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Erfahrungsbericht von LoMei

Ghana 2 - Im Land der Frafra bei Bolgatanga

Pro:

Es gibt ineressante Begegnungen in vorweihnachlicher Atmosphäre und viele Kaufmöglichkeiten

Kontra:

Die Vorbereitung und Durchführung ist für die Verantwortlichen ein großes Stück Arbeit.

Empfehlung:

Nein

Annette, Bärbel und ich bereisten im Februar 1986 den Norden von Ghana. Wir wollten das Land und vor allem die Lebensbedingungen der Menschen kennen lernen. Wir waren als Vertreter der Evangelischen Kirche der Pfalz Gäste einer jungen afrikanischen Kirche, der Presbyterian Church of Ghana, die aus der Arbeit der Baseler Mission hervorgegangen ist. Der Bericht steht unter B wie Bolgatanga.


ZUM INHALT:

1. Fahrt von Tamale nach Bolgatanga
2. Die Mobile Klinik in Bolgatanga
3. Eigene Gesundheitsprobleme
4. Die Traditionen des Nordens
5. Evangelisation in den Dörfern
6. Die Situation der Frauen
7. Fazit


1. FAHRT VON TAMALA NACH BOLGATANGA

Es war Ende Februar 1986. Wir fuhren von Tamala nach Norden. Anfangs war die Straße katastrophal. Je weiter wir uns Bolgatanga näherten, desto besser wurde sie. Der Regen in der Nacht hatte Wunder bewirkt. An vielen Stellen sah man grüne Spitzen. Manche Bäume bekommen gegen Ende der Trockenzeit frisches grünes Laub, noch bevor der erste Regen kommt. Die Staubwolken der letzten Tage fehlten. Der Horizont war klar. Es musste hier vielfach noch gestern das Steppengras gebrannt haben. Manche Baumstämme glommen noch vor sich hin. Weiter im Norden wurde es steiniger, dann bergig. Wir passierten zwei Polizeiposten. Die kegelförmigen Dächer der Rundhütten sahen im Lande der Frafra anders aus als bei den Dagomba. Sie hatten in der Mitte am höchsten Punkt eine Spitze drauf. Sie glich einer aufgesetzten spitzen Zipfelmütze.
Bolgatanga wird von Menschen meist nur Bolga genannt. Die Stadt hat etwa 50 000 Einwohner. Sie liegt in der Upper East Region von Ghana. Diese Region grenzt im Norden an Burkina Faso und im Osten an Togo. Südlich liegt die Northern Region und im Westen die Upper West Region. Wir hörten, Bolga sei eigentlich ein großes Dorf und habe keine besonderen Sehenswürdigkeiten.


