Tour de France 2003 Testbericht

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Erfahrungsbericht von Gesi42

Jan Ullrich ist der wahre Sieger

Pro:

-

Kontra:

-

Empfehlung:

Ja

Die Tour de France hat auch wieder 2003 wieder viele Radsportfans in den Bann gezogen. Vor dieser Rundfahrt galt der viermalige Champion und Titelverteidiger Lance Armstrong als der große Favorit. Aber auch der Sieger des Giro d\'Italia Gilberto Simoni als auch Jan Ulrich hatten angekündigt, dem Amerikaner das Leben schwer zu machen. Aus deutscher Sicht war diese Rundfahrt besonders interessant, denn zum ersten Mal gab es drei deutsche Rennställe, die an der Tour de France teilnahmen. Neben dem Team Telekom war es Gerolsteiner und dem relativ neuen Rennstall Bianchi, der aus dem insolventen Rennstall Coast hervorging.


Die Tour de France
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Die Tour de France ist das längste und schwerste Radrennen der Welt. Die Radrundfahrt wird in den drei Juliwochen in 20-23 Etappen gefahren. Die Länge dieser Radrundfahrt ist immer unterschiedlich, denn keine Tour de France gleicht einer anderen und wird immer wieder neu festgelegt. Meist ist die Länge immer 3500 bis 4000 km. Sogar Etappenorte in den angrenzenden Ländern Italien, Schweiz, Holland, Spanien und Deutschland sind möglich.
Die einzelnen Etappen der Tour de France können dabei eine Länge bis zu 240 km. In den Anfangsjahren um 1920 wurden sogar Etappenlängen von 480 km erreicht. Aber solche Mammutstrecken gibt es heutzutage nicht mehr.
Bezeichnend für die Tour de France sind vor allem die steilen Berge in den Alpen und den Pyrenäen. Deshalb wird auch nie ein Sprinter die Tour de France gewinnen. Es kommt hier vielmehr auf die Allroundfähigkeiten an und vor allem muss man als guter Fahrer gut über die Berge kommen.
Zu den 20 Etappen gehören auch zwei Einzelzeitfahren sowie ein Mannschaftszeitfahren an. Es kommt bei dieser Radrundfahrt nicht nur auf gute Radrennfahrer an, sondern auch auf eine ausgeglichene Mannschaft.
Zu den erfolgreichsten Fahrer der Tour de France zählen Jaques Anquetil, Bernard Hinault, Miguel Indurain und Eddy Merckx, die die Rundfahrt jeweils fünfmal gewannen.



Das Jubiläum
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Die Tour de France erlebt in diesem Jahr ihr 100. Jubiläum. Viele Etappen sollen an die erste Tour erinnern, aber damals waren die Etappen natürlich noch viel länger und teilweise über 400 km lang. Aber zumindest wurden die Pyrenäen damals noch nicht befahren, die immer für eine große Hürde sorgten.
Die Tour de France machte aber in den Kriegsjahren eine Pause, so dass in diesem Jahr erst die 90. Tour gefahren wird. Viele Sondersendungen im Fernsehen erinnern aber auch an die Geschichte der Tour de France und viele historische Siege kann man noch einmal bewundern. Für mich ist es immer interessant, welche Strapazen die Fahrer vor 50 Jahren auf sich nahmen und damals war es noch ein echtes Abenteuer.



Die Favoritenliste
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Der große Favorit war natürlich Lance Armstrong aber auch andere Fahrer hatten angekündigt, Attacken in den Bergen zu fahren, damit Lance Armstrong in Schwierigkeiten gerät. Zu den großen Favoriten gehörten u.a.:
- Lance Armstrong
- Alexander Winokurow (Sieger der Tour de Suisse)
- Gilberto Simoni (Sieger des Giro d\'Italia)
- Joseba Beloki
- Santiago Botero
Auch in diesem Jahr nehmen natürlich wieder 22 Rennställe an der Tour de France teil und jeder Rennstall möchte natürlich seine Fahrer vorne sein. Aber für den Großteil der Rennställe geht es nur darum, Etappensiege zu erzielen, denn für den Gesamtsieg kommen eigentlich nur eine handvoll Fahrer in Betracht.
Interessant dürfte aber auch der Kampf um das gepunktete Bergtrikot werden, denn der Vorjahressieger Richard Virenque strebt hier seinen 6. Sieg an. Aber für einen Gesamtsieg wird es für ihn auch in diesem Jahr nicht reichen, denn an einem Berg schwächelt er fast immer und verliert hier zu viel Zeit, um noch um den Toursieg zu kämpfen. Aber es ist gut, dass er nach seiner Dopingsperre 1998 wieder zurückgekommen ist.
Aus deutscher Brille dürfte aber auch Erik Zabel für das grüne Trikot in Betracht kommen. Im vergangenen Jahr wurde er nur knapp vom Australier Robbie McEwen geschlagen und er möchte sich bei dieser Jubiläums-Tour bestimmt revanchieren. Aber auch Alessandro Petacchi dürfte ein harter Konkurrent werden, denn immerhin hat er beim Giro d\'Italia desöfteren Mario Cipollini geschlagen, der bei der Tour de France ja nicht eingeladen wurde.
Titelverteidiger bei dieser Jubiläums-Tour-De-France sind übrigens:
- Gelbes Trikot: Lance Armstrong
- Grünes Trikot: Robbie McEwen
- Bergtrikot: Richard Virenque


