Waldorfschulen Testbericht

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Erfahrungsbericht von mbumr

Die Waldorfschulen...alles was man wissen muß!!!

Pro:

-

Kontra:

-

Empfehlung:

Ja

Ja nun bin ich schon so lange aus der Schule raus und hab doch so fleißig Referate geschrieben!

Eins schrieb ich über die Waldorfschule, da ich überlegt hatte auf eine sollche Schule zu gehen!
Dabei hab ich mich ausführlich über diese Schulen informiert und mein Wissen dann aufgeschieben, mit Quellenverzeichnis natürlich!

Das Referat hatte ich damals mit der Hand geschriben, war doch schon ganz schön schwer zulesen heute nach 5 Jahren, aber ich habs hin bekommen und ich denke jeder der zu Waldorfschulen was wissen möchte wird es hier finden!


Die Waldorfschule






Gliederung


1. Einleitung

2. Zu Rudolf Steiner, den Begründer der Waldorfschule

3. Zur Entstehung und Struktur der Waldorfschule

4. Wesen, Aufgaben und Ziele der Waldorfschule

5. Einbeziehung der Eltern

6. Das Klassenlehrerprinzip

7. Lehrpläne und Lehrmethoden

7.1 Lehrpläne

7.2 Lehrmethoden

8. Unterrichtsorganisation

8.1 Epochenunterricht

8.2 Fachunterricht

8.3 Praktischer Unterricht

8.4 Projektunterricht

8.5 Zusammenfassung der Unterrichtsarten

9. Zur Leistungsbeurteilung

10. Stufenspezifische Lerninhalte

11. Zusammenfassung

12.Quellen


1. Einleitung


Dieses Referat gibt Informationen über die Waldorforganisation, speziell die Schule. Die Waldorfpädagogik ist die einzige Alternative, die auf Erfahrungen von über 50 Jahren zurückblicken kann. Daher ist sie aus der Erprobungsphase heraus und befindet sich in einer Phase der ständigen Weiterentwicklung. Die Waldorfschule ist ein Beispiel dafür, daß Lernen auch ohne Zensuren, Prüfungen und fest umrissene Lehrpläne funktioniert. Sie orientiert sich am Schüler. Da es keine Zeugnisse und Prüfungen im üblichen Sinne gibt, sind die Lehrer und Schüler vom Druck befreit, das zu schaffen und zu lernen, was zur Abschlußprüfung verlangt wird.

Die gesellschaftspolitische Zielsetzung der Waldorfpädagogik ist die Überwindung der schichtspezifischen Benachteiligung der Arbeiter- und Unterschichtskinder, und die pädagogische Zielsetzung ist die umfassende, allseitige Förderung durch kompakte Lernangebote. Das Prinzip der Förderung zeichnet sich durch drei Merkmale aus:

- durch soziale Konzeption,

- die Allseitigkeit der Lernangebote und

- die Orientierung an eine altersgemäßen Lernentwicklung.


Die Waldorfpädagogik geht von einem allumfassenden Menschenbild aus. Der Mensch mit seinem Denken, Fühlen und Wollen steht im Mittelpunkt des Erziehungsinteresses. Von dieser Sicht aus sind auch die Prinzipien und Inhalte der Erziehung aufgebaut, die sowohl den Körper als auch den Geist und die Seele ansprechen sollen. Bei der Beurteilung der Waldorfpädagogik muß man sich diesen Sachverhalt immer vor Augen halten, denn oft wird die künstlerisch-musische Erziehung, die in Verbindung mit der körperlichen Entwicklung zu sehen ist, mit einem leichten Lächeln abgetan.

Selbstbestimmung und Selbstverwirklichung sind die Grundgedanken Steiners, die auch das pädagogische Konzept bestimmen sollen. Da Selbstbestimmung vom Kinde noch nicht total geleistet werden kann, besteht die Aufgabe des Pädagogen, im Anregen und Fördern. Teilweise muß der Erzieher für das Kind Entscheidungen Treffen. Der Waldorfpädagoge soll bei jedem Schüler angemessen alle Fähigkeiten so fördern, daß Selbstverwirklichung erreicht wird.

Um aber als Pädagoge in dieser Art wirken zu können, setzt dies bei ihm selbst die Fähigkeit zur vollbewußten Selbstbestimmung wie, auch eine angemessene Erfahrung in der Selbstverwirklichung voraus. Da jedoch wohl kaum jemand diesen Prozeß schon vollkommen beherrscht, ist er selbst als Pädagoge aufgerufen, lebenslang in dieser Richtung selbst zu lernen und zu üben. Nur ist der Unterschied zu seinen Schülern im engeren Sinne nicht der, daß der Lehrende sein Lernen selbst motivieren kann und sich nicht mehr motivieren lassen muß.

Durch eine kollegiale Schulführung und die Selbstverwaltung der Schulen unterscheiden sie sich von der hierarchischen Struktur der herkömmlichen Schulen. Der Lehrplan stellt nur einen Rahmen dar, der in der jeweiligen Situation ausgefüllt werden muß. Das verlangt eine Sensibilisierung für die Bedürfnisse der Schüler.

Die Waldorfschulen sind niemals fertig. Sie entwickeln und bilden sich ständig in Orientierung am Gesellschaftsleben weiter. Sie sind sozusagen \"lebende Pädagogik\". Auch durch die intensive und partnerschaftliche Zusammenarbeit mit den Eltern wird ein großer Fortschritt gemacht, da der Unterricht nun nicht mehr Sache einer anonymen Institution ist, sondern Sache der Beteiligten: der Eltern. Lehrer und Schüler.

Daher haben die einzelnen Waldorfschulen auch ihr eigenes Gepräge. Die Schulen stellen durchaus eine Alternative zu dem bestehenden Schulwesen dar. Sie haben keine festen Lehrpläne, keine genau detaillierten Regelungen. Jedoch besteht bei genauerem Hinsehen eine Kluft zwischen den Ideen von Rudolf Steiner und dem Schulalltag an Waldorfschulen. Das ist auch nicht verwunderlich, denn die Erzieher haben ja alle nach herkömmlichen Methoden gelernt. Sie stehen unter einem enormen Leistungsdruck, da sie einerseits die Ansprüche der Gesellschaft an eine Schulausbildung erfüllen müssen und andererseits nur aufgrund von Erfahrungen und ständiger Reflektierung zur Erfüllung der Ansprüche der Waldorfpädagogik gelangen. Sie selbst sind von ihrer Erziehung her an Hierarchie gewöhnt und sollen nun Selbstbestimmung und Selbstverwirklichung praktizieren.

