich gibt es auch langweilige Arbeiten: Das montieren von Zimmertüren im Normmaß zum Beispiel: Auspacken, die Türzarge zusammenbauen, in die Türöffnung stellen, ausrichten, einschäumen, Tür einhängen und Drückergarnitur montieren... und das bei bis zu 15 Türen pro tag... Da kommt schnell Langeweile auf.

Mitte des 2. Lehrjahres stand die Zwischenprüfung an. Sie ist leider eher ein „Muster ohne Wert“, da man zwar teilnehmen, sie aber nicht bestehen muss um an der Gesellenprüfung teilzunehmen. Sie besteht aus einem Theoretischem und einem Praktischen Teil. Mit einer Note von 3 – 3 (Praxis – Theorie) stand ich im Oberen Drittel, da viele dieser Zwischenprüfung aus genannten Gründen nicht viel gewicht beimaßen. Viele Chefs sahen das allerdings anders – Es hagelte Ermahnungen ;-).

Auch in der Schule ging die Ausbildung weiter, allerdings mit nur noch 1,5 Schultagen pro Woche (jeden Mittwoch plus jeden 2. Freitag). Einige Fächer wie Englisch und Sport fielen weg, dafür kamen bei der Fachkunde ein paar Stunden dazu. Hier wurde der Stoff auch üppiger. Die Bauphysik sowie die Restauration von Möbeln und Bauelementen wie Fenstern und Türen wurde in Angriff genommen. Das beinhaltete ein sehr interessante Exkursion zur Probstei Johannistal bei Fulda, Dem Zentrum für Denkmalpflege und Restaurierung in Hessen.
Die Lernfelder noch genauer definiert. So hatten wir keine einzelnen Fächer mehr, sondern wurden in den Lernfeldern unterrichtet. So konnte es sein, das wir in einem Fach an einem Tag Theorie durchkauten, am nächsten Zeichneten und am dritten Matheaufgaben rechneten. Auch die Fortbildungen TSM2 und 3 wurden abgehalten. Mit dem Erwerb des TSM3 ist man berechtigt, sämtliche Holzbearbeitungsmaschinen inkl. Der Tischfräse (wohl das gefährlichste Holzbearbeitungsmaschine) ohne Aufsichtsperson benutzen zu dürfen. Auch der Sogenannte Oberflächenkurs stand auf dem Terminkalender. Hier werden die verschiedenen Oberflächenbehandlungsarten von Holz vermittelt. Wachsen, Ölen, lackieren, polieren, aber auch Räuchern, abflammen, beizen, lasieren und verschiedene Effektlackierungen werden hergestellt.



Also begann das 3. Lehrjahr. Im betrieblichen Bereich war ich nun in erster Linie in der Werkstatt. Ich stellte also die Werkstücke her, die die anderen schließlich montierten. Zwar nicht so abwechslungsreich wie Montage, aber doch auch interessant. Auch hier sind technische Schwierigkeiten zu lösen, man muss das richtige Material wählen und wirtschaftlich mit den Materialien umgehen. Hinzu kam, da ich in einem recht kleinen Betrieb (wie schon erwähnt, 5 Leute) arbeitete, oft eigenverantwortlich arbeiten musste.

In der Schule waren in erster Linie Wiederholungen angesagt, immerhin ging es stramm auf die Gesellenprüfung zu. Lediglich Kunstgeschichte und Stilkunde kamen als neue Aspekte der Restauration hinzu.

Zu beginn des Jahres 2003 begann ich auch mit der Planung zu meinem Gesellenstück. Eine Idee hatte ich relativ schnell. Diese musste jedoch noch ausgearbeitet werden und den Anforderungen angepasst werden. So gibt es bestimmte Regeln für das Gesellenstück, die von Innung zu Innung (also von Prüfungskommission zu Prüfungskommission) unterschiedlich sind. So waren bei uns beispielsweise moderne, mit maschineller Hilfe einpassbareTopfbänder ebenso verboten, wie einfache Aufschraubschlösser und bestimmte Werkstoffe. Auch muss das Gesellenstück eine klassisch geführte Schublade (also ohne mechanische Auszüge) aufweisen, die Gezinkt werden soll und die Ansichtsfläche darf einen bestimmten wert nicht überschreiten. Auch diese Probleme konnte ich bald überwinden.

