Vogelspinnen Testbericht

Vogelspinnen
ab 11,29
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  • Pflegeaufwand:  gering
  • Futterkosten:  sehr gering

Erfahrungsbericht von Tut_Ench_Amun

Ein Pharao spinnt nicht...er LÄSST spinnen!

5
  • Pflegeaufwand:  gering
  • Futterkosten:  sehr gering

Pro:

Sehr interessantes und lehrreiches Hobby / Baut Ängste ab - Vogelspinnen sind wesentlich harmloser als ihr Ruf / Leicht und kostengünstige Pfleglinge

Kontra:

Ich werd mich hüten bei einem Lebewesen ein Kontra anzugeben ;-)

Empfehlung:

Ja

So fremdartig und tückisch diese Lebensform erscheint, vergessen wir gern, dass der gemeinste, hinterhältigste, verräterischte und brutalste Killer dieses Planeten – richtig geraten! - wir Menschen sind. Darüber sollte man mal nachdenken, wenn man das nächste Schnitzel oder Steak auf dem Teller gierig zerteilt, bevor man sich anmaßt über die Lebens-, Fress- und Jagdgewohnheiten einer Spinne zu urteilen und empört-ignorant die Nase zu rümpfen. Besser man fasst sich mal an die selbige. Jeder will überleben – auf seine ihm eigene Art. Ich finde es löblich, wenn sich gerade Phobiker (manchmal auf Anraten eines Psycho-Onkels/Tante) dazu entschließen diesen Überlebenskünstlern ein wenig auf die acht Pfoten – pardon! -Beine zu schauen, um ihrer Furcht Herr zu werden. Eigeninitiative zur Bekämpfung einer (leichten) Arachnophobie war es auch, die letztendlich dazu führte, dass ich zunächst „Aushilfspfleger“ bei der Ex-Pharaonin geworden bin. Ich hatte bereits vorher schon eine Menge über Spinnen gewusst (mein Arbeitskollege beherbergt derzeit 13 Tiere) und noch nie wirklich Angst davor gehabt (Respekt – Ja....Angst? Nein), was mich in diesem Falle qualifizierte Sabines mutige Selbsttherapie tatkräftig durch Fütterung etc. zu unterstützen, bis sie sich selbst zutraute zu 100% um ihre beiden Tiere zu kümmern. Die logische Konsequenz dieser sehr aufschlussreichen Zeit war, dass ich vor Kurzem selbst meine erste „eigene“ Spinne bei mir aufgenommen habe und ich bin sicher es werden bestimmt noch mehr. Werfen wir mal einen Blick auf diese Gattung und beseitigen (hoffentlich) eine Menge Irrtümer und Halbwahrheiten...

Hier sind einige Beliebte Volksweisheiten:
1) Spinnen sind Insekten
Im Biologieunterricht wohl nur bei EINEM Thema richtig aufgepasst, was? Wenn mal rumfragt bekommt man leider von den meisten Menschen immer noch zu hören, dass Spinnen zu den Insekten gehören, was natürlich Schwachsinn ist. Insekten haben 6 Beine und einen erheblich anders funktionierenden Metabolismus. Spinnen haben deren 8, atmen durch Lungen (und nicht wie Insekten mit Tracheen), zudem besitzen sie 8 Augen (4 nach vorn und 4 nach hinten gerichtet) und dergleichen mehr...