Der Prolog: Paris 6,5 km
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Der Prolog beginnt wieder einmal in Paris. Auf einem Rundkurs von 6,5 km ohne große Steigungen galt es den ersten Träger des gelben Trikots zu finden. Für eine große Überraschung hätte fast Jan Ulrich gesorgt, als er vorerst eine Bestzeit fuhr. Aber der Zeitfahrspezialist Bradley McGee aus Australien vom Team Fdjeux fuhr ins erste gelbe Trikot. Aber Jan Ulrich konnte schon im Prolog einen ersten Erfolg verbuchen: Er fuhr einige Sekunden schneller als Lance Armstrong.


Die 1. Etappe: St. Denis/Montgeron – Meaux 168 km
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Auf der ersten Etappe hatte sich bereits früh vom Hauptfeld getrennt, aber kurz vor Schluss wurden die Ausreißer doch gestellt und es kam zum großen Sprintfinale. Etwa 500 m vor dem Ziel kam es dann zu einem schrecklichen Sturz und viele Fahrer kamen mit Blessuren davon. Auch der große Favorit Lance Armstrong wurde in diesem Sturz verwickelt, aber zum Glück ist ihm nicht viel passiert. Den Sprint gewann der Italiener Alessandro Petacchi, der schon beim Giro d\'Italia viele Etappen gewann. Für Erik Zabel reichte es nur zum 3. Platz.


Die 2. Etappe: La Ferte s. Jouarre – Sedane 204,5 km
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Auch auf der 2. Etappe gab es schon früh einen Ausreißversuch, der teilweise bis zu 7 Minuten Vorsprung herausfuhr. Lange Zeit schien es so, dass das Hauptfeld gar nicht mehr herankam, aber kurz vor dem Ziel gab es einen kleinen Berg der 4. Kategorie, der dem Ausreißer zum Verhängnis wurde. So kam es auch hier wieder zu einem Sprint. Am Geburtstag von Erik Zabel gelang den deutschen Sprint-As wiederum kein Etappensieg, denn der Australier Baden Cooke, der wie auch Bradley McGee vom Team Fdjeux stammt, fuhr ihm einfach davon. Aber Bradley McGee blieb hier weiterhin im gelben Trikot.


Die 3. Etappe: Charleville – St. Dizier 167,5 km
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Auf dieser Etappe gab es zwar vereinzelte Ausreißversuche, aber im Großen und Ganzen blieb das Hauptfeld doch zusammen. Dies war natürlich von Vorteil für die Sprinter, denn unterwegs gab es vereinzelt Sprintwertungen, wo man Zeitgutschriften bekommen konnte. So fuhr der Franzose Jean Patrick Nazon ins virtuelle gelbe Trikot, als er die Sprints gewann. Aber im Zielsprint kann es schon wieder ganz anders aussehen, denn der Gewinner kann wieder 20 Sekunden Zeitgutschriften bekommen. Aber der Franzose ließ im Spurt nichts mehr anbrennen, denn die härtesten Konkurrenten um das gelbe Trikot hatte er im Blickfeld. Sieger dieser Etappe wurde aber wiederum Alessandro Petacchi vom Team Fassa Bortolo. Er ist ganz eindeutig der zurzeit beste Sprinter und es wird wohl schwer werden, ihm das grüne Trikot streitig zu machen.
Die großen Mannschaften wie US Postal oder Once haben sich auf dieser Etappe noch geschont, denn man nächsten Tag steht das Vorentscheidende Mannschaftszeitfahren an.



