James Bond 007 - Casino Royale (DVD) Testbericht

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ab 8,60
Auf yopi.de gelistet seit 06/2012

Erfahrungsbericht von Gemeinwesen

Kino für Leute, die gern Bücher lesen

Pro:

- der Film ist klasse

Kontra:

- die Ausstattung der DVD bleibt hinter den Erwartungen zurück

Empfehlung:

Nein

„Bond, James Bond“ – das ist der erste Text, den der erste Bond-Darsteller Sean Connery im ersten Bond-Film hat. Ort der legendäre Vorstellung ist übrigens ein Casino. Und jetzt, im 21. Film der Reihe, schließt sich der Kreis: Erst ganz zum Schluss von „Casino Royale“ zitiert der neue Bond Daniel Craig den Ur-Bond Connery – und das weltberühmte Bond-Thema, das lange Jahre jeden neuen Film der Serie einläutete, erklingt sogar erst danach: Mehr als musikalische Untermalung des Abspanns darf das James Bond Theme bei Regisseur Martin Campbell nicht sein.


Campbell ist kein Bond-Novize. Vor etwas mehr als zehn Jahren hat Campbell schon einmal einen Beitrag zur Serie abgeliefert. Wie sich die Bilder gleichen: Auch „Goldeneye“ markierte einen Generationswechsel. Seinerzeit übernahm Pierce Brosnan die Rolle von Timothy Dalton; jetzt ist es Pierce Brosnan, der den Staffelstab an seinen Nachfolger Daniel Craig weiterreicht.

Es hat ganz den Anschein, als hätten die Produzenten der Bond-Filme in Campbell eine Geheimwaffe gefunden, die immer dann zum Einsatz gelangt, wenn die Serie mal wieder sehr dringend ein Lifting benötigt. Das war in über 40 Jahren Bond-Filmgeschichte immer mal wieder der Fall, und mit „Stirb an einem anderen Tag“ war der Zeitpunkt für eine Kurskorrektur erneut gekommen: Von Halle Berry im weißen Bikini am Strand bis zum diamantenbesetzten Satelliten war Lee Tamahoris Film reich an entlarvenden Selbstzitaten. Spätestens als Bond seinen Verfolgern im Tarnkappen-Bomber auf vier Rädern entkam, musste es auch dem treuesten Fan auffallen, wie sehr der Serie die kreative Puste ausgegangen war. Nach einem durchaus furiosen Auftakt und einem neuartigen Vorspann, der erstmalig die Handlung der Pre Title Sequence weitererzählte, verkommt der 20. Beitrag der Reihe leider schnell zu einem 0815-Actionstreifen, in dem selbst der diamantengespickte Bösewicht leider nur unfreiwillig komisch wirkt: Offensichtlich hatte sich einiges, was viele der Vorläufer zum leichtfüßigen Spaß gemacht hatte, inzwischen überlebt.

Campbell hat das erkannt und die Kiste der filmischen Bond-Klischees beherzt entrümpelt. Man möchte ihm zurufen: Gut so – das war längst fällig.

Campbell lässt keinen Zweifel aufkommen: Der neue Bond ist wieder ganz der Alte. Das heißt: Wieder viel näher am literarischen Original – frei vom öligen Charme eines Pierce Brosnan und ohne die smarte, durch schier nichts zu erschütternde Nonchalance eines Roger Moore. Damit wir uns hier nicht missverstehen: auch die Bonds à la Brosnan und Moore mochte ich. Sie hatten ihre Zeit, und zu der waren sie gut. Mit Flemings Held hatten sie aber oft nur den Namen gemein. Timothy Dalton als James Bond war zwar nie ein ausgesprochener Publikumsliebling, aber wahrscheinlich wäre Bonds geistiger Vater mit Daltons Auffassung seiner Figur eher einverstanden gewesen als mit vielem, was davor und danach kam. Sean Connery is James Bond, behauptete die Filmwerbung lange Zeit, und tatsächlich lag sie damit so falsch nicht. Connerys harter, zynischer Bond dürfte auch nicht allzu weit entfernt von der Figur sein, die Fleming sich beim Schreiben seiner Romane vorgestellt haben muss.

Schon in der so genannten Pre Title-Sequenz führen Craig und Campbell die Figur zu ihren charakterlichen Wurzeln und zeitlichen Anfängen zurück. Das geht im wahrsten Sinne Schlag auf Schlag: Erst liefert Bond sich einen brutalen Kampf mit einem gedungenen Schurken, den er schließlich in einem Waschbecken ertränkt – das Drehbuch will es, dass Bond hier zum ersten Mal tötet. Dann stellt Bond den Hintermann, bei dem es sich offensichtlich um einen Maulwurf, also einen Verräter in den Reihen des MI-6 handelt. Der zieht unterm Schreibtisch eine Schusswaffe und hat gerade noch Zeit für eine herablassende Bemerkung: Beim zweiten Mal sei es schon viel leichter –-- “I know“, fällt Bond ihm ins Wort und kommt seinem Gegenüber zuvor. Voilà: Der zweite Kill ist vollbracht, und Bond von Stund an Doppelnull-Agent. Ein furioser, gewalttätiger Auftakt, der wenig gemein hat mit den überdrehten, geradezu zirzensische wirkenden Stunts, die lange Zeit selbstverständlich jeden neuen Film der 007-Reihe eröffneten.

