Der falsche Mann (DVD) Testbericht

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ab 6,20
Auf yopi.de gelistet seit 03/2011
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Summe aller Bewertungen
  • Action:  durchschnittlich
  • Anspruch:  sehr anspruchsvoll
  • Romantik:  durchschnittlich
  • Humor:  wenig humorvoll
  • Spannung:  sehr spannend

Erfahrungsbericht von Bjoern.Becher

Hitchcock dokumentiert!

Pro:

Darsteller, Spannung, Doku auf der DVD,...

Kontra:

Zugeständnisse beim Ende

Empfehlung:

Ja

Oft treibt das Leben mit dem menschlichen Schicksal ein seltsameres Spiel als es ein Dichter erfinden kann, darauf verweist Alfred Hitchcock noch einmal besonders, als er Anfang des Films „Der falsche Mann“ höchstpersönlich erklärt, dass es sich hier um die Verfilmung einer realen Geschichte handelt.

Es ist die Geschichte von Christopher Emmanuel Balestrero (Henry Fonda), den alle nur Manny nennen und mit dem eines Tages das Schicksal wirklich ein seltsames Spiel treibt. Um die Finanzierung einer teuren Zahnbehandlung für seine Frau Rose (Vera Miles) zu ermöglichen, sucht er ein Versicherungsbüro auf, um die Lebensversicherung seiner Frau zu beleihen. Dort meinen die Büroangestellten in ihm den Mann wiederzuerkennen, der das Büro zweimal überfallen hat. Am Abend bevor Manny wieder nach Hause zu Frau und Kindern kommt, wird er verhaftet.

Weitere Geschäftsinhaber, die überfallen wurden, identifizieren ihn als den Täter. Bei einer Schriftprobe ähnelt seine Druckschrift nicht nur dem Täter, ihm unterläuft auch ein Schreibfehler, der dem Täter ebenfalls unterlief. Für die Polizei ist die Sache klar, den Unschuldsbeteuerungen von Manni schenkt man keinen Glauben. „Ein unschuldiger Mann hat nichts zu befürchten“, bekommt er immer wieder gesagt, doch die Nacht muss er erst einmal im Gefängnis verbringen. Nicht einmal seine Frau darf er anrufen. Diese sorgt sich zu Hause, war ihr Mann doch bisher immer in höchstem Maße zuverlässig und pünktlich.

Erst am nächsten Tag erfährt sie, was mit ihm passiert ist. Sie schafft es die beträchtliche Kaution aufzutreiben und ihren Mann so bis zur Gerichtsverhandlung auf freien Fuß zu bekommen. Gemeinsam mit dem Anwalt Frank O’Connor (Anthony Quale) machen sich Rose und Manny daran, Mannys Unschuld zu beweisen. Sie finden heraus, was Manny an einem der fraglichen Tage gemacht hat. Er hat mit drei Männern Karten gespielt. Diese könnten seine Unschuld bezeugen, doch zwei von ihnen sind tot, der Dritte unauffindbar.

Die Lage scheint aussichtslos und Rose wird aufgrund der schlechten Aussichten immer depressiver. Schließlich erleidet sie einen psychischen Zusammenbruch, ist nicht mehr ansprechbar und muss in eine psychiatrische Klinik eingeliefert werden...


Obwohl Hitchcock hier zum ersten Mal eine reale Geschichte verfilmte, spürt man jederzeit, dass man einen Hitchcock-Film sieht. Es scheint fast unglaublich, dass Hitchcock im Film selbst nichts dazuerfunden hat, sondern die wahre Geschichte verfilmt hat. Denn im Film finden sich so viele für Hitchcock typischen Motive wieder. Es geht um einen Mann, der unschuldig wegen eines Verbrechens gejagt wird. Dies war auch der Kernpunkt von „Die 39 Stufen“ (1935), „Ich beichte“ (1954) und wurde auch der zentrale Bestandteil der Geschichte von „Der unsichtbare Dritte“ (1959). Der Identitätsverlust des Protagonisten, der aus seiner einfachen bürgerlichen Existenz gerissen wird, ist vielleicht das von Hitchcock am häufigsten verwendete Motiv und spielt hier eine sehr gewichtige Rolle. Dazu kommt der Wahnsinn, dem Rose verfällt, ebenfalls ein Motiv welches sich in den Hitchcockfilmen immer wieder findet, genauso wie das Wunder, welches die einzige Rettung für den Protagonisten ist.

Doch hier kommt dazu, dass der Zuschauer weiß, dass dies alles real ist. Hitchcock baut eine unglaubliche Spannung auf. Die Situation scheint für Manny immer vertrackter zu werden, ein Ausweg scheint immer unwahrscheinlicher zu sein. Das ganze wirkt fast brutal, wie ein ehrlicher und hart arbeitender Mann von einem Moment auf den anderen sein ganzes Leben gefährdet sieht. Er kommt vielleicht ins Gefängnis, seine Frau wird schwer krank, die Kinder stehen vielleicht ohne Eltern da, die Bezahlung des Anwalts ruiniert ihn. Dabei klopfen ihm alle auf die Schulter, sagen was für ein toller Typ er ist, und das sich die Sache bestimmt von alleine regeln wird. Er hat ja nichts zu befürchten und während er diese abgedroschenen Phrasen immer wieder hört, zieht sich die Schlinge um seinen Hals immer enger zusammen.

