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Erfahrungsbericht von Le_ruse

Basketballspiel: Berliner Turnerschaft - TV-Waidmannslust

Pro:

-

Kontra:

-

Empfehlung:

Nein

Flatow-Sporthalle, Kreuzberg, 26. Januar

Die hoch hängende Uhr der Turnhalle zeigt drei Minuten vor Neun. Mit einem schrillen Pfiff und drei erhobenen Fingern signalisiert der Schiedsrichter den Mannschaften, dass nur noch drei Minuten bis zum Spielbeginn verbleiben. Langsam aber doch zügig begeben sich die Spieler zu ihrer Bank. Nachdem sich alle Spieler dort eingefunden haben, beginnen die Trainer beider Mannschaften ihren „Jungs“ die letzten Instruktionen und Tipps einzuschärfen. Mitten in der Ansprache des Trainers ertönt wieder ein Pfiff des Schiedsrichters, der sofort die gesamte Aufmerksamkeit - in Form von Blicken - auf sich zieht. Mit nur noch einem erhobenen Finger zeigt er an, dass die letzte Minute vor dem Spiel angebrochen ist. Ein paar Spieler und einige Zuschauer, so auch ich, blicken zur Uhr - tatsächlich, es ist eine Minute vor Neun. Die Blicke der Spieler sind nun wieder alle auf ihre Trainer gerichtet, der ihnen nun die ersten fünf Spieler, die am Anfang auf dem Platz stehen werden, mitteilt, sowie ein paar letzte Ratschläge mit auf den Weg gibt. Nachdem das getan ist, stellt sich die gesamte Mannschaft, inklusive Trainer, in einem kleinen Kreis auf. Mit aufeinandergelegten Händen, sowie mit einem kampfschreiähnlichen ‘TVW - GO!’, das durch die gesamte Turnhalle schallt, motivieren sich die Spieler gegenseitig. Manchen scheint dieser Schrei am heutigen Tage sicherlich auch zum Wachwerden, denn an einem Samstagmorgen schon um halb Neun in Kreuzberg sein zu müssen setzt frühes Aufstehen voraus. Auch ich bin noch nicht ganz wach und passe somit perfekt in die Menge von müden Gesichtern um mich herum. Zuschauer, Eltern, Freunde, die Spieler und Trainer scheinen alle nicht sehr lange geschlafen zu haben. Doch jetzt zählt das alles nicht, denn der Schiedsrichter pfeift das Spiel an. Das Basketballspiel zwischen dem TV-Waidmannslust und der Berliner Turnerschaft beginnt!

Die fünf vom Trainer genannten Spieler finden sich nun in der Mitte des Spielfeldes ein, während es sich ihre Teamkollegen auf ihrer Bank gemütlich machen. Manche Spieler geben den Gegenspielern und den Schiedsrichtern, die nun zu zweit auf dem Spielfeld stehen, die Hand, andere machen sich schon zum Spielen bereit. Je ein Spieler jeder Mannschaft stellt sich in den Kreis in der Mitte des Spielfeldes mit dem Fuß direkt an die Mittellinie, welche nun wie eine Art Grenze wirkt. Alle Spieler warten gespannt auf eine Reaktion des Schiedsrichters, der den Ball in der Hand hält, und nach wenigen Sekunden ertönt ein weiterer Pfiff aus der Pfeife des Schiedsrichters. Alle Spieler machen sich nun endgültig bereit, darauf wartend, dass der Schiedsrichter mit einem Sprungball das Spiel in Gang setzt. Man kann die Anspannung in der Halle spüren. Es scheint, als würden die wenigen vorhandenen Zuschauer in diesem Moment die Luft anhalten, um kein Geräusch zu verursachen. Man könnte eine Stecknadel fallen hören, jedoch hallt ein immer leiser werdendes Geräusch weiter durch die Halle - der Schall vom Pfiff des Schiedsrichters. Doch diese Stimmung verfliegt genau in dem Moment, in dem der Ball in die Luft fliegt. Den Spielern schießen in diesem Moment tausende Gedanken durch den Kopf: „Werden wir gewinnen?“, „Werden die Schiedsrichter gut pfeifen?“, „Werden die Gegner fair spielen“, und viele weitere Fragen irren den Spielern in diesem Moment im Kopf herum. Diese Unsicherheit bei dem Großteil der Spieler ist allerdings nicht verwunderlich, da die C-Jugend des TVW sich noch in ihrer ersten Saison befindet.

Denn obwohl der Verein im Jahre 1906 gegründet wurde und mittlerweile rund 750 Mitglieder umfasst, wurde die Basketball-Riege erst in der Saison 2000/2001 mit der Gründung einer Mannschaft der Jahrgänge 1988/1989 eröffnet. Diese Mannschaft bildet nun die D-Jugend des Vereins, wobei die C-Jugend erst ein Jahr später, also in der Saison 2001/2002, entstanden ist. Seitdem wächst dieser Bereich des TVW stetig, so dass am Anfang des Jahres 2002 eine zweite C-Jugend angemeldet und „ins Rennen geschickt“ wurde. Gleichzeitig wurde aus der Basketball-Riege des TVW eine Basketball-Abteilung. Allerdings ist damit noch lange nicht das Ende erreicht, denn die Tendenz ist noch steigend.