Die 4. Etappe: Joinville – St. Dizier Mannschaftszeitfahren 69 km
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Schon im Vorfeld galt das Mannschaftszeitfahren als Vorentscheidung für das Gesamtklassement. Zu den großen Favoriten galten natürlich die Zeitfahrspezialisten der Teams Once und US Postal. Bei der ersten Zeitmessung bei 18 km lag aber ein anderes Team vorne: das Team Telekom. Aber die Favoriten ließen es hier bewusst etwas ruhiger angehen, um am Ende noch ordentlich Zeit gutzumachen. Am Ende waren aber wieder die Teams um Armstrong (US Postal) und Beloki (Once) vorne. Aber für die große Überraschung sorgte das noch junge Team um Jan Ullrich (Bianchi), die auf einem hervorragenden 3. Platz landete. Jetzt hat Jan 38 Sekunden Rückstand auf Lance Armstrong und hat damit noch alle Chancen auf den Gesamtsieg. Das Team Telekom erreichte immerhin einen guten 6. Platz, aber der Rückstand von 1:30 Minuten ist für Botero und Winokurow schon fast etwas zu groß, um mit der Spitze mitzuhalten. Neuer Träger des gelben Trikots wurde natürlich ein Fahrer des US Postal Teams, aber nicht Lance Armstrong konnte sich das Trikot anziehen, sondern sein Helfer Victor Hugo Pena aus Kolumbien. Armstrong folgte mit nur einer Sekunde Rückstand.


Die 5. Etappe: Troyes – Nevers 196,5 km
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Die vorletzte Flachetappe vor den schweren Alpen wurde wieder von einigen Ausreissern genutzt. Aber wiederum hat das Hauptfeld rechtzeitig Tempo gemacht und es wurde wiederum zu einem Sprint. Auch hier gewann wiederum der Italiener Alessandro Petacchi und kam somit zum 3. Etappensieg.


Die 6. Etappe: Nevers – Lyon 230 km
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Heute hätte es fast den ersten erfolgreichen Ausreißversuch gegeben, aber Stuart O\'Grady wurde etwa 200 Meter vor dem Ziel doch noch vom Hauptfeld eingeholt und wiederum konnte keiner mit dem Tempo von Alessandro Petacchi mithalten, der einen noch grösseren Vorsprung herausfuhr als bei seinen vorangegangenen Etappensiegen. Durch seinen 4. Etappensieg durfte er auch zum ersten Mal das grüne Trikot überstreifen und wer sollte es ihm bis Paris noch streitig machen. Erik Zabel konnte diesmal nicht in die Entscheidung eingreifen, denn etwa 5 km vor dem Ziel stürzte er und zog sich einige schwere Hautabschürfungen zu. Ich habe manchmal den Eindruck, dass die Fahrer inzwischen viel mehr riskieren und auch einen Sturz mit einkalkulieren. Der Erfolg und damit auch das Geld regiert auch hier inzwischen und nur deshalb sind die vielen Stürze bei der diesjährigen Tour de France zu erklären.

Die 7. Etappe: Lyon – Morzine 230,5 km
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Die erste Etappe in den Alpen sorgte gleich zu Beginn für eine große Überraschung: Armstrong ließ Richard Virenque schon früh ziehen und er konnte ihn nicht mehr rechtzeitig einholen. Mit Virenque riss übrigens der deutsche Rolf Aldag vom Team Telekom aus, der lange mit dem Franzosen mithielt. Durch seine gute Plazierung auf dieser Etappe arbeitete sich Rolf Aldag sogar bis auf Platz drei in der Gesamtwertung vor. Dadurch dass Richard Virenque diese Etappe gewann und neuer Träger des gelben Trikots wurde, durfte Rolf Aldag zum ersten Mal das Bergtrikot überstreifen. Für einen Rennfahrer, der sonst nur die Sprints für Erik Zabel anzieht und eigentlich kein ausgesprochen guter Bergfahrer ist, ist dies bestimmt eine besondere Auszeichnung für ihn.
Schon nach 50 km gab übrigens Alessandro Petacchi auf. Hier ging es noch nicht einmal in die Alpen, aber er gab lieber vorzeitig auf. Dadurch haben die anderen Fahrer wie Baden Cooke oder Robbie McEwen endlich wieder eine Chance auf das grüne Trikot und vielleicht kann ja auch Erik Zabel auf den späteren Flachetappen doch noch eine Etappe gewinnen.
Für eine große Enttäuschung sorgten die Favoriten Gilberto Simoni und Santiago Botero, die beide schon hier über 10 Minuten verloren und den Gesamtsieg schon fast abschreiben können.