Teilweise liegt ein Hindernis wohl auch im mangelnden Bewußtsein der Eltern, deren Ansprüche meist an wirtschaftlichen Interessen orientiert sind, und denen die Zeit für andere Sichtweisen und eine intensive Auseinandersetzung mit anthroposophischen Gesichtspunkten fehlt. Die Motivation der Elternschaft kann von den Erziehern auf Dauer nicht geleistet werden.

Durch diese Schwierigkeit sind die Lehrer teilweise überfordert und somit hat sich an manchen Waldorfschulen schon Routine im Lernablauf eingeschlichen. Wie aus Berichten von Waldorfschülern hervorgeht, haben einige Schulen einen autoritären Charakter angenommen. Es ist durchaus nicht ungewöhnlich, wenn man an einigen Schulen wieder Zensuren und Klassenarbeiten vorfindet und dominierende Persönlichkeiten wortführend bei Entscheidungen sind.

Ob Waldorfschulen eine wirkliche Alternative darstellen, insbesondere die Frage inwieweit die Kinder selbstbestimmt die Inhalte des Lernens mitgestalten, kann im Rahmen dieser Arbeit nicht ausdiskutiert werden. Eine zunehmende Beschäftigung mit der Waldorfpädagogik wäre nützlich, da sie anerkannt, breit organisiert ist und sich auf langjährige Erfahrungen berufen kann.

Festzuhalten ist allerdings, daß bei der Waldorfpädagogik der Mensch im Mittelpunkt steht und die allseitige Förderung seiner Fähigkeiten. Von daher wird man Lerninhalte finden, die ein einseitiges Funktionstrainig in bezug auf die spätere Verwertbarkeit im Produktionsprozeß darstellen. Daß zahlreiche Kompromisse aufgrund von staatlichen Zwängen gemacht werden mußten, ist verständlich. Jedoch dürfen sich die Waldorfpädagogen einer kritischen Betrachtung nicht entziehen, nur dadurch können sie sich weiterentwickeln.



2. Zu Rudolf Steiner, den Begründer der Waldorfschule


Es gibt drei wirksame Erziehungsmittel:

Furcht, Ehrgeiz und Liebe.

Wir verzichten auf die beiden ersten.

Rudolf Steiner


Rudolf Steiner der Gründer der Waldorfschule, wurde am 27. Februar1861 im heutigen Kroatien, damals Österreich-Ungarn als. Sohn eines Bahnbeamten geboren. Seit seinem 16. Lebensjahr beschäftigte er sich intensiv zunächst mit Kant, dann mit den Idealisten. Nach dem Abitur studierte er in Wien Mathematik, Naturwissenschaften und Philosophie.1891 promovierte er zum Doktor der Philosophie an der Universität Rostock. Er setzte sich mit der Erkenntnistheorie, der Mystik, der Theosophie bis hin zu der von ihm begründeten Anthroposophie (1913) auseinander.

Anthroposophie ist ein Erkenntnisweg, der das Geistige im Menschenwesen zum Geistigen im Weltenall führen möchte. Sie tritt im Menschen als Herzens- und Gefühlsbedürfnis auf. Sie muß ihre Rechtfertigung dadurch finden, daß sie diesem Bedürfnis Befriedigung gewähren kann. Anerkennen kann Anthroposophie nur derjenige, der in ihr findet, was er aus seinem Gemüte heraus suchen muß. Anthroposophen können daher nur Menschen sein, die gewisse Fragen über das Wesen des Menschen und der Welt so als Lebensnotwendigkeit empfinden, wie man Hunger und Durst empfindet. Außerdem beschäftigte er sich mit sozialen Fragen und Zusammenhängen und fand bis in Regierungskreise hinein Gehör für seine Gedanken zur sozialen Dreigliederung (Freiheit im Geistesleben, Gleichheit im Rechtsleben und Brüderlichkeit im Wirtschaftsleben). Seine zahlreichen Vorträge hielt er in ganz Europa. Neue Wege wies er nicht nur in der Pädagogik, sondern auch in der Landwirtschaft (biologisch-dynamische Wirtschaftsweise), in der Medizin, in der Kunst und im Rechts- und Wirtschaftsleben. Am 31.März.1925 starb Rudolf Steiner in Dornach in der Schweiz. Dort befindet sich das nach seinen Plänen gebaute Goetheanum, das Zentrum der anthroposophischen Bewegung.



3. Zur Entstehung und Struktur der Waldorfschule


Die Waldorfschule versteht sich in vielerlei Hinsicht als eine Alternative zum herkömmlichen Schulsystem und unterscheidet sich grundlegend davon. Waldorfschulen arbeiten seit fast 80 Jahren mit einer Pädagogik, die an der altersgemäßen Entwicklung der geistigen, seelischen und körperlichen Fähigkeiten heranwachsender junger Menschen orientiert ist. Waldorfschulen orientieren sich in ihren pädagogischen Methoden am Werk Rudolf Steiners, aus dessen Anthroposophie die Grundideen der Waldorfpädagogik hervorgehen. Sie sind deshalb aber keineswegs Weltanschauungsschulen. Anthroposophie ist in keiner Klassenstufe Unterrichtsgegenstand. Die Schulen arbeiten auf christlicher Grundlage, sind aber konfessionell nicht gebunden.

Die erste Waldorfschule entstand 1919 als Werkschule der Zigarettenfabrik Waldorf-Astoria in Stuttgart auf Wunsch des Geschäftsführers Emil Molt. Die Pädagogik Freier Waldorfschulen gründet auf den Erkenntnissen Rudolf Steiners, über die Gesetzmäßigkeiten in der Entwicklung der individuellen körperlichen, seelischen und geistigen Anlagen im Menschen. Danach darf Erziehung nicht allein der Wissensvermittlung dienen, sondern muß sich vielmehr an der Entwicklung des menschlichen Wesens orientieren mit dem Ziel einer ganzheitlichen Menschenbildung. Die Schule erwartet neben der allgemeinen Schulreife als Aufnahmekriterium die innere Bejahung und Unterstützung ihrer Erziehungsprinzipien durch die Eltern.

Steiner legt von Anfang an Wert auf freie, selbstverwaltete Einrichtungen, die sich nicht nach kurzfristig schwankenden wirtschaftlichen und politischen Bedürfnissen und Erfordernissen richten müssen.

Zwar muß auch die Waldorfschule gewisse bildungspolitische Zugeständnisse an staatliche Behörden machen, über interne Belange der Schule entscheiden die Lehrer jedoch selbst. Das Kollegium beratschlagt und entscheidet pädagogische Angelegenheiten sowie über die Gestaltung und Führung der Schule. Zusätzlich werden alle Verwaltungsaufgaben von den Lehrern wahrgenommen. Die Waldorfschule wird kollegial verwaltet. Einen Direktor wird man vergeblich suchen. Statt dessen gibt es eine Anzahl von Arbeitskreisen, in denen Eltern und Lehrer/innen zusammenarbeiten, um die Abläufe in der Schule zu organisieren. Das Kollegium ist in seiner Arbeit autonom und in pädagogischen Fragen nicht weisungsgebunden. Das schließt auch die Berufung oder Entlassung von pädagogischen Mitarbeiter ein. Die Eltern, Lehrer und Kinder der Schule bilden eine Solidargemeinschaft..

