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Erfahrungsbericht von Finron

Großeltern - wie man sie sich wünscht

Pro:

sind da, wenn man sie braucht; Lebenserfahrung; helfen uns manchmal gegen unsere Eltern ;o)

Kontra:

nichts

Empfehlung:

Nein

Zur Zeit sieht man sie durch die Werbung rauschen: Die vier alten Damen im Cabriolet, die gequirlten Mist von sich geben und irgendein Mikrowellen-Gemüse bewerben sollen. Diese Techno-Omas (Im Hintergrund läuft ja der „umta umta“-Remix irgendeiner Heino-Nummer) finde ich so würdelos, so schrecklich, so schlimm. Sind das die Omas von heute? Die Großeltern von morgen? Gott bewahre!

Und ich rutsch auf Knien, dass mir solche Großeltern erspart geblieben sind. Denn ich bin mit zwei Großeltern gesegnet, wirklich echte und wahre Oma und Opa, so wie sie sein sollen, so wie sie sich jedes Kind nur wünschen kann. Zwei menschen, die ich wirklich und aufrichtig bewundere und liebe. Und denen ich hier und heute ein kleines Denklam setzen will.

„Opa Willi”
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Der Mann hat mit seinen 87 Jahren vier, wenn man will sogar fünf Deutschlands erlebt: Geboren im Kaiserreich, aufgewachsen in der Weimarer Republik, seine 20er im Hitler-Deutschland durchlebt (und sechs Jahre Krieg als Wehrmachtsoffizier an der Westfront überlebt), dann die Bonner Republik und heute die Berliner Republik. Und er hat es geschafft, nirgendwo in der Vergangenheit hängen zu bleiben.

Natürlich erinnert er sich gerne an die eine oder andere Begebenheit früher, aber nie mit Wehmut, sondern mit Dankbarkeit dass er das erleben bzw. den Krieg überleben durfte. Noch nie hat er mir in den 31 Jahren Vorhaltungen gemacht, dass wir es heute so viel besser hätten als früher oder mich belehrt, dass früher alles besser gewesen sei. Ein Mann mit so viel Toleranz und so im Jetzt verwurzelt, so will man gerne alt werden.

Zumal der alte Michael auch heute noch agil ist, dass ich – oibwohl fast 60 Jahre jünger – manchmal kaum mithalten kann. Und einfach ein klassischer Opa und mittlerweile Uropa ist. Gerade im Spiel mit meinen kleinen Nichten entdecke ich so vieles wieder, was ich früher so an ihm geliebt habe und hoffentlich nie vergessen werde. Das Pseudo-Granteln: „Ja, was is da los? Ja, was machstn da?“, das sich in einem breiten Lächeln von Ohr zu Ohr entlädt. Und vor allem das Marmeladenbrot. Fein säuberlich schneidet er „sein” Brot auf einem Brettchen in kleine Stückchen, tut als würde er grad nicht aufpassen – und schon stibitzt ihm sein (Ur-)Enkel ein Stückerl. „Ja, was ist das? Wo ist denn das Brot hingekommen” – und die Kinder quietschen. So soll ein Opa sein, nicht anders!

Oma Fanny
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Ist zwar gut zehn Jahre jünger als Opa Willi, aber trotzdem spielt sie in der Beziehung den erwachsenen und vernünftigen Part. Wenn wir als Kinder bei ihr übernachteten gabs abends immer eine große Tasse Kaba mit Honig und am Bett las sie uns noch eine Geschichte vor. Wenn wir Angst hatten, schlief sie bei uns im Bett oder wir durften unter ihre Decke schlüpfen.

Oma hatte und hat einfach die Ruhe weg. Wenn sie auf uns aufpasste (Mutter arbeitete drei Mal wöchentlich vormittags), gab’s immer unsere Lieblingsgerichte: Apfelstrudel und vor allem Dampfnudeln. Und weil der Hefeteig gehen musste, sind wir auch gegangen. Spazieren. Lang und ausgiebig. Auch heute ist Oma Fanny noch bestens gut zu Fuß, geht manchmal sogar die sieben Kilometer von der Stadt heim. Einfach so. Bei den Spaziergängen hat sie immer und über alles Bescheid gewusst: Welcher Vogel da singt, was das für eine Pflanze ist, und, und, und… und viele Geschichten erzählt von früher, als sie noch ein Mädchen war. Aber auch nicht romantisch verklärt oder besserwisserisch sondern einfach Anekdoten aus dem Leben.

