Wien Testbericht

Wien
ab 70,21
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Erfahrungsbericht von SabineG1959

Auf den Spuren von Ludwig van Beethoven

Pro:

ein MUSS für jeden Beethoven-Fan

Kontra:

nix

Empfehlung:

Ja

Es begann am 21. März 2005. Mit einer Freundin war ich verabredet in Bonn zur Tutanchamunausstellung, die ja erst mal nix mit Beethoven zu tun hatte. Auf dem Rückweg zum Bahnhof bummelten wir noch durch die Bonner Innenstadt, kamen zwangsläufig am Beethovendenkmal vorbei und stießen immer wieder auf Plakate, dass das Beethovenhaus in der Bonngasse 20, wo Beethoven am oder kurz vor dem 17.12.1770 geboren wurde (ein Geburtsdatum ist nicht überliefert, nur das Taufdatum vom 17.12.1770), digitalisiert ist. Da wir uns nix darunter vorstellen konnten, gingen wir hin, aber es war schon geschlossen und so verließen wir Bonn genauso „dumm“ wie wir gekommen waren, jedenfalls in Bezug auf das Beethovenmuseum.

Eine Woche später fuhr ich nach Wien zu meiner Brieffreundin. Den ersten Abend verbrachten wir in einer Kneipe auf der Märzstrasse. Sie hieß Amadeus, aber von Amadeus, also Mozart keine Spur. Allerdings hingen vier Bilder an der Wand, eins davon ähnelte dem Antlitz von Beethoven, und so kamen wir auf die Idee, meinen diesmaligen Besuch Ludwig van Beethoven zu widmen. (Vor 13 Jahren hatte ich sie schon mal in Wien besucht.)

Als erstes fuhren wir am nächsten Tag zum Zentralfriedhof. Es fahren mehrere Straßenbahnen dort hin. Am schönsten Tor, dem Tor 2 muss man aussteigen und läuft direkt auf die Ehrengräber zu. Auf der linken Seite sind die Musiker. Als erstes fällt einem das Mozartdenkmal ins Auge, dahinter sind die Gräber von Schubert und Beethoven. Da Mozart wegen seiner großen Armut in einem Massengrab verscharrt wurde, gibt es nur das Denkmal und kein Grab von ihm. Über Schubert und Beethoven lernten wir, dass beide ursprünglich auf dem Währinger Ortsfriedhof an der Währingerstraße im 18. Bezirk beerdigt worden waren und ihre Gebeine anlässlich der Schließung dieses kleinen Friedhofs, der derzeit zu einem Park umgebaut wird und nur ein kleines Hinweisschild auf die ursprüngliche Lage der beiden Gräber enthält, auf den Zentralfriedhof überführt worden waren.

Auf dem Grabstein von Beethoven ist zu lesen, dass dieser eine Nachbildung des Originals ist und sich das Original am ursprünglichen Platz befindet, wo ich es aber – wie gesagt – nicht gesehen habe. Möglicherweise wird es dort wieder aufgestellt, sobald der Park fertig ist. Derzeit erinnert nur noch ein kleines versiegeltes Eckchen daran, dass das mal ein Friedhof war.

Am nächsten Tag begannen wir dann unsere Rundreise auf den Spuren von Ludwig van Beethoven. Als erstes suchten wir das Schwarzspanierhaus in der Schwarzspaniergasse 15, wo Beethoven am 26. März 1827 gestorben ist. Ironie des Schicksals: es war auf den Tag 178 Jahre nach Beethovens Todestag, als wir dort vor dem Haus im Ortsteil Währingen standen.

Wir lernten, dass dieses Haus nicht mehr das Originalhaus ist sondern ein Neubau vom Anfang des 20. Jahrhunderts. Man kann dort nichts besichtigen. Der Name des Hauses erklärt sich aus der zeit des Originalbaus, in dem ursprünglich ein spanischer Orden lebte, dessen Mitglieder schwarz gekleidet waren, daher also die Schwarzspanier, deren Haus das Schwarzspanierhaus genannt wurde.

Nachdem wir uns nun also ausführlich mit Anfang und Ende von Beethovens Leben auseinander gesetzt hatten, kamen wir zum Leben selbst und fuhren mit der Straßenbahn Linie 38 nach Grinzing, 19. Bezirk. Beethoven lebte ca. 30 Jahre in Wien und zog dort 60 mal um. Die Winterverbrachte er in der Stadt und die Sommer auf dem Lande, wie es damals so üblich war.

Der 19.Bezirk ist ein Zusammenschluss von ca. 11 Dörfern inklusive Unter- und Oberdöbling. Erst im Jahre 1892 wurde dieser Bezirk bei Wien eingemeindet, zu Beethovens Zeit waren es also alles noch einzelne Dörfer auf dem Lande. Die Geschichte davon wird im Döblinger Bezirksmuseum genau erklärt, das sich am Ende der Döblinger Hauptstr.neben Haus 92 befindet. In diesem Museum gibt es auch Ausstellungsstücke von und über Beethoven.

