Dancer in the Dark (VHS) Testbericht

Dancer-in-the-dark-vhs-drama
ab 6,74
Auf yopi.de gelistet seit 10/2004

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Erfahrungsbericht von starfax

Kunst, die auf den Magen schlägt...

Pro:

gewaltiges Kunstwerk

Kontra:

macht sowas von depressiv...empfehlenswert als begleitende Maßnahme zu Nulldiäten

Empfehlung:

Ja

Filme gibts, die gibts gar nicht. Oder: Filme gibts, die man gesehne haben muß...oder: Filme gibts, die sollte man am besten nur mit nachfolgendem Termin beim Psychologen ansehen...
Dancer in the Dark ist so ein Fall. Absolut sehenswert, dabei aber ungeheuer deprimierend in der Aussage und in seiner bis zum letzten gehenden Konsequenz...

DIE STORY:

Selma, eine arme, in Amerika lebende Tschechin, erblindet zusehends. Da ihrem kleinen Sohn Gene ohne eine Operation das gleiche Schicksal droht, behält sie ihr Gebrechen für sich und versucht, durch Arbeit in der Fabrik (wo sie immer hilfloser wird und sich selbst ständig in Gefahr bringt ) und Heimarbeit soviel Geld wie möglich zusammenzusparen. Ein gut Teil des Geldes hat sie schon zusammen.
Leben wird für sie immer schwieriger. Sie wohnt in einem Wohnwagen im Garten eines typischen, vermeintlich wohlhabenden Vorort- Ehepaares. Im Job hätte sie keine Chance, wenn sie nicht ihre Freundin Kathy hätte, die auf sie aufpaßt und ihr auch privat vieles ermöglicht.
Eines Tages beichtet ihr Vermieter, sein angeblicher Wohlstand (eine Erbschaft) sei längst aufgebraucht, aber er könne das seiner Frau nicht sagen, weil sie diesen Lebensstil so gewohnt sei. Als er entdeckt, daß Selma blind ist, findet er durch einen fiesen Trick das Versteck ihres Geldes heraus und es kommt , wie es kommen muß:
Als Selma eines Tages nach Hause kommt, ist das Geld verschwunden.
Als sie es von ihrem Vermieter zurückfordern will, weigert es sich und es kommt zum schlimmsten: Sie bringt ihn um...
Selma flieht, bezahlt die Operation und selbst als sie gefaßt wird, weigert sie sich, die Operation abzusagen, um von dem Geld einen guten Verteidiger zu zahlen...

DER FILM:

Seinerzeit war \"Dancer in the Dark\" ein Ereignis, schon durch seine Machart:
Kameratechnisch dem Dogma verpflichtet und in Schwarzweiß gedreht. Der eigentliche Clou aber war die Verpflichtung der isländischen Sängerin Björk für die Hauptrolle - geschickt auch deswegen, weil Selma davon träumt, in einem Musical mitzuspielen und in ihren Tagträumen die Welt immer wieder in ein einziges Musical verwandelt wird - so tanzt sie etwa zum Gestampfe der Maschinen oder zum Rattern eines Zuges.
Der unnachahmliche Gesang von Björk dient hier ihrem durchaus vorhandenen Talent zur Darstellung - Schauspielerin mag man gar nicht sagen, denn das Naturtalent spielt nicht, es durchlebt - und -leidet das Geschehen. Technisch mag man dazu stehen wie man will( eines der ersten Gesetze am Theater lautet: Nicht Leiden - das macht den Zuschauer nur unangenehm betroffen, wirkt privat und verhindert eine bewußte Anteilnahme an der Figur) - eine Wahnsinnsleistung ist das schon.
Aber wie auch schon Lars von Trier (der Regisseur) und Björk nach Beendigung der Dreharbeiten verlauten ließen, habe sie dieses Leiden zu sehr strapaziert und man wolls sich doch lieber zukünftig aus dem Wege gehen.
Tatsache ist, ab der Mordszene, in der Selma völlig hilflos Rotz und Wasser heult, nervt das Geleide immer mehr. Nicht weil es einen kalt läßt, sondern weil man sich angesichts dieses geballten Elends einfach schützen MUß - freiwillig läßt sich niemand so sehr runterziehen durch das, was hier vorgeführt wird. Und diesen Weg in die absolute Depression geht der Film konsequent- bis zum Letzten. In diesem Vorführen des bitteren Leidens bleibt der Film auch auf eine gewisse Art voyeuristisch - die Kamera hält gnadenlos drauf, Björk geht gnadenlos ab, ein Schaulaufen der psychischen Grausamkeiten.

Einen gewissen Gegenpunkt setzt hier zumindest die professionelle Darstellerriege, allen voran die grandiose Catherine Deneuve als Selmas Busenfreundin Kathy. Ihr nimmt man alles ab, auch sie leidet auf ihre Art mit, aber sie versumpft nicht, bleibt aktiv, will helfen, wo es nur geht.

Letztlich ist es auch diese Endgültigkeit, diese Fatalität - die Gewißheit des bitteren Endes, was diesen Film so knallhart macht. Die Musicalszenen dienen hier einmal NICHT dazu , die Handlung aufzulockern, sie zeigen uns Selmas Welt - eine Welt voller Härte, Grausamkeit und Plackereien, auf die die sensible Frau nur mit einer Flucht in die Träume reagieren kann...und so wird selbst der Gang zum Schaffott zu einer skurrilen Einlage..
Und aus den Geräuschen, deren Ursache Selma oft nicht einmal erkennt, wird ein ungeheures , urbanes Ballett der Träume.

FAZIT:

Ein Monstrum an Film - ein Riesenkunstwerk und eine fürchterliche Herausforderung an den Zuschauer...sehen Sie diesen Film nicht vor dem Zubettgehen, auch nicht nach dem Aufstehen...sehen Sie ihn auf gar keinen Fall alleine und halten Sie genug Seelenschmeichler für hinterher bereit!
Sehenswert absolut, aber eine Nervenstrapaze sondergleichen. Solche Filme kann, soll und muß es geben, aber bitte nicht zuviele.
(Gegen die Risiken und Nebenwirkungen empfiehlt sich eine vierwöchige Disneyfilmkur, mit unterstützenden Doris Day und Laurel & Hardy - Einlagen...)

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