2. DIE MOBILE KLINIK VON BOLGATANGA

In Bolgatanga fuhren wir zur Schwesternstation der Presbyterianischen Kirche. Nach einem kühlen Trunk stellten wir uns bei Rev. Alando vor. Im Pfarrhaus direkt neben Kirche und Schule gab es eine traditionelle Begrüßung.
Annette und Bärbel waren in einem Gästehaus und ich im Medical Center untergebracht.
Die Mobile Klinik in Bolgatanga wurde von drei Schwestern geführt. Es waren dies eine Holländerin und zwei Deutsche.
Sie hielten mehrmals im Monat in den umliegenden Dörfern Kliniktage ab. In einigen Dörfern hatten die Bewohner in traditioneller Bauweise Häuser gebaut, die an den Kliniktagen als Krankenstation benutzt werden. An diesen Tagen kamen die Patienten aus ihren Dörfern von weit her, um sich untersuchen, behandeln und beraten zu lassen. Komplizierte Fälle wurden in das nächste Krankenhaus gebracht.
Durch Klimaeinflüsse, Unter- und Fehlernährung, Wasserprobleme, mangelhafte Hygiene und mancherlei Unkenntnis ist die Gesundheit der Bevölkerung im Norden Ghanas besonders gefährdet. Verstärkt zu finden sind Magen-, Darm-, Wurm- sowie Infektions- und Augenkrankheiten.
Die mobile Klinik arbeitet schwerpunktmäßig in den folgenden drei Bereichen
Gesundheitsfürsorge für Säuglinge und Kleinkinder (die sog. „Under-Five-Clinic“),
Augenklinik (besonders wichtig wegen der weit verbreiteten Flussblindheit) und in der Bildungsarbeit.
Außer mobilen Kliniken gibt es sowohl kirchliche als auch staatliche Gesundheitsposten.
Priorität hatten Schwangerschaftsbetreuung und Geburtshilfe. Dazu kamen die Untersuchung und Impfung von Säuglingen und Kleinkindern. Auch komplizierte Entbindungen waren hier möglich.
Der Gesundheitsposten stellte auch die medizinische Betreuung in den Dörfern sicher. In regelmäßigen Abständen wurden die Dörfer von den Mitarbeitern besucht und die nicht transportfähigen Patienten behandelt. Die Schwestern erzählten uns, vor jeder Behandlung würde grundsätzlich am Krankenlager ein Gebet gesprochen. Die Menschen sind davon überzeugt, dass jede Heilung eine spirituelle und eine medizinische Dimension hat. Das reine Verabreichen einer Medizin würden sie nicht verstehen und deshalb beargwöhnen.
An einem Nachmittag fuhren wir mit den Schwestern zu einem Kliniktag nach Nangodi und Sakote. In Sankote machte eine von ihnen mit ihren Helfern und Helferinnen Augenuntersuchungen und -behandlungen. Die Flussblindheit ist hier sehr verbreitet. Wir erfuhren, dass alle hier geleistete Hilfe nur ein Tropfen auf den heißen Stein ist. Das kann sehr frustrierend sein.
In Kursen werden Hebammen, Frauen und Männer in Hygiene, Geburtshilfe und allgemeiner Krankheitsvorsorge ausgebildet. Aus diesen Kursen werden auch die Dorfgesundheitsarbeiter (village-health-worker) gewonnen. Sie wohnen in ihrem eigenen Dorf und sind aufgrund ihrer besonderen Kenntnisse Ansprechpartner für gesundheitliche Fragen. An Kliniktagen sind sie eine wertvolle Hilfe.
Wir nahmen an einer Unterrichtsstunde teil, in der einigen alten Frauen aus den Dörfern erläutert wurde, wie eine sinnvolle Ernährung aussehen sollte. Dabei erfuhren wir, dass nur die alten Frauen in den Dörfern die erforderliche Autorität haben, ihr Wissen an andere Frauen weiterzugeben und sie anzuleiten.
In einer anderen Unterrichtsstunde sprach die Stationsleiterin mit älteren Hebammen aus den Dörfern über Hygieneprobleme.
Wir haben die Gesundheitsarbeit der Presbyterianischen Kirche in Nordghana als effektiv und ganzheitlich erlebt, da sie auch als Teamarbeit mit den anderen kirchlichen Mitarbeitern angelegt ist.


3. EIGENE GESUNDHEITSPROBLEME

Bärbel hatte etwa 38°C Fieber. Sie kam kurz zum Frühstück, ging aber gleich danach wieder in ihr Quartier. Der Tag war sehr heiß. Ein Thermometer war nirgends zu sehen. Kein Lüftchen regte sich. An diesem Tag machte auch mir die Hitze zu schaffen. Ich lag am Nachmittag auf dem Bett und fühlte, wie die Wärme in alle Poren eindrang.
Zum Abendessen fuhren wir mit Rev. Alando zu einem Gemeindeglied.
Bärbel war nicht dabei. Sie hatte nun auch noch einen bösen Ausschlag bekommen und musste sich ständig übergeben.
Nachts kam Wind auf. Ich konnte recht gut schlafen.
Bärbel bekam inzwischen Durchfall und musste sich weiterhin öfter erbrechen. Beim Frühstück setzte sie sich weitab vom Tisch in einen Sessel. Sie sah sehr müde aus. Wir brachten sie ins Medical Center, wo sie sich wieder hinlegte.
Uns war nicht klar, wo sie sich eine Darminfektion geholt hatte. Wir hatten dasselbe Wasser getrunken und die selben Speisen gegessen. Bei guter Pflege durch die Schwestern fühlte sie sich nach drei Tagen wieder besser.