Der Schiedsrichter beendet mit einem langen Pfiff das erste Viertel. Es sieht nicht gerade rosig für unsere „Jungens“ des TVW aus, denn als ich auf die Anzeigetafel blicke, sehe ich einen Spielstand von 11:22. Anscheinend ist doch nicht jeder so wach, wie er es gerne sein würde. Der Trainer muntert seine Spieler auf; schließlich waren das erst 10 von insgesamt 40 Minuten Spielzeit gewesen. Es ist noch alles drin - vorausgesetzt, die Spieler würden endlich aufwachen. Man kann ihnen ansehen, wie den Spielern wieder Gedanken durch den Kopf schießen: „Können wir das noch aufholen?“, „Sind die wirklich doppelt so gut wie wir?“. Jedoch gibt es auch zuversichtlichere Spieler auf dem Platz. Und obwohl die Pause zwischen erstem und zweitem Viertel gerade einmal zwei Minuten beträgt, gelingt es mir dennoch einen zuversichtlichen Spieler zu finden, der mir folgendes mitteilt: „Das werden wir noch schaffen, da bin ich mir sicher. Denn wir haben nicht umsonst trainiert!“

Es wäre ihnen wirklich zu gönnen, dass diese Zuversicht belohnt wird, denn trainiert haben sie wirklich so einiges: Warm machen, Krafttraining, Liegestützen, Sit-Ups, Seilspringen, Wandhocken, dehnen, Hindernisläufe mit Ball, Ballhandling-Übungen, Spin Moves, Freiwürfe und nicht zu vergessen das Konditionstraining. Während des Trainings gelang es mir den Spielern einige Fragen zu stellen. Auf die Frage, wie er zum Basketball gekommen ist, antwortete ein Spieler: „Ein Albaspiel hat mich begeistert. Daraufhin fand ich gefallen am Basketball und habe mich nach Trainingszeiten erkundigt und bin mit mehreren Freunden zum TVW gekommen.“ Auf die Frage, was er von seiner Mannschaft erwartet und was er sich für die nächste Saison vornimmt bekam ich folgende Antwort: „Ich will in einer Mannschaft spielen, die motiviert ist und zu jedem Training und zu jedem Spiel vollständig erscheint. Ich möchte außerdem so lange trainieren, bis ich mit meinem Können vollständig zufrieden bin.“ Auf die Frage nach einem Konkurrenzkampf gab mir ein weiterer Spieler Auskunft: „Klar würde man am liebsten der beste Spieler sein. Der, der die entscheidenden Punkte macht. Der, der die Mannschaft zu Sieg führt. Der, der allen anderen zeigt, wie man spielen muss um zu gewinnen. Der, der dann trifft, wenn es andere nicht tun. Und natürlich einfach der, der von seinen Gegnern gefürchtet wird. Sprich: Der, zu dem alle hinaufblicken. Aber jeder in unserer Mannschaft würde den entscheidenden Pass spielen, wenn jemand besser steht als er. Auch wenn es sich um jemanden handelt, der nicht gerade ein Sympathieträger ist, bzw. dessen Punkte recht fraglich wären. Denn in unserer Mannschaft spielen alle miteinander und nicht gegeneinander. Und genau das ist der Grund, warum es keinen Konkurrenzkampf bei uns gibt!“ In der letzten Frage, die ich stelle, geht es darum, ob der deutsche Basketball in Zukunft und vor allem der Jugendförderung aus anderen Ländern wie Amerika, Spanien oder Griechenland mithalten kann. Die Antwort lässt uns zum Glück aufatmen: „Der deutsche Basketball verbessert sich ständig. Es wird zwar noch sehr lange dauern, bis er den Leistungsstandart anderer Sportnationen erreicht. Vielleicht wird er den der USA zum Beispiel auch nie erreichen, aber der deutsche Basketball holt langsam aber sicher auf!“

