Der mit dem Wolf tanzt (DVD) Testbericht

ab 7,13
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Erfahrungsbericht von Bjoern.Becher

Ein Mann befreit sich von seinen Vorurteilen!

Pro:

Film: authentisch, eindringlich, lustig wie traurig, spannend, lehrreich, nachdenklich stimmend, DVD: Bild + Ton, Booklet

Kontra:

Film: -, DVD: keine Extras, Zwangsuntertitel

Empfehlung:

Ja

Diese Kritik bezieht sich auf die fast vier Stunden lange Langfassung des Streifens.



Geschichten aus dem wilden Westen sind ein Paradies für Filmemacher gewesen. Zahlreiche Western - ob aus Amerika oder Italien - mit Revolverhelden in den Hauptrollen, die sich mutig gegen Indianer und Banditen stellten, ließen jedes Abenteurerherz höher schlagen. Doch die eindringlichste und realistischste Schilderung des Wilden Westens gelang wohl Kevin Coster mit seinem Streifen „Dances with Wolves“ und dies, in dem er ganz andere Schwerpunkte setzte, als die Klassiker der 60er, 70er und 80er.


Im Mittelpunkt von Costners Streifen steht er selbst. Er spielt John J. Dunbar, einen Lieutnant der Nordstaaten-Armee. Nach einer schweren Kriegsverletzung im Kampf gegen die Südstaaten, soll ihm ein Bein amputiert werden, worauf er sich umbringen will. Auf einem Pferd reitet er vor den Feindeslinien auf und ab, doch statt zu sterben wird er zum Helden: Die Kugeln der Feinde verfehlen ihn wie durch ein Wunder. Dadurch werden die Feinde abgelenkt und die eigenen Männer bekommen frischen Mut. Am Ende steht ein glorreicher Sieg für die Nordstaaten.

Dunbar darf sein Bein behalten und das Pferd, welches ihn so sicher vor dem Feindesfeuer bewahrt hat. Und er darf sich einen Traum erfüllen: Den Wilden Westen kennen lernen: Dunbar wird auf eigenen Wunsch an den westlichsten Außenposten versetzt, den es gibt. Dort findet er nichts vor. Der Posten ist verlassen, die dort stationierten Truppen wurden im Kampf mit den Indianern getötet oder sind geflohen. Trotzdem tritt Dunbar seine Stelle an. Alleine bringt er den Außenposten wieder auf Vordermann, genießt die Zeit in der freien Wildnis an seiner Seite nur sein treues Pferd und ein einsamer Wolf, der ihn aus der Ferne beobachtet und jeden Tag ein Stückchen näher kommt.

Beobachtet wird Dunbar auch von einem nahegelegenen Indianerstamm, die nicht wissen, was sie mit dem einsamen Soldaten anfangen sollen. Im Stamm gibt es Kontroversen darüber. Der junge kriegerische „Wind in seinem Haar“ (Rodney A. Grant) hält den einsamen Soldaten für verrückt und will ihn töten, bevor mehr kommen. Der weise Medizinmann des Stammes „Strampelnder Vogel“ (Graham Greene) bewundert dagegen den Mut von Dunbar, es so alleine im Indianerland auszuhalten, und will mit diesem verhandeln.

Während der Außenposten und damit auch Dunbar im Westen völlig in Vergessenheit gerät, rettet Dunbar eines Tages „Steht mit einer Faust“ (Mary McDonnell), eine junge Frau, die als kleines Mädchen ihre Eltern verlor und seitdem bei den Indianern wohnt, das Leben. Aufgrund dieses Ereignisses setzt sich Strampelnder Vogel“ mit seinem Vorschlag durch. Zögerlich gibt es erste Annäherungsversuche zwischen den Kulturen, erschwert durch die sprachlichen Barrieren, doch mit der Zeit findet Dunbar neue Freunde. Obwohl ihn erst doch noch vieles von den Indianern trennt, lebt er sich immer mehr ein, wird schließlich einer der Ihren: Aus John J. Dunbar wird „Der mit dem Wolf tanzt“, aus dem Soldaten ein Indianer.

Doch eines Tages kommen neue Soldaten zum Außenposten und nehmen den „Verräter“ gefangen...


Selten hat es ein Film so beeindruckend geschafft von Klischees sich zu entfernen, wie „Dancing with Wolves“. Costner hat sich sichtlich bemüht eine möglichst realistische Schilderung der Indianer und ihres Lebens wiederzugeben. Die sonst im klassischen Western meistens in der Rolle der Plünderer, Diebe und Feinde vorkommenden Indianer, werden als das dargestellt, was sie wirklich waren. Ein einfaches Volk mit seinen Sitten und Bräuchen, welches in seinem Land lebt, mit anderen Stämmen um die Nahrungsvorräte kämpft, aber vom weißen Mann in Ruhe gelassen werden will. Costner entfernt sich von jeder Schwarz-Weiß-Zeichnerei, zeigt nämlich auch die Indianer nicht nur als Opfer, zeigt auch wie diese weiße Siedler überfallen und ermorden. Costner zeichnet das realistischste Bild von Indianern, welches man bisher in einem Spielfilm gesehen hat.