2) Vogelspinne = Tarantel
*Beep*...Ihr habt soeben die 1 Millionen Euro Frage vergeigt und Günther Jauch schaut euch und die versammelte, geifernde TV-Nation mit bedröppeltem Dackelblick an. Taranteln sind Wolfsspinnen, die auch in unseren klimatischen Breiten heimisch sind, sie sehen ihren Verwandten ähnlich, teilen vieler ihrer Verhaltensweisen und das Gros der Anatomie, sind aber oftmals viel kleiner und ungleich kesser/giftiger. Vogelspinnen jedoch kommen in freier Wildbahn nur in tropischen oder subtropischen Gebieten Südamerikas, Afrikas, Australiens und Asiens vor. Im anglo-amerikanischen Sprachraum werden sie aber immer noch offiziell (und fälschlich) mit „Tarantula“ bezeichnet. Trappatoni würde jetzt zurecht empört schreien: „Isse das Quatss!“. Biologisch gesehen gehören sie zur Familie der Teraphosidae („Echte Vogelspinnen“). Das ist ungefähr so, als würde man einen VW Golf mit einem VW Bus in einen Topf werfen, beides sind zwar Volkswagen, haben (im Idealfall) vier Räder und ne Hupe, allerdings gehören sie zu ganz unterschiedlichen Klassen mit ebenso unterschiedlichen Einsatzgebieten.

3) Sie warten förmlich darauf DIR in den Hintern (oder sonstwohin) zu beißen!
Na klar, der Mensch ist das absolute Beutetier – schmackhaft, ergiebig und sowas von...DUMM! Nee, lasst euch nicht irre machen, stellt euch einfach mal vor, dass euch jemand gegenübersteht, der euch haushoch überragt und das 500fache an Masse aufzuweisen hat...habt ihrs?...so und nun denken wir mal scharf nach, wer wohl mehr Schiß vor wem hat...Klartext: Wenn man ein Tier in die Ecke drängt hat es zwei Möglichkeiten: „Attacke!“ oder „Nix, wie wech hier!“ (Psychologen nennen das „Kampf-oder-Flucht-Reflex“), je nach Temperament und Charakter reagieren auch Spinnen so, wenn man sie provoziert oder in aussichtslose Situationen drängt, muss man sich nicht wundern, wenn sie auf Konfrontationskurs gehen. Einige wenige Arten attackieren auch unvermittelt, wenn man im Terrarium herumfingert, das stimmt schon – doch dies ist ein kalkulierbares Risiko und nicht die Regel, sofern eine Spinne die Möglichkeit hat weicht sie dem Menschen aus...kluge Tiere ;-)

4) Vogelspinnen sind alle mordsgefährlich und/oder –giftig
Das sind Autos und Küchenmesser auch, wenn man nicht weiß, wie man damit umzugehen hat – Ernsthaft: Selbstverständlich sondert jede davon ein Gift ab, das liegt in der Natur der Sache, jedoch in unterschiedlichen Konzentrationen – von den bislang bekannten Arten sind gerade mal ein Dutzend für den Menschen mit ernsten gesundheitlichen Schäden verbunden, zwingend lethal (also tödlich) ist meines Wissens nach keine. Der Biss der meisten Vogelspinnen ist in seiner Wirkung vergleichbar mit der eines Wespenstichs, bei den giftigeren Arten langt\'s dann schon zu Muskelkrämpfen oder absterbenden Gewebe an der Bisswunde. Ah! Da höre ich aus der letzten Reihe den Einwand mit der „Schwarzen Witwe“...*ääätsch*...das ist eine Kugelspinne und keine Vogelspinne, tatsächlich sind die kleinen (Kugel- und Zitter-)Spinnen wie die Witwe, was die Wirksamkeit ihres Giftes, gemessen an der Menge und Körpergröße, angeht , tausendmal gefährlicher als ihre großen, behaarten Vettern. Gleichwohl ist der Biss schmerzhaft und kann sogar – je nach Größe des Tieres – eine respektable Fleischwunde hervorrufen. Wer sich ein entsprechendes (meist ohnehin als aggressiv bekanntes) Tier zulegt ohne sich zuvor ausgiebig zu informieren, mit dem hab ich kein Mitleid, der ist es selbst schuld und verdient es auch nicht anders. LDS – Lernen durch Schmerz...