Jede Waldorfschule ist Mitglied im Bund der freien Waldorfschulen, zu dem sich mehr als 150 Waldorfschulen in Deutschland zusammengeschlossen haben. Rechtlich und wirtschaftlich ist sie jedoch vollkommen selbständig. Eltern, Lehrer und andere an der Schule interessierte Menschen bilden einen gemeinnützigen Trägerverein und sind für die wirtschaftlichen Belange der Schule, für ihre Verwaltung und für die pädagogische Leistung in eigener Verantwortung tätig. Seine Aufgaben bestehen unter anderem auch darin, Kindern aller Bevölkerungsschichten den Besuch eine Waldorfschule zu ermöglichen.

Jede Trennung der Kinder in der Schulzeit nach sozialer Herkunft, Begabung oder Berufsziel bedeutet menschliche Vereinseitigung und Verarmung, weil der qualitative Reichtum der individuellen Wechselbeziehung eingeengt wird. In der Gesamtschule, die ein \"Konzentrat\" der Gesellschaft mit ihren vielfältigen Beziehungen darstellt, kann sich Menschsein am besten entfalten.

Dieses ist vom Grundsatz her richtig. In der Realität besuchen aber überwiegend Kinder aus sogenannten \"besserverdiendenden\" Familien diese Schulen. Die Waldorfschule wird von Eltern und Lehrern selbst verwaltet. In Abstimmung mit der Mitgliederversammlung koordiniert ein Vorstandsgremium die vielfältigen Aktivitäten, Arbeitsgruppen, die aus Eltern und Lehrern bestehen, bearbeiten selbstverantwortlich Gebiete wie Finanzen, Bauaktivitäten, Öffentlichkeitsarbeit, pädagogische Konzeption der Schule etc.

Das Lehrerkollegium ist autonom in der Unterrichtsgestaltung, in allen pädagogischen Fragen, sowie bei der Auswahl neuer Lehrer. Alle Lehrer haben in der Regel eine Zusatzausbildung für den Unterricht an Waldorfschulen. Mit diesem Selbstverwaltungsmodell entsteht allmählich eine moderne, auf dem Gedanken der Mitverantwortung aller Beteiligten beruhende Schulstruktur, die weitgehend ohne hauptamtliches Verwaltungspersonal auskommt. Allerdings bedarf dieses \"Unternehmen\" notwendig der aktiven und kontinuierlichen Mitarbeit aller Beteiligten, von der Mithilfe am Bau bis zur Organisation von Märkten, die zur Verbesserung der Schulfinanzen beitragen sollen.



4. Wesen, Aufgaben und Ziele der Waldorfschule


Die Waldorfschule ist eine integrierte Gesamtschule, die auf der Grundlage der Pädagogik Rudolf Steiners arbeitet. Sie umfaßt die Klassenstufen 1 - 13, führt also von der Einschulung bis zum Schulabschluß mit Abitur, Mittlerer Reife oder (seltener) Hauptschulabschluß. Die Klassen bleiben in ihrer Zusammensetzung von der 1. bis zur 12. Klasse stabil, sieht man von Zu- und Abgängen ab. Im Sinne einer sozialen Koedukation wird ein breites Spektrum an Begabungen innerhalb der Klassenverbände nicht als hinderlich, sondern als förderlich für das Lernen angesehen. Entsprechend wird versucht, den Unterrichtsstoff so lebendig zu vermitteln, daß sich die Kinder und Jugendlichen trotz ihrer unterschiedlichen Voraussetzungen zur Mitarbeit aufgerufen fühlen und so zu verantwortungsbewußten und lebenspraktischen Menschen heranreifen. Durchgängiges Prinzip der Arbeit ist das Bestreben, die Kinder und Jugendlichen in jedem Fach und in allen Altersstufen zum Üben ihrer Gedanken-, Gefühls- und Willenskräfte der Kinder anzuregen. Das Gelernte ist immer das Ergebnis, davor steht aber ein Weg, der erst gegangen werden muß. Für die jüngeren Kinder wachsen die Begriffe aus Erzählungen heraus. An die Stelle von Definitionen treten bildhafte Beschreibungen, welche die Phantasie und die Empfindungsfähigkeit der Kinder ansprechen. Das bedeutet, daß in den Klassen der Unterstufe großer Wert auf das Nachahmen der Kinder und ein bildhaftes Unterrichten gelegt wird, während die Fähigkeiten zur eigenen Urteilsbildung über den erwachenden Intellekt ab der Pubertätsphase als zeitlich angemessen gefördert werden.

Fertige Schulbücher gibt es bis zur Oberstufe in der Regel nicht und wenn, dann auch nicht für alle Fächer, sondern statt dessen selbstgestaltete \"Epochenhefte\", die durch die eigene Tätigkeit vielfältige Möglichkeiten zum Üben geben.

Auch für die älteren Schüler gilt, daß sie ihre Begriffe aus Erfahrungen entwickeln lernen. Diese Erfahrungen können sowohl sinnlicher, wie seelischer oder gedanklicher Art sein. In immer größerem Maße werden sie daher gefordert, selbständig Aufgaben zu lösen und sich an praktischen, künstlerischen und rein gedanklichen Arbeiten zu bewähren.

Ein breitgefächertes Unterrichtsangebot während der ganzen Schulzeit soll einseitigen Entwicklungen entgegenwirken, wobei naturwissenschaftliche Fächer und Sprachen die intellektuellen Fähigkeiten fördern, während ein vielseitiger künstlerischer Unterricht mehr die schöpferischen und gestalterischen Kräfte weckt und die Erlebnisfähigkeit vertieft. In den handwerklich - künstlerischen Fächern wird schließlich der planvolle Umgang mit verschiedenen Werkstoffen geübt zur Entwicklung allgemeiner Geschicklichkeit. In jedem Unterricht soll Denken, Fühlen und Wollen als methodisches Prinzip angewendet werden, damit das Ich des Menschen sich verwirklichen kann.

