Worms Testbericht

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Erfahrungsbericht von Sunny21

Eine Frau zu viel und ein Mann zu wenig...

Pro:

einmaliges Bühnenbild, überzeugende Schauspieler

Kontra:

Mario Adorf spielt nicht mehr den Hagen, Preissteigerung

Empfehlung:

Ja

Einleitung:
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\"Theater, Theater der Vorhang geht (wieder) auf\", so könnte die Überschrift über diesen Bericht sich auch schimpfen. Denn Worms befindet sich im Jahre 2 der Nibelungenfestspiele und auch für mich war es das 2. Jahr der Festspiele und darüber möchte ich Euch nun meine Meinung kund tun.


Zur Erklärung:
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Uns ist in alten maeren
wunders vil geseit
von helden lobebaeren,
von grôzer arebeit,
von fröuden, hôchgezîten,
von weinen und von klagen,
von küener recken strîten
muget ir nu wunder hoeren sagen.

Mit diesen altdeutschen Versen beginnt das Nibelungenlied das insgesamt noch circa 2400 weitere Strophen besitzt. Das Nibelungenlied ist der Zusammenschluß vieler mündlicher Überlieferungen von Heldensagen meist aus der fränkischen und burgundischen Sagenwelt. Geschrieben wurde das Werk etwa 1200.

Das Nibelungenlied ist der Grundstein auf dem die Festspiele basieren. Durch den jungen Autor Moritz Rinke hat dieses alte Stück ein völlig neues und modernes Gesicht bekommen das dem Erfolgsregisseur Dieter Wedel (z.B. „Die Affäre Semmeling“ oder „Der König von St. Pauli) den Kultur-Bambi für die Festspiele 2002 beschert hatte.


Die Darsteller:
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Mit wenigen Veränderungen blieb es bei den Darstellern aus dem Vorjahr.
Wer sich in der Theaterwelt etwas auskennt den werden die Namen wie Andre Eisermann, Götz Schubert und Wiebke Puls sicher etwas sagen

Zugpferd unter den Akteuren ist und bleibt aber Mario Adorf (macht z.zt auch Werbung für die Aachener Münchner) der letztes Jahr noch den Hagen gegeben hat aber sich diesmal dafür entschied „nur noch“ den Prolog vorzutragen.

Weiter spielen vor allem viele Wormser Bürger Statistenrollen so das das ganze Festspielensemble auf gut 100 Schauspieler kommt.

Der Wormser Dom:

Der Wormser Dom spielt bei den Nibelungen, sagt man es in den Worten des Autors, die Hauptrolle und an dieser Behauptung ist auch etwas dran, denn die Festspiele finden vor der Südfassade des Doms statt. Also genau an der Stelle an dem der Königinnenstreit zwischen Kriemhild und Brünhild flammend entfacht ist und schließlich die Nibelungen ins verderben stürzte.


Zur Handlung:
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Erster Akt:

Siegfried aus Xanten kommt nachdem er zunächst einen Drachen getötet und in dessen Blut badete (was ihn unverwundbar machte) und den Nibelungenschatz von den Zwergen erobert hatte an den Königshof von Worms.

Der dort regierende König Gunther, ein kugeliger Feigling ist in Sorge um sein Land, da die Sachsen und Dänen mit einem 40.000 Mann starken her sich unerbittlich schnell Worms nähern und das dortige Heer zahlenmäßig total dem Feind unterlegen ist.

Durch die Vermählung seiner Schwester Kriemhild mit einem starken Herrscher erhofft sich der König sein Reich zu retten, doch die junge Kriemhild weißt alle Werber forsch ab, bis schließlich Siegfried um ihre Hand anhält.

Siegfried unterstützt Gunther im Krieg und kehrt siegreich zurück an den Wormser Hof. Gunther stimmt nun der Hochzeit zwischen Kriemhild und Siegfried zu, wenn Siegfried ihm hilft Brünhild die Königin von Isenstein (heute Island) zur Frau zu gewinnen.

Brünhild hat übermenschliche Kräfte und nur wer sich im Dreikampf besiegt wird ihre Hand bekommen, wer verliert wird seinen Kopf auf einen Pfahl neben Hunderten von anderen Bewerbern wieder finden.

