Bowling for Columbine (VHS) Testbericht

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ab 19,76
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Erfahrungsbericht von jedicassio

das Land der unbegrenzten Peinlichkeiten

Pro:

endlich werden die USA mal auch in den Medien von einer anderen Seite dargestellt, ideenreiche Mittel der Präsentation

Kontra:

die US-Amerikaner werden über einen Kamm gescherrt, nach Moore hätten die sich schon längst selber ausgerottet

Empfehlung:

Ja

Endlich habe ich es auch mal wieder geschafft das örtliche Kino zu besuchen und diesen Film, über den schon zuviel zu hören und zu lesen war selbst in Augenschein zu nehmen. „Bowling for Columbine“ von Michael Moore, dem Mr.“Shame on you” Amerikas schlecht hin eilt wahrlich der Ruf eines kontroversen, aber dennoch genialen Werks voraus. Und wahrlich ist der Film ganz schön derbe Kost, die trotzdem bekömmlich dem Zuschauer serviert wird.

••••• Mittel und Wege •••••


„Bowling for Columbine” ist in meinen Augen weder ein Spielfilm noch wie von vielen beschrieben eine Doku, sondern eine Satire auf die amerikanische Gesellschaft. Grob gesagt werden in dem Film innenpolitische, außenpolitische und einfach nur das simple Schwarz-Weiß Denken der Amerikaner aufs Korn genommen. Dabei wird das Verhalten so plump und trocken beschrieben, dass man teils einfach nur den Kopf über diese Denk –und Handelsweisen schütteln kann. Jedoch ist der Film keineswegs nur lustig, viel mehr wird der Zuschauer immer wieder zwischen schockierenden Bildern und lustigen, da naiven, Weltanschauungen hin und hergejagt. Interviews, reale Bilder von Gewalttaten und ähnliches lassen einem starr vor dem Bildschirm sitzen und sich fragen, ob die Protagonisten überhaupt noch menschenähnliche Züge haben. Zwischendrin wird auch der Lauf der amerikanischen Geschichte dank Michael Moors Ansichten einmal anders als in der doch so patriotischen Vorstellung der Amerikaner dargestellt.


••••• der Plot •••••

AUßENPOLITISCH:
„Wer nicht für uns ist, ist gegen uns“
Hier werden hauptsächlich die letzten Kriege noch einmal aufgerollt, in denen die USA eine wichtige Rolle gespielt hat. Dabei werden diese von einer Seite beleuchtet, die weder die Presse noch die ach so patriotische Gesellschaft größtenteils verdrängt beziehungsweise nie erfahren hat. Dabei macht Moore auf sarkastische Art klar, wie er den Krieg gegen das „Böse“, was auch immer da ist, sieht.
Der Vietnam-Krieg wird als ein Machtscharmützel mit der Sowjetunion im Zeitalter des Kalten Krieges dargestellt. Millionen vom Menschen wurde in einen Krieg entwickelt, der nur den „bösen Roten“ galt. Ob Vietnam vom „guten Amerika“ „befreit“ würde, spielt eine eher untergeordnete Rolle.
Ebenso wurde die Täuschungsmanöver verdeutlicht, die sich die Amerikaner geleistet haben um den Irak 1991 angreifen zu können. Da wurden neben der üblichen Propaganda der UNO Beweise vorgelegt, die es so nicht gab. Zum Beispiel Truppenbewegung, wo keine waren oder Gräueltaten, die nie stattgefunden haben. Hauptsache der humanitäre Amerikaner konnten den bösen Unterdrücker dem gar ausmachen.
Auf der anderen Seite wurde auch demonstriert, wie die Amerikaner Kriege zu ihren Gunsten gestalteten. Zum Beispiel wurde im Krieg Irak-Iran beide Seiten beliefert. Das ist zwar moralisch verwerflich, aber die Dollar rollten. Ebenso wurden die Aktivitäten des CIA kritisiert.

DIE AMERIKANISCHE SOCIETY:
„Killer Instict“
Immer wieder wird die amerikanische Gesellschaft von schockierenden Geschehnissen aus ihrer alltäglichen Bahn geworfen. Schulmassaker wie eben jenes an der Columbine Schule in Littleton, welches dem Film den Namen gab, sind keine Seltenheit. Im Film spricht Moore mit Zeugen, tröstet Angehörige, der Polizei und zeigt Aufnahmen der Überwachungskamera, die das Grauen aufgezeichnet hat. Währendessen fragt Moore immer wieder nach dem warum? Letztendlich macht er selber dabei nur Anspielungen, die in die Richtung gehen, dass eben dank der liberalen Waffengesetze jeder leicht zu einer Waffe kommen kann und das Sozialsystem gegen solche Amokläufe wenig gerüstet sei. Ulkig aufgemacht wird dabei die absurden Argumente, die vom N.R.A. (amerikanisches Waffenverband) und den anderen Herrschaften der Waffenlobby in den Vordergrund geschoben werde. Die da wären, dass Medien und brutale Computerspielen den Kids ein schlechtes Beispiel geben, ein schlechtes Elternhaus psychologisch debilen Teenagern zu Amokläufen provoziert, Rockmusik aggressiv macht und was weiß ich noch alles. Jedenfalls wird alles herangezogen, außer dem naheliegendsten. Es kommt jeder an eine Waffe. Diese Naivität wird herzerfrischend auseinandergenommen.
Des Weiteren führt Moore in diesem und anderen Zusammenhänge Interviews mit einem Sheriff und dem Vorsitzenden des NRA: Heston. In diesem Zusammenhang zeigt er auf beeindruckende Art und Weise, dass Rassismus und Abgestumpfheit allgegenwärtig sind. Eines der Hauptprobleme in der amerikanischen Gesellschaft. Das Gespräch mit Heston wurde nach einigen unangenehmen Fragen sogar vom Vorsitzenden abgebrochen. Besonders beeindruckend fand ich in diesem Kontext auch das Interview mit Marilyn Manson, der zu den Vorwürfen gegen seine Musik Stellung bezog und zur Innenpolitik ein paar Worte verlor. In dem Interview zeigte er wirklich, dass er nicht nur Gothic und okkulte Dinge im Kopf hat, nein er wirkte bodenständig und schon fast seriös. Eben so, wie es dem Image, dass in Amerika künstlich geschaffen wurde, total widerspricht.


