Wuppertal Testbericht

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Erfahrungsbericht von Gemeinwesen

W Y S I W Y G

Pro:

- siehe Text -

Kontra:

- siehe Text -

Empfehlung:

Ja

Das Sprichwort Er geht über die Wupper – es bedeutet: jemand verschwindet – hat dem Volksmund nach folgenden Hintergrund: In einem Wuppertaler Gefängnis gab es früher einen Todestrakt. Dieser lag auf der anderen Seite der Wupper als das Gefängnis selbst. Um ihn zu erreichen, musste man über eine Brücke gehen. Wenn ein Schwerverbrecher hingerichtet werden sollte, musste er daher über die Wupper gehen.

Eine weitere Bedeutung des Sprichworts ist der Bankrott: Das Wuppertaler Amtsgericht befindet sich auf einer Insel inmitten der Wupper (Eiland). Wer also Insolvenz anmeldet, muss – auf welcher Wupperseite er auch immer wohnt – über die Wupper gehen, um zum zuständigen Gericht zu kommen.
(Quelle: wuppipedia.de)



Eines vorweg: Wuppertal ist nicht meine Heimatstadt, und ich kenne mich in Wuppertal nur leidlich gut aus. Ich glaube aber, dass ich oft genug in Wuppertal unterwegs gewesen bin, um an dieser Stelle wenigstens den Eindruck schildern zu können, den Wuppertal auf mich macht und den ich gern weitergebe.

Wuppertal ist, streng genommen, eine Stadt, die keine ist. Wuppertal ist ein Zusammenschluss von mehreren kreisfreien Städten, die seit 1930 unter dem gemeinsamen Namen Wuppertal firmieren. Rom hat sieben Hügel, Wuppertal hat sieben Ortsteile: Elberfeld, Barmen, Beyenburg, Cronenberg, Langerfeld, Ronsdorf und Vohwinkel. Manche von ihnen haben mehr miteinander gemeinsam, andere weniger. Die weltbekannte Schwebebahn etwa verbindet nur die Ortsteile Vohwinkel, Elberfeld und Barmen miteinander. Elberfeld und Barmen besitzen jeweils ein eigenes Stadtzentrum, aber damit hören die Gemeinsamkeiten auch schnell auf. „In Elberfeld, da wohnt das Geld; in Barmen wohnen die Armen“, heißt es im Volksmund, und tatsächlich ist das Fluidum beider Ortsteile recht unterschiedlich.

Die Cronenberger und Ronsdorfer schauen, das darf man ganz wörtlich nehmen, auf Elberfelder wie Barmer herab – und soweit ich weiß, tun sie das auch im übertragenen Sinne: Wer in einem der beiden schmucken Quartiere wohnt, die entschieden eher dörflichen als urbanen Charme versprühen, lässt sich nicht so einfach den Talbewohnern zuschlagen. Auch nach knapp 80 Jahren des Zusammengehens nicht.

Das Kolorit jener tiefer gelegenen Teile von Wuppertal, die vor allem durch Schwebebahn und Bundesstraße B7 miteinander verbunden sind, ist hingegen, nun ja, etwas für Kenner und Liebhaber. Wuppertal ist eine Stadt, deren Blüte mit dem Niedergang der traditionellen Industriebetriebe welk geworden ist. Und gerade weil Wuppertal von jeher industriell geprägt gewesen ist, hat, wie in vielen Städten des Bundeslandes Nordrhein-Westfalen, auch hier der Zweite Weltkrieg deutliche Spuren hinterlassen. Beim Großteil des Wuppertaler Baubestandes handelt es sich um nüchterne Zweckbauten aus den 50er und 60er Jahren. Und leider befindet sich ein Großteil dessen, was nicht nach dem Krieg aus dem Talboden gestampft wurde, heute in einem höchst bedauerlichen Zustand: Ja, es gibt sie, die Gründerzeitarchitektur mit Stuck, Gargoyles und ehedem wunderschönen Eingangstüren – aber viele der Vohwinkeler Häuser, die die B7 säumen, sind schon äußerlich derart heruntergekommen, dass man gar nicht wissen möchte, wie’s wohl drinnen aussieht.
Seine Schokoladenseiten präsentiert Wuppertal anderswo – zum Beispiel im fotogenen Briller Viertel, im Norden von Elberfeld und im wirklich mondänen Villenviertel rund um den Zoo. Auch der Zoo selbst, das lässt sich guten Gewissens sagen, ist ein echtes Schmuckstück. In ganz besonderem Maße gilt das für die in jüngster Vergangenheit renovierten Unterbringungen der Elefanten und Raubkatzen. Die einen residieren im großzügig dimensionierten Elefantenhaus, die anderen dürfen durchs hohe Graus des Außengeländes pirschen, das sich wahlweise von einem Turm hinab oder aus einem mitten ins Gelände führenden, abgeschlossenenen Tunnelgang hinaus beobachten lässt. Auch der kleine Felsengarten, zwischen dessen aus Beton gegossenen Findlingen dicke Scheiben Einblicke in die Welt der Tiger gewähren, ist meilenwert entfernt von der Tristesse früherer Tage, in denen die prächtigen Raubtiere ihr Dasein schnöde in viel zu kleinen Käfigen fristen mussten.