Mit Hilfe der Tarnkappe kann Siegfried Brünhild bezwingen und sie erkennt Gunther als ihren Gemahl an und zieht mit ihm nach Worms. Doch Brünhild verweigert Gunther in Worms den Vollzug der Ehe und König Gunther weiß sich nur wieder damit zu helfen das Siegfried ihm aus der misslichen Lage helfen soll. Dieser vollzieht dann versteckt unter der Tarnkappe die Hochzeitsnacht mit Brünhild und stiehlt ihr dabei einen Gürtel den er Kriemhild später schenkt. Brünhild erkennt fortan Gunther als ihren Gatten an.

Zweiter Akt:

Jahre später lädt König Gunther Siegfried und Kriemhild, die mittlerweile in Siegfrieds Schloss in Xanten leben, zu einem Wiedersehen in Worms ein. Vor dem Wormser Dom geraten die beiden Königinnen in eine heftigen Streit, da Brünhild Siegfried als Diener von Gunther bezeichnet. Kriemhild kontert damit das sie Brünhild den Gürtel aus der Hochzeitsnacht zeigt und damit den Beweis offen legt das Siegfried zuerst mit der Königin Brünhild geschlafen hat.

Brünhild ist zutiefst gedemütigt und Gunthers Berater Hagen möchte seine Herrin rächen. So entlockt er mit dem Vorwand -das er so Siegfried besser schützen kann- Kriemhild das Geheimnis der einzigsten Stelle an der Siegfried verwundbar ist, da diese beim Drachenblutbad von einem Lindenblatt verdeckt war. Hagen täuscht einen erneuten Angriff der Sachsen auf den Wormser Hof vor und in diesem Kampf stößt Hagen mit seinem Dolch zwischen Siegfrieds Schulterblättern und dieser sackt tödlich verwundet zusammen.

Die trauernde Kriemhild möchte mit Hilfe des Nibelungenschatzes sich ein neues Herr zusammenstellen, um sich für den Mord zu rächen. Doch Hagen erkennt zeitig die Gefahr und versenkt den Schatz im Rhein.

Kriemhild zieht daraufhin ins ferner Ungarn wo sie König Etzel besser bekannt als Attila der Hunnenkönig heiratet und nun endlich Gelegenheit für Ihre Rache findet. Sie lädt 13 Jahre nach der Ermordung von Siegfried den Wormser Hof zu sich ein. Hagen rät seinem König ab die Einladung anzunehmen, da er eine Falle vermutet, doch der König nimmt die Einladung an und zieht mit einem 9000 Mann starken Gefolge nach Ungarn.

Dort gelingt es Kriemhild ,indem sie ihren eigenen Sohn opfert, einen blutigen Krieg zwischen den Hunnen und den Nibelungen zu entfachen. Einer nach dem anderen kommt im Krieg um bis letzten Endes nur noch Gunther und Hagen am Leben sind. Kriemhild fordert Hagen auf das Versteck des Schatzes ihr Preis zu geben, doch dieser spottet er werde das Versteck nicht verraten, solange einer seiner Herren noch lebt. Kriemhild lässt daraufhin auch ihren Bruder Gunther töten. Doch Hagen verweigert ihr weiterhin preis zu geben wo sich der Schatz befindet und so tötet Kriemhild mit Siegfried Schwert auch Hagen und der Schatz bleibt bis heute verschwunden.

Meine Meinung über die Festspiele:
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Worms beeindruckte mich auch dieses Jahr mit den Festspielen. Sei es das der Dom eindrucksvoll mit in Szene gesetzt wird oder sei es das 4 Meter hohe Eispferd auf dem Brünhild in Worms einreitet es wird sich merklich sehr viel Mühe gegeben dem Zuschauer was besonderes zu bieten. Das merkt man auch schon vor Beginn der Aufführung wenn man, vor dem Eingang, von den freundlich Lächelnden Hostessen auf ein Glas Sekt, zu einschlägigen Melodien vom „Mann am Klavier“, eingeladen wird. Man fühlt sich einfach wohl und rundum „versorgt“. Es ist ein echtes Rundumerlebnis, das hier in der Kante eines Gleichen sucht.