Der folgende Vorspann ist ein Bruch mit der ebenfalls über die Dauer langer Jahre gepflegten Tradition, mehr oder minder verfremdete bewegte Bilder auf die Körper spärlich bis gar nicht bekleideter Damen zu projizieren. Keine Frage – in der Vergangenheit hat sich hier schon eine Menge getan; trotzdem ist der Vorspann des jüngsten 007-Abenteuers die bisher radikalste Abkehr von den Vorlagen Maurice Binders, der den Look der Bond-Titel prägte. Die Computeranimation im Vorspann von „Casino Royale“ erweckt silhouettenhafte Figuren und Poker-Symbole zum Leben. Die Optik hat mich an grafisch gestaltete Buchumschläge erinnert – ein Zufall?

Der eigentliche Film bleibt dem in der Vorspannsequenz gesetzten Grundton treu: Von der rasanten Verfolgungsjagd im Stil der Trendsportart Parkour über eine düstere Folterszene bis zum Heckenschützen-Schuss in wortwörtlich letzter (Film-)Minute ist „Casino Royale“ ein vergleichsweise sehr harter, dreckiger 007-Thriller. Damit zeigt sich 007 im Jahr 006 überaus zeitgemäß – frei von Gimmicks, Gadgets und Frivolitäten und mit einer Hauptfigur, die offensichtlich nicht mit einem goldenen Löffel im Mund geboren wurde. Craigs Bond ist ein social climber; einer, dem man abnimmt, dass er „streetwise“ ist. Kein Salonlöwe, sondern ein Typ, den man sich auch im Fußballstadion vorstellen kann. Mit anderen Worten: eine glaubwürdige, geerdete Figur, die vielen Leuten eine Menge Identifikationspotenzial bieten müsste. Und als sei die Figur nicht schon menschlich genug, steckt unter der rauen Schale auch noch ein weicher Kern. Warum der sich nicht allzu oft zeigt, erklärt der Film ebenfalls auf ziemlich plausible Art – und weil die Mission „Casino Royale“ chronologisch die erste Bonds ist, wird verständlich, wie 007 der harte Knochen wurde, der er ist: „Casino Royale“ ist gewissermaßen das Prequel der 007-Reihe. Wer sich nicht davon verwirren lässt, dass die Ereignisse im Film zeitlich trotzdem nicht in den 60ies angesiedelt sind und Bonds Chef M auch hier bereits eine von Dame Judi Dench (der das Drehbuch mit dem Stoßseufzer „Gott, wie ich den Kalten Krieg vermisse!“ einen der besten Einzeiler des Films gegönnt hat) gespielte Chefin ist, wird keine Verständnis-Schwierigkeiten haben.

Wer zudem noch zu der Fraktion gehört, die Bond nicht nur aus dem Kino kennt, müsste eine diebische Freude daran haben, wie Campbell und sein Hauptdarsteller genüsslich die Luft aus einem Bond-Klischee nach dem anderen lassen. „Sehe ich so aus, als ob mich das interessiert!?“, schnauzt Bond etwa einen Kellner an, als der die „geschüttelt-oder-gerührt“-Frage stellt. In einer ähnlich herzerfrischenden Szene setzt Bond, als ihn wer für einen Hotelbediensteten hält, jemandes Wagen mit ungerührter Miene und ordentlich Schmackes vor eine Absperrung und wirft danach den Schlüssel achtlos hinter sich, derweil der Alarm des Wagens zu schrillen beginnt – wann hätte ein Roger Moore sich wohl je so grimmig, so prollig gezeigt?

Folgerichtig ist auch das Bond-Girl in diesem Film kein dekoratives Betthäschen, sondern eine kluge, Bond ebenbürtige Frau (zum Niederknien gut aussehend: Eva Green); und Bonds Gegner ist kein Superschurke, der in einer futuristisch wirkenden Festung haust, sondern ein Finanzier des internationalen Terrors.