Oma ist natürlich die beste Bäckerin von der Welt. Und anders als bei den eltern durften wir bei ihr auch fleißig mitbacken. Sogar extra Kinderbackformen hatte sie. Da bekamen wir immer ein Stückerl Teig mit dem wir herumspielen (und natürlich auch naschen) konnten und durften unser Backwerk am Ende auch noch verzieren. Ich möchte heute nicht mehr wissen, was wir da jedesmal für eine Sauerei hinterlassen haben. Aber Oma war’s egal. Denn Oma ist eine echte Oma, die nicht Cabrio fährt, Techno-Heino hört und Mikrowellen-Gemüse macht.

Oma und Opa
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Für alles oben genannte liebe ich sie. Aber wofür ich sie bewundere, das will ich euch jetzt erzählen. Die beiden hatten insgesamt vier Kinder, zwei Söhne und zwei Töchter. Hatten, richtig. Denn der erste Sohn, Michael, starb im Babyalter an Kinderlähmung. Als ob das nicht schon schlimm genug wäre, wurde ihnen auch noch der zweite Sohn, Franz, bei einem Verkehrsunfall genommen.

Doch so hart und schwer diese beiden Schicksalsschläge waren, meine Großeltern haben sich davon nicht unterkriegen lassen. Sie sind keine meckernden und nörgelnden Alten geworden, sondern sind Gott einfach dankbar, dass ihnen die Töchter nicht auch noch genommen wurden und sie sechs anständige und liebe Enkelsöhne haben. Für diesen Optimismus im Leben und ihre Nehmerfähigkeiten was immer das Schicksal auch bringen mag, das ist es, was ich an meinen Großeltern bewundere.

Wie oft geraten wir aus der Bahn, weil dies schief läuft oder das nicht geklappt hat? Ich muss da nur an meine lieben Opa und Oma denken und was die weggesteckt haben. Dass sie trotz der schweren Schicksalsschläge noch lachen können und sich des Lebens erfreuen. Und nicht irgendwann stillstehen, sondern auf der Höhe der Zeit leben: Vor kurzem wollten sie sich einen Computer anschaffen und auch ins ominöse Internet. Das sind echte Vorbilder für mich, so will ich auch gerne alt werden.

Vor kurzem feierten die beiden Goldene Hochzeit. Es war eine wirklich rührende Zeremonie. In der selben Kirche, in der die beiden 50 Jahre zuvor geheiratet hatten. Natürlich nicht mit demselben Pfarrer, aber mit dem Priester, dem mein Großvater jahrzehntelang als Mesner beigestanden hat. Der Geistliche ist schon lange in Rente, aber für die beiden zog er sich noch einmal das Messgewand über.

Es war eine wirklich ergreifende Zeremonie und ich hätte fast weinen können, als sie noch einmal das Ehegelübde erneuerten. Auch das ist etwas, wofür ich sie bewundere und ihnen hoffentlich nacheifern darf: Diese jahrzehntelange Treue und Aufrichtigkeit, das Zusammenhalten in guten wie in schlechten Zeiten. Ich bin mir sicher, dass sie auch über die Jahre immer wieder Probleme miteinander hatten, aber sie haben sich zusammengerauft und nicht beim ersten Streit aufgesteckt. Sie sind über die Jahre zusammengewachsen – und das ist etwas, das man sich als Mensch nur wünschen kann: Einen Partner fürs ganze Leben finden.

So, jetzt habt Ihr meine Großeltern ein bißchen kennen gelernt. Was ich damit sagen wollte: So sollen Großeltern sein, keine flippigen Omas im Cabrio. Ich wünsche meinen Kindern solche Großeltern und hoffe, selbst einmal so ein Großvater zu werden.

Vielleicht ist das für euch nicht nützlich. Aber mir war es einfach mal wichtig auszusprechen, wie wichtig mir miene Großeltern sind und welche Vorbildfunktion sie haben. Lasst uns alle gute Großeltern werden. Ohne Mikrowellen-Gemüse.

Finron

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