VW Golf I Testbericht

Achtung: Dieser Bericht ist eine Geschichte vom Anfang bis jetzt und deshalb etwas länger :-)


Vorab sei gesagt: Dieses Auto rechtfertigt endlich Deine ganz persönliche Vorstellung von „Less is More“, respektive „State of the Art.

In meinem Fall sprechen wir von der ersten Variante. Es war wieder soweit. Ein Brief von der Leasing-Gesellschaft signalisiert mit einem wohl bedachten Zeitraum von 3 Monaten (3 Monate = Maximale Lieferzeit eines Selbst konfigurierten Volkswagen-Modells) das Auslaufen des Leasing-Vertrags.

Täglich grüßt das Murmeltier – in etwa jedenfalls. Und in meinem Fall alle zwei Jahre. Denn nach 2 Jahren läuft jeweils mein Leasingvertrag aus und es ist an der Zeit, meiner Firma einen neuen Fahrzeugwunsch mitzuteilen.

Audi kommt in Frage. Klasse Design kombiniert mit unglaublicher Technik. Ein A4 vielleicht. Gut ausgestattet. Aber fahren den nicht ein wenig ältere Menschen. Nein, es liegt bestimmt nur an der richtigen Farbe. Aber was ist mit BMW einem 5er – der Modellwechsel steht doch gerade ins Haus? Klasse Auto und wirklich sportlich. Aber aus Bayern? Hey, Mercedes baut auch Autos. Na ja ich trage keinen Hut und außerdem... nun gut. Ein Porsche soll es sein. 911 Targa. Der mit dem Himmel aus Glas, schwarz, Leder. Da reißt mich nun doch mein bereitgestelltes Budget aus dem Targa-Himmel und bringt mich auf den Boden von Audi, BMW und Mercedes zurück... Achso, warum nicht wieder ein VW?

Erstklassige Fahrzeuge mit einem Höchstmaß an Ästhetik, Designqualität und überhaupt. Schließlich fahre ich seit 3 Leasing-Generationen einen Golf. Erst Golf 3, dann zweimal Golf 4 als V5 und V6. Der letzte war Klasse. Rasse pur. Sehr viel PS mit einem Maximum an Komfort und Sicherheit. Was könnte das toppen? Ein Golf 5? Kommt erst Ende 2003 und sieht aus, wie ein etwas aufgemachter Polo.

Menschen die Werbung machen sind Erwiesenerweise sehr resistent gegen Werbung die andere Menschen machen. Außer, die Werbung ist wirklich gut. Es hat mich in Köln auf dem Ring erwischt. Die Ampel wird grün, ich fahre ein paar Meter, die nächste Ampel wird erfahrungsgemäß rot. Stop. Da guckt es mich an – ein Schaaf. Mit dem Gebiss eines Tigers. Es steht wenig auf diesem Mega-Großflächenplakat. Nur: Der R32. Seid wachsam. Na ja, es gibt ihn wohl den Super-Golf. Gehört habe ich auch schon davon – aber die Konfrontation war doch prägend. Der Besuch der Website war obligatorisch. Sehr schnell wurde ich von volkswagen.de auf die R32-Site verwiesen. Optisch und vor allen Dingen reklametechnisch ein unbedingtes Muss für jeden hilflosen Autosucher in ähnlicher Situation. Eine Besichtigung nebst Termin zur Probefahrt gab mir den Rest. Es wird wieder ein Golf oder aber im Jargon der Fachmänner – ein R32.

[Konfiguration ist alles]

Im Online-Konfigurator durchgespielt, war es ein Leichtes, die entsprechenden Angaben bezüglich Fahrzeug-Basis und Sonderausstattung zu machen. Der sehr freundliche Verkäufer im Volkswagenzentrum begann sein Gespräch mit der Information, das dieses Auto eigentlich vollausgestattet sei. Ein sehr starker V6 Motor mit 3.2 Liter Hubraum, 6-Gang Schaltung und Allradantrieb (bei Volkswagen 4Motion genannt) bringt es mit 241 PS in 6.6 Sekunden auf 100 km/h und letztendlich auf satte 250 km/h Endgeschwindigkeit (diese wird aber nur so im Fahrzeugschein definiert :-). Und ich hätte nur noch wenige Möglichkeiten, mehr Komfort (für mich) oder aber mehr Geld (für ihn) zu generieren. Aus den wenigen möglichen Optionen wählte ich dann zu meinem R32 die Lederausstattung, das elektrische Schiebedach, eine Telefonvorbereitung und eine erträgliche Variante des Navigationssystems. Mit einem wirklich freundlichen Lächeln des Verkäufers und der Aussicht auf eine Wartezeit von 3 Monaten wurde ich dann verabschiedet.