Regisseur Campbell hat mit dem 21. Beitrag zur Bond-Serie eine klare Zäsur gesetzt, sein Hauptdarsteller Craig hat bereits vor Beginn der Dreharbeiten viel Medienschelte und Fan-Gepöbel ertragen müssen – das besagt freilich mehr als über das Beharrungsvermögen des Gewohnheitstiers Mensch, das Neuerungen generell gern erstmal mit Ablehnung begegnet. Wenn Campbell mit seinem neuen Bond der Zeit, vielleicht aber auch nur einem Teil des Kinopublikums voraus ist, ist das jedenfalls weitaus besser, als wenn das Publikum den Bedarf für eine Restauration der Figur wie der Serie vor dem Regisseur bemerkt hätte. So aber sind die Rollen eindeutig und wohl auch gerecht verteilt: Campbell geht das künstlerische Risiko ein – und sein Publikum darf meckern bzw. applaudieren. Einen Vorwurf dürfen aber auch Kritikaster dem Regisseur nicht machen: die Handlung des Films und die Charakterisierung der Hauptfigur hielten sich nicht eng genug an die literarische(n) Vorlage(n) Ian Flemings. Denn wer die kennt, wird Campbells Film nicht nur applaudieren, sondern Hoffnung schöpfen, dass der 21. Film der Serie der Auftakt einer neuen Bond-Ära ist. Ich habe den Film jedenfalls von der ersten bis zur letzten Minute mit wachsender Begeisterung gesehen.

Kleiner Wermutstropfen für Heimkino-Fans: Leider spielt die Doppel-DVD der „Collector’s Edition“ nicht in der gleichen Liga wie die DVDs der vor nicht allzu langer Zeit erschienenen „Ultimate Edition“, die sämtliche der 20 zuvor erschienenen 007-Filme in ausnehmend guter Qualität und mit umfangreichem Bonusmaterial präsentiert. Im Vergleich erweist sich die Ausgabe von „Casino Royale“ als ziemliche Mogelpackung: Das Digipack ist zwar recht schmuck aufgemacht, und die vier Postkarten, die ich in meiner Ausgabe gefunden habe, sind ... na ja, eine leidlich nette, gut gemeinte Dreingabe. Wer sich auf Audiokommentare, umfangreiche Makings of oder andere Zugaben freut, die auf den DVDs der „Ultimate Editions“ selbstverständlich sind, wird aber enttäuscht: Außer dem Videoclip zu Chris Cornells Titelsong „You know my name“, zwei reichlich werbelastige, jeweils knaßß halbstündige Beiträge über Daniel Craig und die Stunts im Film und eine reichlich entbehrliche Dokumentation über die Bond-Girls zurückliegender Dekaden bietet diese Edition nichts, das wirklich Sammlerwert hätte – zu wenig, als dass ich die Vorzugsausgabe wirklich empfehlen könnte. Mithin lautet mein Fazit: Hier tut’s ausnahmsweise auch mal die Ausgabe mit nur einer Disc.

39 Bewertungen, 15 Kommentare

  • Clarinetta2

    03.12.2007, 18:50 Uhr von Clarinetta2
    Bewertung: sehr hilfreich

    klasse Bericht

  • morak90

    15.11.2007, 21:29 Uhr von morak90
    Bewertung: sehr hilfreich

    ganz klar sehr hilfreich, schau doch mal bei mir vorbei LG morak90

  • Tut_Ench_Amun

    11.06.2007, 13:11 Uhr von Tut_Ench_Amun
    Bewertung: sehr hilfreich

    ZUGU! - so das Statement seitens des dösigen Code-Generators. Wenn das für Zu Gut stehen soll, pflichte ich ihm ausnahmsweise bei

  • anundka_ki

    08.06.2007, 20:52 Uhr von anundka_ki
    Bewertung: sehr hilfreich

    toll - informativ und übersichtlich -

  • andre_schuster

    08.06.2007, 15:43 Uhr von andre_schuster
    Bewertung: sehr hilfreich

    SH. schönen Sonnen-Tag

  • Mondlicht1957

    07.06.2007, 01:49 Uhr von Mondlicht1957
    Bewertung: sehr hilfreich

    SH LG Pet

  • frankensteins

    05.06.2007, 19:18 Uhr von frankensteins
    Bewertung: sehr hilfreich

    toll einfach nur toll lg

  • anonym

    05.06.2007, 17:43 Uhr von anonym
    Bewertung: sehr hilfreich

    LG Damaris

  • B_Engal

    05.06.2007, 14:33 Uhr von B_Engal
    Bewertung: sehr hilfreich

    SH von mir. MfG B_Engal (man liest sich auf Ciao, Dooyoo,Yopi & Preisvergleich)

  • MasterT86

    05.06.2007, 11:23 Uhr von MasterT86
    Bewertung: sehr hilfreich

    Ja wie gewohnt, ein top Bericht. Lg Tobias

  • Wegeno

    05.06.2007, 00:03 Uhr von Wegeno
    Bewertung: sehr hilfreich

    ...::: Gruß Werner :::...

  • bigmama

    04.06.2007, 22:37 Uhr von bigmama
    Bewertung: sehr hilfreich

    sh

  • anonym

    04.06.2007, 21:40 Uhr von anonym
    Bewertung: sehr hilfreich

    sh, LG Biggi

  • Spider124

    04.06.2007, 15:39 Uhr von Spider124
    Bewertung: sehr hilfreich

    Freue mich über Gegenlesungen !

  • angi3000

    04.06.2007, 15:38 Uhr von angi3000
    Bewertung: sehr hilfreich

    Sonnige Grüsse!