Die 8. Etappe: Sallanches – L\'Alpe d\'Huez 219 km
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Diese Etappe hat es so richtig in sich: Drei schwere Anstiege mit dem Col du Telegraphe (1566 m), Col du Galibier (2645 m) und Alpe D\'Huez (1850 m) stehen auf dieser Etappe auf dem Programm und hier fällt bestimmt eine Vorentscheidung.
Die 2. Alpenetappe war zwar von dem einen oder anderen Ausreißversuch gekennzeichnet, aber die Favoriten blieben bis zum letzten schweren und auch steilen Anstieg eigentlich zusammen, aber hier wurde Lance Armstrong immer wieder angegriffen. Beloki startete den einen oder anderen Angriff, aber Lance Armstrong konterte immer wieder. Das US Postal Team hatte schon vorher bewusst das Tempo recht hoch gehalten, damit viele Fahrer kaum noch Kräfte hatten. Auch Jan Ulrich konnte Lance Armstrong nicht mehr folgen und verlor weitere 92 Sekunden auf den Amerikaner. Erst bei dieser Etappe gab Jan Ulrich zu, dass er Tage zuvor mit 40 Grad Fieber zu kämpfen hatte und deshalb ist dieser relativ kleine Rückstand gar nicht hoch genug zu bewerten. Die Etappe gewann aber der Spanier Iban Mayo vom Euskaltel-Team, der dadurch sehr nahe an Lance Armstrong kam und schon dritter in der Gesamtwertung wurde. Das gelbe Trikot streifte aber zum ersten Mal Lance Armstrong über, da Richard Virenque am Anstieg nach L\'Alpe d\'Huez über 9 Minuten verlor.
Zweiter hinter Iban Mayo wurde überraschend Alexander Winokurow, der Lance Armstrong wichtige Sekunden abnahm und ein echter Konkurrent um den Gesamtsieg werden könnte.
Für die Zuschauer ist der letzte Anstieg nach L\'Alpe d\'Huez besonders interessant, denn nirgendwo anders stehen die Zuschauer so nah auf den Strassen und dies ist immer eine besondere Stimmung hier den Fahrern zuzujubeln. Im Fernsehen wird eigentlich nie richtig dargestellt, wie steil diese Strecke wirklich ist.

Die 9. Etappe: Le Bourg d\'Oisans – Gap 184,5 km
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Die dritte und letzte Alpen-Etappe war bereits kurz nach dem Start von einer Ausreißergruppe gekennzeichnet. In dieser Gruppe waren u.a. sogar zwei Fahrer aus dem Bianchi-Rennstall vertreten, aber die Akzente setzte Jörg Jaksche aus dem Once-Team. Lange Zeit fuhr er sogar im virtuellen gelben Trikot, aber das US Postal Team gab am letzten schweren Anstieg noch einmal richtig Gas und holte ihn wieder ein. Bei der letzten Steigung setzte wieder einmal Alexander Winokurow vom Team Telekom die Akzente und riss Lance Armstrong aus. Überschattet wurde die Aufholjagd von Lance Armstrong allerdings von einem schweren Unfall von Beloki, der bei einer Abfahrt eine zu hohe Geschwindigkeit in einer Kurve hatte und sich u.a einen Oberschenkelhalsbruch zuzog. Der Sieger wurde aber Winokurow und er nahm Lance Armstrong nicht nur weitere 36 Sekunden ab, sondern er bekam als Etappensieger sogar noch eine Zeitgutschrift von 20 Sekunden. Somit ist er nur noch 21 Sekunden hinter Lance Armstrong. Es sieht fast so aus, als wenn die 90. Tour de France viel spannender wird als die letzten Jahre. Zumindest ist aber Lance Armstrong nicht mehr so dominierend.

Die 10. Etappe: Gap – Marseille 219,5 km
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Diese Etappe ist eine wahre Erholung für die Rennfahrer, denn es gibt hier kaum noch schwierige Berge und die Fahrer können hier noch einmal zeigen, dass sie die schweren Berge gut überstanden haben. Marseille ist übrigens recht selten ein Etappenort der Tour de France, denn die verwinkelten Strassen und die komplizierte Verkehrsführung sind nicht gerade prädestiniert für die schnellen Sprinter. Aber Marseille war schon bei der ersten Tour vor 100 Jahren Etappenzielort und deshalb kommt Marseille auch in diesem Jahr wieder in den Genuss.
Das Rennen wurde gekennzeichnet durch eine neunköpfige Ausreißergruppe, die am Ende über 21 Minuten Vorsprung vor dem Hauptfeld hatte. Da aber bei den Ausreißern keine Gefahr für das gelbe Trikot bestand, hat das Hauptfeld es gemächlich angehen lassen. Aber wegen dieses großen Rückstandes ist das Mannschaftsresultat ziemlich durcheinander geraten, denn der bisherige Spitzenreiter, das Euskaltel-Team, war nicht in der Spitzengruppe vertreten. Die Führung übernahm hier völlig überraschend das Team CSC von Bjarne Riis.