[Zwischenzeit]

Es vergingen einige Tage dann hatte ich in der Ablage einen Brief meines Händlers. Erfreulicherweise könne man mir eine Fertigstellung des gewünschten Fahrzeugs innerhalb von 10 Wochen mitteilen (na ja, immerhin 2 Wochen weniger, als geplant). Über die persönliche Abholung in Wolfsburg würde man sich freuen und überhaupt dankt man mir für alles Vertrauen und sichert mir zu, den laufenden Leasingvertrag problemlos um die benötigte Zeit zu verlängern. Zwei Tage später wurde das Schreiben mit einem sehr schönen Informationspaket (machen Sie den Verbraucher schon im Vorfeld glücklich) und einem Buch zum Fahrzeug bestätigt.


[Ihr R32 steht bereit. Bitte folgen Sie mir...]

Nach nur 9 Wochen (schriftlich wurde selbstverständlich alles von VW dokumentiert) war der Termin nun gekommen. Leider war es mir zeitlich nicht möglich, den Wagen in Wolfsburg abzuholen, obwohl ich mir sehr gerne die Autostadt angeschaut hätte (der Gutschein dafür wurde für zwei Personen jedoch umgehend von VW übersandt). Der Händler oder vielmehr der Verkäufer meines Vertrauens ging mit mir in den vorgelagerten Ausstellungsbereich. Und da stand er.

Schwarz und einfach schön.

Die obligatorische Einweisung versuchte ich mit der Begründung der 3 Vorgängermodelle abzuwenden, jedoch erfolglos. Ein herbeigerufener Meister erklärte mir mit einer unmissverständlichen Freude am Fahrzeug die Raffinessen von Kupplung, Getriebe, Allradantrieb und dem Schalt- nebst Fahrverhalten des Wagens. Und dann konnte ich ihn zum ersten Mal intensiv betrachten (nehmen wir die Probefahrt aus).


[Optik]

Der R32 ist ein Golf. Er würde aussehen wie ein Golf, hätte er nicht einige wenige Raffinessen, die ihn vom Serien-Golf unterscheiden. Die Basis ist ein Golf 4. Dementsprechend auch die Karosserie. Ein wenig verstärkt, mit den 18 Zoll Alufelgen und entsprechenden Niederquerschnitts-Breitreifen könnte es durchaus eine getunte Variante des Serien-Golfs sein. Auch die etwas verbreiterten Kotflügel lassen nicht auf etwas Besonderes schließen. Ein wenig tiefergelegt und verbreitert ist er schön anzusehen. Prägend ist jedoch der verbreiterte Kühlerbereich mit eingelassenen Xenon-Scheinwerfern, vergrößerten Kühllufteinlässen im unteren Bereich sowie einem dezenten R32-Symbol am Grill. Einen wesentlichen Unterschied zum Serien-Golf stellt jedoch das Heck dar. Oben ein dezenter Spoiler an der Heckklappe, unten ein durchaus auffälliger und aerodynamisch abgestimmter Stoßfänger mit zwei prägnanten Auspuffrohren (links-rechts) aus poliertem Chrom und auf der Heckklappe wieder das dezente R32-Symbol.


[Bitte einsteigen]

Serienmäßig ist der R32 mit allem ausgestattet, was an Komfort, Sicherheit und Benutzerfreundlichkeit möglich ist. Neben elektrischen Fensterhebern, ebensolchen und beheizten Außenspiegeln gehört die vollautomatische Klimaanlage (VW climatronic) ebenso zur Serie wie das R32-Sportlenkrad, Regensensor, Leder auf Schaltknauf und Handbremse sowie die obligatorische Aluverkleidung (bebürstet) an den Seitenlehnen, im Armlehnen und Radio-/Navigationsbereich. Die automatische Geschwindigkeitsregelung rundet neben den Xenon-Scheinwerfern (Reinigungsanlage integriert) das Serien-Paket ab.

Sicherheit ist auch im Innenbereich ein wesentliches Merkmal. Ein Rundum-Airbag-System (Armaturenairbags, Kopfairbagsystem für Front- und Fondpassagieren, Seitenairbags im Sitz- und Scheibenbereich bieten neben den gängigen Sicherheitsstandards wie ASP, ABS, ESP etc. ein Maximum an aktiver und passiver Sicherheit.