4. DIE TRADITIONEN DES NORDENS

Einmal unterhielten wir uns nach dem Essen mit Rev. Alando über afrikanische Traditionen, über Hexen, Geister und spirituelle Erfahrungen.
Der Reverend war ein Frafra. Als Sohn eines Fetischpriesters hatte er ein großes Wissen und kannte die Traditionen seines Volkes. Sein Vater war ein Bindeglied zwischen der Dorfgemeinschaft und den Geistern der Erde und den Ahnen gewesen. Er genoss durch seine rituelle Verantwortlichkeit den größten Respekt im Dorf. Er führte zu bestimmten Anlässen Opferungen durch. Das musste z. B. vor dem Bebauen der Felder und vor dem Errichten eines Hauses geschehen. Daneben gab es viele weitere Anlässe für Opferzeremonien.
Wir haben leider nicht alles wirklich verstehen können, aber wir bekamen einen Eindruck vom Leben in den Dörfern, in denen das Zusammenspiel zwischen bestimmten Menschen und übernatürlichen Mächten und mit den Geistern der Ahnen ganz gegenwärtig ist und wo sich im Laufe der Zeit traditionelle Machtstrukturen entwickelt haben..
Die Stationsleiterin erzählte uns später, sie sei vor einigen Jahren nach dem Tode dieses Fetisch-Priesters bei dessen Beerdigungsfeier gewesen. Plötzlich habe sie ein unerklärliches sehr intensives Gefühl von Beklemmung und Angst befallen. Ihr sei richtig unheimlich geworden, und so sei sie lieber gegangen.
Sie kannte Afrika, konnte aber viele unserer Fragen auch nicht beantworten.
Das konnte aber Rev. Alando. Von ihm waren wir sehr beeindruckt. Damals konnten wir nicht wissen, dass er Jahre später als ökumenischer Mitarbeiter längere Zeit in Heilbronn leben sollte. Sein Bruder ist Moslem. Er sagte diese Konstellation habe in seiner Familie zu keinerlei Verkrampfungen geführt.
An diesem Tage fühlten wir wieder einmal, dass Afrika ganz anders ist.


5. EVANGELISATION IN DEN DÖRFERN

Die Presbyterianische Gemeinde Bolgatanga hatte sich vorgenommen, die umliegenden Dörfer zu besuchen und dort zu evangelisieren. Das geschah aus eigenem Antrieb und ohne Hilfe von außen. Es war ihnen ein elementares Anliegen.
An einem der Abende konnten wir an einer Evangelisationsfahrt in die Dörfer teilnehmen.
Zuerst folgten wir der Hauptstraße nach Bawku und bogen dann links ab auf eine Schotterpiste. Unterwegs wurden jeweils einige Mitarbeiter des Evangelisations-Teams abgesetzt. Annette blieb im ersten Dorf in Nangodi, ich im zweiten, in Kolpeliga und Bärbel fuhr mit zur letzten Station Dakoto.
Wir besuchten eine Ansammlung von Rundhütten (Compound), in dessen Innenhof wir nur wenige Leute antrafen. Die berichteten, die meisten Bewohner seien zu einer Begräbnisfeier nach Bolga gefahren. Der Hausvorstand begrüßte uns. Außer ihm waren noch einige Frauen und eine Reihe von Kindern da. Viele von ihnen hatten einen bösen Husten. Die Unterweisung begann mit einem Lied. Einer der Jungen war der Vorsänger. Den Refrain sangen alle mit und klatschten dazu. Das Thema des Abends war die Schöpfungsgeschichte. An einem Bild wurde erklärt, wie der Mensch aus Erde geformt wurde und Gott ihm den lebendigen Odem einhauchte. Das Bild wurde an eine Wand gehalten und mit einer Taschenlampe angeleuchtet. Die Geschichte wurde abgefragt. Einer der Mitarbeiter hatte die Leitung. Rev. Alando übersetzte in die Sprache der Frafra. Wegen der wenigen Anwesenden wurde kein neues Thema begonnen, sondern vielmehr das eben gehörte wiederholt.
Nach dem Ende des Abends gingen wir zurück zur Straße und warteten dort auf das Auto. Ich erzählte etwas über Europa, der Anonymität der Städte und von der Vereinsamung vieler Menschen. Rev. Alando wollte von mir etwas über den evangelischen Theologen Karl Barth wissen. Er hatte viel von ihm gelesen und fand ihn gut. Ich musste leider passen.
Als das Auto kam, ging es nach Bolgatanga zurück.


