Schachnovelle (Taschenbuch) / Stefan Zweig Testbericht

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Erfahrungsbericht von elly7486

Logik oder Wahnsinn?????

Pro:

Stil

Kontra:

-

Empfehlung:

Ja

Liebe Leserinnen und Leser;

Die menschliche Psyche ist voller unentdeckter Phänomene.
Dr.Freud hat uns zwar vorgemacht, wie man einen Menschen analysiert, aber die Zeiten haben sich geändert und dadurch sind die Krankheitszustände auch etwas von den damaligen abgewichen.
In der nachfolgenden Inhaltsangabe geht es um einen Mann, der einer solchen Krankheit erlegen ist. Eine Nervenkrankheit, die immer wieder zurück kehren kann, wenn er das auslösende Moment nicht verhindert. Der Auslöser ist das Schachspiel.

Natürlich müssen bei meinem Buchbericht auch ein paar Worte über einen Autor gesagt werden!

Stefan Zweig...
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wurde am 28.Dezember 1881 als zweiter Sohn des böhmischen Textilfabrikanten Moritz und der italienischen Bankiertochter Ida Zwei in Wien geboren und wächst in wohlhabenden, jüdischen Bürgertum auf. Nach Studium der Philosophie in Wien und Paris wandte er sich ganz dem literarischen Schaffen zu. Er wurde Mitglied des „Jungen Wien“, einer literarischen Künstlervereinigung in Wien nach der Jahrhundertwende. Weitere Vertreter des „Jungen Wien“ waren u.a. Arthur Schnitzler, Hugo v. Hoffmannsthal und Hermann Bahr, sie trafen sich regelmäßig im Cafe Griensteidl in Wien.
Von seinem Wohnsitz in Salzburg emigrierte er wegen des 2.Weltkrieges zuerst nach England, später in die USA und nach Brasilien, wo er sich am 22.Februar 1942 gemeinsam mit seiner Frau das Leben nahm, aus Frust über den Zerfall seines alten Europas und seiner eigenen Situation.
Stefan Zweig litt Zeit seines Lebens an der sogenannten „schwarzen Leber“, eine Art immer wiederkehrende Depression, die ihn selbst bei bester Stimmung für die Schattenseiten des Lebens anfällig machte. Dies erklärt auch seinen freiwilligen Tod in Brasilien, genauer in Petropolis!

Seine Werke
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Nur kurz möchte ich weitere Werke von ihm auflisten! In seinen vielen Erzählungen und Novellen beschäftigt er sich vor allem mit dem Schicksal anderer Menschen und deren Absonderlichkeiten. Da er ja Psychologie studiert hat erforscht er immer wieder die Gründe für das seltsame Verhalten von Menschen. Hier ein paar weitere bedeutende Werke (ohne Anspruch auf Vollständigkeit):

Angst – habe ich auch auf meiner Matura Leseliste gehabt. Handelt von der Angst einer Frau, die ihrem Mann betrügt, und die fast an ihrem Geheimnis zugrunde geht.

Sternstunden der Menschheit – dieses Buch besteht aus mehreren kleinen Erzählungen über historische Ereignisse der Weltgeschichte wie z.b. die Schlacht um Waterloo oder die Entdeckung Eldorados! Absolut empfehlenswert!

Magellan – War ebenfalls auf meiner Leseliste! Ein Bericht über die erste Weltumseglung Magellans aus der Sicht eines Mitreisenden!

Die Welt von gestern – eine Art Autobiographie, die er kurz vor seinem Tod schrieb. Er erzählt von einer Welt, die er nie wieder sehen würde, alle Ideale, die ihm so wichtig waren, waren im 2.Weltkrieg vernichtet worden.

Weitere Büchlein über die ich leider nichts sagen kann, da ich sie nicht gelesen habe: Amok, Ungeduld des Herzens, Verwirrung der Gefühle, etc.


