Ich war Saddams Sohn (Taschenbuch) / Karl Wendl, Latif Yahia Testbericht

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Erfahrungsbericht von Skander

Gewaltorgie

Pro:

einfache verständliche Sprache

Kontra:

entsetzlicher Inhalt.

Empfehlung:

Ja

Es ist sehr lange her, daß mich ein Buch derart faszinierte, daß es mich bis zur letzten Seite nicht
mehr los ließ.
Um genauer zu sein. Es war eine Mischung aus Faszination und Entsetzen.

Zum Hintergrund:

In Zusammenarbeit mit Karl Wendl schildert Latif Yahia, ein junger Offizier der irakischen Armee ,
sein Leben als Doppelgänger von Odai Hussein, dem zweit mächtigsten Mann im Irak nach seinem Vater Saddam Hussein.

Latif Yahia ist der älteste Sohn eines wohlhabenden, angesehenen Kaufmannes aus Bagdad. Nachdem
er als Jurist promoviert hat, muß er wie alle Hochschulabsolventen eine Ausbildung als Offizier machen,
um anschließend im Irak/Iran Grenzkonflikt eingesetzt zu werden. Schon diese Ausbildung erweist
sich als äußerst hart, stellenweise sogar grausam.

Nach seiner Ausbildung zum Offizier wird er an die Front versetzt und macht Dienst an einem
Vorgezogenem Beobachtungsposten. Dort meldet er einen Angriff der Iraner und kann sich
absetzen bevor der Posten überannt wird. Er gelangt dennoch, in den Wirren der , in iranische
Gefangenschaft, wird aber nach kurzer Zeit durch eine Gegenoffensive befreit.
Er wird zum Helden deklariert und zum Oberleutnant befördert.

Kurz darauf erhält er den Befehl sich in Bagdad zu melden und wird von Geheimdienstleuten abgeholt.
Zunächst kann er sich darauf keinen Reim machen und überlegt, was er falsch gemacht haben könnte.
Er rechnet mit dem schlimmsten. Schon während seiner Ausbildung und des Fronteinsatzes fällt allen
Seine Ähnlichkeit Odai, Saddam Hussein`s Sohn , auf. Schnell stellt sich heraus, daß dies der eigentliche
Grund ist, weshalb er nach Bagdad gebracht wird. Odai, der ihn aus der Schulzeit kennt, will daß
Latif sein Fidai, sein Doppelgänger und eigentlich auch Sklave wird.

Latif lehnt Ansinnen zunächst ab. Er wandert in eine Zelle und wird gefoltert. Nachdem man auch
Repressalien für seine Familie androht, sieht er keine andere Möglichkeit, als das Spiel mitzumachen.
Seine Ausbildung beginnt. Um Odai`s leichtes lispeln nachzuahmen wird chirurgisch seine Zahnstellung
der von Odai angepaßt. Sämtliche Gesten, Eigenarten, die Art zu reden etc. , werden akribisch studiert
und gelernt. Am Ende der Ausbildung wird er Saddam Hussein selbst vorgeführt. Schon da ist ihm klar,
daß, sollte er bei Saddam nicht bestehen, sein Leben beendet ist. Er besteht.

In den folgenden Jahren tritt er bei einigen Gelegenheiten als Doppelgänger auf und findet meist den
Beifall Odais. Da er auch an der Seite des Diktatorensohnes, bei dessen privaten Ausflügen sein muß,
lernt er das ganze Ausmaß der Grausamkeit und Gewalttätigkeit dieses Mannes kennen. Odai hat quasi Narrenfreiheit im Irak.
Er kann tun und lassen, was immer er will. Niemand zieht ihn zur Verantwortung. Vergewaltigung, Mord,
Demütigungen, Folter, all dies erlebt Latif täglich mit. Frauen werden vergewaltigt, erst von Odai, dann
von allen Leibwächtern. Ihre Männer werden ermordet, eingesperrt , die Frauen selbst nachdem
genug von ihnen hat weggeworfen wie Müll, ermordet.

Parties des Diktatorsohnes werden meist zu wilden Orgien. Die Leibwächter von Odai müssen immer
neue Mädchen heranschaffen. Diese werden teilweise einfach auf der Straße entführt. Wenn sie Glück haben überleben sie, zum Schweigen, unter Androhung sie und ihre Familie zu ermorden, verdammt.