Diese sich als Erziehungskunst verstehende Pädagogik gibt durch differenziertes Ansprechen der verschiedenen Begabungen innerhalb einer Klasse den einzelnen Schülern Gelegenheit sich einerseits als ein Individuum zu erleben, andererseits in der Gemeinschaft seine Aufgabe zu finden und von ihr getragen zu werden. Die Lehrerin und der Lehrer verfolgen die Entwicklungsschritte jeder Schülerin und jedes Schülers, um seine Stärken und Schwächen zu erkennen und in vertrauensvoller Zusammenarbeit mit den Eltern die richtigen Hilfen geben zu können. In den zahlreichen Unterrichtsfächern sollen die Inhalte Bildungsmittel, nicht Selbstzweck sein. Es ist nicht vorrangiges Ziel einer Waldorfschule, ihren Schülern ein normiertes, vorgegebenes Wissen zu vermitteln. Sie möchte vielmehr junge Menschen heranbilden, die ihren eigenen Lebensweg mit seinen heute weniger denn je planbaren und vorhersehbaren Wendungen bewußt gestalten und verantwortlich handeln können. In unserer modernen und hochtechnisierten Lebenswelt erkennen immer mehr Menschen, daß es kein adäquates Ziel mehr ist, möglichst bequem versorgt zu werden und eigene Konsumwünsche einfach und schnell zu befriedigen. In den Waldorfschulen können die jungen Menschen Eigenständigkeit, Flexibilität, praktisches Denken in Zusammenhängen und Kreativität entwickeln, um die Welt schöpferisch mitzugestalten. Es kann deshalb nicht allein darum gehen, intellektuelle Fähigkeiten auszubilden. Gerade die Kräfte des Wollens und Fühlens zu entwickeln, bemüht sich diese Schule in besonderer Weise. Eine breite Palette von Lernangeboten wie Malen, Zeichnen, Plastizieren, Musizieren - auch in Chor und Orchester -, Eurythmie, Holzwerken, Metalltreiben, Handarbeit, Buchbinden, Steinhauen, Spinnen und Weben soll neben den sonstigen Unterrichtsfächern die Ausbildung der geistigen und seelischen Kräfte unterstützen. Da die Waldorfpädagogik die individuelle Entwicklung der Kinder achten und fördern soll, wird in Waldorfschulen auf die übliche Begabtenauslese durch Noten und \"Sitzenbleiben\" verzichtet. Die Leistungen sollen aus der Sache und am Entwicklungsfortschritt des jeweiligen Kindes gemessen werden. Die Schüler sollen lernen, nicht für Noten bzw. abstrakte Belohnungen, sondern aus Freude an der Sache zu arbeiten.

Die Methodik des Unterrichts unterscheidet sich durch ihre Begründung durch die geisteswissenschaftlichen Erkenntnisse Rudolf Steiners von derjenigen der öffentlichen Schulen. So wird die Entwicklung des Menschen in verschiedenen Lebensabschnitten (Kleinkindphase, Gestaltwandel und Kindheit, Pubertät und jugendliche Erwachsenenphase - in \"Jahrsiebten\") stark berücksichtigt.

Schon in den ersten Klassen stellen die Schüler in regelmäßigen Abständen ihren Mitschülern, den Eltern und der Öffentlichkeit in Monatsfeiern Ergebnisse ihrer Arbeit vor. Sie lernen dabei nicht nur vor Publikum aufzutreten, sondern auch im kritischen Vergleich die eigene Leistung, die der eigenen Gruppe und die der anderen Klassen zu beurteilen.

Schließlich haben in den Waldorfschulen seit jeher Theateraufführungen - die Klassenspiele ihren festen Platz. Projektarbeiten - sogenannte Jahresarbeiten - die aus praktischen und theoretischen Elementen bestehen, werden in der Mittel- und Oberstufe angefertigt. Integrierte Praktika im Bereich von Landwirtschaft, Vermessungwesen, sozialen Einrichtungen und Kunst gehören in der Oberstufe ebenfalls zum Unterrichtsprogramm.

Einerseits sollen in ihr die Schüler auf die Herausforderungen des modernen Lebens vorbereitet werden, deshalb wird Fächern wie Informatik und Wirtschaftskunde ein besonderer Stellenwert eingeräumt. Andererseits wird sie der großen Bedeutung handwerklicher Betätigungen für die Persönlichkeitsentwicklung der Schüler gerecht. Alle Schüler der neunten und zehnten Klasse besuchen einen Handwerksunterricht, der in selbständigen Handwerksbetrieben von Handwerksmeistern erteilt wird. Dadurch lernen alle Schüler verschiedene Berufsfelder kennen. Jeder Schüler wird in sechs verschiedene Berufsfelder (z.B. Schmiede, Metall, Druck, Elektro, Töpferei, Grafik) eingeführt. Damit wird an sinnvoller wirtschaftlicher Tätigkeit ein breites Spektrum an Fähigkeiten entwickelt.

Das Ziel der Waldorfpädagogik ist, in den Kindern diejenigen Kräfte anzuregen, aus denen heraus sie als Erwachsene möglichst selbständig und selbstbewußt den Lebensaufgaben frei gegenübertreten.

Die Ziele der Waldorferziehung lassen sich in drei Thesen zusammenfassen:

1. Die Kinder sollen zum Selbstbewußtsein und zur Selbstfindung hingeführt werden, sie sollen gegen Abhängigkeit und leichte Manipulierbarkeit ausgerüstet werden, damit sie aus eigener Persönlichkeitsstruktur heraus denken, urteilen und handeln können.

2. Sie sollen die Fähigkeit und Übung zu zwischenmenschlichen Beziehungen, zur Wahrnehmung des anderen Menschen, zu sozialer Begabtheit und zur Verantwortlichkeit in der gegenwärtigen Gesellschaft bekommen.

3. In der Kreativität (der schöpferischen, integrativen Begabung) wird der wesentliche Ansatz zur inneren Beweglichkeit (Mobilität) und zum produktiven Arbeitseinsatz aus ichhaft entfalteten Willenskräften gesehen.



5. Einbeziehung der Eltern


Wie kaum eine andere Schule legt die Waldorfschule großen Wert auf eine enge Zusammenarbeit mit den Eltern ihrer Schüler. Zu diesem Zweck werden zahlreiche Aktivitäten entfaltet wie Hausbesuche, die Lehrer der Unterstufe durchführen, Elternabende, Seminare, die über die wesentlichen Elemente der Steinerschen Pädagogik informieren, künstlerische und handwerkliche Kurse und sogenannte Monatsfeiern, die Gelegenheit bieten, Eltern in das Schulleben einzubeziehen

Eine Erziehung, die eine gesunde körperliche, seelische und geistige Entwicklung des Kindes im Sinne der Waldorfpädagogik fördert, setzt eine bewußte Pflege bestimmter pädagogischer Grundsätze im familiären Zusammenhang voraus:

Zeit zu haben zum gemeinsamen Spielen, Lesen, Erzählen.