6. DIE SITUATION DER FRAUEN

Es gibt eine klare Rollenteilung zwischen den Geschlechtern. Die Frau trägt dabei die Hauptlast: Sie ist verantwortlich für Haushalt und Familie, hat im Durchschnitt 8-10 Kinder zu gebären und zu versorgen, hat einen großen Teil der Feldarbeit zu verrichten und ist zuständig für den Verkauf der landwirtschaftlichen Erträge. Der Mann ist das Haupt der Familie und trifft letztlich alle Entscheidungen.
In der Regenzeit übernimmt der Mann die schwere Feldarbeit, in der Trockenzeit ist er mit dem Bau oder der Reparatur von Hütten oder mit Jagen beschäftigt. Ansonsten ist in der Trockenzeit wenig zu tun. Sehr oft sahen wir bei unseren Besuchen in den Dörfern Männer, aber nie Frauen im Schatten eines Baumes sitzen.
Annette und Bärbel suchten immer wieder das Gespräch mit den Frauen und fragten sie nach allem aus, was zum Alltag gehört und ihr Leben ausmacht. Sie erkundigten sich, was sie bedrückt, worüber sie sich freuen und was sie sich wünschen. Wir haben dieses Thema immer wieder erörtert, und in manche Formulierungen ist die Betroffenheit von Annette und Bärbel eingeflossen.
Ein besonderes Kennzeichen der Gesellschaft im Norden Ghanas ist die Polygamie. Der Anzahl von Ehefrauen sind keine Grenzen gesetzt. Aber nicht jeder Mann kann sich viele Frauen leisten, da ein hoher Brautpreis gezahlt werden muss. Die Folge ist, dass arme Männer oft gar keine Frau haben, während die reichen, z. B. ein Häuptling, sich bis zu 50 Frauen „halten“ kann.
Die Frau wird wie eine Ware be- und gehandelt. Mädchen gelten als Vermögen. Braucht der Vater Geld (zum Beispiel um seinem Sohn eine Braut zu kaufen), so hat er die Möglichkeit seine Tochter zu verheiraten. Er erhält für sie in der Regel vier Rinder. Es kommt auch vor, dass Mädchen schon im Kindesalter verheiratet werden, ohne dass sie ihren Mann kennen.
Das durchschnittliche Heiratsalter der Mädchen beträgt ca. 16 Jahre.
Nach der Heirat wird von der Frau erwartet, möglichst viele Kinder zu gebären. Eine unverheiratete Frau und kinderlose Frauen stehen gesellschaftlich auf der untersten Stufe. Normalerweise hängt der Wert der Frau von der Position ihres Mannes ab und von der Anzahl der Kinder, die sie geboren hat (je mehr desto besser).
Bei den Dagomba in der Gegend um Tamale ist es üblich, dass die Frau nach der Geburt des ersten und zweiten Kindes die Familie des Ehemannes für ca. 2 Jahre verlässt und in ihre eigene Familie zurückkehrt. Diese Tradition wird damit begründet, dass die Frau von ihrer Mutter Kindererziehung lernen soll. Außerdem ist dies auch eine Form von Familienplanung, da in dieser Zeit kein Geschlechtsverkehr der Eheleute stattfinden kann. Da der Mann in vielen Fällen jedoch mehrere Frauen hat, muss er auf nichts verzichten.
Wir erfuhren, dass es diese Tradition nicht bei allen Stämmen gibt.
Eine Ehe kann theoretisch auch geschieden werden. Allerdings muss die Familie der Frau damit einverstanden sein, da sie einerseits die Tochter wieder aufzunehmen hat und andererseits der Ehemann die Rückzahlung des Brautpreises verlangen kann. Wenn er auf die Rückzahlung verzichtet, kann er die Frau einfach wegschicken. Umgekehrt ist das nicht möglich.