Hitchcock selbst hatte eine große Angst vor dem Gefängnis und der Polizei wie Peter Bogdanovich in dem hervorragenden Making Of auf der DVD erläutert, weswegen er das Motiv des unschuldig von der Polizei Gejagten, immer wieder in seinen Filmen brachte. Aus diesem Grund hat er den Film wohl - für ihn recht ungewohnt - sehr ernst werden lassen. Auflockerungen gibt es gar nicht, Hitchcock hat sogar auf den für ihn üblichen Cameoauftritt verzichtet und stattdessen den Prolog mit sich gedreht, der dem Zuschauer, nicht nur aufgrund der Worte, sondern vor allem aufgrund der Art, wie Hitchcock sich hier inszeniert, gleich zu Beginn deutlich macht, wie ernst dieser Film ist. „Der falsche Mann“ ist daher ein Hitchcock-Film, der deutlich weniger unterhält als die sonstigen Filme des Regisseurs, denn dafür ist er viel zu ernst und traurig.

Ein Großteil der Klasse verdankt sein Film neben der gewohnt gekonnten Inszenierung von Hitchcock dem Spiel der beiden Hauptdarsteller. Henry Fonda brilliert in der Hauptrolle als einfacher, hart arbeitender Mann, der sein ganzes Leben nur dafür gekämpft hat, möglichst wenig offene Rechnungen zu haben, und plötzlich in den Abgrund blicken muss. Nicht weniger eindrucksvoll spielt an seiner Seite Vera Miles als Frau, die Anfang noch stärker als ihr Mann scheint. Man denkt noch, dass sie es wohl als einzige schaffen kann, die Unschuld ihren Mann zu beweisen, die dann aber daran zerbricht.

In dieser Hinsicht musste Hitchcock am Ende dann aber doch vom Original abweichen. Wie er selbst zu Beginn sagt, hat er im Film selbst nichts verändert. In der letzten Szene sieht man wie Manny seine Frau in der Anstalt besucht und ihr sagt, dass er frei ist, dass man nun ein neues Leben anfangen kann. Sie reagiert überhaupt nichts, nimmt die Information kaum auf. Manny muss resigniert von dannen ziehen. Der störrische Justizapparat mit den immer gleichen, lächerlichen Prozeduren und Fragen hat ihn nicht zerstören können, aber - noch schlimmer - seine Frau. Dieses Ende erlaubten die Produzenten Hitchcock nicht. Es folgt deswegen noch eine Texteinblendung, die den Zuschauer informiert, dass Rose zwei Jahre später geheilt die Klinik verlassen konnte und mit Manny und den Kindern wieder ein glückliches Leben führen konnte.


DVD
Die im November 2004 von Warner in Deutschland erschienen DVD, die sowohl einzeln als auch in einer 7-DVD-Box mit fünf weiteren Hitchcock-Filmen erhältlich ist, bietet den Film in einer sehr guten Bild- und Tonqualität. Neben dem Trailer findet sich auf der DVD das schon erwähnte zwanzig Minuten lange Making Of „Guilt Trip: Hitchcock and \'The Wrong Man“, in dem u.a. der Art Directors des Films Paul Sylbert, der Filmhistoriker Richard Schickel, sowie Peter Bogdanovich zu Wort kommen. Letzterer kann in vielen Making Ofs auf den Hitchcock - DVDs mit seinem Wissen beeindrucken. Auch hier liefert der Regisseur, der vor allem Anfang der Siebziger in der Ära des New Hollywood Kino mit Filmen wie „Die letzte Vorstellung“ (1971), „Is’ was Doc? (1972) und „Paper Moon“ (1973) erfolgreich war, mal wieder einen eindrucksvollen Beweis seines unglaublichen Filmwissens und seiner filmanalytischen Fähigkeiten. Es ist immer wieder ein Genuss diesem Mann zuzuhören, der wirklich jede Dokumentation mit seinen intelligenten Kommentaren aufwertet. Das Making Of ist Dank optionaler Untertiteln in verschiedenen Sprachen auch für jeden anschaubar, der des englischen nicht ausreichend mächtig ist.

Ganz klar eine Kaufempfehlung, wobei Hitchcock-Fans natürlich eher die Box denn die Einzel-DVD empfohlen ist.


Darsteller: Henry Fonda (C. E. Balestrero), Vera Miles (Rose Balestrero), Anthony Quayle (Frank O\'Connor), Harold J. Stone (Lt. Bowers), Charles Cooper (Det. Matthews)

Regie: Alfred Hitchcock
Buch: Maxwell Anderson, Angus MacPhail
Kamera: Robert Burks
Musik: Bernard Herrmann
Schnitt: George Tomasini


http://www.ofdb.de/view.php?page=film&fid=7717

http://german.imdb.com/title/tt0051207/

© Björn Becher 2005



Demnächst in diesem Theater:

Hitchcock lässt beichten: \"Ich beichte\"
Hitchcock lügt: \"Die rote Lola\"

und zum Abschluss:

Die Box der unschuldig Gejagten: \"Hitchcock Collection (7 DVDs)\"

24 Bewertungen, 5 Kommentare

  • sascha6525

    14.03.2006, 13:36 Uhr von sascha6525
    Bewertung: sehr hilfreich

    freu mich über Gegenlesungen. <br/>sh, Sascha6525

  • anonym

    09.03.2006, 22:02 Uhr von anonym
    Bewertung: sehr hilfreich

    ...sh...*g*...Lg, Christina

  • Baby1

    16.02.2006, 01:09 Uhr von Baby1
    Bewertung: sehr hilfreich

    LG Anita

  • Mekki83

    21.01.2006, 18:42 Uhr von Mekki83
    Bewertung: sehr hilfreich

    lg melli

  • anonym

    24.02.2005, 21:51 Uhr von anonym
    Bewertung: sehr hilfreich

    auf diesen und die anderen.