Nun aber zurück zum Ausgangspunkt unserer Beethovenwanderung, die sich über mehrere Tage hin zog ... Aus Büchern wusste ich, dass Beethoven auch in Grinzing weilte, aber direkt in diesem Ort fanden wir nichts. Das Haus auf der Grinzinger Str. 64, in dem Beethoven und Grillparzer waren, steht am Ende der Straße schon fast in Heiligenstadt. Dieses Haus war nicht zu besichtigen, lediglich die österreichischen Fähnchen mit einer Erläuterungstafel darunter, wie sie sich an allen besonderen Bauten in Wien befinden, wiesen darauf hin, dass die beiden großen Meister hier in diesem Hause gelebt hatten. Nicht weit davon war noch ein Haus mit Fähnchen, das auf Einstein hin wies. Wir hofften, dass ein wenig seiner Intelligenz auf uns abfärben würde, wenn wir die Luft atmeten, die auch er geatmet hatte ...

Wie gesagt: wir befanden uns so gut wie in Heiligenstadt, ebenfalls eins der ehemaligen Dörfer des 19. Bezirks. Grinzing und Heiligenstadt liegen gleich unter den Weinbergen am Wiener Stadtrand und sind bekannt für ihre Heurigenlokale nicht erst seit heute, auch schon zu Beethovens Zeiten. Den Wein brachten wohl – vermute ich – die Römer mit, die die Colonia Vindobonia an der Wien gründeten – fragt mich nicht wann, es geht ja hier um Beethoven und nicht um die alten Römer, die aber wohl auch in Heiligenstadt, dem alten „sanctus locus“ zumindest Spuren im Namen hinterließen ...

Zurück zu Beethoven, der genau wie meine Freundin und ich gern mal einen Schluck Wein trank. Von der Grinzinger Straße aus bogen wir nach links in die Ambrosiusgasse ab, von da nach rechts in die Probusgasse, wo das Haus Nummer 6 steht, das man auch besichtigen kann. Hier hat Beethoven das berühmte Heiligenstädter Testament geschrieben, eigentlich ein Brief an seinen Bruder, dem er im Jahre 1806 seine Verzweiflung darüber schilderte, dass er so nach und nach ertaubte – für einen Musiker wohl die absolute Katastrophe, die er als absolut existenzvernichtend empfand. Allerdings war dies nicht sein Untergang, seine größten Werke wie 9. Symphonie, Missa solemnis etc. schrieb er im Zustande absoluter Taubheit. Gespräche führte er anfangs mittels sehr merkwürdiger Hörrohre, die ich mal im Bonner Beethovenhaus bewundern durfte, und später mittels Konversationsheften, in die die Gesprächspartner von Beethoven ihre Antworten eintrugen und von denen noch einige erhalten sind und in den diversen Museen bewundert werden können.

In der Probusgasse sahen wir uns die Wohnung von Beethoven an und einige weitere Räume mit Ausstellungsstücken über Beethoven. U.a. stand dort ein Flügel von Schleicher, dessen Flügel Beethoven bevorzugte. Dieser Flügel war für meine Begriffe lang und schmal, und ich fragte mich, wie Beethoven es geschafft hatte, mit diesem Monstrum alle halbe Jahre umzuziehen ...
Interessant fand ich auch die Möglichkeit, im Museum selbst via Kopfhörer Musik von Beethoven zu hören, was in allen dieser kleinen Museen möglich war.

Der Eintritt in den Museen betrug jeweils zwischen 1 und 2 Euro pro Person, einige sind sonntags kostenlos. Die Zeiten weiß ich nicht mehr von allen auswendig ...

Ein paar Schritte weiter ist der Pfarrplatz. In der Nummer 2, einem Originalhaus aus Beethovens Zeit, das 1919 renoviert worden ist, lebte Beethoven im Sommer 1817 und komponierte da die Pastorale. Man vermutet, dass der Bach, den er im zweiten Satz dieser 5-sätzigen Symphonie beschreibt, der Schreiberbach ist, der heute ganz unromantisch durch ein steinernes Bett fließt und von moderneren Häusern umgeben ist – von Beethovens Natur pur ist nicht mehr viel zu spüren, wenn man den Beethovengang am Ende der Eroicagasse, die vom Pfarrplatz in Richtung Weinberge abgeht, folgt. Am Ende des Beethovenganges steht ein Denkmal auf einem kleinen Platz namens Beethovens Ruhe. Davon ist aber auch nix mehr zu spüren, von der Ruhe meine ich.

Zurück zum Pfarrplatz. Pfarrplatz 2 ist damals wie heute ein Heurigenlokal, wo man heurigen, also zu deutsch diesjährigen, Wein bekommt und lecker essen kann. Nebenan steht das Jacobuskirchlein, das sogar – laut o.a. Bezirksmuseum in Döbling – einen Beethovenchor mit einer kleinen Beethovenausstellung hat oder hatte. Davon haben wir nix gefunden.

Rechts neben der Kirche steht der Heurigen „Zur schönen Aussicht“, wo es auch ein Hinweisschild gibt, dass Beethoven hier Gast gewesen ist.