Nach der Besetzung von Kuweit durch irakische Truppen, organisieren die einzelnen Clans die
Ausplünderung von Kuweit. Auch Odai beteiligt sich daran. Er schickt Latif, seinen Fidai nach
Kuweit um alle Luxuslimosinen zu stehlen. Diese werden dann billig im Irak verkauft. Das Geld fließt
in Odais Tasche. Odai`s Ansehen im Irak ist denkbar schlecht. Als der Autodeal herauskommt,
greift man deshalb zu einer List. Latif,sein Fidai, wird gezwungen im Fernsehen ein Geständnis
abzulegen. Er habe seine Ähnlichkeit mit Odai dazu mißbraucht den Diebstahl aus Kuweit zu organisieren
und sich zu bereichern. Odai selbst sei unschuldig.

Eine Zeit lang genießt Latif den Luxus, der ihn umgibt. Mehr und mehr erkennt er jedoch, daß er von
Odai und dem System mißbraucht wird. Er wird nur für deren Zwecke benützt. Während des ersten
Golfkrieges bekommt er mit, wie nahezu die ganze Familie Hussein ins Ausland verschwindet,
während das Volk unter den Bombenangriffen leidet und wie Tausende sterben, während Odai
sich in Genf in den Nachtlokalen vergnügt. Nur Kusai und Saddam selbst bleiben im Irak.
Er als Doppelgänger vermittelt dem Volk Odai sei im Land und würde kämpfen. Während eines
Besuches in Basra wird er von Aufständischen bei einem Attentat verletzt.
Als er sich mehr und mehr gegen Odai stellt wird er in ein „ Erziehungslager „ geworfen und übelst
gefoltert.
Anschließend wirft man den geschunden Körper vor dem Haus seiner Familie aus einem fahrenden Auto.
Selbst seine eigene Familie erkennt Latif zunächst nicht. Im Krankenhaus stellt er die ersten
Verbindungen für seine Flucht her. Es gelingt in den Nordirak zu fliehen in die autonome Zone.
Dort bekommt er einen UN Pass und bekommt Asyl in Östereich. Das körperliche Leiden hat ein Ende.
Das psychische wird schwer zu bewältigen sein


Fazit:

Eine wirklich entsetzliche Geschichte, die so unglaubliche psychische und physische Grausamkeiten
Beschreibt daß man geneigt ist den Wahrheitsgehalt anzuzweifeln. Doch die Geschichte wurde
von anderen Irakern bestätigt und hielt Überprüfungen stand. Sollte nur ein Teil davon richtig sein,
so ist das immer noch die schlimmste Geschichte, die ich außer dem Holocaust gelesen habe.
Die Liste der Ermordeten, Gefolterten und Gedemütigten scheint endlos. Eine Familie betrachtet
das Land Irak und seine Einwohner als persönliches Eigentum mit dem willkürlich nach Belieben
verfahren werden kann.

Lativ Yahia selbst klingt glaubwürdig. Die Schilderungen der Taten, des offensichtlich sadistisch
Veranlagten Odai Hussein ist so bildhaft beschrieben, das könnte nur ein völlig kranker Mensch
erfinden. Viele Namen werden genannt, Namen von Ministern, Geschäftsleuten. Viele die dem
Regime zu mächtig wurden, oder deren Hab und Gut man begehrte, oder einfach nur deren Frau
man begehrte, für kurze Zeit, um danach auch sie zu töten, stehen auf der Liste. Orte,
die Tötungsart, manchmal einfach aufgezählt.
„ Minister x erschossen in, Geschäftsmann y aufgehängt... und so weiter.
Die Menschen werden völlig rechtlos. Eine Clique von machtgierigen Sadisten entscheidet über
Leben und Tod, Gesundheit eines Volkes.

Das Buch ist in einer einfachen, leicht verständlichen Sprache geschrieben und versteht es
Leser wirklich bis zur letzten Seite zu fesseln. 16 Kapitel ,316 Seiten Spannung und Entsetzen.

Latif Yahia:

Geb. 1964 in Bagdad. Angehöriger der wohlhabenden Oberschicht mit Universitätsabschluß.
Während des Golfkrieges gelang es ihm in den westen zu fliehen. Hier überlebte er bisher trotz Attentatsversuchen seiten irakischer Agenten.

Karl Wendl:

Geb. 1958. Chefredakteur des Nachrichtenmagazins News. Irakspezialist, war während des Golfkrieges in Bagdad und interviewte nach dem Einmarsch in Kuweit Saddam Hussein. Er recherchierte die Geschichte
Von Latif Yhia nach und überprüfte dessen Identität.


Die Originalauflage erschien 1994. Das mir vorliegende Buch ist im Taschenbuchformat, Auflage von diesem
Jahr. ISBN 3-442-15249-6.
Das Buch erschien beim Goldmannverlag.
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