8 Mile (VHS) Testbericht

8-mile-vhs-drama
ab 18,06
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Erfahrungsbericht von Miss_Mauve

„And the Oscar goes to...“

Pro:

-

Kontra:

-

Empfehlung:

Nein

...an wen auch immer. Aber bestimmt nicht an Eminem oder 8 Mile. Das orakle ich. Nicht falsch verstehen, ich fühle mich beizeiten schon der Gruppe der Eminem-hörenden trashigen Hip-Hop-Schlampen zugehörig und fahre wild zuckend auf die froschig-unvergleichliche Stimme, den Mega-Beat und den obercoolen, krassen Bass ab. Oder so ähnlich. Die Welt freute sich auf den Film und ich als Teilzeit-Fan freute mich mit.

Die Handlung ist schnell rekonstruiert: Rabitt, gespielt von Eminem, ist sozusagen DER Rapper im Müllviertel von Detroit. Nur weiß das kaum jemand, außer seiner Clique, die bis auf den Knaller, der sich seine Genitalien wegschießt, durchweg dunkel behäutet ist. Das ist dann auch sozusagen das Problem, die Rapper-Szene besteht zu nahezu 100% aus Farbigen, Rabitt hat es also mehr als schwer, als Rapper anerkannt zu werden. Einer seiner Freunde führt Battles durch, das sind Veranstaltungen, wo sich 2 Rapper verbal bei dumpfem Bass vor einer tosenden Menge prügeln. Nur einer kann gewinnen. Neben dem Rappen wird man als Zuschauer in das sonstige Leben des Rabits eingewiesen. Da ist z.B. die Mama, gespielt von Kim Basinger, die dem geneigten Hörer aus diversen Songtexten vertraut ist. Mama Basinger wohnt in einem heruntergekommenen Loch samt kleiner Tochter und dem mindestens genau so heruntergekommenen Freund. Rabitt und Mama pflegen ein sehr...öhm, ambivalentes Verhältnis, dazu im Verlauf mehr. Da das mit dem Plattenvertrag nicht so recht klappen will, verdient Rabitt sein Geld in einer Fabrik, wo Metall gepresst wird für...na? Was gehört zu Detroit, wie der schiefe Turm zu Pisa? Richtig, Autos, Ford. Was noch fehlt ist das Weib, hier in Form von Alex, ebenfalls etwas heruntergekommen, weißhäutig, mit Model- und Fremdgehambitionen.

Dies stellt die Kulisse für Rabitts Aufstieg als Rapper. Na ja, Aufstieg ist übertrieben. Wo er anfangs mundtot auf der Bühne des Battles steht und diese mit Buh-Rufen verfolgt verlässt, reißt er sich schließendlich doch am Riemen und battelt, was das Zeug hält. „And the winner is...“ – in diesem Fall schon klar. Was präsentiert wird, ist eine Milieustudie, Themen bedingt ohne viel Humor, mit der alltäglichen kaum vorhandenen Romantik und mit dem Gehalt an Action und Spannung, die ein Vorortleben so mit sich bringt.

Prima Thema, alles tuffig, super Film? Das ist ja letztlich subjektiv. Aber.... bereits die erste Szene führt mich in die Irre. Da ist ein fettes „1995“ eingeblendet. Getreu dem Motto „Wer A sagt muss auch B sagen“ erwarte ich im Verlauf natürlich ein „2002“. Oder zumindest ein „1996“. Auf jeden Fall einen Zeitsprung, wie auch immer geartet. Aber nein. Nichts dergleichen. Die Jahreszahl zu Beginn ist äußerst unbedeutend für den Film. Man kann sie lediglich als Beweis dafür sehen, dass der Film doch biographischer ist, als die Presse uns Glauben machen will. Der echte Fan weiß dann „Hey, der Eminem war also noch nicht in den Charts, wo der Film spielt, der steckt noch in den Kinderschuhen“.

Womit wir direkt bei Eminem wären, so als Schauspieler betrachtet. Böse Gerüchte sagen ja, dass für ihn eine Oscar-Nominierung ansteht. Nun ja...Amis sind ja häufig etwas wunderlich. Ich bin da keine Expertin, was die Beurteilung einer schauspielerischen Leistung angeht. Ich kann nur sagen: „Junge, fein gemacht!“. Aber ob die gute Leistung jetzt so lobenswert ist, bezweifle ich – es ist ja doch vermutlich leichter, sich selbst zu spielen, als den Stammeshäuptling der Aborigines oder die Johanna von Orleans. Oder?