Erst kürzlich gab’s, nicht zum ersten Mal, im Elefantenhaus Nachwuchs: Elefanten-Mädchen Tika hat sich nicht nur innerhalb kürzester Zeit zum neuen Publikumsliebling gemausert, sondern schmückt, wen wundert’s, auch die Starseite des Internetauftrittes wuppertaler-zoo.de.

Eine Besonderheit des Wuppertaler Zoos sei jedoch nicht verschwiegen. Wie in ganz Wuppertal geht’s auch hier auf und ab – will sagen: Es gilt Höhenunterschiede zu überwinden. Junge Beine werden damit keine Schwierigkeiten haben, wer hingegen nicht mehr ganz so gut zu Fuß ist, sollte seinen Besuch allerdings gut planen und sich entweder nicht zuviel vornehmen oder sich im Vorfeld nach einer Fahrt im Elektrowagen erkundigen, den man nach vorheriger Anmeldung mieten kann. Der Zoo hat übrigens, na klar, auch eine eigene Schwebebahnhaltestelle – ein Besuch im Zoo lässt sich also ganz problemlos mit einer „Besichtigung“ des weltbekannten Wuppertaler Wahrzeichens verbinden.

Besucher von außerhalb erreichen Wuppertal bequem über die Autobahn A46 oder mit der Deutschen Bahn – wahlweise mit einer S-Bahn der Linie 8, die tagsüber im 20-Minuten-Takt zwischen dem westfälischen Hagen und dem niederrheinischen Mönchengladbach verkehrt, oder mit einem der zahlreichen Linienzüge, die die Strecke bedienen. Der Stadtteil Barmen hat einen eigenen Bahnhof, der heute allerdings nur noch regionale Bedeutung hat – der wirkliche Hauptbahnhof von Wuppertal ist der in Elberfeld. Von hier führt ein merklich in die Jahre geratener Fußgängertunnel unter dem viel befahrenen (und reichlich unschönen) Verkehrsknotenpunkt direktemang in die Elberfelder Innenstadt, die alles an Einkaufsmöglichkeiten bietet, was sich der Städter von einem bundesdeutschen Stadtzentrum im Jahre 2007 wünscht. Sprich: Mit Galeria Kaufhof, Saturn, Hussel, Thalia & Co. sind die üblichen Metro- und Douglas-Töchter selbstverständlich vor Ort; demnächst soll auch die Mayersche Buchhandlung ihre Pforten in Wuppertal öffnen – was ich insofern bedenklich finde, als ich in der Elberfelder Innenstadt ein, zwei wirklich nette Buchhandlungen vom ganz alten Schlag vorgefunden habe: gut sortiert, mit einem Minimum an „Modernes Antiquariat“-Grabbeltheken und anderem Schnickschnack, der die so genannten „Boulevard“-Buchhandlungen ausmacht. Auch der Weihnachtsmarkt in Elberfeld, dem ich im letzten Jahr einen Besuch abgestattet habe, hat mir gut gefallen.

Die Kneipenszene vor Ort ist, so mein Eindruck, überschaubar; das Großteil des Wuppertaler Nachtlebens findet rund um die „Gathe“ statt. Deren Angebot an Ausgehmöglichkeiten verhält sich zu dem der etwa zehn S-Bahn-Stationen und eine halbe Stunde Fahrt entfernten Landeshauptstadt Düsseldorf in etwa so wie die Bierpreise in Wuppertal sich zu denen an der „längsten Theke der Welt“ verhalten: Beides ist nicht Schwindel erregend – und zumindest im Fall des Bierpreises ist das ja auch durchaus angenehm.

