Trainspotting (DVD) Testbericht



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Erfahrungsbericht von Divalein
Frustrierte Fixer und die Fiktion von Frohsinn
Pro:
hart, real, mulmig machend
Kontra:
-
Empfehlung:
Ja
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Trainspotting
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Liebe Community,
wenn es um den Film „Trainspotting“ geht, muss ich erst einmal zu einem etwas längeren Vorwort ausholen:
NIE UND NIMMER hätte ich mir dieses Spritzen- und Seuchendrama (für das ich Trainspotting vom Hörensagen her hielt) aus freien Stücken angeschaut! Allein weil es für einen Uni-Kurs gut in den Plan passte, wählte ich schweren Herzens diesen Film aus und bestellte ihn gebraucht bei Amazon für vier EURO noch was.
Auch die Lektüre musste her. Natürlich griff ich auch hierbei zu einem Gebrauchtexemplar (was erstaunlicherweise aber sehr neuwertig hier ankam) - doch hierzu vielleicht später mehr (vielleicht aber auch nicht, denn ich schicke vorweg, dass ich die Lektüre sprachlich wegen des schottischen Slangs verabscheue).
Nein, heute will ich nicht über die Trainspotting’sche Buchvorlage von Irvine Welsh reden, sondern mich allein der Verfilmung aus dem Jahre 1995 von Danny Boyle widmen, die mit Darstellern wie Ewan McGregor, Robert Carlyle, Ewen Bremner und Johnny Lee Miller daherkommt.
Also…
- WORUM GEHT ES IN „TRAINSPOTTING“ DENN ÜBERHAUPT?
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… werden sich nun jene unter euch fragen, die den Film noch nicht gesehen haben. Nun, das ist im Grunde schnell erzählt:
Mark Renton (Ewan McGregor) ist Mitglied einer arbeitslosen Drogenclique, die zwischen ihren Trips am Liebsten wahllosen Sex oder Klauerei betreibt, und gleichzeitig der etwas melancholische Hauptdarsteller des Films.
Es scheint, dass er nichts Besseres mit seinem Leben anzufangen weiß, als sich mit gestrecktem oder ungestreckten Heroin oder anderen Hirnschädigern vollzudröhnen. Drogentrips sind sein einziger Ausweg, das bedrückende Lebensvakuum zu füllen - und so halten es auch seine Freunde Sick Boy (Miller) und Spud (Bremner). Ungeachtet diverser katastrophaler Vorfälle spritzen sie immer wieder munter weiter, um zwischendurch mit halbem Willen wieder einmal auf Entzug zu gehen, dem harten Cold Turkey jedoch abermals nicht trotzen zu können und wieder beim Heroin zu landen. Die Dealer freut’s, kassieren sie doch munter an den Leiden ihrer Abhängigen weiter - so auch Francis Begbie (Carlyle), der seine Junkies mit Angst und Schrecken regiert und sie sich wie Sklaven hält.
Eines Tages ist dann aber doch alles anders:
Rents (wie man Mark auch nennt) ist das ganze Elend aus Kotzen, Be- und Einscheißen und Zugedröhntsein leid und schafft es tatsächlich, auf längere Zeit clean zu sein. Er geht in eine Großstadt und beginnt ein neues Leben als Wohnungsmakler.
Doch das Glück währt nicht lange. Seine Vergangenheit holt ihn wieder ein - in Form des flüchtigen Begbies, der sich bei Mark Unterschlupf verschafft. Auch Sick Boy gesellt sich irgendwann wieder dazu - und drückt Rents mit einem verlockenden Drogengeschäft einmal mehr den Stoff, aus dem die Qualen sind, in die Venen…
Wird es Mark jemals schaffen, den Drogen und den Bekanntschaften, die daran hängen, zu entfliehen?
- WORUM ES ABER WIRKLICH GEHT:
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Ich will nun gar nicht weiter darauf eingehen, ob Mark den Absprung aus der Drogenszene letztendlich schafft oder nicht. Im Grunde ist die Antwort auf diese Frage auch nicht das Entscheidende.
Der Film will nicht den Sieg oder die Niederlage eines Einzelnen fokussieren, sondern vielmehr auf die Zustände in der schottischen Arbeitergesellschaft und deren Konsequenzen aufmerksam machen.
Existenzangst und Hoffnungslosigkeit dominieren hier und führen bei den einen lediglich zur exzessiven Sexualumtriebigkeit, während andere sich hoffnungslos in die Kriminalität und Drogensucht fallen lassen.
Nicht nur Renton ist ein wichtiger Bestandteil des Films, sondern auch der eher unscheinbare Tommy, der zum Drogenabhängigen wird, weil ihn seine Freundin verlassen hat. Tragisch: Während Langzeitfixer wie Rents oder Sick Boy vom HIV verschont bleiben, fängt es sich Tommy in relativ kurzer Zeit ein und krepiert am in kurzer Zeit ausgebrochenen AIDS.