[ Monströsität? | Die Anatomie ]
Ein Teil des Abscheus, der vor allem den Vogelspinnen entgegengebracht wird, liegt in ihrer schieren Größe und ihrem fremdartigen Körperbau, der sich so sehr von dem unsrigen (als Vertreter der Warmblüter / Säugetiere) unterscheidet. 8 Beine, 8 Augen und das martialisch wirkende Restäußere passen irgendwie nicht in das vom Menschen bei Haustieren bevorzugte „Kindchenschema“. Spinnen gehören zu den Wirbellosen Tieren und Wechselwarmblütern, das heißt ihr Körper erwärmt sich nicht allein durch den Blutkreislauf, sondern ist auf externe Wärmezufuhr ausgelegt. Die meisten Arten benötigen Umgebungstemperaturen zwischen 18 und 30 Grad, vereinzelt kann es bei subtropischen Vertretern auch kälter sein, ohne dass es auf Dauer zu Gesundheitsproblemen kommt. Einige Spinnen halten sogar eine Art Winterschlaf und werden in den Wintermonaten ihrer Heimat fast vollständig inaktiv. Ein weit verbreitetes Ammenmärchen, dass (vor allem Vogel-)Spinnen nur etwa 1 Jahr leben ist Humbug, viele Arten – beispielsweise Grammostolinae oder Brachypelmidae - werden nicht selten 20 oder gar 30 Jahre alt! Das gilt jedoch nur für Weibchen, Böcke sterben in der Regel früher und haben eine Lebenserwartung von „nur“ 4 – 6 Jahren. Andere Arten sind häufig nicht weniger langlebig, wer sich also entscheidet sich der Pflege eines solchen Tieres anzunehmen, der geht damit (hoffentlich) einen längeren Bund ein, als es bei Hund, Katze oder sogar manchen Ehen beim Homo Sapiens der Fall ist ;-)

Gerade die 8 Beine sind es, die jedem Spinnen-Phobiker das Blut in den Adern gefrieren lassen, wenn man genau hinsieht scheint es, als wären es sogar 10, das Paar Taster, dass sich am vorderen Ende des „Kopfes“ (lat. Cephalothorax oder Carapax) befindet. Diese beiden Taster sind keine Beine im herkömmlichen Sinn, sondern dienen – ähnlich wie bei uns die Arme – als Mehrzweckwerkzeug. Die Laufbeine sind mit 6 Gelenken ausgestattet und in der Regel bei fast allen Arten mehr oder weniger stark behaart, sie ermöglichen dem Tier ein Vielfaches seines Eigengewichts zu stemmen und sind hoch beweglich. An ihren Enden (dem „Tarsus“) befinden sich kleine Haken, welche eine Spinne auch befähigen zu klettern – je nach Beschaffenheit der Oberfläche auch senkrecht oder „über Kopf“. Auf Glas finden nur wenige Vogelspinnenarten Halt und dann auch nur, wenn sie noch klein und verhältnismäßig leicht sind, ansonsten fallen sie der Schwerkraft zum Opfer, wie uns der olle Newton schon damals erklärt hat *g*. „Herunterfallen“ ist ein perfektes Stichwort für eine weitere anatomische Besonderheit der Krabbeltiere: Sie haben ein Exo-Skelett, das heißt ihre „Knochen“ (bestehend aus Chitin) befinden sich nicht innerhalb des Körpers sondern außerhalb. Für die meisten bodenbewohnenden Spinnenarten kann ein Sturz aus 20 – 30 cm Höhe bereits tödlich ausgehen, wenn der Chitinpanzer platzt ist das mit allergrößter Wahrscheinlichkeit das Todesurteil für das Tier. Gerade der Hinterleib (Abdomen) ist besonders anfällig und hier befinden sich die meisten lebenswichtigen Organe der Spinne. Baumbewohner sind da schon wesentlich robuster und können auch Stürze bis zu einem Meter schadlos überstehen.