Nun begann das Warten auf einen Prüfungstermin... wir warteten und warteten... die Zeit wurde immer knapper, da unsere Ausbildung ja offiziell zum 01.08. enden sollte. Im Mai bekamen wir dann endlich Termine für Juni/Juli, nicht viel Zeit für die Vorbereitung. Der grund für dieses Chaos war, das die für uns zuständige Innung nicht in der Lage war, eine Prüfungskommission zu stellen. Schließlich übernahm die Handwerkskammer diese Aufgabe, damit überhaupt einen Gesellenprüfung abgehalten werden konnte.

Also begann die Prüfungszeit mit der Vorstellung der Gesellenstückentwürfe. Hierzu wurden detaillierte Entwurfszeichnungen, Materiallisten und ein Arbeitsablaufplan benötigt. Mitte Juni dann die Handprobe. Sie stellt einen Teil der Praktischen Note dar. Man hat die Aufgabe, binnen 6 Stunden ein bestimmtes Werkstück herzustellen. Das beinhaltet sowohl einen Teil moderner Maschinenarbeit als auch einen Teil klassischer Handwerksarbeit, wie zum Beispiel dem Stemmen von Schlitz und Zapfen oder der Herstellung einer Zinkung. 2 Wochen später ging es dann zur nächsten Hürde: der theoretischen Prüfung. Einen halben Tag wird man in den Fächern Politik/Wirtschaftskunde, Mathematik, Fachkunde und Konstruktion/Arbeitsplanung geprüft. Bis auf Politik/Wirtschaftskunde sind die Fächer übrigens Projektbezogen, das heißt, das sie sich an einem bestimmten, fiktiven Bauvorhaben orientieren, anhand dessen die verschiedenen Aspekte des Schreinerhandwerks behandelt werden. Wieder ein versuch, die Ausbildung näher an die Praxis zu bringen.

An weiteren 2 Wochen Pause begann der letzte Schritt der Prüfung: das Bauen des Gesellenstücks. 3 Wochen lang ist man damit beschäftigt. Sämtliche Arbeitsgänge müssen selbstständig ausgeführt werden, Am letzten Tag der 3 Wochen muss das Werkstück dann bis 18 Uhr abgegeben werden, damit es benotet werden und anschließend ausgestellt werden kann.

Am 4.08.2003 Hatte ich es schwarz auf weiß: Ich hatte die Ausbildung mit dem Erwerb des Gesellenbriefes abgeschlossen. Allerdings bedeutete das für mich auch zunächst mal die Arbeitslosigkeit, denn übernommen wurde ich nicht. Allerdings fand ich schnell eine neue Anstellung.

Etwas geärgert habe ich mich über das offizielle Ende der Ausbildung, der Freisprechung. Mich erreichte keine Einladung, so bekam ich meinen Gesellenbrief und mein Prüfungszeugnis ganz profan mit der Post geschickt. Aus den berichten meiner Kollegen entnahm ich, das es auch keine der üblichen Bestenauszeichnungen gab. So wurde weder der Jahrgangsbeste noch das beste Gesellenstück oder die beste Theoretische Leistung gekürt, noch gab es einen Preis für „Die gute Form“. Dieser wird im sonst für Gesellenstücke vergeben, bei denen Form und Funktion in einem besonders guten Verhältnis stehen. Solche Preise machen sich in Bewerbungsunterlagen recht gut.

Wie fällt mein Fazit aus? Grundsätzlich ist das Schreinerhandwerk ein sehr guter Berufszweig: Man hat eine Abwechslungsreiche, anspruchsvolle Arbeit, die sowohl theoretische als auch praktische Fertigkeiten verlangt. Natürlich gibt es auch stupide Akkordarbeit wie die Montage von Türen, aber genauso Aufträge, die kreative Problemlösungen verlangen oder gestalterische Fähigkeiten fordern. Die Aufstiegschancen sind recht gut, da man sich nicht nur spezialisieren kann (z.B. auf Restauration, Instrumentenbau o.ä.), sondern nach der Meisterprüfung auch einen eigenen Schreinerbetrieb eröffnen kann. Auch kann man mit einschlägigen Weiterbildungen in den Kaufmännischen oder industriellen Bereich wechseln, oder unter bestimmen Voraussetzungen ein Studium beginnen.

Negativ zu bewerten sind die nicht besonders rosigen Verdienstmöglichkeiten und die momentan schlechte Arbeitsmarktsituation, immerhin ist die Schreinerei ein Baunebengewerbe und daher leidet es auch unter der Flaute in der Baubranche.

19 Bewertungen, 1 Kommentar

  • campimo

    11.04.2007, 22:10 Uhr von campimo
    Bewertung: sehr hilfreich

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