Die 11. Etappe: Narbonne – Toulouse 153 km
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Bei dieser vorerst letzten Flachetappe vor den Pyrenäen sollte es wieder einmal eine Etappe für die Sprinter werden. Die Favoriten für den Gesamtsieg werden sich hier bestimmt für das Einzelzeitfahren schonen. Kurz vor der ersten Sprintwertung hatten sich aber wieder einige Fahrer zusammengefunden, die vom Hauptfeld ausrissen. Bis zu 5 Minuten war ihr Vorsprung, aber kurz vor dem Ziel wären sie fast noch eingeholt worden. Für zwei deutsche Fahrer war diese 11. Etappe aber gleichzeitig die letzte: Jens Voigt und Tobias Steinhäuser mussten leider entkräftet aufgeben. Die Strapazen der vergangenen Etappen waren einfach zu groß und vor allem die große Hitze machten die Fahrer zu schaffen. Damit sind von ehemals 198 Fahrern nur noch 170 Fahrer dabei und in den schweren Pyrenäen-Etappen werden bestimmt noch einige Fahrer aufgeben.

Die 12. Etappe: Gaillac – Cap\'Decouverte Einzelzeitfahren 47 km
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Mit Spannung wurde dieses Einzelzeitfahren erwartet, denn wer kann in einem Einzelzeitfahren dem großen Favoriten Lance Armstrong schlagen. Der zweitplazierte in der Gesamtwertung Alexander Winokurow hatte vorher schon mit 1:30 Minuten gerechnet. Aber er wollte ja in den Pyrenäen noch einmal angreifen. Über die wahre Stärke von Jan Ullrich konnte man auch nur spekulieren, obwohl er schon beim Prolog eine gute Figur machte. Aber was Jan Ullrich dann im Einzelzeitfahren wirklich zeigte, da hätte wohl selbst Jan Ullrich nie gerechnet. Er nahm dem grossen Favoriten nämlich alleine 1:36 Minuten ab und liegt nun in der Gesamtwertung nur noch 34 Sekunden hinter dem Amerikaner. Und auch Alexander Winokurow verlor nur eine halbe Minute auf Lance Armstrong, so dass es hier auf den nächsten Etappen zu einem echten Dreikampf kommen kann. Wer wird hier wohl die Nase vorn haben. So spannend war die Tour de France lange nicht mehr, denn in den vergangenen Jahren wurde die Tour de France doch zu sehr von Lance Armstrong bestimmt und er war der überragende Fahrer. Aber es ist weiterhin Vorsicht geboten, denn Armstrong hat auch schon einmal geblufft und vielleicht will er die Konkurrenten nur in Sicherheit wiegen, um in den Bergen wieder anzugreifen. Denn eines ist sicher: Sein Team ist in den Bergen sehr stark einzuschätzen und da können die Konkurrenten Ullrich und Winokurow mit ihren Teams einfach nicht mithalten.


Die 13. Etappe: Toulouse – Ax 3 Domaines 197,5 km
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Auf dieser ersten von insgesamt vier Pyrenäen-Etappen könnte schon eine erste Vorentscheidung treffen, denn zwei schwere Anstiege der 1. Kategorie stehen bis zum Finale in Ax 3 Domaines an.
Gleich am ersten Berg gab es den ersten Angriff von Carlos Sastre, der nur etwa 10 Minuten in der Gesamtwertung zurücklag. Wenn er also gut den Berg hochkommt, könnte er durchaus eine Gefahr für Lance Armstrong werden. Aber viel mehr als 2 Minuten kam er nicht weg. Am letzten Anstieg griff dann wieder einmal Alexander Winokurow an und Jan Ullrich konnte ihm gerade noch folgen. Für Lance Armstrong wurde das Tempo auf diesem Anstieg auf 10 km mit Steigungen bis zu 10 % doch zu gross. Carlos Sastre vom Team CSC gewann aber diese Etappe und Jan Ullrich wurde zweiter. Er nahm aufgrund von Zeitbonifikationen Lance Armstrong weitere 19 Sekunden ab und liegt nun nur noch 15 Sekunden hinter dem Führenden zurück. Bereits auf der nächsten Etappe könnte es einen Wechsel im gelben Trikot geben.
Insgesamt liegen jetzt schon über 2200 km hinter den Fahrern und es wurde hier immerhin ein Stundenlimit von durchschnittlich 41 km/h gefahren. Dies ist umso bemerkenswerter, dass schon vier schwere Bergetappen hinter den Fahrern liegen.