Aufmerksamkeit zu pflegen für die Entwicklung der Kinder

Familienleben aktiv zu gestalten

All das regt die Phantasie- und Initiativkräfte des Kindes und des Heranwachsenden an und kann Fernsehen, Videospiele und andere elektronische Medien überflüssig machen.

Die Zusammenarbeit mit den Eltern und Lehrern ist ein wesentliches Element. Die Eltern werden bei der Berufsberatung oder durch berufsbegleitende Gespräche hinzugezogen, bei Schulreisen und Exkursionen, teils auch bei Diskussionen mit den Oberklassen. Der Kontakt wird weiter durch Informationsverantstaltungen, Klassenelternabende, Hausbesuche, Fortbildungskurse etc. intensiviert. Es werden häufig Elternkurse mit Themen aus dem Unterricht durchgeführt. Solche Wochenendkurse werden gemeinsam von den Lehren mit den Eltern geplant.

Die Gestaltung eines jeden Schuljahres in der Waldorfschule ist gemeinsame Aufgabe der Lehrer und Eltern. Die Gestaltung der Elternabende gleicht oftmals dem Unterricht an den Schulen, damit die Eltern die Waldorfmethodik selbst erfahren und sich direkter ein Urteil bilden können. Es finden regelmäßig Klassenelternabende statt, an denen über menschenkundliche Fragen, fachliche Fragen, über Methodik und Didaktik des Unterrichts, über Fortschrite und Krisen der Schule über Problematiken der Kinder u.v.m. diskutiert wird. An allgemeinen Elternabenden wird über klassenübergreifende pädagogische Gesamtfragen der Schule und Probleme des allgemeinen Bildungswesen gesprochen. So wird ein pädagogischen Interesse und pädagogisches Mitwirken der Eltern erreicht.

Die festlichen Veranstaltungen an Waldorfschulen dienen der Wahrnehmung der Schularbeit und dem Erleben der Unterrichtsausschnitte.

So wird auf vielfältige Weise eine Vertrauensbasis durch häufiges Zusammenkommen und Zusammenarbeiten hergestellt. Lehrer und Eltern erleben die Schule nicht als anonymes Gebilde, sonder als Teilprodukt ihrer Aktivitäten. Die Zusammenarbeit der Eltern macht einen großen Teil der täglichen Lehrerarbeit aus. Der Erfolg der Waldorfpädagogik ist daher stark abhängig von der Mitarbeit der Eltern. Durch diese starke Zusammenarbeit besteht die Chance, daß eine soziale Bewußtseinsveränderung stattfinden kann.



6. Das Klassenlehrerprinzip


Eine in dieser Form einmalige Einrichtung stellt das Klassenlehrerprinzip dar. In einer Waldorfschule führt der Klassenlehrer seine Schüler vom ersten bis zum achten Schuljahr ununterbrochen. Er erteilt den jeweiligen Epochenunterricht.

Gegen dieses Prinzip lassen sich eine Reihe von Bedenken anmelden. So ist zu fragen, welche Auswirkungen zu befürchten sind, wenn es zwischen diesem Lehrer und einigen Schülern zu ständigen Spannungen kommt. Die Kinder können nicht darauf hoffen, im nächsten Jahr einen neuen Klassenlehrer zu bekommen, mit dem diese Probleme dann vielleicht auch automatisch verschwinden. Fraglich ist auch, ob ein Klassenlehrer überhaupt in der Lage sein kann, die gesamten Lerninhalte von acht Schuljahren Epochenunterricht sowohl inhaltlich als auch methodisch zu beherrschen.

Trotz dieser offensichtlichen Nachteile gibt es jedoch auch Gründe, an dieser Einrichtung festzuhalten. Ein Lehrer der seine Klasse acht Jahre lang führt, kennt die einzelnen Schüler genau, mit all ihren besonderen Stärken und Schwächen. Er weiß in der Regel am Besten, wie er sie gezielt fördern kann. Dabei kommt ihm der enge Kontakt mit dem Elternhaus zugute. Das Klassenlehrerprinzip läßt sich aber auch aus den anthroposophischen Vorstellungen über die menschliche Entwicklung begründen. In der Zeit vom ersten bis zum achten Schuljahr befindet sich das Kind im zweiten Jahrsiebt seiner Entwicklung. Da der Astralleib noch nicht geboren ist, hat es ein natürliches Bedürfnis nach einer Person, zu der es aufschauen kann. Autorität und Nachfolge gilt als der entscheidende Erziehungsgrundsatz dieser Lebenspanne. Durch das Klassenlehrerprinzip kann dem Autoritätsbedürfnis des Heranwachsenden Rechnung getragen werden.

Der Unterricht findet sowohl im Klassenverband, als auch in verschiedenen Übungsgruppen statt. Der Klassenlehrer unterrichtet seine Klasse in der Regel während der ersten acht Schuljahre im Hauptunterricht und wird so zum kontinuierlichen Begleiter der Entwicklung der Kinder. Durch die verschiedenen Fachlehrer lernt der Schüler darüber hinaus unterschiedliche Persönlichkeiten und deren Unterrichtsstil kennen und beurteilen.



7. Lehrpläne und Lehrmethoden



7.1 Lehrpläne

Der Lehrplan ist auf 12 Jahre angelegt und gliedert sich in zwei große Abschnitte: Klasse 1 bis 8 und 9 bis 12. Nach der 12. Klasse endet die Waldorfschulzeit. Diejenigen Schülerinnen oder Schüler, die die allgemeine Hochschulreife anstreben, können sich in einem 13. Schuljahr darauf vorbereiten.

Die Grundlage des Lehrplans an Waldorfschulen besteht in den anthroposophischen Ansichten über die menschliche Entwicklung und den pädagogischen Konsequenzen, die sich daraus ergeben. Der Lehrplan spiegelt nicht nur die einzelnen Lehrinhalte wider, sondern gibt auch Empfehlungen und Beispiele zu ihrer Vermittlung. Anders als bei staatlichen Schulen besitzt dieser Lehrplan jedoch keine zwingende Verbindlichkeit für den Lehrer. Es handelt sich lediglich um Leitlinien, die von den einzelnen Lehrern individuell konkretisiert werden. Dabei berücksichtigt man die besonderen Möglichkeiten und Gegebenheiten der jeweiligen Schule. Das Ziel des Unterrichts besteht nicht darin, die Schüler in Anthroposophie zu unterweisen , sondern ihnen eine allgemeine Menschenbildung zu vermitteln. Die Anthroposophie bildet dabei nur die theoretische Grundlage für Lehrer, mit deren Hilfe die Heranwachsenden zu selbständigen und mündigen Bürgern erzogen werden sollen. Die anthroposophischen Lehren sind grundsätzlich nicht für Kinder und Jugendliche gedacht, sondern bleiben den mündigen Erwachsenen vorbehalten.

