Bowling for Columbine (VHS) Testbericht

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Erfahrungsbericht von NoSoul

Bowling for Columbine- erschreckend und objektiv

Pro:

-

Kontra:

-

Empfehlung:

Ja

Bowling for Columbine

USA 2002

R: Michael Moore




Vor kurzem sah ich meinen ersten Dokumentarfilm im Kino. Und selten hat mich eine Dokumentation derart gebannt, gebildet und begeistert.
Nun, um was geht es? Michael Moore stellt eine einfache Frage über ein erschreckendes Faktum der US-amerikanischen Gesellschaft. Warum werden in den USA jährlich derart viele Menschen erschossen? Die Beantwortung dieser Frage führt ihn in Banken, Supermärkten, nach Kanada, zu Schusswaffenopfern und Schusswaffenfanatikern, zu Konzernchefs, Prominenten und einfachen Leuten. Dadurch ergibt sich ein geschlossenes und erschreckendes Bild der US-Gesellschaft. Dabei sagt Moore kaum etwas, dass man als halbwegs politisch gebildeter Mensch nicht schon weiß. Moore deckt Zusammenhänge auf und zeigt, was man schon weiß in ironischer Weise. Sein Erfolgsrezept ist seine Art. Er spielt den naiven und Ungefährlichen und entlarvt seine Interviewpartner ohne das sie es mitbekommen.
So geht er in eine Bank und will ein Konto eröffnen. Was für ein Konto? „So ein Konto, bei dem man ein Gewähr geschenkt bekommt.“ Nach dem Ausfüllen eines kurzen Fragebogens kommt er kurze Zeit später mit einem Gewähr aus die Bank.
Moore interviewt einen Waffenfanatiker, der mit einem geladenen Revolver unter dem Kopfkissen schläft und es sich vor Moore an die Schläfe hält. Als Moore fragt, ob er der Meinung ist, dass jeder seine eigene Atomwaffe haben sollen dürfe, antwortet dieser Typ nach kurzem Gestammel: „nein, denn es laufen eine Menge irrer Typen rum, wissen sie.“
Der Endpunkt des Filmes stellt ein Interview mit Charlton Heston dar. Dieser bekannte Schauspieler ist Vorsitzender der NRA, eines Vereines in den USA, der für den unkontrollierten Privatbesitz von Feuerwaffen einsteht und eine starke Lobby inne hat. Man glaubt kaum was man da sieht. Dieser Typ hebt bei einer Rede vor den Vereinsmitgliedern ein Gewehr und schreit der Menge entgegen „aus meinen kalten, toten Händen“. Er hält Pro-Waffen-Reden in Orten wie Colombine kurz nachdem dort zwei Jugendliche ein Massaker in einer Schule anrichteten, mittels dem brutalen Gebrauch großkalibriger Feuerwaffen. Im Interview mit Heston kann man dessen Ungebildetsein kaum glauben. Er weist als Erklärung für die vielen Schusswaffenopfern in den USA auf die Geschichte. Die der USA sei sehr gewalttätig. In Deutschland oder Frankreich sei dies nicht so gewesen. Schließlich geht Heston einfach und bricht das Interview ab.
Doch dies sind nur Einzelszenen(der Film besteht aus vieler solcher unglaublichen Szenen!). Moore liefert ein Gesamtbild. Er zeichnet die Geschichte des Waffentragens in den USA nach, er zeigt die Auswirkungen der Bush´schen Sozialpolitik auf die Gesellschaft. Er zeigt arme farbige Familien, in denen die Eltern kaum Zeit für ihre Kinder haben, weil sie mehrere Jobs annehmen müssen. Kinder die dann auf der Straße und vorm Fernseher groß werden. Er zeigt Supermärkte und Banken, die selbst Kinder mit Waffen und Munition versorgen. Er zeigt ein Gegenbeispiel zur amerikanischen Gesellschaft: die Kanadische. Kanada hat fast die selbe Sozialstruktur wie die USA. Viele Schwarze in der Bevölkerung. In Kanada hat fast jeder ein Gewehr. Dennoch gibt es kaum Schusswaffenopfer. Die Kanadier lassen sogar ihre Wohnungen und Häuser offen. Moore fragt nach dem Problem der Amerikaner und geht jeder Antwort, die er bekommt nach. Es liegt an der Geschichte, an den Ausländern, an den Schwarzen, an den Videospielen... Doch keine Antwort hält auch nur der kleinsten Prüfung stand. Moore zeigt durch diese Suche nach Antworten eine differenzierte Antwort auf. Es ist nicht allein die Armut, bedingt durch die katastrophale Sozialpolitik der Regierung. Es ist nicht allein der leichte Zugang zu Waffen, der uns in Europa zu Recht erschreckt. Es sind nicht alleine die Strategien der Konzerne, die ihre Arbeitskräfte ausnutzen und die Kids mit aggressiver Werbung angehen. Es ist das Zusammenspiel dieser Missstände, die sich in den USA, dem Musterland des Neoliberalismus, gegenseitig potenzieren.

Moore liefert nicht nur interessante Fakten und Zusammenhänge zu einem erschreckenden Thema. Er macht es mit Witz und Ironie, die einem die Absurdität zeigen, die diese Fakten in sich tragen. Darüber hinaus bettet Moore die Probleme innerhalb der USA in die Weltpolitik ein. Auch wenn es ihm speziell um die Gewalt in den USA geht, greift er auf historische Beispiele anderer Nationen zurück. Auch zeigt er die amerikanische Außenpolitik und deren Auswirkungen. In einer Sequenz werden alle krassen Verfehlungen der US-Außenpolitik chronologisch aneinandergereiht, ironisch untermalt mit dem Song „What A Wonderful World“. Enden tut diese Sequenz mit Bildern des 11. September. Selten wurde den Amerikanern derart eindringlich gezeigt, dass sie nicht ganz unschuldig an diesem Terroranschlag sind.

Fazit: Bowling for Columbine ist eine fantastische Dokumentation, die sicher einmal, wenn die Supermachtstellung der USA Geschichte sein wird, zu einer wichtigen historischen Quelle werden könnte. Jedem ist dieser Film zu empfehlen. Politisch gebildete Menschen werden genug Diskussionsstoff finden, weniger politisch gebildeten Menschen ist dieser Film zu empfehlen, da er einen guten Einstieg in die bewusste Wahrnehmung der momentanen weltpolitischen Prozesse darstellt.

23 Bewertungen, 1 Kommentar

  • maybe1987

    08.09.2007, 00:19 Uhr von maybe1987
    Bewertung: sehr hilfreich

    SH - bei dem Film stimm ich dir zu :) Ich mag deine USA-Kritik...