Wenn wir nun wieder zurück ins Spielgeschehen blicken, sehen wir, dass alles trainieren nicht den gewünschten Erfolg gebracht zu haben scheint, denn auch das zweite, sowie das dritte Viertel gingen verloren. Diesmal jedoch nur mit einem, bzw. mit drei Punkten. „Unser Trainer hatte Recht“, sagt mir einer der Spieler „diese Mannschaft ist wirklich genauso gut wie wir. Jedoch steht es jetzt erst 55:70. Das sind genau fünfzehn Punkte und wir haben noch 10 Minuten, um das Spiel zu drehen. Schließlich haben wir nur einen Trumpf im Ärmel. Unsere Kondition ist besser und wir spielen fairer!“ Viele seiner Mitspieler teilen seine Hoffnung und betreten selbstbewusst das Spielfeld, um das letzte Viertel zu bestreiten. Kein Hauch von Anspannung ist mehr zu spüren. Und trotzdem gehen auch die nächsten Vier Punkte auf das Konto der Berliner Turnerschaft. Auf einmal jedoch scheint das Konzept aufzugehen und der TVW nimmt das Spiel in seine Hand. Ein Spieler des TVW fällt. Ein Pfiff. Offensiv-Foul. Der Top-Spieler der Berliner Turnerschaft setzt sich wütend auf seine Bank, nachdem er wegen Foulbelastung das Spielfeld verlassen musste. Aber auch auf der Seite des TVW fehlen mittlerweile ganze drei Spieler, die das Spiel aufgrund ihrer fünf Fouls verlassen mussten. Trotzdem scheint das Viertel schier endlos und die Punkte auf der Anzeigetafel nur noch so zu wechseln. Beide Trainer stehen am Spielfeldrand. Der eine, um seine Schützlinge anzuspornen, der andere, um auf die Schiedsrichter zu schimpfen, die ständig wachsam sind und es auch sein müssen. Es hat den Anschein, als ist dies die Form des Trainers, seine Angst zu zeigen, denn der TVW holt sich Punkt um Punkt und spielt sich so immer näher an die Führung heran. Die Trainer schreien, Mitspieler versuchen die Schreie durch ihre eigenen Tipps und Kommentare zu übertönen, Väter, Mütter, Brüder, Schwestern und Freunde der Spieler stehen und sitzen am Spielfeldrand, um ihre Kommentare kund zu tun. Jedoch kommt nur weniges von alle dem verständlich bei den Spielern an. Und obwohl es sich hier nur um ein Bezirksligaspiel einer C-Jugend handelt, ist eine eindrucksvolle Stimmung nicht zu leugnen. Noch fünf Sekunden. Der TVW kassiert einen Korb. Vier. Ein Pass. Drei. Ein Spieler des TVW rennt mit dem Ball nach vorne. Zwei. Ein letzter Pass. Eins. Ein Wurf. Der Abpfiff. Der Ball fliegt am Korb vorbei und erst jetzt haben die erschöpften Spieler Zeit, auf den Punktestand zu schauen: Mit 100:106 haben die Spieler des TVW das Spiel verloren.

Jeder, der erst jetzt wieder auf die Anzeigetafel blickt, wundert sich über das erstaunlich hohe Ergebnis und beginnt zu rechnen. Mit 45:36 hat der TVW dieses Viertel eindrucksvoll gewonnen. Der Jubel der Zuschauer verstummt langsam und wird nun langsam zu einem Murmeln. Nach einem kurzen Gespräch mit dem Schiedsrichter wendet sich der Trainer des TVW an mich. Auf meine Frage, was er zu diesem Spiel zu sagen hätte, sagt er mir: „Hätten wir von Anfang an so gespielt, hätten wir das Spiel schnell für uns entschieden. Leider haben wir das erste Viertel verpennt und genau das hat uns das Genick gebrochen. Aber ich habe gerade mit dem Schiedsrichter gesprochen. Er meinte, er pfeife schon recht lange, aber ein 100:106 hat auch er noch nicht erlebt. Alles in allem denke ich, dass wir zufrieden sein können.“ Vor der Kabine kann ich noch weitere Stimmen zum Spiel bekommen: „Jede Mannschaft hätte am Ende das Spiel gewinnen können - und einer muss schließlich gewinnen. So ist das halt beim Basketball. Das hätten genauso gut wir sein können. Ich gönne es der anderen Mannschaft und bin mit unserem Spiel, nicht mit dem ersten Viertel, aber mit unserem gesamten Spiel allgemein zufrieden. Denn wir haben selbst bei 19 Punkten Rückstand nicht aufgegeben und auch, als die Zeit knapp wurde, haben wir unser Bestes gegeben. Und genau das zeichnet uns aus!“ Ein anderer Spieler sagt uns: „Für mich sind drei Kriterien in einem Spiel wichtig: Das Spiel ha Spaß gemacht, wir haben unser Bestes gegeben und ich bin mit meiner Leistung zufrieden. Und genau diese drei Kriterien waren heute gegeben. Meine Mitspieler sind da vielleicht anderer Meinung, aber da diese drei Kriterien für mich erfüllt wurden, empfinde ich diese Niederlage wie einen Sieg. Schließlich hätten wir auch gewinnen können.“ Nachdem ich diese abschließenden Worte gehört habe mache ich mich mit einem unbeschreiblichen Eindruck auf den Heimweg. Denn es ist gerade erst kurz nach elf und der Tag ist noch nicht vorbei - ganz im Gegenteil - er liegt noch vor mir...

So, das war’s. Ich würde mich freuen, wenn ihr mir als Leser treu bleibt, bzw. ich euch als neuen Leser gewinnen konnte. Wenn nicht - auch kein Problem :o)

Le_ruse

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