Zur Schachnovelle
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Die Handlung der Novelle spielt auf einem Dampfer, der von New York nach Buenos Aires fährt.
Ein als Schachspieler mäßig begabter Ich-Erzähler berichtet von seiner Begegnung mit dem Schachweltmeister Mirko Czentovic, den ein selbstgefälliger Millionär, namens Conner gegen Honorar zu einer Simultanpartie herausfordert.
Der primitive und zugleich arrogante Czentovic beherrscht fast automatisch die kalte Logik des königlichen Spiels! Ein Fremder, der sich dann als der österreichische Emigrant Dr.B. herausstellt, greift dann beratend in die hoffnungslos verfahrene Partie ein und rettet gegen den eiskalt agierenden Weltmeister ein schmeichelhaftes Remis. Nach der Aufforderung Conners eine weitere Partie zu spielen entfernt sich Dr.B. auffallend schnell. Der Erzähler geht Dr.B. nach, und will ihn doch noch überreden eine Partie zu spielen. Schließlich willigt Dr. B. ein, betont aber nur eine Partie spielen zu wollen, da er seit seiner Jugend keine Schachfigur mehr angegriffen hat. Natürlich macht das den Erzähler stutzig, warum er denn dann so gut spielen könne und dann beginnt Dr. B. seine Geschichte zu erzählen!
Dr. B. wurde als Vermögensverwalter größerer Klöster von der Gestapo verhaftet und in einem Hotelzimmer hermetisch von der Außenwelt abgeriegelt und abgeschnitten. Er hatte absolut keinen Kontakt zur Außenwelt oder zu irgendwelchen Personen. Monate lang wurde er immer wieder nur für Verhöre aus seinem Zimmer gelassen. Er hat sich vor der nervlichen Zermürbung und geistiger Aushöhlung bewahrt, die ja offensichtlich das Werkzeug der Gestapo war, indem er Monate lang eine Sammlung von 150 Meisterpartien des Schachs blind durchgespielt hat und mit diesem geistigen Exerzieren jene Widerstandskraft zurück gewonnen hat, die ihm die täglichen Verhöre abverlangten. Diese Schachpartien fand er alle in einem kleinen Buch, das er während eines Verhörs einmal in sein Zimmer mitgehen ließ! Später dachte er sich neue Partien aus und überwand so die völlig raumlose und zeitlose Leere.
Schließlich, um nicht „erdrückt zu werden von dem grauen Nichts um mich“, verfiel er der geistigen Schizophrenie, gegen sich selbst zu spielen. Diese „Schachvergiftung“ führte zu einem Nervenfieber und in weiterer Folge auch zu seiner Freilassung.
Die Geschichte in der Geschichte endet hier, und wir befinden uns wieder auf dem Schiff – zum ersten Mal seit seiner Haft spielt nun Dr. B. gegen einen kongenialen Partner. Er spielt nur aus reiner Neugier, um festzustellen, ob das in der Zelle damals noch Schachspiel oder schon Wahnsinn gewesen ist. In der ersten Partie schlägt er den Weltmeister souverän und es kommt so wie es kommen musste – gegen seinen Willen lässt er sich auf eine Revanche ein und verfällt prompt wieder in dieses Nervenfieber, das damals in der Zelle zu dem Zusammenbruch geführt hatte. Seine Wahnvorstellungen arten in unsinnige Züge aus, immer ungeduldiger wartet er auf den nächsten Zug von Czentovic, der dies natürlich merkt und ihn provoziert, indem er übertrieben lange auf den nächsten Zug wartet.
Kurz vor dem völligen Zusammenbruch von Dr. B. rüttelt ihn der Erzähler wieder wach. Dr. B. bricht die Partie ab, um nie wieder eine Schachfigur anzugreifen!!


Interpretation
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Und wie wir es brav in der Schule gelernt habe, werde ich versuchen meine Gehirnzellen anzustrengen und die Novelle ein wenig interpretieren!
In der Novelle zeichnet sich eine klare Wertung zu den Hauptpersonen ab: Dr. B. und der Erzähler haben eine Mentalität welche der von Stefan Zweig sehr ähnlich ist. Sie sind die positiv gezeichneten Figuren. Negativ gezeichnet sind Czentovic und der reiche Investor Conner. Sie haben andere Wertvorstellungen als Zweig.