Die 14. Etappe: St. Girons – Loudenvielle 191,5 km
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Diese 14. Etappe könnte man auch als Pyrenäen-Rundfahrt bezeichnen, denn nicht weniger als vier Berge der 1. und zwei Berge der 2. Kategorie stehen hier bevor. Aber zum Glück war es hier nicht mehr so heiß, den schon viele Fahrer zur Aufgabe zwangen.
Auf dieser Etappe setzte sich schon früh eine Gruppe von 15 Fahrern vom Hauptfeld ab und teilweise fuhr diese Gruppe sogar über 15 Minuten heraus. Mit Richard Virenque war auch ein Fahrer in dieser Ausreissergruppe, der Lance Armstrong gefährlich werden könnte. Aber das Hauptfeld mit den Mannschaften von Euskaltel und Bianchi machten rechtzeitig Tempo, so dass der Vorsprung immer mehr schmilzte. Aber für Richard Virenque hatte sich dieser Ausreissversuch gelohnt, denn er holte sich allein auf dieser schwierigen Pyrenäen-Etappe so viele Bergpunkte, dass das Bergtrikot ihn im weiteren Verlauf der Tour de France nicht mehr entrissen werden kann.
Von der 15-köpfigen Ausreissergruppe blieben am Ende nur Richard Virenque, Gilberto Simoni und Laurent Dufaux übrig, von denen Gilberto Simoni seine erste Etappe in diesem Jahr gewann. Hinter diesen drei riss Alexander Winokurow noch einmal aus und teilweise konnte er sogar vom gelben Trikot träumen. Aber mehr als 43 Sekunden konnte er leider nicht gut machen und so liegt er nur noch 18 Sekunden hinter dem führenden Amerikaner. Jan Ullrich kam mit Armstrong zusammen ins Ziel und so verteidigte er seinen guten zweiten Platz.

Die 15. Etappe: Bagneres de Bigorre – Luz Ardiden 159,5 km
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Diese Etappe sollte wieder einmal sehr spannend verlaufen und zwei schwierige Berge der höchsten Kategorie sind den Fahrern im Weg gewesen. Der Tourmalet und der Anstieg nach Luz Ardiden wurden schon viele Radrennfahrer zum Verhängnis und hier sollte schon eine kleine Vorentscheidung fallen.
Beim Schlussanstieg nach Luz Ardiden fiel dann auch eine Vorentscheidung. Lance Armstrong stürzte beim Anstieg, aber sein schärfster Widersacher wartete auf ihn. Alexander Wonokurow war zu diesem Zeitpunkt schon abgehängt und er verlor allein auf dieser Etappe über 2 Minuten. Lance Armstrong fuhr aber Jan Ullrich bei dem letzten schweren Anstieg davon und konnte sich noch ein weiteres Zeitpolster von 40 Sekunden gewinnen. Jan Ullrich erkämpfte sich auf der Ziellinie aber immerhin noch den dritten Platz, was zusätzliche 8 Sekunden Zeitbonifikationen gab. Jetzt liegt er zwar schon 67 Sekunden zurück, aber diesen Rückstand kann er vielleicht noch aufholen. Aber man muss natürlich auch sagen, dass sich Lance Armstrong auf den letzten Etappen durchaus verbessert hat und er auf dieser 15. Etappe fast schon wieder der Alte ist.