[ Gefahrenpotenzial | Verteidigungsmechanismen ]
Friedliche Arten werden gerne als „Anfängerspinnen“ tituliert, was natürlich nicht auf alle (und schon gar nicht auf das individuelle Tier) ausgedehnt werden kann, ihr Biss schmerzt genauso wie der einer „aggressiven“ Art und zudem haben einige Spinnen überdies sogar eine weitere Waffe parat: Brennhaare. Man bezeichnet diese Vertreter daher auch als „Bombardierspinnen“. Bombardierspinnen besitzen spezielle Härchen am Abdomen, die sie bei Bedarf einem potentiellen Angreifer entgegenschleudern können. Hierzu reiben sie in aller Regel die Hinterbeine daran und hüllen sich in eine Wolke feinster mit Nesselkapseln und Widerhaken versehener Haare. Die Brachypelma-Arten (etwa die B.auratum oder B.boehemi) können diese sogar relativ zielgerichtet abfeuern. Die Reichweite ist begrenzt und die Brennhaare sind für den Menschen nur mit mehr oder weniger starkem Juckreiz verbunden, können aber bei Allergikern einen anaphylaktischen Schock auslösen. Logischerweise sind sie in Augen und Schleimhäuten (also beim Einatmen) auch nicht gerade ohne. Sowohl „friedliche“ als auch „aggressive“ Arten greifen meist nicht unvermittelt an, sondern gehen erst in „Drohhaltung“, das heißt, sie strecken die Vorderbeine und Taster steil nach vorn und stellen sich auf die Hinterbeine, den Körper drohend erhoben, bevor sie blitzschnell nach vorn stoßen und zubeißen.

[ Schnell und Tödlich | Fress- und Jagdverhalten ]
Spinnen sind Lauerjäger, die in der Natur ein recht kleines Revier ihr eigen nennen und sich dort häuslich einrichten, außerhalb ihrer Behausung/Höhle haben sie meist jede Menge feinster „Alarmfäden“ gespannt, die mit ihrem Gespinst innerhalb ihrer Wohnung verbunden sind, wenn etwas diese Fäden berührt spüren sie das und kommen mehr oder weniger fix nachsehen, ob es sich um potentielle Beute handelt. Das Gespinst einer Spinne ist ein ausgeklügelter Mechanismus, manche Arten bauen Trichter oder gar Falltüren. Spinnen sind generell wahre Baumeister, auch diejenigen Arten, die weniger spektakuläre Techniken anwenden, um an Beute zu kommen – einige Rassen spinnen mehr, andere weniger. Vogelspinnen fressen so ziemlich alles an fleischlicher Kost, was ihnen vor die Fänge kommt und einige Vertreter durchaus Tiere, die sie an Körpergröße knapp übertreffen. Das fängt bei Insekten und Würmern an und macht auch vor kleinen Nagern etc. nicht halt. Ihr Energiehaushalt ist derart effektiv, dass sie zum Teil Wochenlang auch ohne Futter auskommen können, vor allem kurz vor der nächsten Häutung sind Spinnen fressfaul und zuweilen launisch, das sollte man gerade als Pfleger wissen. Hungrige Tiere sind manchmal unberechenbar und stoßen blitzschnell aus ihrer Lauer hervor, auch „ruhige“ Arten sind davon nicht ausgenommen, wenn sie Kohldampf haben oder sich provoziert fühlen.