Eine Frau ist zwar eine teure Anschaffung, aber letztendlich eine billige Arbeitskraft. Zum Arbeitspensum der Frau gehört neben der Feldarbeit das Schleppen von Wasser und Feuerholz, das stundenlange Zubereiten der Mahlzeiten, die Herstellung und Konservierung von Vorräten, die Reinhaltung von Haus und Hof und die Versorgung der Familie (z.B. das Waschen der Kinder und der Kleider). Erschwerend kommt für die Frauen hinzu, dass sie
ständig das jüngste Kind bei der Arbeit auf dem Rücken mit sich tragen.
Das für die Ernährung und Versorgung der Familie nötige Geld muss die Frau durch die Vermarktung der landwirtschaftlichen Produkte, die nicht für den Eigenbedarf nötig sind, erwirtschaften. Dazu muss sie die Produkte zum regionalen Markt bringen und verkaufen. In manchen Gebieten ist es sogar üblich, dass sie die Ware nur zu dem vom Mann diktierten Preis verkaufen darf.
Auch für die Gesundheitsvorsorge ist die Frau verantwortlich. Jedoch auch in diesem Fall hat der Mann das letzte Wort. Bei ihm liegt letztlich die Entscheidung, wie ein Familienmitglied behandelt wird und ob es z.B. ins Krankenhaus soll oder nicht. Die Kosten für den Krankenhausaufenthalt muss der Mann tragen. Da er sich weigern kann, ist diese Ablehnung oft eine Entscheidung über Leben und Tod.
Es kommt auch vor, dass der Mann seiner Frau verbietet, andere Behandlungsmethoden als die traditionellen anzuwenden, auch wenn die Frau z.B. auf Schulungen effektivere Methoden kennen gelernt hat. Stirbt das Kind, ist in jedem Fall die Frau schuldig.
Die Mädchen müssen frühzeitig bei allen Arbeiten der Mutter mithelfen und wachsen so von klein auf in ihre Frauenrolle hinein.
Einer Frau bleibt praktisch kein Eigenleben. Der ganze Tag ist Arbeit für die Familie. Eine Frau beklagte sich in einem Gespräch mit uns: „Wir müssen so viel arbeiten, dass uns keine Zeit für ein Engagement in der Kirche bleibt. Wir sehen mit 30 Jahren schon aus wie alte Frauen.“
Auf die Frage, was sie von der Einehe hielten, sagten sie, das höre sich vielleicht gut an, sei aber sehr unvorteilhaft für sie, denn dann könnten sie sich die viele Arbeit nicht untereinander aufteilen.
Die schlimmste Erfahrung für uns (ganz besonders für Annette und Bärbel) war die Tatsache, dass manchmal Frauen der Hexerei bezichtigt, dann als Hexen „erkannt“ und aus der Dorfgemeinschaft ausgestoßen werden. Wenn eine Frau keine Möglichkeit hat, zur Familie ihres Vaters zurückzukehren, ist die Folge meist der Tod. Es kommt aber auch vor, dass „sogenannte Hexen“ hinterrücks ermordet werden. Das ist gesetzlich verboten, aber scheinbar gesellschaftlich im geheimen akzeptiert. Die Dorfgemeinschaft versucht jedenfalls nicht, den Mörder herauszufinden. Die Polizei erhält bei ihren Nachforschungen keinerlei Unterstützung.
Verstoßene Frauen (outcarst women) werden vom Paramount Chief von Gambaga aufgenommen und dort „clean“ gemacht. Aber das ist ein eigener Bericht.


