Erfahrungsbericht von P.Nibel
... [im Arsch]
Pro:
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Kontra:
siehe Text
Empfehlung:
Nein
Frau Stücker arbeitet seit Jahren als Oberschwester im Gesundheitsamt einer kleinen Kreisstadt. Beliebt und bekannt bei Mitarbeitern, Freunden und Nachbarn. Mit ihrer freundlichen und stillen Art gewinnt sie schnell Sympathien.
Eines Tages - der halbjährliche Arztbesuch steht wieder auf dem Plan - verändert sich ihr Leben. Stirnrunzelnd studiert der Arzt die Testergebnis von Frau Stücker und blickt sodann ernsten Blickes auf.
"Frau Stücker, wir haben bei der Untersuchung etwas festgestellt. Ich habe das noch einmal überprüfen lassen aber das Ergebnis stimmt. Sie haben die Parkinson-Krankheit. [...] ...die Krankheit ist noch nicht weit fortgeschritten, doch sind bei der Parkinson kaum konkrete Zeitangaben möglich. Von einen auf den anderen Tag kann sich ihr Zustand sehr verschlimmern. ..."
Dieser Arztbesuch ist nun schon wieder fast wieder ein Jahr her. Der Gesundheitszustand ist noch normal. Ab und an gibt es Tage, da hat Frau Stücker Fieber und ihr ist einfach schlecht. Sie ist müde und fühlt sich ausgebrannt. Doch sie geht trotzdem zur Arbeit und verrichtet so gut wie immer ihren Dienst.
Frau Stücker kommt von Arbeit und sieht - wie jedesmal - in den Briefkasten. Ein Brief. Die Hausverwaltung schreibt. Sie öffnet den Brief und liest. Was sie da erfährt kann sie nicht glauben. Sie hat fast 10.000 DM Mietschulden - 11 Monate keine Miete gezahlt.
Die Hausverwaltung droht mit rechtlichen Schritten, Zahlungsklage usw., wenn nicht innerhalb der nächsten Tage die Mietschuld beglichen wird. Morgen wird sie sofort in das Büro der Hausverwaltung gehen und das Problem klären. Sofort geht sie zur Bank um Zahlungsbelege zu besorgen.
Was sie dort entdeckt ist einfach unglaublich. Sie hat tatsächlich seit Monaten keine Miete mehr gezahlt. Die Hausverwaltung hat Recht.
Am nächten Tag sitzt Frau Stücker einem Mitarbeiter der Hausverwaltung gegenüber und befindet sich in Erklärungsnot. Auf die Frage hin, warum Sie nicht auf die zahlreichen Mahnschreiben reagiert hat und aus welchen Gründen sie schon so lange keine Miete zahlt, bleibt sie stumm.
Sie findet keine Antwort - weiß nicht, warum sie 11 Monate keine Miete zahlte. "Sie müssen doch wissen und sehen, was auf ihrem Konto vor sich geht." Frau Stücker bleibt still. Sie unterschreibt sodann eine selbstschuldnerische Bürgschaft sowie eine Teilzahlungsvereinbarung. Außerdem verlangt die Hausverwaltung eine Einzugsermächtigung, damit die laufende Miete und die monatliche Abzahlungssumme direkt vom Konto abgebucht werden können. Frau Stücker erteilt die Einzusgermächtigung.
Wochen vergehen. Zwischenzeitlich meldet sich ein Mieter, der unter Frau Stücker wohnt, dass sich in seiner Wohnung an der Decke Nässe- und Schimmelflecken bilden.
Ein Gutachter besichtigt diesen Schaden und muss sich die darüberliegende Wohnung ansehen - die Wohnung von Frau Stücker. Die Hausverwaltung vereinbart einen Termin - Frau Stücker sagt zu. Doch zum vereinbarten Termin ist Frau Stücker nicht zu Hause. Ein zweiter Termin wird vereinbart - der platzt. Ein dritter - geplatzt. Ein vierter - geplatzt. Ein fünfter - geplatzt.
Die Hausverwaltung bringt in Erfahrung, dass Frau Stücker Urlaub hat. Mit einem Streifenwagen der Polizei tritt nun die Hausverwaltung und der Gutachter an. Frau Stücker will trotz Drohungen der Polizei niemanden in die Wohnung lassen. Sie droht mit Selbstmord und sträubt sich, die Wohnung zu öffnen. Die beiden Töchter kommen aus der Wohnung und haben Angst. Frau Stücker erzählt, dass ihre große Tochter Drogen nimmt, nicht mehr nach Hause kommt. Die große Tochter sieht sich beschämt um.
Frau Stücker und ihre kleine Tochter stehen im Hof und reden mit einem Mitarbeiter der Hausverwaltung. Kein Zureden hilft. Sie ist nicht gewillt, die Wohnung zu öffnen. Zwischenzeitlich öffnet die große Tochter die Wohnung und lässt den Gutachter und die Polizei hinein. Frau Stücker weiß nichts davon. Sie spricht noch immer - Tränen fließen - sie kniet und bettelt um Zeit.
Was inzwischen der Gutachter sieht ist ansich nicht außergewöhnliches aber trotzdem immer wieder erschreckend. Die gesamte Wohnung ist verwüstet, voller Abfälle, Papier, Binden, Flaschen und stinkt. Der Gutachter betritt die Küche und sieht, dass dort 10 cm Wasser stehen. Alles ist verschimmelt, die Wände, Gardinen, Möbel, gar Fliegen haben dort schon ihre Larven abgelegt.
Die große Tochter erzählt, dass sich vor knapp einem Jahr der Wasserschlauch der Waschmaschine gelöst hätte und dadurch alles überflutet wurde. Seither hat niemand mehr die Küche betreten. Es ist seither nichts mehr geschehen.
Der Schaden ist immens. Die komplette Fußboden- und Balkenkonstruktion ist durchnässt und faulig und muss erneuert werden. Die Kosten gehen zu Lasten Frau Stücker. Frau Stücker sitzt auf einer Gartenbank und wimmert. Die beiden Töchter stehen neben ihr und sehen in die Sonne. Der kleinen Luise laufen Tränen über das Gesicht. Anne raucht eine Zigarette.
[...]
still P.Nibel
49 Bewertungen, 7 Kommentare
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12.07.2002, 13:20 Uhr von MondChild
Bewertung: sehr hilfreichSchicksale und was dahinter sehr begreift man leider meist zu langsam um noch Helfen zu können.
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26.06.2002, 20:20 Uhr von Olli201
Bewertung: sehr hilfreichDie Kategorie paßt meiner Meinung nach nicht unbedingt.
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29.05.2002, 21:03 Uhr von Jedde
Bewertung: sehr hilfreichmacht sehr nachdenklich ... Jedde
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15.05.2002, 15:44 Uhr von Coppedia
Bewertung: sehr hilfreichMein Gott, wenn das eine wahre Geschichte ist, dann tun mir diese Menschen unendlich leid!
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11.04.2002, 17:01 Uhr von mystery_delusion
Bewertung: sehr hilfreichklingt allerdings eher nach Alzheimer? ;-) Mysty
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23.03.2002, 12:56 Uhr von Lieselotte5
Bewertung: sehr hilfreichDas klingt ja wirklich schlimm. Soetwas wünscht man keinem. Woher kennst du denn die Geschichte so genau?
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14.03.2002, 12:54 Uhr von Babba
Bewertung: sehr hilfreichBeängstigend, aber wirklich alles wahr?
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