Yamaha FZS 600 Fazer Testbericht

Yamaha-fzs-600-fazer
Abbildung beispielhaft
ab 42,17
Auf yopi.de gelistet seit 10/2003
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Summe aller Bewertungen
  • Fahreigenschaften:  sehr gut
  • Gewicht:  leicht

Erfahrungsbericht von amgaida

Mein bester Kauf

5
  • Fahreigenschaften:  gut
  • Gewicht:  leicht

Pro:

Preis-/Leistungsverhältnis, Motoreigenschaften, Bremswirkung, Handling, Vielseitigkeit

Kontra:

Windschutz, Soziuskomfort, Lichtausbeute

Empfehlung:

Ja

Meine rote Yamaha FZS 600 Fazer habe ich im Juni 1998 als Neufahrzeug beim Yamaha Händler \"Richter\" in Köln zum runter-gehandelten Preis von 11.850 Mark gekauft. Das entsprach einer Ersparnis von gut 800 Mark gegenüber dem Listenpreis.
Bis dahin war ich 5 Jahre lang eine Kawasaki Zephyr 550 gefahren, mit der ich bis auf die Motorleistung und den Windschutz eigentlich sehr zufrieden war. Als die Fazer dann in der Saison ´98 vorgestellt wurde, war ich hin und weg. Der moderne Motor mit nominell 96 PS, das Allrounder-Layout und die sehr guten Fahrberichte und Tests waren genau das was ich suchte...


ALLGEMEINES:

Die Fazer wurde von Yamaha in Abkehr von den reinen Sportmaschinen als Sporttourer konzipiert. Sie erhielt den wassergekühlten Vierventil-Vierzylinder aus der YZF 600 (Thundercat), der durch eine geänderte Abstimmung auf ein früher anliegendes Drehmoment-Maximum und eine etwas fülligere Leistungskurve getrimmt wurde. So büßte er ein paar PS ein und zeigt dafür für eine 600er einen recht kräftigen Antritt.

Die Tourenambitionen sollten durch die breite Sitzbank, den Hauptständer, den Rohrlenker, der eine aufrechte Sitzhaltung ermöglicht und den massiven Sozius-Haltegriff sowie die touristisch anmutende Halbschalen-Verkleidung noch unterstützt werden. Dazu eine mit 110/70 17 bzw. 160/60 17 in den Maßen moderat gehaltende Bereifung und fertig war der Allrounder, der zudem mit knapp über 12.000 DM damals zum Kampfpreis offeriert wurde.

Optisch orientierte sich die erste Fazer mit den eckigen Scheinwerfern etwas am 80er-Look, was mich persönlich nicht sofort umhaute. Aber die Heck- und die Seitenansicht gefielen mir sofort und auch die Verarbeitung machte zu dem Preis einen wertigen Eindruck.


MOTOR/ANTRIEB:

Der 599ccm große Reihenvierzylinder ist ein absolutes Sahnestück. Er dreht seidig hoch, läuft dabei fast vibrationsfrei und die Leistungsentfaltung ist sehr linear. Aus dem Drehzahlkeller geht es noch munter bis ca. 4.500 U/min hoch, um dann schon nachdrücklicher bis 7000 U/min zu drehen, wo dann endgültig der Nachbrenner gezündet wird. Die Leistung nimmt bis in den Begrenzer bei ca. 13.000 U/min kontinuierlich zu. Selten bin ich einen so schön zu kontrollierenden Motor gefahren. Das Drehmoment hält sich naturgemäß in Grenzen, die Leistung ist jederzeit überschaubar und setzt nicht überraschend ein. Für einen Allrounder könnte es kaum einen besseren Motor geben.

Der Motor springt immer gut an. Beim Kaltstart benötigt sie ein wenig Choke, der schon nach wenigen Sekunden oder 4 - 500 m Fahrt wieder weggenommen werden kann. Sie läuft dann gemütlich mit 1000 U/min und droht nie auszugehen. Beim Heißstart schadet dagegen manchmal ein Gasstoß nicht beim Starten, da so der Anlasser nicht so lange drehen muss.