7. FAZIT

Ich habe später den Süden von Ghana, insbesondere das Leben der Akan im Bereich Accra/Tema sowie im Agona- und Akim-Distrikt recht gut kennen gelernt. Dort ist die Stellung der Frau ganz anders. Zwar sitzen an den wichtigen Schaltstellen der Macht auch die Männer, aber das Marktgeschehen in den Städten und Dörfern liegt in den Händen der Frauen und gibt ihnen einen wirklich großen Einfluss. Der Norden des Landes ist eine andere Welt. Wenn jemand Ghana besuchen möchte, ist es gut zu wissen, wie der Alltag der Menschen aussieht, die einem mit sehr viel Freundlichkeit begegnen.
Für die Vorbereitung einer solchen Reise empfehle ich unbedingt den folgenden Reiseführer:
Jojo Cobbinah: GHANA, praktisches Reisehandbuch für die „Goldküste“ Westafrikas.
ISBN 3-922057-10-1.
Daneben gibt es weitere interessante Literatur aus dem Institut für Afrika-Kunde:
Tina-Katja Kost/Carolin Callenius: Ghanaische Frauen erzählen aus ihrem Alltag. Problemanalyse aus der Sicht von Frauen eines Dorfes in Nord-Ghana. Hamburg 1994,
ISBN 3-928049-10-0


----- Zusammengeführt, Beitrag vom 2002-11-25 16:57:46 mit dem Titel Was ist ein Basar?

Ein Höhepunkt in jedem Jahr
bei uns im Dorf ist der Basar.
Da kommen viele Leute her
zum Kaffee trinken und zu mehr.
Denn viele, die uns hier besuchen,
essen gerne ein Stück Kuchen.
Ja manche essen sogar zwei,
bei großem Hunger auch mal drei.

Man trifft hier, das ist wirklich wahr,
sehr viele Freunde Jahr für Jahr.
Die meisten haben sonst nie Zeit.
Hier hat man sie, und ist bereit,
sich ganz viel neues zu erzählen.
Ein Schoppen Glühwein darf nicht fehlen.
Manch einer trinkt auch Bier und Wein,
und mancher schenkt sich Wasser ein.

Die Kinder sind auf Waffeln scharf.
Die Eltern decken den Bedarf
an Weihnachtssternen, Mistelzweigen,
und lassen sich sehr gerne zeigen
Gebasteltes zur Weihnachtszeit,
denn Heiligabend ist nicht weit.
Fast alle Frauen kaufen ein
und machen große Scheine klein,

Basartisch und die Flohmarktecke
dienen einem guten Zwecke.
Wir danken jedem, der da kam
und etwas mit nach Hause nahm.
Und wenn nun jemand heut nichts fand,
im nächsten Jahr, das ist bekannt,
da gibt es wieder allerlei,
und alle sind bestimmt dabei.

Vor langer Zeit erlebt ich was.
Weil’s lustig ist, erzähl ich das.
Da fragte doch in einem Jahr
ne Frau: „Was ist das, ein Basar?“
„Ja, wissen Sie, verehrte Frau?
Das sag ich Ihnen ganz genau.
Das Wort kommt aus dem Orient,
wo man etwas vom Feilschen kennt.

Basar ist halt ein Ort zum Handeln.
Man kann da auch gemächlich wandeln
und Waren prüfen und ergründen,
ob sich wohl lässt ein Schnäppchen finden.“
Die Dame sprach: „Das mein ich nicht“
und schaute treu in mein Gesicht.
„Mein Herr,“ sie sprach mit großer Ruh,
„die Tombola gehört dazu.

Sie tun mir fast ein wenig leid.
Ich glaub, Sie wissen nicht Bescheid“
Sie stellte sich grad vor mich hin:
„Fast jedes Los ist ein Gewinn.“
Und dann, dann klärte sie mich auf
und hörte nicht zu reden auf.
Und ich erkannte nun ganz klar,
was sie gemeint mit Tombola.