Auch Kim Basinger als Freak-Mama macht ihr Ding gut. Obwohl ich nicht drum hin kann, da an 9 ½ Wochen, Pret A Porter und Batman zu denken. Andere Welt. Sie lieben und sie hassen sich, Sohn und Mutter. Doch die Dialoge sind für meinen Geschmack teilweise zu überzeichnet. Ein Beispiel: Mama: „Rabitt, ich habe Probleme mit meinem Kerl.“ Rabitt: „Aha.“ Mama: „Wir haben Probleme mit unserem Sexleben.“ Rabitt: „Mom, hör auf.“ Mama: „Er will mich nicht lecken.“. Das ist Alltag. Oder? Ich stelle mir nur mich und meine Mama sonntags am Kaffeetisch vor, wie sie beginnt: „Meike, ich habe da ein Problem...“. Der Vergleich mag hinken, ich lebe im Ruhrpott und nicht in Detroit. Aber sind Detroits Slum-Mamas so? Klischee lässt grüßen...

Aber nun zu dem, wovon der Film lebt – die Musik, die Rapperei. Ziemlich schnell wird klar: Willste Charthits, biste hier falsch. Schnelle Einsicht, gute Einsicht. Die Musik besteht selten aus Noten, nur in den Battle-Shows wird das Gespreche mit wenigen dumpfen Beats unterlegt. Der Film lebt von den „Songtexten“, die selbstredend nicht synchronisiert sind. Da heißt´s: Verstehe, wenn Du kannst. Und ich muss sagen: Ich konnte nicht. Meine Englischkenntnisse würde ich mal im Ansatz als gut bezeichnen. Aber der Detroiter Rapper-Slang stand bei uns nicht auf dem Lehrplan. Diese Problematik ist filmtechnisch schlecht gelöst. Die inkonsequente Untertitelung lässt vermuten, dass sich die Synchronisationsmenschen im Klaren darüber waren: So schnell kann kein Mensch lesen. Viele Dialoge im Umfeld der Rap-Battles sind denn auch einfach im Amerikanischen belassen worden. Da sage ich: ohne Textverstehen kein Filmverstehen, nur lange Durststrecken der Langeweile. Nicht, dass ich jetzt eine Patentlösung für eine besserer Umsetzung bzw. Synchronisation habe. Aber meine Aufgabe ist das nicht.

Womit wir beim nächsten Thema wären: Die Freigabe ab 12. Ich behaupte einfach mal: Was ich nicht verstehe, versteht eine Kind mit 2 Jahren Schulenglisch erst recht nicht. Das ist die eine Sache, das ist ja erst mal nicht schädlich, sondern höchstens ärgerlich. Sex und Gewalt sind da die Kritikpunkte. Muss ein Kind oder ein junger Jugendlicher eine sehr detaillierte Sexszene sehen? Oder sehr detaillierte Prügelszenen? Oder eine Szene, wo sich jemand die Genitalien wegschießt? Oder die zahlreichen verbalen Griffe in die allerunterste Schublade? Ich sage klar: nein. Und man möge mir nicht mit Argumenten wie „Aber Nachrichten sind doch so viel grausamer“ oder „Sex ist doch was ganz Natürliches“ kommen. Da sind die Eltern gefragt, bei einem Kinofilm die „offiziellen Jugendschützer“. Die Freigabe ab 12 ist leicht zu erklären, da zeigt sich wieder das Jurassic-Park-Syndrom. Würde der Film erst ab 16 freigegeben, würden gewaltige Einnahmen fehlen, die Hauptzielgruppe und andersherum die, die ins Kino rennen, sind ja die jungen Jugendlichen. Die Macht der Wirtschaft...

Eine Identifikation mit dem Film oder mit den Personen des Films ist gesellschaftlich-kulturtechnisch betrachtet kein Leichtes. In Amiland solle es ja Gang und Gebe sein, dass in bestimmten Stadtgebieten die Mülltonnen brennen und viele benachteiligte Kids ihre Aggressionen und Hoffnungen im Rap ausleben. Vom Slum-Kid zum Weltstar, ganz der American Dream. Wir sitzen hier sicherlich in einigen Fällen ebenfalls mit Benachteiligung, aber ohne brennende Tonnen und freuen uns über lustige, sterile Raps wie „Jein“, „Cruisen“ und „MFG“ und lachen über Rödelheimer, die sich in eine deutsche Eastcoast-Westcoast-Idee verrennen. Da klaffen Welten auseinander. Westliche Kultur ist eben nicht westliche Kultur.

Hätte ich den Film nicht gesehen, hätte ich nichts verpasst. Wäre ich nicht so faul gewesen, auszustehen und zu gehen, wäre ich nicht tausend Tode der Langeweile gestorben. Das ist so mein persönliches Fazit aus dem Vorhaben 8 Mile. Und sind wir mal ehrlich, hätte nicht Eminem, sondern eine weniger medienträchtige Person die Hauptrolle inne – 8 Mile würde vermutlich nur in manchen Programmkinos dahin dümpeln und alles andere würde mehr klingeln, als die Kassen.

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