7.2. Lehrmethoden

In der Schule gilt das Prinzip der Autorität. Damit ist jedoch nicht eine äußerliche, gezwungene Autorität gemeint, sondern die Persönlichkeitskraft des Lehrers, der richtunggebend als Vorbild anerkannt werden soll. Man geht davon aus, daß das Kind noch nicht so viele Erfahrungen gemacht und Informationen aufgenommen hat, daß es völlig selbständig Entscheidungen treffen könnte.

Es wird in der Schule auf eine allseitige Ausbildung der kindlichen Fähigkeiten geachtet. Alle Anlagen und Begabungen sollen in der richtigen Beziehung zueinander gefördert werden. Die Methode der Waldorfschule bewegt sich zwischen der denkend - sinnenden Betrachtung und der praktischen Betätigung. Sie nimmt auf allen Stufen ein künstlerisches Element auf.

Die Darbietung des Unterrichtsstoffes fordert vom Lehrer viel Einfühlungsvermögen. Er muß ein Gespür dafür bekommen, ob er Motivation bei den Schülern erweckt, oder ob er seinen Unterricht zu langweilig und trist gestaltet. Der Stoff sollte möglichst künstlerisch und bildnerisch aufbereitet werden. Dies verlangt auch viel Flexibilität und Einfallsreichtum während des Unterrichts vom Lehrer. Der Unterricht an Waldorfschulen kann als Gesamtunterricht oder fächerübergreifender Unterricht angesehen werden, da man bemüht ist, in den einzelnen Fächern jeweils das zu behandelnde Grundthema aufzunehmen.



8. Unterrichtsorganisation

8.1 Epochenunterricht

Rudolf Steiner hat sich kritisch mit der Anordnung des Stundenplanes an staatlichen Schulen auseinandergesetzt. Er empfand es vor allem als nachteilig, daß die Schüler Stunde für Stunde, und Tag für Tag einer Fülle von verschiedenen Themen ausgesetzt sind. Kaum haben sie ein wirkliches Interesse an einem Lerninhalt entwickelt, so ist die Zeit verstrichen. Die Inhalte des Unterrichts können dann erst wieder einige Tage später aufgegriffen werden. Der rasche und ständige Wechsel von Themen im Verlauf einer Woche verhindert so nach Steiners Auffassung eine wirkliche Konzentration und ein effektives Arbeiten der Schüler. Um diese Nachteile zu vermeiden, wird an Waldorfschulen ein Teil der Fächer als sogenannter Epochenunterricht erteilt. Die Schüler beschäftigen sich dabei etwa drei- bis vier Wochen mit dem gleichen Stoffgebiet. Dieser Hauptunterricht, der in den Klassen 1 bis 8 von der Klassenlehrerin bzw. vom Klassenlehrer in den Fächern Schreiben, Lesen, Malen, Rechnen, Sachkunde, Naturkunde, Geographie, Physik, Chemie, Geometrie und Geschichte erteilt wird. Dabei braucht ein bestimmtes Themengebiet nicht nach zwei- oder drei Stunden abgeschlossen sein. Es bleibt daher für die Schüler genügend Zeit, sich ausführlich und konzentriert mit den Lerninhalten zu beschäftigen. Der Epochenunterricht gestattet daher ein intensiveres Einleben und Erarbeiten des Stoffes als es in Einzelstunden möglich wäre und berücksichtigt lernpsychologisch den Aspekt von \"Erinnern und Vergessen\". Weitere Vorteile des Epochenunterrichts liegen in der Kontinuität der Klassenführung und sich daraus ergebenden Chancen, den Unterricht ganzheitlich, unter Einbeziehung interdisziplinärer Gesichtspunkte, zu organisieren. Erst wenn dies geschehen ist, gilt eine Epoche als abgeschlossen. Auf dieses konzentrierte und längerfristige Arbeiten an einem Themenbereich, legte Steiner besonderen Wert.

Diesen Vorteilen des Epochenunterrichts steht jedoch auch ein gravierender Nachteil entgegen. Fehlt ein Schüler wegen Krankheit über mehrere Wochen, so versäumt er eine ganze Epoche. Da es in manchen Fächern nur eine einzige Epoche im Jahr gibt, kann das Versäumte kaum mehr nachgeholt werden. Desweiteren ist er weniger geeignet in den Fächern Mathematik und Deutsch, die kontinuierlich unterrichtet werden sollten. Das erfolgt teilweise in sogenannten Übstunden. In den Klassen 9 bis 12 wird der Hauptunterricht von den jeweiligen Fachlehrerinnen und Fachlehrern in Epochen erteilt. Die Fachstunden werden jährlich wie in den Klassen 1 bis 8 weitergeführt.

8.2 Fachunterricht

Die Fremdsprachen, der handwerklich - künstlerische Unterricht sowie Eurythmie, Musik und Turnen werden durchgängig in den Fachstunden, die sich an den Hauptunterricht anschließen, von verschiedenen Fachlehrerinnen und -lehrern geben. In diesen Fächern sind die Klassen meist aus unterrichts- und arbeitstechnischen Gründen geteilt. Durch diesen Fächerkanon sind die Schüler im Idealfall täglich denkend - vorstellend, sprechend, übend und praktisch - künstlerisch tätig. Die Zahl der Wochenstunden ist abhängig vom Fach und von der Altersstufe. Sogenannte Fachlehrer bilden mit dem Klassenlehrer das Klassenkollegium.

Jede Waldorfschule hat in ihrem Kollegium Mitglieder ohne direkte Lejhrerausbildung: Künstler, Architekten, Schriftstellerm Ingenieure, Kaufleute, Wissenschaftler aus der Industrie u.v.a. Diese tragen ihre Lebenserfahrungen in die Schule hinein. Pädagogische Kenntnisse bekommen sie durch zahlreiche Kurse, Seminare und Verantstaltungen. Diese Menschn können den Lehren wiederum praktische Kenntnisse vermitteln. So zeichnet sich die Zusammensetzung des Kollegiums durch Vielseitgkeit aus. Es git inzwischen eine grundlegende Ausbildung von zwei Jahren für Waldorflehrer.

Von der ersten Klasse an lernen die Kinder Fremdsprachen, wobei ein bewußtes Üben erst mit Erreichen der vierten Klasse beginnt. Es wird Englisch und eine weitere Fremdsprache unterrichtet, um dadurch Einfühlungsvermögen in fremde Kulturen und Sprachverständnis zu wecken.