Ein anderer Charakter ist der eher dümmliche, aber herzensgute Spud. Er ist zwar kein Hardcore-Junkie, hängt aber dennoch mitten in der Szene, weil er nichts Besseres zu tun hat. Wegen seiner mangelhaften Intelligenz ist er auf dem Arbeitsmarkt nicht vermittelbar, zudem ist er von Typen wie Begbie zu leicht für kriminelle Machenschaften umzubiegen. Spud müsste von seinem Charakter her eigentlich mit einer netten Freundin und einem Hündchen auf dem Sofa sitzen dürfen und es sich gut gehen lassen - stattdessen ist es aber anscheinend sein Schicksal, mit dem hochaggressiven Begbie zusammenzuarbeiten und zwischendurch im Knast zu landen. Zwischendurch passieren ihm dann auch noch abartige Unfälle: seine Exkremente schleudern in dünnflüssiger Form durch die Gegend und treffen nicht nur seine Freundin, sondern auch deren Eltern.
Nein, das Glück ist nun wirklich nicht auf der Seite unserer „Helden“.
Wer keins hat, der bleibt entweder ohne oder nimmt es sich einfach - wie Begbie, der zur Not Entschuldigungen mit Messergewalt erzwingt und auch schon mal seinen „Freunden“ die Knochen zertrümmert. Er ist der Star. Zumindest meint er es zu sein.
Und während die Clique in ihrer eigenen Drogen- und Verbrechenswelt lebt, haben die Anderen darunter zu leiden - wie etwa Rentons Eltern, die mit harten Methoden versuchen, ihren Jungen von den Drogen loszubekommen und trotz aller Emsigkeit auch keine Generallösung für das Dilemma ihres Jungen wissen.
Ein weitaus dramatischer Fall ist jedoch der eines Babys, das in der Drogenclique zu Tode vernachlässigt wird. Hierzu werden einem Bilder aufgetischt, die alles andere als erträglich, dafür aber absolut alarmierend und wachrüttelnd sind.
Wir sehen hier die verfilmte Realität! Auch wenn sie nur von Schauspielern nachgespielt wird - es bleibt die Realität, die in der Tat abartig hart und widerwärtig an vielen Orten dieser Welt regiert.
Für Liebe bleibt in solch einer misslungenen Welt kaum oder kein Platz. Der Film versucht auch gar nicht erst hollywoodisch mit ihr rumzuhantieren - gut so!
- WAS HALTE ICH DAVON?
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Während ich dem Film, wie bereits erwähnt, mit reichlich Widerwillen und Überdruss entgegen trat, hatte sich meine Ansicht bereits nach dem ersten Ansehen um 180 Grad gedreht.
Hatte ich doch wieder einmal so ein überzogenes Drogenmärchen mit tausend Happy-Endings erwartet, donnerte ein authentisch-graues Drama mit zum einen heftig-widerwärtigen und andererseits fast schon surreal anmutenden Szenen vor mir nieder.
Der Regisseur hat es streckenweise sogar fertig gebracht, die Sucht auf künstlerische Weise zu verdeutlichen und manche Situationen wie Traum- oder Rauschsequenzen auszustaffieren - etwa dann, wenn Renton in ein Klo eintaucht, um seine darin versehentlich verlorenen Morphine wiederzubeschaffen, oder als er einen Schuss wie einen Scotch an einer Bar bestellt, diesen auch entsprechend serviert bekommt und schließlich durch den Fußboden hindurch - in Bewusstlosigkeit - fällt.
Trainspotting wird von Katastrophen und Destruktivität regiert. Zumindest ¾ des Films.
Diese sind es, die den Film so unerträglich, gleichzeitig aber auch wichtig machen.
Trainspotting kann zeitweise aber auch anders, wird dann leiser, vernünftiger, erlösender…
Und das ist es dann, was den Film so mitreißend macht, was das Herz des Zuschauers rasen und scheinbar nie wieder zur Ruhe kommen lässt. Man hofft und bangt und schwitzt und leidet - MIT.
Ich bin sehr froh, diesen Film trotz aller Widrigkeiten doch gesehen zu haben, mittlerweile schon dreimal. Und ich kann jedem nur empfehlen, es mir gleich zu tun (so erschreckend und abscheulich er an manchen Stellen auch sein mag).
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Zu der DVD, die ich besitze, ist im Grunde kaum etwas zu sagen:
Für Freunde der fremdsprachlichen Originalversionen ist sie eine blanke Enttäuschung, denn sie enthält keine andere als die mittelmäßig synchronisierte Deutschfassung.