GESCHICHTE:
„das Land der unbegrenzten Peinlichkeiten“
Dieser Teil des Films wurde als Comicclip den Zuschauern nähe gebracht. Ebenfalls musste er als quasi als Trailer für den Film herhalten und ist deswegen auch ganz hochoffiziell unter www.bowling-for-columbine.com herunterladbar.
In dem Clip wird die ganze Neuzeit der USA noch einmal nach Moore Art aufgerollt. Angefangen mit dem ersten weißen Siedlern, die nach und nach immer weiter ins Land einfielen und den heimischen Indianern das Land wegnahmen und diese fast ausrotteten. Über die Sklaverei, die nach einem blutigen Krieg abgeschafft wurde. Jedoch wurde den Schwarzen nach wie vor fast keine Rechte zugestanden. Auch der KuKluxKlan, Bürgerbewegungen und das klischeebehaftete Vorstadtdasein wurde in dem Clip porträtiert. Alles natürlich wird mit dem untertönigen Darstellen einer gewaltverherrlichenden Gesellschaft verknüpft. Jeder misstraut jedem und zeigt das auch offen mit der Hilfe seines eigenen Revolvers.


••••• anti-amerikanisch? •••••

Eine Frage die angesichts des harten Tobaks sicherlich gestellt werden muss, ist ob der Film nicht anti-amerikanisch ist. Meiner Meinung nach ist es das nicht, denn Moore verunglimpft die Staaten ja eigentlich nicht. Nein, er zeigt nur seine Sicht der Dinge aus einer Perspektive, wie sie kaum ein Amerikaner hat. Wahrheiten werden einfach in einem anderen Licht präsentiert. Deswegen denke ich nicht, dass er etwas gegen die USA an sich hat, sondern nur etwas gegen das geheuchelte Denke einer weißen Weste der Supermacht, die nur sich selbst und Gott gegenüber moralisch verantwortlich zu sein scheint. Gegen das patriotische Überspielen von kriegerischen Handlungen, während am Ende der anderen Welt Menschen wegen Öl sterben und gegen die Rolle als großen Retter, der die „Achse des Bösen“ in die Knie zwingt. Er will den Amerikanern zeigen, dass es im Farbspektrum nicht nur weiß und schwarz plus die Farben der amerikanischen Flagge gibt. Ein Gedanke, an denen sich viele Amerikaner wohl erst gewöhnen müssen.


••••• leichte Kritik am Werk •••••

Das einzige was mir an den Streifen nicht gefällt ist, dass er praktische alle Amerikaner mit seinen Vorwürfen konfrontiert, was nie ganz der Fall ist. So wird ein schießwütiger Sheriff als ein Sprecher für die ganze Nation dargestellt, was sicherlich nicht ganz richtig ist. Wer an den USA die Kritik übt, sie würde die Welt ganz oberflächlich in Gut und Böse aufteilen, dem hätte ich da schon ein wenig mehr Fingerspitzengefühl zugetraut. Schließlich sollte Moore da mit gutem Beispiel vorangehen.


••••• Fazit •••••

Der Film zeigt die USA von einer Seite, wie es gerne von Politikern und Medien verdrängt wird. Ich finde es gut, dass Moore den Mut besitzt diese einseitige Nachrichtenstruktur zu durchbrechen und das auch noch auf komische Art und Weise. Zwar ist der Film kein Schenkelklopfer, aber das würde wohl auch nicht zu der Thematik passen. Viel mehr ist er für Freunde von Sarkasmus und schwarzen Humor bestens geeignet. Der Film ist zurecht in aller Munde, ich würde jedem empfehlen sich die andere Seite der Medaille einmal näher anzuschauen. Gerade in Deutschland haben das schon Millionen getan, kein Wunder, so ist der Film zur Zeit aktuell wie noch nie. Allerdings möchte ich diesen Bericht mit einer Feststellung schließen, die gerade in Deutschland zeitgemäß ist. Bevor man sich über Dummheit, Einfältigkeit und Schießwut kaputtlacht, sollte man erst einmal vor die eigene Haustür gucken. Schließlich profitiert Deutschland und dessen Industrie genauso vom Aufbau eines ausgebombten Landes und dem niedrigen Ölpreis wie die USA auch. Des Weiteren lässt Erfurt grüßen, was auch gerne als amerikanisches Mitbringsel gesehen wird. Ist das nicht auch ein bisschen naiv? Holzauge sei wachsam.


Mit freundlichen Grüßen
JediCassio (Ulm, den 2.9.2003 11:25; 1308 Worte)
auch bei ciao.com unter selben Namen veröffentlicht

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