8.3. Praktischer Unterricht:

Aus den in den Epochen und Fachunterrichten vermittelten Erlebnissen und Erfahrungen (Acker- und Hausbau, Ofen anheizen und Brot backen, Holz- und textiles Werken, Gartenbau) wird deutlich, daß das praktische Lernen, welches ein Lernen mit \"Hand, Herz und Kopf\" ist, ein Schwerpunkt der Pädagogik ist. Ab Klasse 7 werden sog. \"Mittagskurse\" eingerichtet, in welchen eine vielseitige handwerkliche Grundbildung vermittelt wird: Textiles Arbeiten, Holz- und Schreinerarbeiten, Metallbearbeitung, Korbflechten, Buchbinden und Grundkenntnisse in der Elektrowerkstatt.

In überschaubaren Gruppen wandern die Schülerinnen und Schüler in jedem Schuljahr durch diese Bereiche, so daß am Ende der Klasse 10 in der Tat auch eine \"Praktische Allgemeinbildung\" vorliegt. In den Mittagskursen wird die Schulbank durch den Arbeitsplatz ersetzt, wird vielfältige fachbezogene Anregung tätig umgesetzt, findet intensiver Austausch zwischen den Schülern statt, versuchen Ausbilder und Lehrer die Themen aus anderen Fächern einzubeziehen. Die Führung eines Berichtshefts und das reflektierende Gespräch am Ende jedes Werkstattags sind selbstverständlicher Bestandteil der praktischen Bildung. Ergänzend sind verschiedene Praktika zu nennen:

So in Klasse 7 das zweiwöchige Forstpraktikum, in Klasse 9 das Landwirtschaftspraktikum (auch zwei Wochen) sowie in Klasse 10 das Betriebspraktikum (drei Wochen) und das Feldmesspraktikum. In der 11. Klasse kommt noch ein dreiwöchiges Industriepraktikum hinzu.

8.4 Projektunterricht:

Durch alle Jahrgangsstufen und alle Fächer zieht sich der Projektgedanke hindurch, wenn beispielsweise nicht eine rein kognitiv - theoretische Unterweisung zu einem kulturkundlichen Thema erfolgt, sondern mittels künstlerischer und praktischer Elemente der Zugang zum Stoff auch über die Erlebnisebene angestrebt wird. Außerdem findet einmal jährlich eine Projektwoche statt, in welcher der Unterricht in der sonst üblichen Form nicht gegeben wird, d.h. der Stundenplan gilt in dieser Woche nicht. Es werden jahrgangsübergreifende Projektgruppen gebildet, in denen Eltern als freie Mitarbeiter und Lehrer ganz andere Inhalte mit den Schülern erarbeiten. Die in der Projektwoche hergestellten Produkte und neu erworbenen Fähigkeiten wurden am Ende der Woche der Öffentlichkeit präsentiert.

Unserer modernen Zeit geht das Bewußtsein für die jahreszeitlichen Rhythmen und für den Jahreslauf verloren. Die für Kinder und Heranwachsende notwendige Identifikation mit sich selbst und der Umwelt zu einem positiven Lebenszusammenhang wird durch Gestaltung des Schuljahres und bewußt eingeführte Traditionen unterstützt: Im Herbst werden Michaeli und Erntedank in der Schulgemeinschaft gefeiert, im Advent führen Lehrer und Eltern als Laienspieler die Weihnachtspiele auf, im Sommer gibt es die Projektwoche mit Sommerfest. Im Frühjahr gibt es noch den Frühlingsbasar.

8.5 Zusammenfassung der Unterrichtsarten

Viele Eltern und Pädagogen teilen die Ansicht, daß Kinder und Jugendliche in der Schule stark einseitig intellektuell belastet werden und für praktisches und künstlerisches Tun oder körperliche Betätigung nur wenige Freiräume vorhanden sind. Dieser einseitigen Beanspruchung der Schüler stellt die Waldorfpädagogik ein Unterrichtskonzept entgegen, das ein hohes Maß an künstlerischen und praktisch - handwerklichen Aktivitäten ermöglicht: In Handarbeiten wie Weben, Stricken, Buchbinden, beim Schnitzen, Töpfern, und Bearbeiten von Metall, beim Zeichnen und Musizieren finden Jungen und Mädchen gleichermaßen zahlreiche Möglichkeiten zur freien Betätigung. Hier sind sie vor Aufgaben gestellt, die Phantasie, Kreativität, Eigeninitiative, Selbständigkeit, Konzentrationsvermögen und Ausdauer erfordern. Die Schüler finden Zeit zu eigenständigen Arbeiten und zur Umsetzung ihrer verschiedenen Ideen.

Zusammenfassend läßt sich die Methode der Waldorfschule als anthropologisch - künstlerisch beschreiben. Ihre Basis ist eine anthroposophisch erweiterte Menschenkunde, die in wöchentlichen Konferenzen des Lehrerkollegiums erarbeitet und weiter geschrieben wird.



9. Zur Leistungsbeurteilung

An allen Waldorfschulen werden keine Notenzeugnisse ausgegeben, noch droht den Schülern die Gefahr, aufgrund schlechter Leistungen, sitzenzubleiben. Die Schüler erhalten am Ende des Schuljahres Textzeugnisse, die in Form von Gutachten auf den Schüler eingehen und den individuellen Lernfortschritt festhalten. Diese Textzeugnisse geben Auskunft über die Entwicklungsschritte, die der Schüler in dieser Zeit zurückgelegt hat: Lernfortschritte und soziales Verhalten werden in Charakterisierungen dargestellt. Dabei soll jeder Schüler nicht am Stand der Klasse gemessen werden, sondern vor allen Dingen an seinen eigenen Möglichkeiten. Nur am Ende der Schulzeit werden die Einzelleistungen auch Abschlußbezogen beurteilt.

Der Verzicht auf eine derartige Auslese führt dazu, daß Kinder unterschiedlicher Begabung voneinander lernen können, sich dadurch gegenseitig fördern und im vorurteilslosen Umgang miteinander die Fähigkeit entwickeln, Menschen mit ganz anderen Denk- und Handlungsweisen zu achten und zu schätzen.

Noten werden auch aus einem anderen Grund vermieden. Sie stehen sachgemäßer Beurteilung von Schülern im Wege. Durch eine abstrakte Ziffer kommt lediglich zum Ausdruck, wie gut oder schlecht jemand einer bestimmten Prüfungsanforderung entsprochen hat. Ab Klasse 5 gibt es bei Klassenarbeiten häufig jedoch Beurteilungen nach einem Punktsystem das den Klassendurchschnitt als Maßstab nimmt.

In der Waldorfschule bleiben die gleichaltrigen Schüler in der gleichen Klasse (altershomogen), auch wenn sie völlig unterschiedliche Leistungen aufweisen (leistungsheterogen). Dieses Prinzip, in altershomogenen und gleichzeitig leistungsheterogenen Klassen zu unterrichten ist soziale Koedukation. Diesen unterschiedlichen Fähigkeiten der Heranwachsenden muß im Lehrbetrieb Rechnung getragen werden, um sie weder zu über- noch zu unterfordern. Die Waldorfschulen verweisen darauf, daß erfahrungsgemäß das Prinzip der sozialen Koedukation den besseren Schülern nicht schadet und die Schwächeren viele Anregungen dabei bekommen. Indem sich die Kinder gegenseitig helfen, fließen auch sozialerzieherische Elemente in den Unterricht mit ein.

