Wahlen Testbericht

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Erfahrungsbericht von Gering

Landtagswahlen Hessen Niedersachsen

Pro:

-

Kontra:

-

Empfehlung:

Nein

Rot-Grün in Berlin wird der Atem stocken: Die SPD hat in Niedersachsen und in Hessen eine Wahlniederlage erlebt, die so in der Nachkriegsgeschichte einzigartig ist, besonders im Hinblick darauf, dass diese SPD erst vor einigen Monaten – trotz Verlusten – wieder Regierungspartei geworden ist.
Der GRÜNEN können zurecht jubeln, zu deutlich sind die Zugewinne – trotz Regierungsbündnis in Berlin. Der Jubel könnte aber schnell in Katzenjammer umschwenken, den Köln ist nicht Deutschland, sprich: Der originäre Koalitionspartner bricht den Grünen weg.
Die Rote Karte an Rot- Grün kann deutlich nicht sein. In Niedersachsen gedemütigt und aus der Regierungsverantwortung geprügelt, wird jetzt in den nächsten tagen die Frage die Rolle spielen, in welcher Form die Bundespolitik und die Unzufriedenheit der Bürger darüber eine Rolle gespielt haben.
Fakt ist: Das Neidersachsenergebnis entspricht nach Umfragen dem derzeitig zu erwartenden Ergebnis einer Bundestagswal, wenn heute Wahl wäre. Die Bundespolitik hat voll die Landesthemen dominiert, auch wenn die SPD in den nächsten Tagen dieses zu relativieren versuchen wird.
Unzufriedenheit mit der SPD und Gerhard Schröder hat auch dazu geführt, dass in Hessen der nach Umfragen nicht gerade beliebte Roland Koch erneut zum Ministerpräsidenten gewählt worden ist.

Zur Hessenwahl einige genaueren Aussagen:

In Hessen standen in diesem Wahlkampf wie auch bei dem letzten die Frage nach dem Bildungssystem im Vordergrund und hat vermutlich wieder die Wahl in den Bereichen, bei denen es um Landesthemen geht, entschieden. Schließlich handelt es sich bei dem Bundesland Hessen um eines der produktivsten und reichsten Bundesländern, gerechnet auf das Steueraufkommen je Bürger. Und dass die Hessenwahlen oft von grundlegender Bedeutung für die bundespolitischen Machtkonstellationen waren, ist allgemein bekannt. Zwar wird die Hessenwahl diesmal, das Machtgefüge im Bundesrat nicht massiv durcheinander bringen – die SPD/ die Grünen –Regierung ist hier schon in der Minderheit.
Trotzdem bedeutet vor allem der Sieg in Niedersachsen einen politischen Offenbarungseid der Sozialdemokratie. Nach Verlusten bei der Bundestagswahl hat kaum eine Regierung in so kurzer Zeit (110 tage) nach der Bundestagswahl so viele Sympathien bei der Bevölkerung verloren.

Aber: Nicht alles ist Gold was glänzt, sprich: Nicht alles, was unter der SPD schief läuft, wird von der Opposition besser gemacht. AM Beispiel des Themas Bildungspolitik lässt sich deutlich machen, dass Wahlkampfzeiten auch für die nicht der Wahllüge angeklagten Parteien nicht zu den Zeiten gehören, in der Zukunftsmodelle auf ihre Realisierbarkeit hin geprüft werden. Und doch hat dieses Thema in Hessen seit jeher bei Wahlentscheidungen eine wichtige Rolle gespielt.

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Status Quo – Bildung als zentrales Wahlkampfthema
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Hessen ist unter Frau Wolff zu einem der auffälligsten Bundesländer im Disput über den rechten Weg der schulischen Ausbildung der jungen Mitglieder der Gesellschaft geworden. Die Abwerbungskampagne vor gut zwei Jahren at zweierlei gezeigt: Hessen stellt massiv Lehrer ein und verstärkt damit die Optimierungsanstrengungen. Andererseits wird aber auch deutlich gemacht, dass man- SPD, FDP, Grüne wie auch CDU- bewiesen hat, auch einfache mathematische Formeln nicht wirklich zu beherrschen. Denn eindeutig hat sich der Stellenmangel in der Lehrerversorgung vorhersagen lassen, denn Lehrer leben und sterben nun mal wie jeder andere normale Mensch und sie gehen auch in Ruhestand. Und das der Streit um die notwendige Finanzierung der neuen Lehrerstellen jetzt losbricht und nicht schon vor Jahren geführt worden ist, macht meiner Meinung nach deutlich, wie kurzsichtig und windfahnenähnlich sich Politik verhält: Ja nicht mit der Wahrheit heraus bzw. der Wahrheit nicht in de Augen sehen.


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Planungs- und Fachkompetenz quer durch alle Parteien: Fehlanzeige
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Hessen ist auch deshalb auffällig, weil es sich inhaltlich – leider – an den südlichen Bundesländern orientiert, die deutlich bessere Rahmenbedingungen für Schule haben und deutlich besser Schule finanzieren. Insofern droht in Hessen die Gefahr, dass es bildungspolitisch zu einem Arme – Leute – Bayern verkommt.