Bei kirchlich eingestellten Leuten
kann man den Sinn präzise deuten.
Basar ist auch Wohltätigkeit,
zu der die Menschen gern bereit.
Und Tombola, das lernt ich nun,
hat ganz bestimmt damit zu tun.
Da will man mit geschenkten Sachen
den andern eine Freude machen.

Man gibt mit Freuden eine Vase,
lila gepunktet, mit ner Nase.
Ein andrer schenkt ne Flasche Wein
und ein Stück Seife obendrein.
Es gibt da lauter tolle Dinge,
zum Beispiel Serviettenringe,
aus Plastik ein Satz Eierbecher
und für den Sommer einen Fächer.

Dort, wo die Halle ist zuende,
haben viele fleiß’ge Hände
die Sachen säuberlich sortiert
und alles kunstvoll arrangiert.
An jedem Teil sind Nummern dran,
und gleich fängt die Verlosung an.
Die Spannung ist stets riesengroß.
„Hey, was gewinn ich heute bloß?“

Man kauft sich Lose, nicht nur eins,
für Fritz und Traudel, Ruth und Heinz.
Und wenn die Lose alle fort,
dann strömt ein jeder zu dem Ort,
wo man in Reihen aufgestellt
die größten Schätze dieser Welt.
Meist gibt es dabei ein Gedränge,
das Holen zieht sich in die Länge.

Doch damit ist noch lang nicht Schluss.
Was jetzt kommt, ist ein großes Muss.
Als Höhepunkt der Tombola
sind auch Spezialgewinne da
Meist sind es drei vier Extra-Preise,
sehr wertvoll auf besond’re Weise.
Die möchte wirklich jeder gern,
ob er von nah oder von fern.

Es kommt ein neuer Losverkauf
Die Körbchen nehmen ihren Lauf
von diesem bis zu jenem Ort.
Und schnell sind alle Lose fort.
„Wir rufen jetzt die Nummern auf.“
Die Leute hör’n zu reden auf
und sind ganz still und hören zu.
Im Saale ist gespannte Ruh.

Meist zieht ein Kind den Hauptgewinn
und ist ganz stolz und guckt nicht hin.
Wenn laut ertönt des Loses Zahl,
dann geht ein Raunen durch den Saal.
Wenn die Gewinner festgestellt,
beruhigt sich die ganze Welt.
Dann applaudieren alle heiter
und babbeln schließlich lustig weiter.

Wenn man dann froh nach Hause eilt,
wird schnell einander mitgeteilt,
was man in diesem Jahr gewann.
Hallo, Hans, schau dir das an,
die Vase, die ich hab gespendet,
ist bei der Schwägerin gelandet.
Die Eierbecher von dem Franz
die hat gewonnen unser Hans.

Was wär’n wir ohne Tombola,
auf der wir fröhlich Jahr für Jahr
gewinnen können doch am Ende
mit etwas Glück die eig’ne Spende.
Brigitte freut sich in der Tat,
dass sie den Krug gespendet hat,
den Hildegard mit Nummer zehn
gewonnen hat, ist das nicht schön?

Und Monika ist auch ganz froh,
denn dieser Krug ist sowieso
von ihr gespendet letztes Jahr.
Wer weiß, wo er ursprünglich war.
Wer hat wohl nächstes Jahr das Glück,
zu kriegen dieses schöne Stück.
Und wer bekommt im Jahre drauf
den Krug? Das ist der Dinge Lauf.

Ich schließ inzwischen niemals aus,
dass jemand nimmt den Preis nach Haus,
den er hat selber hergegeben.
Die Tombola muss schließlich leben.
Wir hatten eine gute Zeit
und Stunden der Gemütlichkeit.
Und wenn es heut gemütlich war,
sehn wir uns auch im nächsten Jahr.

Der Basarerlös ist für den Bau von Kindergärten und Schulen in Ghana bestimmt. Das Ergebnis des letzten Jahres konnte sich sehen lassen.

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