Dazu ist der Verbrauch zwischen knapp 5 und 6,5l/100 km auf der Landstrasse bis hin zu ca. 9 - 10l auf der Rennstrecke oder bei sehr hochtourigem Heizen absolut im vertretbaren Rahmen. Außerdem ist das Cockpit neben einer Benzinuhr auch mit einer Reserveleuchte ausgestattet, die frühzeitig zur Tankstellensuche mahnt. Die Reichweite ist durch den 18-Liter-Tank jedoch durchaus tourentauglich. 250 - 300 km sind meist möglich, spätestens dann hat man sowieso eine Pause nötig.

Die Fahrleistungen gehen ebenfalls ok, lt. diversen Tests geht´s in den üblichen ca. 3.5 Sekunden aus dem Stand auf 100 km/h und ca. 11 Sekunden später sind 200 km/h erreicht. Höchstgeschwindigkeit ist lt. Schein 213 km/h. Meine läuft in geduckter Fahrerhaltung auch mit etwas Anlauf 240 km/h Tacho, was in Anbetracht einer dahinter fahrenden 900er Ducati ca. echten 225 km/h entsprechen dürfte. Dabei lässt der Schub erst ab 210 km/h merklich nach, zumindest im 6. Gang.

In vielen Tests wurde das Getriebe der Fazer bemängelt. Es sei knöchrig und unexakt zu schalten. Ganz so schlimm empfinde ich es nicht aber ich habe ganz klar schon bessere Schaltboxen erlebt. Mit deutlichen Fußbewegungen lässt sich jedoch immer der richtige Gang einlegen, auch wenn es schon mal Geräusche macht. ;-)


FAHRWERK:

Das Fahrwerk der Fazer fällt durch seine schmalen Reifen (110/70 und 160/60) auf. Hier steht eindeudig die Funktion im Vordergrund und nicht die Show. Aber Leute, die vor der Eisdiele auf \"dicke Hose\" machen wollen, kaufen sich wohl eh ein anderes Motorrad. Ergebnis der Spargröße ist ein sehr direktes Handling, die Fazer macht einfach das was der Fahrer denkt, schon wenn er den Gedanken kaum zuende gedacht hat. Das Handling ist messerscharf, sehr zielgenau und bis in tiefste Schräglagen neutral. Das Aufstellverhalten beim Bremsen ist extrem gering, wobei ich da mit unterschiedlichen Reifen auch unterschiedliche Erfahrungen gemacht habe - dazu gleich mehr. Die Bremsen selbst sind von Bekannten schon als \"Bremsfallschirm\" bezeichnet worden. Ich würde sagen sie sind für das Motorrad absolut angemessen, im Normalbetrieb fadingfrei und sehr gut zu dosieren. Eine aktuelle Fireblade hat aber z.B. nochmal deutlich besseres Material - dafür kostet sie auch das Doppelte. ;-)

Das Fahrwerk der ´98er Fazer ist an der Gabel nicht einstellbar, am Federbein ist nur die Federbasis einzustellen. Hier ist die höchste Stufe bei mir jedoch vom ersten Tag an eingstellt und für größere Fahrer (100kg inkl. Montur) so gerade ausreichend.
Die Federelemente sind insgesamt für den Solobetrieb noch ausreichend straff, spätestens mit Sozius und bei > 25°C Außentermperatur wird´s jedoch arg weich. Nächsten Winter wird es eine Fahrwerkskur mit White-Power Federbein und Technoflex-Gabelfedern geben, um dem Fahrwerk speziell bei flotter Fahrweise etwas mehr Reserven zu geben.


REIFEN:

Serienmäßig wurde die Fazer damals entweder mit den Dunlop Sportmax D207 oder den Bridgestone Battlax BT57 ausgeliefert. Die Dunlops haben dabei lt. diversen Tests die wesentlich neutraleren Eigenschaften sowie den besseren Grip in kaltem und warmen Zustand. Mit den ersten drei Sätzen D207, die je ca. 6.000 km vorne und hinten gehalten haben war ich eigentlich soweit zufrieden. Bis auf den Kaltgrip und die Nasshaftung.

