8 Mile (VHS) Testbericht

8-mile-vhs-drama
ab 18,06
Auf yopi.de gelistet seit 10/2004

Erfahrungsbericht von Dnome

Riskante Idee grandios umgesetzt

Pro:

Authentischer Soundtrack, gute Darsteller, spannende Story - nicht für jeden was, aber an sich ein großartiges Drama.

Kontra:

Obwohl man nicht unbedingt Eminem-Fan sein muß, um diesen Film zu mögen, so sollte man ihm doch die Chance geben, sein schauspielerisches Können heir unter Beweis zu stellen.

Empfehlung:

Ja

Wann immer ich lese oder höre, daß das Leben eines Politikers, Musikers oder von sonstwem verfilmt werden soll, gähne ich nur laut. Die meisten dieser Vorhaben werden (zum Glück) niemals realisiert, doch mit \"8 Mile\" ist Curtis Hanson ein Geniestreich gelungen. Es handelt sich um eine semi-biografische Inszenierung von Eminems Leben. Wem ist der weiße Detroiter Rapper immer noch kein Begriff? Der mittlerweile 30jährige Marshall Bruce Mathers III., wie sein richtiger Name tatsächlich lautet, ist immer wieder für Kontroversen gut und vor allem von Homosexuellen und Kritikern zu Recht gefürchtet. Das Hauptproblem: Er MACHT einfach gute Musik, selbst wenn man ihn als Person ätzend findet und seine vermittelten Inhalte mehr als bloß anstößig findet. Dieses Problem spiegelte sich (für die Kritiker, die sich schon die Hände gerieben hatten) auch bei seinem ersten - und möglicherweise einzigen - Ausflug in die Filmecke wieder. Allzugern hatte man ihn verreissen wollen, doch mußte dann beschämt zugeben, daß Eminem großartig spielte und mit diesem Film sein eigenes kontroverses Leben etwas nachvollziehbarer darstellt. So finden sich zwischen seiner Filmfigur Jimmy Smith, Jr., genannt B-Rabbit, und ihm einige Parallelen. Beide wohnten bis Mitte der 90er in der Detroiter \"8 Mile\", jener unsichtbaren Grenze zwischen der armen weißen und armen schwarzen Bevölkerung der Stadt. Curtis Hanson schaffte es auf brillante Weise, die Zerstörtheit dieses Teils von Detroit darzustellen mit all den kaputten Fassaden und verlassenen Baracken, sowie dem niemals versiegenden Optimismus seiner Einwohner, es doch noch irgendwie \"rauszuschaffen\". Außerdem wuchsen sowohl Marshall Mathers als auch \"Rabbit\" ohne Vater auf und traten im Zeichen des 3-1-3 in kleinen Clubs auf, in der Hoffnung, den Durchbruch als Rapper schaffen zu können.

Die Story:
Jimmy Smith, Jr., ist angekotzt vom Leben. Seine Freundin hat ihn verlassen und sein Stolz hindert ihn daran, den ihr überlassenen Wagen zurückzufordern. Er ist pleite, seit er seinen Job verloren hat und muß nun gezwungenermaßen zu seiner Mutter (Großartig gespielt von Kim Basinger) in die \"8 Mile\" zurückziehen. Diese geht anschaffen und verschenkt sich an diverse hinterletzte Männer wie beispielsweise jüngst Greg Buehl (Michael Shannon), der kaum älter als ihr Sohn ist. Jimmy würde am Liebsten überall sein, nur nicht wieder in der 8 Mile. Sein Traum ist es, einen Plattenvertrag zu kriegen - doch bei seinem Auftritt im Freestyle-Club \"The Shelter\" hatte er ein Black-Out, im wahrsten Sinne des Wortes ;-)
Er lernt die quirlige Alex (Brittany Murphy, wie auf Speed) kennen und verliebt sich in sie, seine kleine Schwester weckt sein Verantwortungsbewußtsein, seine Freunde - vor allem der Veranstalter Future (Mekhi Phifer, sehr überzeugend) - überzeugen ihn stets auf\'s Neue von seinem Talent und er nimmt einen neuen Job in einer Fabrik an. Dann naht die Stunde der Wahrheit.
Es kommt der Abend, an dem sich für Rabbit alles ändern kann. Seine letzte Chance, denn er hat sich innerlich ein Ultimatum gestellt. Er will raus, er will es allen zeigen. Jetzt oder nie. Und auch wenn die Chancen schlecht stehen - betrogen von Alex, verstritten mit Future, verprügelt und bedroht von der rivalisierenden Gang \"Free World\" - wagt er es auf die Bühne und läuft zum allerersten Mal nicht mehr vor seinem Leben davon...