Die 16. Etappe: Pau – Bayonne 197,5 km
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Diese letzte Pyrenäen-Etappe hat noch einmal zwei Berge der 1. Kategorie und vielleicht gibt es bei den Bergankünften noch einmal einen Angriff von Winokurow oder Ullrich. Aber nach der letzten Bergankunft geht es relativ flach weiter und man kann dann durchaus noch etwas Zeit gutmachen.
Aber an den steilen Bergen griff jemand anders an, der früher einmal im Team von Lance Armstrong fuhr: Tyler Hamilton. Bis zu 5 Minuten Vorsprung fuhr er dabei heraus. Mehr ließ das Hauptfeld um die Teams Euskaltel und US Postal nicht zu, denn sonst hätten diese Teams ihre guten Platzierungen in der Gesamtwertung gefährdet. Über 100 km fuhr Tyler Hamilton allein Richtung Bayonne entgegen und deshalb ist diese Alleinfahrt umso höher zu bewerten. Das Hauptfeld kam schließlich mit fast 2 Minuten Rückstand ins Ziel. Den Zielsprint gewann diesmal Erik Zabel. Dies gelang ihm wohl aber auch nur, weil seine schärfsten Widersacher um das grüne Trikot an den Bergen den Kontakt zum Hauptfeld verloren und mit fast 20 Minuten Rückstand das Ziel erreichten. Erik Zabel hat nun wieder eine echte Chance auf das grüne Trikot, aber in einem Interview hat er auch gesagt, dass das grüne Trikot ihm recht egal ist. Er möchte nur noch eine Etappe gewinnen.
In der Gesamtwertung gab es keine Veränderung. Nur Tyler Hamilton machte gut 2 Minuten auf den Gesamtführenden gut, aber für eine Platzierung unter den ersten Drei wird es wohl nicht mehr reichen, auch wenn er die beiden Spanier Mayo und Zubeldia im Einzelzeitfahren noch überholen sollte. Aber ein Gutes hatte sein Etappensieg: Sein Team CSC konnte seinen Vorsprung in der Teamwertung noch weiter ausbauen. Für das Team stehen nun schon drei Etappensiege zu Buche und alle Fahrer sind recht gut über die Berge gekommen. Für die deutschen Teams Bianchi und Team Telekom geht es in dieser Wertung wohl nur noch um Platz 5 und 6 mit ca. 1 Stunde Rückstand auf das Team CSC. Hier wird sich aber auch kaum noch etwas ändern.

Die 17. Etappe: Dax – Bordeaux 181 km
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Diese Etappe geht entlang der Atlantikküste und hat keine nennenswerten Berge mehr zu bieten. Aber dies wird von einigen Mannschaften bestimmt für Ausreißversuche genutzt, die bisher noch keine Etappensiege vorzuweisen hatten. Die Teams um Rabobank oder AG2R werden hier bestimmt noch einmal versuchen, einen Etappensieg zu erringen. Für die Fahrer, denen es um den Gesamtsieg geht, werden sich ganz auf die vorletzte Etappe konzentrieren und bis dahin Kräfte schonen.
Bereits früh hat sich hier eine Ausreißergruppe formiert, die teilweise bis zu 15 Minuten Vorsprung herausfuhr. Im Hauptfeld fand sich kaum eine Mannschaft, die die Aufholjagd beginnen wollte. Aber das Hauptfeld kam nur mit bis zu 9 Minuten an die Ausreißergruppe heran. Dies war aber vor allem dem Team Gerolsteiner zu verdanken, die den 12. Platz in der Gesamtwertung von Georg Totschnigg verteidigen wollten und diese Position wäre durch die Ausreißergruppe gefährdet. Der Sieger dieser Etappe wurde aber Gervais Knaven vom Team Quick Step. Ihm gelang es gerade zur richtigen Zeit der Ausreißergruppe zu entwischen und einen Vorsprung von 15 Sekunden herauszufahren.

Die 18. Etappe: Bordeaux – St. Maixant L\'Ecole 203,5 km
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Diese Etappe sollte mit dem zweitschnellsten Schnitt der Tour-de-France-Geschichte einzugehen. Der Sieger schaffte hier fast einen Schnitt von 50 km/h. Viel schneller kann man selbst mit einem Auto die 203 km nicht bewältigen. Auch hier hat sich schon früh eine Ausreißergruppe formiert, in der viele verschiedene Mannschaften befanden. Sieger dieser Etappe wurde schließlich Pablo Lastras vom Team ibanesto, das es im nächsten Jahr ja nicht mehr geben wird. Für ihn ist es dadurch auch ein Prestige-Erfolg, denn so bekommt er vielleicht auch neue Angebote, es sei denn, es findet sich noch ein weiterer Sponsor für das Team. Das Hauptfeld kam schließlich mit über 24 Minuten Verspätung ins Ziel und viele Fahrer wollen sich bestimmt für das Einzelzeitfahren schonen, denn einige Fahrer wollen noch etwas erreichen, um bessere Positionen zu bekommen. Aber das gelbe Trikot war natürlich nicht in Gefahr.
In der Gesamtwertung gab es im Übrigen eine kleine Veränderung, denn Jan Ullrich beteiligte sich an einem Kurzsprint und konnte den Rückstand immerhin um 2 Sekunden verringern. Vielleicht sind diese 2 Sekunden am Ende entscheidend.