Die Einführung der Abschlussprüfungen für Haupt- und Realschüler, die massive Belastungen der Schulen an Stunden, Verwaltungsarbeiten etc mit sich bringen, ohne dazu notwendige personellen Verstärkungen bzw. finanziellen Mitteln zu geben, macht sich in der Öffentlichkeit sehr gut – bringt in der Praxis aber vermutlich außer Ängsten bei den Kindern und mal wieder Frust bei den betroffenen Lehrern nicht viel. Denn: Wer durch die Prüfung fällt, mit seinen Noten aber den Abschluss schon geschafft hat, erhält diesen auch dann – trotz versiebter Prüfung.
Ungeregelt ist auch, was und wie die Prüfungen abprüfen sollen. Von Standards ist man weit weg, man hat sich darüber keine Gedanken gemacht.

An fast allen Schulen in Hessen herrscht schon jetzt wieder Lehrermangel: Die Umsetzung der Stundentafel ist nicht möglich, Förderunterricht, in aller Politiker Munde, wird nicht in dem Maße angeboten bzw. kann nicht angeboten werden, wie er notwendig wäre. Die Sprachförderkurse für Kinder ausländischer Abstammung sind ähnlich schön – aber in der Zahl zu wenige und ohne den Einsatz von ausgebildeten Spezialisten. Gut gemeint, aber wegen fehlender Mittel in Startstellung stecken geblieben. Also alles beim Alten?
Nicht ganz, denn die Personalsituation hat sich seit der SPD – Rosskur deutlich verbessert. Bei mir stellt sich ohnehin die Frage, warum so viele Lehrer trotz Holzapfel – Chaos weiterhin Verbesserungen von einer SPD – Nachfolgeregierung erwarten. Aber um das deutlich zu machen. Deutlich besser ist es mit der CDU nicht geworden. Aber auch nicht deutlich schlechter, wie unter der Vorgängerregierung.

Zwischenfazit: Schnellschüsse ohne inhaltliche Planung, die in der Öffentlichkeit gut ankommen, aber in der Zukunft den Ärger nicht vermindern werden.

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Die Kandidaten
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Überraschenderweise lag Koch als relativ unbeliebter Landesvater in Umfragen trotz Politskandalen vor seinem Konkurrenten Bökel. Ersterer gilt als nicht gerade ehrlichster „brutalst möglicher“ Aufklärer. Ganz im Gegenteil. Trotzdem scheinen die Wähler im zu gute zu halten, dass im Bereich der Inneren Sicherheit (Computer und neue Autos für die Polizei, Neueinstellungen usw.) und Bereich der Bildung (Neueinstellungen von knapp 2000 Lehrern, Investitionen in Schulen) die Wahlkampfversprechen eingehalten wurden. Dass zwar mit einer hohen Schuldenlast, die aber auch, wie in anderen Bundesländern, von sinkenden Steuereinnahmen verschuldet sind.
Bökel selbst ist der sympathische Unbekannte aus der zweiten Reihe: Farblos und ohne Aufsehen in der Vergangenheit steht er auf verlorenen Posten. Genau so, wie er des Öfteren politisch agiert. Meiner Meinung nach zu ehrlich, um ganz nach oben zu kommen, nicht durchtrieben genug, Schwachstelen beim Gegner direkt anzugehen (so beispielsweise der Judensternvergleich Roland Kochs).

Roland Koch polarisiert zweifelsohne – und zwar die Mehrheit auf seine Seite trotz der Skandale. Da erscheint das negative Fazit von SPD und GRÜNEN, die Koch eine katastrophale Leistung bescheinigen, eher als das letzte Zucken eines Todgesagten. Denn dass das die Wähler irgendwie anders sehen, zeigen die Umfragen und das heutige Wahlergebnis.

Und selbst bei SPD Anhängern habe ich schon gehört, dass die Kritik der SPD an der Tatsache, dass so viele Stellen bei der Polizei unbesetzt seien und das so viele Überstunden geschoben werden müssten, vielleicht verschweigen werden sollte, denn die Zahl der Polizisten hat sich seit der Stellenstreichorgie gerade der SPD deutlich erholt. Der Ochse beklagt sich über Leergefressene Wiese ohne für Nachwuchs junger Triebe gesorgt zu haben.


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FAZIT
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Zumindest in Hessen war die Kandidaten der SPD ein Fehler, denn Koch, nicht gerade beliebt, konnte deutliche Erfolge nachweisen. Bökel hingegen blieb blass. Was aber tatsächlich Wahlentscheidungen beeinflusst hat ist die Bundespolitik. Landesthemen spielen in Landtagswahlen eine immer geringer werdende Rolle.

Ein Gedanke, den ich irgendwo in irgendeinem Artikel gelesen habe ist: Das beste ist eine schwere Wahlniederlage für die SPD. Dann werden die Genossen in Berlin wach und fangen endlich an, Reformwillen zu zeigen!

Dem bleibt nichts hinzuzufügen außer, dass gerade die SPD die kleinen Leute nicht vergessen und nicht verfeuern sollte.

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