Die Musik:
Elementar in diesem Film sind die Freestyle-Battles. Sie sind spektakulär in Szene gesetzt und vermitteln bestens das Flair in eben solchen Clubs. Zu unser aller Glück wurden die Battles NICHT in\'s Deutsche übersetzt, was dem Film eindeutig zugute kommt. Stattdessen werden mangelhafte Untertitel eingeblendet, die man allerdings als Englischkenner nun wirklich nicht braucht. Und wer mit Englisch nix anfangen kann, noch weniger als mit Eminem vielleicht, der sollte sich diesen Film dann doch nun wirklich nicht antun. Immerhin finde ich die Idee, konsequent ALLES was auf der Bühne des \"Shelter\" gesprochen wird - auch Dialoge - im O-Ton zu lassen, recht intelligent. So hat der deutsche Zuschauer wahrlich die Empfindung, mit Rabbit eine Bühne zu betreten, auf der dann alle Register der Rap-Kunst gezogen werden.
Der Film spielt im Jahr 1995, das auch in der realen Geschichte von Eminem das Jahr der Entscheidung gewesen ist. Anders als bei Eminem, der seine erste EP \"Infinite\" veröffentlichte und damit gnadenlos floppte (Aus mangelnder Originalität, obwohl es mir persönlich wirklich gefällt), was in einen mißglückten Suizidversuch mündete, verläuft für Rabbit diese Entscheidung viel positiver. Die Atmosphäre des Jahres 1995 wird durch authentische Musik deutlich realistischer in Szene gesetzt! Es laufen viele Hits aus den Jahren 1994-1995, was mir fast schon die Tränen in die Augen laufen ließ - was ich dann ob der ganzen anwesenden Tür... Südländer und Kleinkinder im Kinosaal doch lieber gelassen habe: Method Man, 2Pac, The Notorious B.I.G., The Pharcyde... So wurde dieser Film nicht bloß eine Darstellung von Rabbits Story, und von Eminems Story, sondern auch von der Art und Weise, wie Detroit im Jahr 1995 die Rap-Szene wahrgenommen hat. Curtis Hanson ging mit großer Professionalität an\'s Werk und hat mich nicht enttäuscht, da er bis in\'s kleinste Detail an dem vollendeten Film gefeilt hat. Auch Eminem hat viel in den Film investiert und so eine tragische und doch sehr sympathische Figur geschaffen, durch die er intelligenterweise auch sich selbst viel verständlicher für das Publikum gemacht hatte.

Warnung:
Typische kleine Kiddies, die Eminems Musik nicht wirklich verstehen, werden von dem Film möglicherweise enttäuscht sein/werden. Der Film ist ernst und handelt von ernsten Themen, es ist kein verrückter Eminem alias Slim Shady (sein 1998 NACH der \"Infinite\"-Flaute kreierter Alter Ego) zu sehen, keine großen Konzerte von ihm, sondern mehr die leisen Töne der rauschenden Großstadt. Hier geht es um Freundschaften, Liebe und Haß, auch Selbsthaß, den Rabbit zu überwinden lernt. Vor allem jedoch ist das im Film NICHT Eminem, auch wenn die Figur so wie er scheint. Eminem hatte nie eine kleine Schwester, er hat einen jüngeren Bruder namens Nathan. Auch soll Alex nicht seine (Ex-)Frau Kim darstellen, was viele Kinder neben mir im Kino nicht ganz verstanden haben. Ich verstehe \"8 Mile\" als ein modernes Drama, aber mit einer gesunden Portion Optimismus für die Hauptfigur, die auch notwendig ist, um im kalten Alltag Detroits der 90er Jahre überleben zu können.

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