Spinnen verdauen ihre gefangene Nahrung außerhalb des Körpers, ein Umstand, der uns Menschen grausam erscheint und daher auch gern in diversen Arachno-Horrorfilmen besonders hervor gekehrt wird. Da sie aber keinen Magen haben, ist das für sie vollkommen normal und auch notwendig. Das Spinnengift hat dabei zwei Funktionen, es betäubt/tötet das Beutetier, indem es durch die hohlen Fänge (Chelizeren) injiziert wird und es zersetzt weiches Eiweißgewebe. Spinnen haben auch noch ihre - für manche furchterregenden - senkrecht stehenden Kiefer, die zum Zermalmen von Chitinpanzern von Insekten u.ä. dienen. Weitaus gefährlicher (selbst für den Menschen) sind aber jene Chelizeren. Durch sie trinkt die Spinne auch, wie durch einen Strohhalm, sie dienen nicht nur zur Giftabgabe. Apropos trinken: Spinnen „schlürfen“ ihre Beute aus, das heißt den zersetzten Brei den das Gift hinterlässt, es sieht zwar oft so aus, als würden sie kauen, doch das ist nicht ganz das selbe, wie beispielsweise bei Säugetieren. Die unverdaulichen Reste, wie Knochen oder Chitin spucken sie wieder aus und formen daraus kleine Kügelchen, die sie entweder zum Ausbau ihrer Behausung weiter verwenden oder außerhalb dessen regelrecht entsorgen. Spinnen mögen keinen Dreck auf ihrer Nahrung, daher bauen sie sich einen dauerhaften Futterplatz, indem sie mit Spinnenseide einen Teppich weben, auf dem sie ihre Mahlzeit einnehmen, den Futterplatz behalten sie meist bei und verwenden immer wieder. Baumbewohner bevorzugen zum speisen ihre Höhle, Bodenspinnen verlegen ihr Picknick-Deckchen zumeist nach draußen in unmittelbare Nähe ihrer Wohnung.

[Frequently Asked Questions ]
Ist die Haltung kompliziert und teuer?
Weder noch. Doch wehre ich mich (grundsätzlich bei allen Haustieren) gegen den Begriff „Haltung“, wann immer ich kann, denn dieser impliziert eine Art „Besitz“, da es sich aber um Lebewesen handelt, die Respekt verdienen und nicht als Besitz angesehen werden dürfen, spreche ich – wie man im Text auch sehen kann – ausschließlich von „Pflege“. Die Grundausstattung aus Terrarium, Bodengrund (Substrat), Höhle, Wassernapf und vielleicht noch Bepflanzung (kann auch ruhig eine künstliche sein) schlägt mit knapp 40 Euro zu Buche. Ideal sind für Vogelspinnen spezielle Spinnen-Terrarien, die es in verschiedenen Größen und Variationen im Fachhandel oder sogar im Versand gibt. Sie gewährleisten sowohl Ausbruchsicherheit aber auch ausreichende Belüftung. Die Größe des Terrariums richtet sich maßgeblich nach Größe und Art der zu pflegenden Spinne (Bodenbewohner = flache / Baumbewohner = hohe Bauweise). Zusätzlich benötigt man noch ein Thermometer, einen Wassernapf und eine Wärmequelle. Das kann entweder eine Klebe-Heizmatte sein (find ich doof) oder ein Strahler / Klemmlampe mit Reflektor (40 – 60 Watt, so hat man Wärme und Licht gleichermaßen). Eine lange Allzweck-Pinzette ist ebenfalls ratsam, zum Fangen oder Entfernen von Futtertieren etc. Ein Hygrometer zur Messung der relativen Luftfeuchtigkeit ist auch eine lohnende Investition, da manche Arten ziemlich exakte Luftfeuchtigkeitswerte benötigen, um sich wohl zu fühlen.