Zur Zeit hab ich den Michelin Pilot Sport drauf, für den es eine Freigabe auf der Michelin-Homepage gibt. Der Reifen ist ja bekannt gut bei Regen und Kälte und ich würde ihn auch als nochmals besser als den D207 bezeichnen. Warm gefahren kennt er keine Grip-Grenzen. Meine Fussrasten sind (von den Nippeln längst befreit) auf beiden Seiten schon arg \"angefressen\", als nächstes ist wohl der Schalldämpfer dran. Für Neulinge sei gesagt, dass man bei aufsetzenden Rasten schon ganz gut unterwegs ist und sich auch da noch keine Sorgen um den Reifengrip machen braucht. Für mich war das Anfangs eine wichtige Information, die Vertrauen schafft beim \"Antesten\". ;-) Negativ fallen die Michelin höchstens durch etwas verstärktes Aufstellmoment beim Bremsen in Schräglage auf. Da das aber bei der Fazer eh zu vernachlässigen ist, nehme ich das gerne in Kauf.

Der Verschleiß scheint ebenfalls etwas geringer zu sein als bei den Dunlop, zmindest hab ich bereits über 7.000 km drauf und bin noch immer kurz vor der Verschleißgrenze. ;-)


IM ALLTAG:

Ich kann nur sagen, dass das Motorrad eine Menge Spaß macht. Dabei ist es sehr günstig im Unterhalt und im Vergleich zu Kawasaki, wo mal eine Inspektion locker 600 DM kosten konnte, bin ich mit Preisen zwischen 200 DM und 190 EUR sehr zufrieden. Der erste Kettensatz hat 24.000 km gehalten und wurde im Rahmen der Inspektion getauscht. Inkl. Ventilspielkontrolle (Einstellen erst bei 42.000 km) hab ich damit 280 EUR für die Inspektion inkl. Kettensatz gezahlt.

Die Maschine hat mich noch nie im Stich gelassen, das einzige was sich jetzt andeutet, sind leichte Risse in den Gummis an der Vergaserzuführung, die müssten bald getauscht werden. Ansonsten funktionerte die Fazer immer einwandfrei und für mich ist es jedes Mal eine Freude mit ihr zu fahren. Der Windschutz hinter der weit vom Fahrer entfernten Verkleidung ist erst bei geduckter Haltung gut. Die Kante im Tank, die bei vielen Tests gerügt wurde, fällt nach ein paar Wochen überhaupt nicht mehr auf und die etwas weiche Sitzbank ist auch Gewöhnungssache. Leider klagt meine Freundin über verstärkt eingeschlafene Beine auf dem an sich bequemen Soziusplatz. Die Rasten sind aufgrund der guten Anbringung der Auspuffanlage recht hoch und für ungelenke Personen (pssst! ;-) ) auf die Dauer eine Herausforderung.

Das größte Manko der ´98er Fazer ist allerdings ganz deutlich das miserable Licht, welches dem eines modernen Fahrrads mit Felgendynamo entspricht. Mit zwei Scheinwerfern ausgestattet, funktioniert nur einer für das Abblendlicht (H4-Birne). Warum überhaupt Motorradhersteller offenbar erst seit dem Jahr 2000 auf die Idee gekommen sind, dass auch ein Motorrad mit guten Scheinwerfern ausgestattet sein sollte, ist mir persönlich unerklärlich.
Empfehlenswerte Abhilfe schafft hier die Inbetriebnahme der Abblendlicht-Wendel im zweiten Scheinwerfer (siehe Fotos). Dazu muss einfach nur ein Kabel zum rechten Scheinwerfer geführt werden und die Lichtausbeute nachts steigt um den Faktor 100. :-)
Eine genaue Anleitung findet sich in Foren bzw. Homepages zur Fazer, von denen es mittlerweile reichlich gibt.


FAZIT:

Ich hab damals (noch in der Ausbildung) lange hin und her überlegt, ob ich das Motorrad kaufen soll. Ich habe den Entschluss jedoch danach keine Sekunde bereut und würde es immer wieder tun, weil man einfach nichts falsch machen kann.

Gebrauchte Maschinen wie meine werden heute zwischen 3000 und 3500 EUR gehandelt. In gutem Zustand würde ich jederzeit zugreifen.

Danke für Lesungen und Kommentare. :-)

PS: Der Bericht ist unter gleichem Usernamen auch bei Ciao.de zu finden

7 Bewertungen, 1 Kommentar

  • Overknees

    25.12.2004, 02:42 Uhr von Overknees
    Bewertung: sehr hilfreich

    .... die Reiskocher-Phase ist bei mir vorbei. Aber das Teil ist sicher einer der vernünftigsten Einstiege für sittlich gereifte Menschen ;) *greetz* Marc A.