Allerdings müßte bei der großen Bandbreite der unterschiedlichen Voraussetzungen bei den Kindern viel binnendifferenzierter gearbeitet werden. Dies erfordert aber auch den Schwerpunkt vom fast ausschließlichem Frontalunterricht hin zu anderen Unterrichtsformen zu verlagern wie z.B. Partner oder Gruppenarbeit.



10. Stufenspezifische Lerninhalte

Unterstufe (Klassen 1 - 3):

Eingewöhnung in die neue Situation, Wechsel im Selbstverständnis (vom Kindergartenkind zum Schulkind) und im Weltverständnis (vom Spiel zum Lernen, vom Tun zum Begreifen) verlangen einen behutsamen Einstieg in die schulische Laufbahn. Malen und Zeichnen, rhythmisch - musikalische Übungen in allen Fächern, Entwicklung von Fingerfertigkeit und Geschicklichkeit im Handarbeitsunterricht und beim Blockflötenspiel, Schulung der motorischen Fähigkeiten, der körperlichen Selbsterfahrung und des Raumgefühls im Eurythmieunterricht und im Spielturnen sind Angebote, in denen das Kind sich phantasievoll und frei von Leistungsdruck bewegen lernt. \"Nachahmen und Mitmachen\" heißen die Lernformen der ersten Jahrgänge. Es geht nicht um das Antrainieren von sog. \"Kulturtechniken\", sondern um Wege des Lernens, welche die Identifikation des Kindes mit dem Erlernen von beispielsweise Schreiben und Lesen ermöglichen. Im dritten Schuljahr führen u.a. eine Acker- und Feldbau-, eine Hausbau- und eine Handwerkerepoche die Kinder aus dem Klassenzimmer in eine erste bewußte Wahrnehmung der Umwelt, indem sie im Rahmen dieser praktischen Sach- und Kulturkunde arbeitend lernen.

Mittelstufe (Klassen 4 - 8):

Neben der Ausweitung der kulturkundlichen (Sprache, Mythologie, Geschichte, Heimatkunde), naturkundlichen (Geometrie, Physik, Mineralogie) und künstlerischen Fäher kommt Holzwerken mit zwei Wochenstunden ab Klasse 4 und Gartenbau ab Klasse 6 in den Lehrplan. Ab Klasse 7 wird der bisherige Fächerkanon durch weitere naturwissenschaftliche Angebote erweitert. Der handwerklich - praktische Unterricht wird in den Schulwerkstätten in Form von \"Mittagskursen\" in den Bereichen Gartenbau, Holz, Metall, Korbflechten und Textil durchgeführt.

Oberstufe (Klassen 9 - 13)

Durch eine intensive Berufsberatung, durch Praktika in landwirtschaftlichen Bereichen in der 9. Klasse, im Vermessungs- und Forstbereich in der 10. Klasse und durch eine kunstgeschichtliche Reise in der 11. Klasse, ferner durch Praktika in Krankenhäusern und heilpädagogischen Heimen oder auch durch berufsvorbereitende Kurse oder eine neben dem Unterricht einhergehende handwerkliche Lehre werden die Schüler auf den Übergang zu weiterführender Ausbildung oder in den Beruf eingeführt. Die Oberstufe öffnet sich so auf einem breiten Raum dem außerschulischen Leben. Nach der 12. Klasse wird bei ausreichenden Leistungen die \"mittlere Reife\" vom Kultusminesterium anerkannt. Das ist jedoch je Bundesland verschieden geregelt.



11. Zusammenfassung

1. Freie Schule ohne Direktor

Die Lehrer und die Eltern als Mitglieder des Schulvereins sind Träger der Schule. Die soziale Gestalt einer jeden Schule entwickelt sich nach dem Prinzip der Selbstverwaltung in gegenseitigem Vertrauen und Zusammenwirken von Lehrern und Eltern.

2. Zwölf Schuljahre für alle Schüler

Eine kürzere Schulzeit reicht nicht aus, um den Menschen auf eine Mitgestaltung bei den großen Aufgaben der menschlichen Gesellschaft im 21. Jahrhundert vorzubereiten. Zur Erlangung der allgemeinen Hochschulreife schließt sich ein 13. Schuljahr an.

3. Lehrplan für Kopf, Herz und Hand

Wissenschaft, Kunst, Handwerk und körperliche Erziehung stehen miteinander in Einklang. Der Schüler wird nicht einseitig, sondern umfassend in seiner menschlichen Ganzheit angesprochen.

4. Schule für alle Kinder

Exklusivität oder Begabtenauslese werden vermieden. Zugangsmöglichkeit besteht für alle gesellschaftlichen Schichten. Die Beiträge der Eltern (die ca. 30 Prozent der Kosten tragen) werden nach dem Einkommen gestaffelt und nach Selbsteinschätzung geleistet. Kein Kind wiederholt eine Klasse. Es gilt das Förderprinzip und nicht das Ausleseprinzip. Anstatt die Leistung der Schüler nach Noten einzuteilen, wird die individuelle Leistungs-, Sozial-, und Persönlichkeitsentwicklung der Kinder und Jugendlichen beschrieben.

5. Methodenschule, nicht Weltanschauungsschule

Die Unterrichtsmethoden orientieren sich an der entwicklungspsychologischen Situation der Kinder und Jugendlichen. Religionsunterricht wird von Vertretern der verschiedenen Konfessionen erteilt. Zusätzlich wird ein freier christlicher Religionsunterricht angeboten für Kinder, deren Eltern konfessionell nicht gebunden sind. Anthroposophie wird nicht gelehrt.



12. Quellen:


Wilhelm Rauthe: Die Waldorfschule als Gesamtschule 1970

Johannes Kiersch: Die Waldorfpädagogik 1979

Heinz Kloss: Waldorfschulen und Staatschulwesen 1955

Frans Carlgen, Arne Klingborg: Erziehung zu Freiheit 1977

Christhoph Lindenberg: Waldorfschulen 1989

Hildegard u. Jochen Bußmann: Unser Kind geht auf die Waldorfschule 1990

Herman Hobmair: Pädagogik 1989

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Puh geschafft! ich hab garnicht gewußt das ich mal so viel Gedult hatte mich so ausführlich mit einem Thema zu beschäfftigen!

Jetzt habe ich erstmal wunde Finger!
: - )

Melli

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