Die Sonderausstattung macht sich vor allem auf den in der Manufaktur Koenig hergestellten Leder-Sportsitzen bemerkbar. Der Sitzkomfort ist erstklassig und gibt dem Körper einen durchaus stabilen Halt. Das elektrische Schiebedach ergänzt oder besser minimiert die Funktionen der Climatronic bei sommerlichen Temperaturen. Das VW Navigationssystem ist optisch sehr dezent in die Aluminium-Armaturen integriert worden und erfüllt hinsichtlich der Einsicht dennoch jede Anforderung.

Der gesamte Bereich der Armaturen wirkt dank diverser Chrom-Elemente (am Tacho etc.) wesentlich edler als beim Seriengolf, dennoch ist nach wie vor die bekannte klare Linie gegeben. Der Tacho zeigt eine Spitzengeschwindigkeit von 300 km/h, welche aber bestimmt nicht erreicht wird ;-). Aufgrund des integrierten Navigations-System mit integriertem VW Gamma-Radiosystems nebst DSP (Digital Sound Pakets) befindet sich der CD-Wechsler mit 6 möglichen CD-Fächern im Kofferraum. Die Freisprecheinrichtung für das Handy wird mit entsprechender Schale je nach Handy-Modell geliefert und ist vollständig in das DSP integriert. Ankommende und abgehende Gespräche werden über ein Mikrofon und die Lautsprecher des Radiosystems geführt. Das Radio-/CD-System schaltet bei ankommendem und abgehendem Ruf des Telefons auf Stumm.


[Motor & Fahrwerk]

Das Anlassen des Wagens ist die wahre Wonne. Ein gewaltiger 3.2 Liter Motor meldet sich mit entsprechendem Sound aus beiden Endrohren zu Wort. Im unteren Tourenbereich ein wenig aggressiver als im Oberen jedoch ständig etwas anzüglich. Dank des permanenten Allradantriebs ist in allen Gängen ein kontinuierlicher Anzug aller 4 Räder deutlich spürbar. Der Schub in den einzelnen Etappen der Gänge ist enorm. Die versprochene Beschleunigung von 0 auf 100 km erreicht der R32 problemlos und sehr elegant. Die perfekte Straßenlage ist dank der vorhandenen Stabilitäts-Systeme sowie der Bereifung immer gewährleistet. Zu keinem Zeitpunkt waren bisher Eskapaden von Fahrwerk oder Rädern zu verzeichnen. Die Bereifung kleben nahezu am Asphalt, was primär in den obligatorischen Kurven relevant ist. Wie bei einem Sportwagen üblich, muss man sich damit anfreunden können, fast auf der Straße zu sitzen. Die Federung ist ein wenig hart aber kommt dem Fahrverhalten durchaus zu gute. Anders als beim Serien-Golf ist die Lenkung auf das Fahrzeug angepasst und zwar zu 100%. Dementsprechend werden trotz Servolenkung nur geringfügig Korrekturen vorgenommen und die Servo hat in diesem Fall allemal eine unterstützende Funktion. Das Bremssystem ist ein Porsche-verwandtes System, welches außerdem bei Audi im S-Bereich eingesetzt wird. Ein Tritt auf die Bremse und der Wagen steht (natürlich nach der definierten Zeit aber unglaublich schnell und sehr direkt). Verbunden mit dem ABS ist das R32-Bremssystem richtungsweisend.


[Nun ja...]

Ohne zu übertreiben ein Auto, welches 100% Fahrspaß bringt. Die unglaubliche Bündelung von Kraft verglichen mit dem Gewicht macht der R32 zu einem rassigen Sportwagen. Der Preis von 38.000 EUR ist für einen Golf gewiss nicht gerechtfertigt. Entschuldbar ist er auch nicht. Der Verbrauch auf 100 km bei einigermaßen normaler Fahrweise beträgt ca. 14 Liter. Steuer (allerdings wird der Halter in den ersten zwei Jahren aufgrund der vorhandenen Agbasnorm steuerbefreit) und Versicherung liegen ein wenig über denen eines Serien-Golfs und der Wiederverkaufswert bleibt noch abzuwarten. Ein Golf zum Preis einer E-Klasse ist eigentlich völliger Wahnsinn. Jedoch verglichen mit Fahrzeugen in dieser Preisklasse ist der R32 etwas Besonderes. Außerdem gibt’s beim Kauf einen Schlüsselanhänger nebst Regenschirm im R32-Design dazu. Selbstverständlich gratis. Dieser Wagen ist für mich pures Understatement gebündelt mit optimaler Kraft. Von Außen sieht man wenig, aber wenn es darauf ankommt, dann hält der R32 was die Werbung verspricht:


Der Wolf im Schafspelz.



Viele Grüße aus Köln,

Jens