Bei den Tieren selbst gibt es himmelweite Unterschiede, was den Preis dafür angeht, das gründet sich auf viele Faktoren: Verbreitung / Angebot im Handel oder bei Züchtern, Alter bzw. Stadium der Tiere (Spiderling, juvenil, subadult, adult/geschlechtsreif), Nachzucht oder Wildfang (Nachzucht ist vorzuziehen, Wildfänge sind eine Schweinerei und nicht zu billigen!) und ganz besonders nach dem Geschlecht (Weibchen sind teurer, als Männchen, weil langlebiger). Der Besuch von Spinnenbörsen oder das Vergleichen von Angeboten im Internet kann eine Menge Geld und Ärger sparen. Der Pflegeaufwand des Tieres hängt natürlich von der Art der Vogelspinne ab, einige benötigen mehr Luft- oder Bodenfeuchtigkeit als andere, wieder andere möchten Klettermöglichkeiten, können Zugluft nicht verknusen oder schätzen eher weniger Licht als andere. Wer die Spinne bei einem vertrauenserweckenden Züchter oder im kompetenten Fachhandel (dort sogar mit Herkunfts-Zertifikat) erwirbt, bekommt sicher massenhaft gute Ratschläge mit auf den Weg, wie die einzelne Art am besten zu pflegen ist, sodass sie sich in ihrem neuen Heim auch rasch einlebt. Ansonsten sind die Tiere wahre Überlebenskünstler und kommen auch mit weniger perfekten Bedingungen klar und sind dadurch unkompliziert. Ob die(der) neue Hausgenoss(in)e sich wohlfühlt erkennt man daran, dass sie bei Bezug ihres neuen Heims anfängt ihre Wohnhöhle oder die Umgebung fleißig einzuspinnen, das kann mitunter einige Tage dauern, ist dann aber ein sehr gutes Zeichen.

Gibt es „Anfängerspinnen“?
In der Tat sind einige Arten geeigneter für Einsteiger in die faszinierende Welt der großen Achtbeiner, als andere. Anfänger sollten sich nach Grammostola oder Brachypelma Arten umsehen, vor allem die Brachypelma Smithi, Grammostola Pulchra und Grammostola Rosea sind friedliche Gesellen, die ohne viel Aufwand sehr alt und ansehnlich groß werden können. Dabei sind sie sehr zeigefreudig und aktiv, verstecken sich also nicht den ganzen Tag über irgendwo und lassen sich vor allem durch fast nichts provozieren. Abraten möchte ich von allen aggressiven Arten direkt zu Beginn. Vogelspinnenarten unterteilt man grob in 2 Kategorien: Baumbewohner und Bodenbewohner. Baumspinnen benötigen generell etwas mehr Aufwand, als Bodenspinnen, wen das nicht schreckt, der kann einen Blick auf die Avicularia Metallica werfen – tolle schwarz-blaue Ausfärbung, umgänglich und generell freundlich. Eine Einschränkung gibt es bei den Brachypelmidae: Die B.auratum und die B.boehemi sind recht quirlig, umtriebig, überaus lebhaft und daher eher für Fortgeschrittene geeignet. Zudem bombardieren diese beiden Brachypelma Vertreter sehr gern.

Sind so genannte „friedliche“ Arten, wirklich friedlich?
Dieser Begriff ist etwas schwammig und gibt nur die tendenzielle Richtung der Verhaltensweise einer Art an, auf das individuelle Tier kann (und sollte) man das nicht so ohne weiteres übertragen. Vergessen darf man nie, dass es sich auch bei diesen um Raub- und nicht um Kuscheltiere handelt. Streicheln fällt also flach, schon alleine, weil beispielsweise Bombardierspinnen auch noch Brennhaare haben, die sie einem potentiellen Angreifer entgegen schleudern. Die Tiere haben - wie jedes Geschöpf - alle einen eigenen Charakter, den es zu ergründen gilt. Wurschtelt man etwa unachtsam im Terrarium rum, ohne ‚seine‘ Spinne zu kennen und einschätzen zu können, sollte man sich auch nicht wundern, wenn man von einem noch so friedfertigen Vertreter gebissen wird: Spinnen fressen auch Würmer, ich brauche wohl nicht zu erwähnen, wie das Tier einen einzelnen Finger in seinem Gesichtsfeld interpretieren könnte, insbesondere wenn sie Hunger hat, ihre Brut beschützen will oder einfach nur mies drauf ist ;-)