Die 19. Etappe: Pornic – Nantes Einzelzeitfahren 49 km
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Mit Spannung wurde dieses letzte Einzelzeitfahren erwartet. Spätestens hier wird eine Entscheidung um den Gesamtsieg fallen und vor allem ab 16 Uhr werden viele diese Etappe wieder mit Spannung beobachte, denn dann treten die beiden Führenden in die Pedalen. 65 Sekunden beträgt der Unterschied, aber die Wetter-Aussichten sprachen deutlich für Lance Armstrong, denn die Temperaturen hatten sich deutlich abgekühlt und es regnete fast den ganzen Tag.
Als die beiden Hauptkontrahenten an den Start gingen, blickten alle gebannt auf den Zeitunterschied. Bis zu km 37 trennten beide nur wenige Sekunden. Und es war hier schon klar, dass es für Jan Ullrich wohl für den Gesamtsieg nicht mehr in Betracht kommt, aber bei den Zwischenzeiten hielt er immer die Bestzeit. Bei einer Kurve in einen Kreisverkehr rutschte Jan Ullrich aber mit seinem Rad aus und musste alle Hoffnungen auf den Gesamtsieg begraben. Für ihn wird wohl wieder nur der 2. Platz übrig bleiben. Trotz dieses Sturzes verlor Jan Ullrich aber nur 11 weitere Sekunden auf Lance Armstrong, der nach dem Sturz deutlich vorsichtiger fuhr und nur noch auf Ankommen fuhr. Das Zeitfahren gewann schließlich David Millar, der das Optimum zwischen riskante und schnelle, aber auch vorsichtige Fahrweise fand.


Die 20. Etappe: Ville D\'Avray – Paris 158,5 km
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Die letzte Etappe endete auf den Champs Elysee. Hier werden alle Fahrer noch einmal gebührend gefeiert und zeigen sich noch einmal den vielen Zuschauern. Auf der Schlussetappe wird schließlich noch eine Schleife rund um den Arc De Triumph gefahren und es ist hier immer eine ganz besondere Atmosphäre.
Den Spurt des Hauptfeldes gewann schliesslich Jean Patrick Nazon. Die spannendste Wertung war noch der Kampf um das grüne Trikot, das letztendlcih Baden Cooke gewann, der auf der Schlussetappe noch einmal Zweiter wurde.
Für Jan Ullrich war es eine recht erfolgreiche Tour de France und er hat die Frankreich-Rundfahrt bis zum letzten Tage spannend gehalten. Aber Lance Armstrong war diesmal einfach der bessere Fahrer, der auch die bessere Mannschaft vorzuweisen hatte. Wenn es dem Bianchi-Team gelingt, sich weiter zu verstärken, wird es im nächsten Jahr bestimmt noch spannender. Für Lance Armstrong war es sicherlich eine ganz besondere Tour de France, denn nach Miguel Indurain war er erst der zweite Radrennfahrer, dem es gelang die Tour de France fünfmal in Folge zu gewinnen.


Meine Meinung
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Ich habe den Ausgang der Tour de France auf jeder Etappe gespannt verfolgt und sie wurde in diesem Jahr nur von zwei Fahrern beherrscht: Jan Ullrich und Lance Armstrong. Aber auch die anderen Fahrer haben dieser Rundfahrt ihren Stempel aufgedrückt. Noch nie waren so viele deutsche Fahrer dabei und der Kampf um das grüne Trikot war bis zum Schluss spannend.
Gerade die Stärke von Jan Ullrich hat mich positiv überrascht und für mich ist er der wahre Sieger der Tour de France. Und nur seiner Fairness hat es Lance Armstrong zu verdanken, dass er dieses Jahr wiederum die Tour de France gewonnen hat. Aber im nächsten Jahr werden die Karten neu gemischt und vielleicht gibt es dann wieder den großen Kampf in den Bergen. Viele Zuschauer waren an den Strassen live dabei und die Tour de France hat ein ganz besonderes Flair, das alle in den Bann zieht.
Leider gab es aber auch schlechte Schlagzeilen, denn in den drei Wochen gab es so viele Stürze wie selten. Viele Fahrer mussten die einzelnen Etappen teilweise unter Schmerzen weiterfahren und beispielsweise ein Uwe Peschel kam im Ziel sogar mit zwei Rippenbrüchen sowie einem eingequetschten Lungenflügel an, aber danach musste er leider die Tour de France vorzeitig aufgeben. Für Udo Bölts war es die letzte Tour de France, denn er war immerhin schon zum 12. Mal dabei und ist jedes Mal in Paris angekommen. Diese Leistung muss man natürlich auch anerkennen.
Für mich war die Tour de France jedenfalls spannender denn je und ich hätte Jan Ullrich den Sieg gegönnt. Aber im Sport ist eben alles möglich und ich gratuliere Lance Armstrong hiermit noch recht herzlich zu seinem Sieg.

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