An diesem Heurigen vorbei geht wieder Richtung Grinzinger Straße, die an der Stelle aber schon in Heiligenstadt ist und einen anderen Namen hat. Da wir nach dem Ausklang des Tages mit dem guten Heurigen und leckeren Essen abends im Dunkeln dort wieder an der Bushaltestelle für den Heimweg ankamen, haben wir nicht mehr nach dem Beethovendenkmal gesucht, das in dem kleinen Park hinter der Bushaltestelle und bei der St.Michael-Kirche stehen muss. Der Vollständigkeit halber möchte ich es aber dennoch erwähnen.

Der nächste Ausflug nach Döbling mit der Straßenbahnlinie 37 Richtung Hohe Warte ging dann zur Döblinger Hauptstr. 92, dem Eroicahaus, das nur am Freitag Nachmittag von 13 bis 18 Uhr geöffnet hat. Hier schrieb Beethoven seine 3. Sinfonie, die Eroica, also heroische. Als glühender Verehrer des Befreiungskämpfers Napoleon wollte er sie erst diesem widmen. Als Napoleon sich dann zum Kaiser ausrufen ließ, war er so enttäuscht von ihm, dass er sie jemand anderem widmete und ihr den Namen Eroica gab.

Wie weiter oben schon erwähnt, befindet sich direkt nebenan das Döblinger Bezirksmuseum, in dem man viel Interessantes über all die Dörfer erfährt, die wir im Zusammenhang mit Beethoven besucht hatten, es von daher also auch im Zusammenhang mit Beethoven interessant ist, selbst wenn es sich nicht direkt auf ihn bezieht. Der Eintritt ist frei, und es ist nur am Wochenende geöffnet, samstags nachmittags und sonntags vormittags.

Wie schon oben erwähnt, lebte Beethoven nicht nur auf dem Lande sondern auch in der Stadt. Gegenüber von der Universität auf der Mölkerbastei steht das Pasqualatihaus, das wir Ostersonntag besichtigten. (Pasqua=ital.=Ostern zu deutsch) Allerdiings stammt der Name des Hauses nicht von Ostern sondern von einem Herrn Pasqualati, der wohl der Eigentümer war und von dem auch ein Bild in dem Haus hängt.

Am Sonntag ist dort der Eintritt immer frei.

Die Wohnung von Beethoven liegt in der vierten Etage – ohne Aufzug. Auch hier findet man wieder einen Apparat, wo man Musik von Beethoven hören kann, und Bilder, die ihn und andere Persönlichkeiten seiner Zeit zeigen, die mit ihm zu tun hatten, Notenmanuskripte etc., ebenso eine Lebendmaske. Eine Lebend- und die Totenmaske befinden sich (auch) in der Probusgasse 6.

Übermorgen fahre ich nun wieder los nach Deutschland. Es gibt bestimmt noch so einiges zu entdecken über Beethoven, was ich denn beim nächsten Besuch hier in Angriff nehmen werde ... z.B. gibt es in jedem Bezirk ein Bezirksmuseum, und so könnte das von Währing ja auch noch Aufschluss geben über das, was im Zusammenhang mit Beethovens Tod passierte und der Schließung des Währinger Ortsfriedhofes. Dieses Museum befindet sich fast gegenüber vom Schubertpark, also dem ehemaligen Friedhof.

Interessant war auch folgendes: je mehr wir Wien mit den Augen Beethovens sahen und bei einigen historischen Gebäuden danach gefragt haben, ob sie zu Beethovens Zeit schon standen oder nicht, je mehr haben wir auch ein wenig die Geschichte der Stadt Wien selbst kennen gelernt.

Das Pasqualatihaus z.B. stand zu Beethovens Zeiten etwas außerhalb der Wiener Stadtmauer. Heute existiert diese nicht mehr und machte Platz für eine Straße. Das Museumsquartier mit natur- und kunsthistorischem Museum wurde auch erst nach Beethovens Tod erbaut, ebenso die Universität, die dort quasi gegenüber steht.

Des weiteren habe ich festgestellt, dass es leichter „verdaulich“ ist, sich in einer fremden Stadt, vor allem wenn sie so vielseitig ist wie Wien, auf ein einziges Thema zu konzentrieren, anstatt wahllos alle möglichen Sehenswürdigkeiten anzugucken, die „man“ gesehen haben muss. Ich finde, es war eine sehr gelungenen Woche auf Beethovens Spuren, die uns beiden diesen großen Meister, den ich schon als Kind verehrte, ein wenig näher gebracht hat. Herzlichen Dank an Isis33, ohne die dieses „Abenteuer“ nie möglich gewesen wäre!

Ich freue mich auf Eure Kommentare, Ergänzungen etc.

Alles Liebe von Sabine :)

18 Bewertungen, 1 Kommentar

  • Travelwriter

    18.08.2005, 17:39 Uhr von Travelwriter
    Bewertung: sehr hilfreich

    Ein sehr gelungener Spezialbericht! Vindobona war übrigens nie Colonia. Eigentlich erstaunlich, aber tatsächlich war Wien (Vindobona) zur Zeit der Römer weniger wichtig als die heute sehr kleine Ortschaft Petronell (Carnuntum). Lg Andreas