Die blanken Daten (in gebündelter Form bei Amazon.de gefunden und übernommen) lauten wie folgt:
• FSK: Freigegeben ab 16 Jahren
• Format: AC-3, PAL
• Sprache: Deutsch
• Bildformat: 4:3
• DVD Erscheinungsdatum: 22. April 2003
• Produktion: 1995
• ASIN: B0000942MG
Diese DVD gibt es heutzutage anscheinend nicht mehr neu zu erwerben - was aber nicht schlimm ist. Ich rate bei Interesse sowieso zum Kauf einer anderen, mehrsprachigen Fassung.
© Divalein, 28.02.2006
71 Bewertungen, 29 Kommentare
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17.05.2008, 14:59 Uhr von anonym
Bewertung: sehr hilfreichliebe gruesse rettchen
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20.06.2007, 21:22 Uhr von Baby1
Bewertung: sehr hilfreichLG Anita
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10.06.2007, 22:28 Uhr von blackangel63
Bewertung: sehr hilfreichLG ANJA
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04.03.2007, 13:54 Uhr von hjid55
Bewertung: sehr hilfreichSh & lg Sarah
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19.12.2006, 11:02 Uhr von Zuckermaus29
Bewertung: sehr hilfreich:o) liebe Grüße Jeanny
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10.08.2006, 01:17 Uhr von Estha
Bewertung: sehr hilfreich☼☼☼ ... lg susi ... ☼☼☼
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19.03.2006, 21:05 Uhr von schnekuesschen
Bewertung: sehr hilfreichEin klares Sh ...Lg Sandy :-))
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09.03.2006, 00:12 Uhr von hollakardinahl
Bewertung: sehr hilfreichLG Holla
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07.03.2006, 09:33 Uhr von Naffy
Bewertung: sehr hilfreichGruß Naffy
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07.03.2006, 09:11 Uhr von Nathalie
Bewertung: sehr hilfreichsh und vlg Nathalie
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04.03.2006, 19:05 Uhr von anonym
Bewertung: sehr hilfreichDas Buch hab ich übrigens auch auf meiner Liste zum lesen :)
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02.03.2006, 16:33 Uhr von Oli33DUI
Bewertung: sehr hilfreichAuch ein sehr schöner Bericht . Oliver
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01.03.2006, 13:58 Uhr von topfmops
Bewertung: sehr hilfreichDa bleib' ich lieber bei den klassischen Drogen: Sex 'n Beer 'n Rock 'n Roll
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01.03.2006, 13:47 Uhr von anonym
Bewertung: sehr hilfreichsh
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01.03.2006, 12:04 Uhr von marti22
Bewertung: sehr hilfreichsh LG Tina
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01.03.2006, 11:27 Uhr von anonym
Bewertung: sehr hilfreichSuper sehr hilfreich ob Gegenlesungen oder nicht ....:-)
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01.03.2006, 11:17 Uhr von skorbut
Bewertung: sehr hilfreichsehr hilfreich
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01.03.2006, 10:33 Uhr von cheyenne2031
Bewertung: sehr hilfreichGegenlesungen herzlichst willkommen. LG chey
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01.03.2006, 09:50 Uhr von Gemeinwesen
Bewertung: sehr hilfreichZur Romanvorlage fällt mir immer ein guter Freund von mir aus Irland ein, der einst mein "englisch"sprachiges Original zur Hand nahm, ein Kapitel las, danach brav die Pointe des Kapitels referierte und sinngenmäß meinte, er glaube, er habe kapier
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01.03.2006, 09:07 Uhr von kakaue
Bewertung: sehr hilfreichsh lg chris, gegenlesungen sind willkommen und gibts auch von mir :-)
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01.03.2006, 02:52 Uhr von anonym
Bewertung: sehr hilfreichTrainspotting, nen Hammer Film. Top Bericht. LG, Christina
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01.03.2006, 02:27 Uhr von t_durden
Bewertung: sehr hilfreichsh, liebe grüße rene
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01.03.2006, 01:30 Uhr von sindimindi
Bewertung: sehr hilfreichEndlich mal ein Film, bei dem sich das Anschauen in jedem Fall lohnen wird...:-) - wer will kann ja dann die Originalfassung wählen. <br/>LG, Roland
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01.03.2006, 01:23 Uhr von Praetorianerin
Bewertung: sehr hilfreichhabs mal als theaterstück gesehen
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01.03.2006, 01:19 Uhr von WreckRin
Bewertung: sehr hilfreichgelungener Bericht, freu mich über Gegenlesungen <br/>LG Sandra
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01.03.2006, 01:10 Uhr von MasterDeniz
Bewertung: sehr hilfreichSH, schöne Grüße Deniz ;-)
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01.03.2006, 01:08 Uhr von morla
Bewertung: sehr hilfreichsehr hilfreich
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01.03.2006, 00:42 Uhr von dg1m4l
Bewertung: sehr hilfreichsh..sehr gut beschrieben, freue mich über gegenlesungen.
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01.03.2006, 00:29 Uhr von topware2002
Bewertung: sehr hilfreich===== SH =====
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