Welches ist die größte/aggressivste Vogelspinne?
Laut dem Guiness Buch der Rekorde ist das die Teraphosa Blondi, sie wird in Zooläden immer wieder gern angefragt und verkauft, wobei ich bezweifle, dass den Leuten, die sich so ein Tier vorschnell zulegen bewusst ist, dass sie eine Spannweite von gigantischen 28 – 32 cm erreicht. Sie selbst ist sich über ihre Größe durchaus im Klaren und nicht selten entwickelt sich aus dem „netten, kleinen Jungtier“ ein rabiates, zickiges Miststück... mit dem Durchmesser des „Fevernova“ Fußballs (!). Einen Friedensnobelpreis wird die Blondi wohl nie bekommen, sie ist eine aggressive Fressmaschine, die auch ein Riesenterrarium benötigt. Finger weg! Und das nicht nur im übertragenen Sinn...So ein Tier gehört meiner Meinung nach eher in den Zoo und nicht in die Hände von verantwortungslosen Privatleuten – was persönlichkeitsgestörte Schwachköpfe, die dadurch ihr mangelndes Selbstwertgefühl aufpolieren wollen, nicht davon abhält sie verstärkt zu züchten und anzubieten.

Kann man Vogelspinnen anfassen?
Ja, die meisten schon, zumindest die „friedlichen“ Arten beinahe uneingeschränkt. Oftmals hat man nämlich gar keine andere Wahl, dann muss das Tier aus dem Terrarium entfernt werden, um die Bude sauber zu machen (Etwa 1 x im Jahr) oder wenn das Tier zu groß für das bisherige Terrarium geworden ist und in ein größeres umziehen muss. Daher sollte man den Drei-Finger-Griff beherrschen, wobei man die Spinne vorsichtig (!) mit Daumen, Mittel- und Zeigefinger seitlich am Carapax fasst und hochheben kann (so ist es unmöglich gebissen zu werden). Ganz ruhige und freundliche Vertreter, die sich an ihren Pfleger bereits gewöhnt haben klettern auch von selbst auf die dargebotene Hand (Wer sich traut - immer die geschlossene Handfläche mit der Kante anbieten). Auch hier gilt es wieder, dass jedes Tier einen eigenen Charakter hat, den man als Pfleger kennen sollte, um die Lage korrekt einzuschätzen. Sollte die Spinne drohen oder bombardieren, verschiebt man die Aktion lieber auf einen späteren Zeitpunkt oder greift zu anderen Fangmethoden, um den Racker gefahrlos für Mensch und Tier umzusetzen. Wer sich vor der Berührung ekelt kann eventuell an einer alten Spinnenhaut („Excuvie“) üben, dieses Mittel setzen Psychologen gern ein, um Arachnophobie zu bekämpfen.

Was zum Geier ist eine Excuvie?
Spinnen wachsen nicht wie wir Säugetiere sondern halten es ähnlich, wie die Schlangen und häuten sich. Die dabei zurückbleibende, leere Hülle nennt man „Excuvie“. In unterschiedlichen Intervallen werfen sie ihre alte Haut ab, da sie buchstäblich zu eng für das Tier geworden ist. Jungtiere häuten sich öfter, als adulte – die Häutungszyklen sind von Rasse zu Rasse unterschiedlich lang. Es gibt kaum etwas faszinierenderes, als einer Spinne dabei zuzusehen, wie sie sich quasi in ein ganz neues Tier verwandelt. Bei der Häutung von adulten Tieren (meist alle 1 – 2 Jahre) ist kaum mehr Wachstum zu verzeichnen, hat aber einen anderen Vorteil: Die Spinne erneuert und regeneriert sich fast zu 100%, Brennhaare werden neu gebildet, ihre Beweglichkeit erhöht sich, sogar abgetrennte Gliedmaßen sind hernach wieder an ihrem Platz. Ein serienmäßiger Jungbrunnen, wenn man so will.