Preis:
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Die Karten für die Festspiele im letzten Jahr waren schon Monate vorher Restlos vergriffen und auch dieses Jahr waren die Kontingente doch merklich schnell gegen null abgefallen. Worms im Jahre 2 hat aber die Preise im Schnitt 40% erhöht was natürlich dazu führt das Besucher mit kleinerer Geldbörse sich die Festspiele nicht mehr leisten wollen/können. Die Erhöhung mußte aber wohl auch durchgeführt werden, da im letzen Jahr obwohl alle Auführung ausverkauft waren ein Defizit von etwa 300.000 €uro nach den Festspielen übrig blieb und Intendant KLaus Nasenband den Hut nehmen mußte.

Die Preise sind in Kategorie wie folgt untergliedert:


Kategorie 1 € 85,00
Kategorie 2 € 65,00
Kategorie 3 € 45,00
Kategorie 4 € 25,00
Rollstuhlfahrer € 65,00
VIP-Arrangement € 180,00


Ich für meinen Teil, hatte im letzten Jahr das Glück 2 Kategorie 2 Karten zu gewinnen und dieses Jahr bei Ebay 2 Kategorie 1 Karten zum Preis von 120 Euro zu ersteigern.

Spieltage:
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Gespielt wird an folgenden Tagen:

Freitag, 15.08.2003 Premierentag
Samstag, 16.08.2003
Dienstag, 19.08.2003
Mittwoch, 20.08.2003
Donnerstag, 21.08.2003
Freitag, 22.08.2003
Samstag, 23.08.2003
Dienstag, 26.08.2003
Mittwoch, 27.08.2003
Donnerstag, 28.08.2003
Freitag, 29.08.2003
Samstag, 30.08.2003

Mein Fazit:
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Moritz Rinkes moderne Version der Nibelungensage bringt den harten Stoff der Nibelungensage „gut verdaulich“ an das breite Publikum und wen man dann König Gunther mit seinen Problemen zieht so ist es nicht mehr weit bis zu unseren heutigen Politikern. Die Kriegsszenen im 2. Akt erinnern an Filme über den 2. Weltkrieg und diese Erinnerung wird dadurch untermauert, dass die Uniformen der Soldaten doch sehr den damaligen entsprechen. Auch kämpfen die Krieger nicht zwingend mit dem Schwert, nein es wird auch schon mit der Pistole getötet. Was eine Zuschauerin aus einer Reihe hinter mir mit den Worten: „Damals hab es doch noch keine Pistolen“ kommentierte. Das ist eben der Punkt an dem sich die Kritiker an Rinkes Inszenierung reiben. Die einen finden es sehr gelungen die anderen haben da eben ihre Probleme mit wenn plötzlich aus den Lautsprechern unter Sirenengeheul das Geräusch von Maschinengewehren wahrzunehmen ist.

Ich persönlich finde diese gewagte Neuinszenierung der Saga sehr gelungen, weil wie schon erwähnt, sie sich sehr mit unserer Gegenwart beschäftigt und der ein oder andere versteckte Witz uns doch immer wieder über Klischees schmunzeln lässt.

Einzigster wahrer Kritikpunkt für mich ist das Mario Adorf nicht mehr den Hagen gibt, denn auf keinen Schauspieler passte die Rolle so überzeugend gut wie auf ihn.

Wer also etwas kulturinteressiert ist und bereit ist dafür nach Worms zu pilgern (wer zeitig da ist kann sogar noch den Nibelungenbrunnen oder den Dom besuchen) dem seien die Festspiele wärmstens zu empfehlen.

Danke fürs Lesen!

Mehr Infos, Karten, Trailer?
www.nibelungenfestspiele-worms.de


PS: Am kommenden Sonntag wird ein Schauspieler des Emsebels mit dem gläsernen Drachen ausgezeichnet, einem Theaterpreis der dieses Jahr zum ersten Mal verliehen wird und von Mario Adorf ins Leben gerufen wurde.

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