Summa summarum ist Wuppertal für mich eine Stadt, wie es sie viele in Nordrhein-Westfalen gibt: Gäbe es eine Miss-Wahl für Städte, bräuchte Wuppertal sich gar nicht erst bewerben – dafür ist Wuppertal zu sehr und vor allem zu sichtlich in die Jahre gekommen. Auf den zweiten Blick bietet Wuppertal aber vieles, das sich zu entdecken lohnt, und die Naherholungsmöglichkeiten sind bedingt durch die Nähe zum Bergischen Land auch durchaus zahlreich. Und Wuppertal mag keine städtebauliche Perle sein, aber dafür ist man hier auch nicht nur räumlich meilenwert entfernt von allem aufgesetztem Schicki-Micki-Getue und aller Großmannssucht: What you se eis waht you get – nicht mehr, aber auch nicht weniger.


R e s ü m e e

Wuppertal ist Zoo. Wuppertal ist Schwebebahn. Beides ist durchaus eine Reise wert; auch das Umland von Wuppertal hat seine Reize. En gros strahlt das Stadtbild von Wuppertal allerdings einen eher herben Reiz aus – wer architektonische Perlen sucht, kann sie aber finden.

39 Bewertungen, 13 Kommentare

  • Lucia007

    13.11.2007, 15:58 Uhr von Lucia007
    Bewertung: sehr hilfreich

    Wieder was gelernt! War aber nur einmal dort und fand es ganz nett - ziemlich ländlich für NRW.

  • doeter

    12.11.2007, 22:54 Uhr von doeter
    Bewertung: sehr hilfreich

    Habe ich neulich schon mal gelesen. Kurz nachdem ich beim Bücherflohmarkt der Wuppertaler Tafel war und erstmals mit der Schwebebahn über die Wupper fuhr. Und warum habe ich nicht bewertet und kommentiert? Egal.

  • Dr_Ed

    29.10.2007, 03:30 Uhr von Dr_Ed
    Bewertung: sehr hilfreich

    Vielleicht solltest Du noch das ramontische Morsbachtal erwähnen. Mit Wuppertal verbinde ich in erster Linie eine ex-Freundin von mir, mit der ich nicht unbedingt im Guten auseinander bin. Sie wohnte übrigens in der Nähe vom Zoo...

  • darras76

    15.10.2007, 01:23 Uhr von darras76
    Bewertung: sehr hilfreich

    Hmmmm, what you see is what you get-Wuppertal?? *enttäuscht guckt* und ich dachte immer da warten knackige, leicht beschürzte Männer auf mich....am heißen Strand...nur für mich...*kalt duschen geht*

  • sindimindi

    14.10.2007, 23:22 Uhr von sindimindi
    Bewertung: sehr hilfreich

    Wuppertal war ja die Heimat von Johannes Rau...(Eiberfeld) - Schwebebahn würde ichgerne einmal fahren - aber dazu müsste ich erst einmal rund 500 Kilometer anreisen..;-) RS

  • olsenbande

    14.10.2007, 18:10 Uhr von olsenbande
    Bewertung: sehr hilfreich

    LG Steffen

  • bea1502

    02.10.2007, 19:08 Uhr von bea1502
    Bewertung: sehr hilfreich

    lg bea

  • Tut_Ench_Amun

    02.10.2007, 18:04 Uhr von Tut_Ench_Amun
    Bewertung: sehr hilfreich

    LG vom ollen Pharao

  • alge52

    02.10.2007, 17:54 Uhr von alge52
    Bewertung: sehr hilfreich

    Zoo ist schon gut, aber unser Zoom in Gelsenkirchen ist auch absolut zu empfehlen. Doch, sehr guter Bericht!

  • Wegeno

    02.10.2007, 10:33 Uhr von Wegeno
    Bewertung: sehr hilfreich

    ...::: Gruß Werner :::...

  • Miraculix1967

    02.10.2007, 10:02 Uhr von Miraculix1967
    Bewertung: sehr hilfreich

    Da müsste ich als Düsseldorfer auch im wahrsten Sinne des Wortes über die Wupper gehen, um zu euch zu gelangen...lach! Toller Bericht! SH und LG Miraculix1967

  • LittleSparko

    02.10.2007, 01:21 Uhr von LittleSparko
    Bewertung: sehr hilfreich

    lg, daniela

  • sigrid9979

    01.10.2007, 23:53 Uhr von sigrid9979
    Bewertung: sehr hilfreich

    1A Klasse Lg Sigi