Gewöhnen sich Spinnen an ihren Pfleger?
Spinnen machen durchaus Unterschiede, wer sich vor dem Terrarium aufhält oder sich ihnen nähert. Man kann also doch von einem gewissen Sympathie-Faktor sprechen. Der oft unterstellte „Spinnensinn“ á la Spiderman kann eher darauf zurückgeführt werden, dass eine Spinne, nahezu ein 360° Blickfeld oberhalb ihres Körpers überwachen kann. Fest steht, dass manche wiederkehrenden Verhaltensmuster durchaus antrainiert wirken, regelrecht abrichten kann man Spinnen jedoch meiner Meinung nach nicht (das Aufdiktieren von menschlichen Wertvorstellungen halte ich persönlich auch für äußerst bedenklich und ebenso töricht). Die Tatsache, dass manche Vogelspinnenarten freiwillig auf die Hand eines Menschen krabbeln ist wohl darin begründet, dass die Körperwärme eine verlockende Gelegenheit darstellt sich darauf nieder zu lassen und sitzen zu bleiben, um sich aufzuwärmen, sofern ihnen der Mensch sympathisch erscheint, versteht sich *g*. Was ich befürworte ist aber eine Namensvergabe, denn damit erhebt man sie aus dem Stand des \'anonymen Monsters\' zu einer Persönlichkeit, auch wenn sie natürlich nicht auf ihren Namen hören, so hilft dieser kleine psychologische Kunstgriff Ängste abzubauen.

[Monströses Fazit ]
Ich habe ganz bestimmt so einige Dinge nicht erwähnen oder nur anreißen können, leider reicht der Platz auf einer Meinungsplattform nicht aus, um so ein weit greifendes Thema erschöpfend zu behandeln. Dennoch hoffe ich, dass ich euch diese höchst interessante Spezies doch ein wenig näher bringen und mit einigen unwahren „Fakten“ des Volksglaubens aufräumen konnte. Ihr habt den absichtlich manchmal etwas überzogen ironischen Text bis hierher ohne all zu viel Gänsehaut hinter euch gebracht? Nicht? Naja, ich sehe ein, dass Vogelspinnen sicherlich nicht jedermanns Sache sind (apropos „Mann“ – ist es nicht seltsam, dass vor allem Frauen Angst vor Spinnen haben, Männer hingegen weniger?), dabei sind sie wesentlich harmloser als ihr zu unrecht schlechter Ruf und zudem sehr ruhige Hausgenossen, die ohne viel Aufwand gepflegt werden können. Sie machen keinen Lärm, benötigen nur relativ wenig Platz, sind was das Futter angeht recht flexibel und auch ansonsten in den allermeisten Fällen vollkommen unkompliziert zu handeln...vorausgesetzt man überwindet den inneren Schweinehund einmal. Die Spinnenpflege ist gottseidank – wie die Terraristik generell – mittlerweile aus der Schmuddelecke heraus zu einem schönen (und teils sogar Arterhaltenden) Hobby herangereift, dem sich immer mehr Menschen verschreiben. Das kann ich absolut nachvollziehen: Mutter Natur hat hier faszinierende Geschöpfe erschaffen, deren lehrreiche Beobachtung ihrer Verhaltensweisen nicht nur Spaß macht, sondern auf diese Weise auch die oft unbegründete Angst vor dem ach so „furchtbaren Monster“ abbauen kann.

So Long und haarige Träume

Der Spinner-Pharao

Warnhinweis:
...für Schnellklicker: Das Übliche – Beulenpest, gebrochene Klickfinger etc. und die eigentlich vollkommen überflüssige Feststellung, dass auch dieses Jahr keine Gegenlesungen für euch gibt...*ääätsch*

Zu den Bewertungskriterien:
Der Pflegeaufwand ist bei den einzelnen Arten unterschiedlich, doch insgesamt als gering zu bezeichnen, einzelne Exemplare weichen nach oben oder unten ab - das kommt ganz auf die jeweilige Rasse an. Für die Futterkosten gilt das Gleiche.

30 Bewertungen, 1 Kommentar

  • B_Engal

    01.06.2006, 20:40 Uhr von B_Engal
    Bewertung: sehr hilfreich

    SH von mir. Toller & sehr informativer Bericht. MfG B_Engal