Die Schachnovelle ist als Rahmennovelle aufgebaut, die Binnen Erzählung der Schachnovelle beschreibt, wie Dr. B. von den damals in Österreich herrschenden Nazis aus seinem Leben gerissen wurde. Sie enthält eine deutlich Kritik am Nazi Regime. Man findet durchaus auch autobiografische Teile Zweigs! Zweig verarbeitet in der Schachnovelle seine eigenen Erfahrungen und sein eigenes Schicksal mit dem Regime. Dr. B. teilt mit Stefan Zweig das Schicksal eines auf traditionelle Werte bedachten Österreichers, der Anfang des 20.Jahrhunderts aus seiner Heimat fliehen musste. Zweig wuchs in einer heilen Welt auf und verkraftete den Zusammenbruch dieser Welt nicht.

In seinem Werk zeigt Stefan Zweig eine Methode die die Gestapo angewendet hat. Man tat den Personen nichts, man stellte sie nur in das vollkommene Nichts, denn bekanntlich erzeugt kein Ding auf Erden einen solchen Druck auf die menschliche Seele wie das Nichts. Stefan Zwei beschreibt dieses Gefühl der Gefangenschaft, indem er immer wieder darauf hinweist, das sich immer nur die selben 5 Gegenstände im Raum befinden, welche auf der Psyche des Gefangenen lasten.


Meine Meinung
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Dieses Buch habe gerne gelesen. Alle Werke Zweigs zeichnen sich durch Zweigs eigenen Stil aus, der meist durch Zweigs Weltanschauung geprägt war, obwohl er immer wieder aus etwas Distanz schreibt. So liest sich sein Stil sehr flüssig, ist aber bei genauerem nachdenken nicht unbedingt deswegen eine leichte Lektüre.
Auch die Spannung, besonders in der Schachnovelle, die Zweig hier durch gut durchdachte Situationen und Personenkonstellationen erreicht, trägt dazu bei, dass diese Buch absoluter Kult ist bei mir!
Dieses Büchlein gibt es ca. in 100 verschiedenen Versionen zu erwerben, mal in einem ganzen Band über Stefan Zweig, dann wieder als einzelnes Heft, wo nur diese Novelle drinnen ist. Ich persönlich habe es in Form eines gelben Reclam-Heftchens, aber egal was ihr nun habt, der Inhalt wird immer der gleiche sein. Das Büchlein ist nicht allzu lang, meine Version besteht aus gut 100 Seiten, also kein schwerer Wälzer! Erwerben kann man es schon für ca. 5€ – 7€.


Fazit
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Dieses Buch ist ein absolutes Highlight in der deutschsprachigen literarischen Geschichte! Nicht nur das die Erzählung sehr spannend ist und weite Interpretationsmöglichkeiten offen lässt, ist es auch sehr schön und angenehm zu lesen, geschrieben. Dieses Buch ist wirklich jedem weiterzuempfehlen!!

Lieben Gruß
elly

P.S.: Röschtschleibfähler dieynen dähr allgämeaynnen Belüstikungg!!!!!

57 Bewertungen, 7 Kommentare

  • melek107

    20.05.2007, 10:55 Uhr von melek107
    Bewertung: sehr hilfreich

    sh und lg.

  • anonym

    06.01.2007, 20:24 Uhr von anonym
    Bewertung: sehr hilfreich

    Liebe Grüße Edith und Claus

  • waltraud.d

    12.12.2006, 19:49 Uhr von waltraud.d
    Bewertung: sehr hilfreich

    sehr hilfreich

  • Baby1

    04.12.2006, 20:21 Uhr von Baby1
    Bewertung: sehr hilfreich

    * LG Anita *

  • FrauFreitag

    27.11.2006, 22:29 Uhr von FrauFreitag
    Bewertung: sehr hilfreich

    ein sehr guter bericht!

  • lana80

    11.04.2006, 18:11 Uhr von lana80
    Bewertung: sehr hilfreich

    Ein wirklich gelungender Bericht. Auch ich habe das Buch schon gelesen und hatte überlegt einen Bericht über die Schachnovelle zu schreiben. Doch durch deinen Bericht bin ich nun leider etwas abgeschreckt und warte lieber noch etwas. SH und LG Lana

  • Lisolotto

    25.03.2005, 21:43 Uhr von Lisolotto
    Bewertung: sehr hilfreich

    schöner Bericht