Weihenstephan Frischer Rahmjoghurt mit erlesenen Kirschen Testbericht

Alles Müller, oder was?

Neugierig geworden durch all die vielen Berichte, die dieser Yoghurt hat entstehen lassen, mußte ich mich natürlich auch mal daran wagen. Immerhin soll niemand behaupten können, daß Produktbeschreibungen auf einer Verbraucherberatungsplattform nicht den Konsum anheizen würden - auch wenn Kirsch nu nicht gerade meine Lieblingssorte ist. Aber was tut man nicht alles zum Wohle der Wissenschaft und zur Steigerung des Bruttoinlandprodukts. Außerdem ist schon so manches Produkt aus der blau-weißen Linie von Weihenstephan wohlwollend und wohlgeschmeckt habend in meinem Kühlschrank (und Magen) gelandet, wie z.B. mit dem Wappen gestempelte Butter oder krisselige Buttermilch, warum nicht auch also mal dieser Yoghurt...

Also schritt ich zur Tat, und gegen 60 Cent Tauschwert wechselte ein Pöttchen seinen Standort vom Kühlregal meines Edekas über den Einkaufswagen bis zum heutigen Frühstückstisch. Dort stand er nun, neben der auf selbigem liegenden gestrigen taz, die bei mir nicht durch Boten, sondern vom Briefträger kommt, weshalb ich sie manchmal erst den darauffolgenden Tag als Frühstückslektüre genieße.
Dies hätte ich besser bleiben lassen sollen...

Gerade hatte ich nämlich den Deckel vom Pöttchen entfernt und den ersten Löffel hineingetunkt, als mir folgende Schlagzeile ins Auge sprang: \"Expansion statt Regionalismus\".
Mir blieb der Löffel im Mund stecken, ging es doch weiter:
\"Nach der Übernahme durch die Müller-Gruppe hat sich bei der ehemals staatlichen Molkerei Weihenstephan in Oberbayern einiges geändert. Während die Umsätze nur mäßig steigen, mehrt sich die Kritik. An der Qualität der Produkte liegt das nicht.\"
Gebannt las ich weiter, gedankenlos weiterlöffelnd.

Ups. Auf einmal war das Pöttchen leer, der Artikel noch nicht.
Mich an meinen Testauftrag erinnernd versuchte ich krampfhaft, die letzten Reste aus dem Pöttchen zusammenzukratzen, um das Leseerlebnis durch ein Geschmackserlebnis zu ersetzen, aber ich muß gestehen, es gelang mir nicht so recht...
Erinnern kann ich mich an den cremigen Geschmack von Yoghurt, nicht erinnern kann ich mich weder an einen künstlichen Kirsch-Geschmack noch an eine alles übertünchende Süße. Muß demnach annehmbar lecker gewesen sein... Ein letztes Kirschstückchen, daß sich dem Verzehrtwerden bislang widersetzt hatte indes lehrte mich, daß auch Kirschyoghurt lecker sein kann. Ich werd\'s mir merken, für\'s nächste Mal!

Allen LeserInnen, die nun bitter enttäuscht sind, weil ich nicht in die Lobeshymnen zu diesem Yoghurt einstimme, biete ich statt dessen als Entschädigung die Quintessenz dieses Artikels sowie meine Betrachtungen dazu an:

Zur Vorgeschichte:
1967 wurde aus der Kloster- und Gutskäserei mit fast 1000jähriger Tradition ein bayrischer Staatsbetrieb begründet. Dieser wurde 1996 in die \"Staatliche Molkerei Weihenstephan AG\" überführt (Anteilseigner waren zu 73,3 % der Freistaat Bayern, sowie zu 21,67 % die Bayerische Landesbank). 1999 Kauf durch die Müller-Gruppe. Geschätzte Kaufsumme 111 Millionen (damals noch D-Mark).
Allerdings soll die bayrische Staatsregierung ja froh gewesen sein, daß \"schwächelnde Unternehmen\" losgeworden zu sein, zumal der Verkauf nur unter der Bedingungen zustande gekommen sein soll, die Marke Weihenstephan zu erhalten, Tarifverträge und Milchabnahmegarantien einzuhalten und die Bindung an die Vertragsbauern weiterzuführen. Aber ob sie Müllers an diese Vorgaben gehalten haben, wissen die Götter. \"Eine entsprechende Berichterstattung ist nicht erwünscht\", so zitiert die taz das Müllersche Pressebüro in ihrem Artikel.
Zwar sei die Zahl der Mitarbeiter von ehemals 340 auf 370 angestiegen, jedoch das Personal komplett ausgetauscht worden.
Zwar laufen die Verträge mit den die Produktionsstätte Freising umliegenden Bauern noch bis Ende des Jahres, aber woher danach die Milch kommen soll, darüber schweigen sich Müllers aus. Immerhin soll der Anteil der Biomilch erhöht worden sein und immerhin ist die umweltfreundliche, trennbare Verpackung im altgewohnten Design beibehalten worden. .

Nichtsdestotrotz stehe ich dem Branchenriesen Müller nach wie vor skeptisch gegenüber und erinnere mich vage an Skandale und Skandälchen um den unsanftem Umgang mit mißliebigen Mitarbeitern, ungeklärtes Fischsterben in der Nähe der Müllerschen Produktionsstätte Arensried oder im Immobilienbereich wegen nicht genehmigter Schwarzbauten.
Also, als im Ruhrpott geborene Preussin mit pommerschen Vorfahren hatte ich ja schon mit den Bayern immer so meine Schwierigkeiten, aber nu noch Müllers... Die boykottier ich doch schon seit Jahren!
Was nun?
Da ja immerhin der Anteil der Biomilch erhöht worden sein soll, werde ich mein Boykottverhalten also dahingehend ändern, nach wie vor keine Müllerschen Produkte, wo ich nun leider auch Weihenstephan zu zählen muß, zum regulären Preis zu kaufen (Ausnahmen bestätigen diese Regel!), aber bevor sie in der MHD-Ecke vergammeln, mich dennoch ihrer zu erbarmen, auch wenn ich lieber noch etwas Geld drauflege, um den von Bioland zertifizierten wenngleich auch südlich der Elbe produzierten Andechser Yoghurt zu kaufen, der mit 50 Cent/100g auch nicht gerade einer der billigsten ist.
Angesichts der nu massenhaft zu erwartenden Abwertungen verspreche ich hoch und heilig, beim nächsten Edeka-Besuch erneut ein Pöttchen Weihenstephan Yoghurt mit erlesenen Kirschen zu erstehen, alle Zeitungen vom Tisch zu verbannen, das Radio und den Fernseher ausgeschaltet zu lassen und mich bei dessen Verzehr NUR auf den Geschmack zu konzentrieren, damit ich beizeiten ein diesbezügliches Update nachreichen kann.

© LeaofRafiki 18.07.2002

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ACHTUNG FAKERSCHUTZ: Ich poste meine Berichte lieber selber und unter gleichem Nick bei regelmäßig bei Ciao, häufig bei Dooyoo seltener bei Ecomments und Griasdi, so gut wie gar nicht mehr bei Hitwin, ab und an doch wieder bei Yopi und neuerdings bei myopinion24 *grins*