Um das ganze authentisch wirken zu lassen, wurden keine Kosten und Mühen gescheut. Unzählige Indianer wurden gecastet, Sprachforscher wurden engagiert, um die Sprache der Sioux möglichst fehlerfrei in den Film zu integrieren und eine faszinierende Kulisse rundet das ganze ab. Unzählige Büffel und Pferde rennen durch eine wunderschöne Landschaft. Alleine an den zahlreichen Landschaftsaufnahmen kann man sich satt sehen.

Hier wirkt der „Director’s Cut“ noch einmal um einiges besser als die erste Kinofassung. Unzählige weitere Landschaftsszenen machen den Film noch atemberaubender und für die Lovestory zwischen „Der mit dem Wolf tanzt“ und „Steht mit einer Faust“ wurde sich noch mehr Zeit genommen.

Allgemein muss man sagen, dass die Langfassung den Film, obwohl der Film dann eine Länge von fast vier Stunden hat, noch einmal aufwertet. Die Atmosphäre des Films kommt noch besser rüber, für die Nebencharaktere und die Beziehungen der einzelnen Personen untereinander ist nun viel mehr Raum. Dabei ändert sich aber an der Aussage und der Brillanz des Streifens gar nichts, es ist alles nur noch besser „verpackt“.

Wie eingangs erwähnt, verzichtete Costner auf viele typische Klischees, auch auf die von Hollywood. Er macht einen Film, der eigentlich so gar nicht mit den Hollywoodregeln vereinbar ist. Allein schon die angesprochene epische Länge ist da ein Grund. Costner verzichtet aber auch auf einen Bösewicht, gerade derjenige, dem man das am ehesten zutrauen würde, nämlich „Wind in seinem Haar“ wird später zu einem seiner engsten Freunde und ruft dies „Der mit dem Wolf tanzt“ auch in einer bewegenden Szene kurz vor dem Ende zu (eine von zahlreichen „Gänsehaut-Szenen“ des Films). Trotz des Nichtbefolgens vieler Hollywoodnormen wurde der Film sowohl ein Kassen- als auch ein Kritikererfolg (Sieben Oscars, fünf weitere Nominierungen).

„Dances with wolves“ ist sogar wenn man über das eigentliche Thema hinausgeht noch heute ein lehrreicher Film über die Grenzen und die Vorurteile in menschlichen Köpfen. Dunbar hat Vorurteile gegenüber den Indianern, wenn er den Außenposten erreicht, er hält sie für Diebe und Mörder. Erst langsam baut er seine Vorurteile ab, genauso wie die Indianer, vor allem „Wind in seinem Haar“, auch erst langsam die Vorurteile gegenüber Dunbar abbauen. Doch am Ende wird Dunbar selbst Opfer der Vorurteile, welche die anderen Soldaten nun gegen ihn hegen.

Kevin Costners Regiedebüt ist einer der großartigsten Western und Filme überhaupt. Ein Film, der einen sowohl die ganze Zeit fesselnd, als auch durch seine Komik, die sich aus dem Aufeinandertreffen der Kulturen ergibt, bestens unterhält. Ein Streifen, der vor allem aber auch lehrreich ist und nachdenklich macht. Ein Streifen, der emotional berührt, der mehrmals Gänsehaut verursacht, einfach ein großartiger Streifen. Zehn von zehn Punkten!

D V D
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Technische Informationen:
Bildformat: Widescreen 2,21 : 1 anamorph
Tonformat: Dolby Digital 5.1.
Sprache: Deutsch, Englisch
Untertitel: Deutsch
Extras:

- Trailer

Die DVD aus dem Hause Kinowelt, welche die Langfassung beinhaltet, bietet leider nur das Nötigste. Während der Ton sehr gut ausgefallen ist und vor allem die musikalische Untermalung von John Barry dabei ihre volle Wirkung entfalten kann, kann man auch das Bild noch loben. Denn bis auf wenige kleine Unschärfen, die man altersbedingt verzeihen kann, ist dies tadellos.

Leider gibt es - abgesehen von dem Kinotrailer und fünf weiteren Werbetrailern (teils auf Englisch) zu anderen Filmen - nichts an Extras auf der DVD. Dies ist schon eine kleine Enttäuschung. In Amerika gibt es mittlerweile eine Special Edition, die Extras zum Film (darunter zwei Audiokommentare enthält). Vielleicht findet diese ja auch einmal den Weg nach Deutschland. (update: Sie findet den Weg nach Deutschland. Es erscheint im Frühjahr 2004 eine 4 - Disk - Edition)

Für die fehlenden Extras kann Kinowelt aber mit dem hervorragenden Booklet wenigstens teilweise entschädigen. Dort erfährt man sehr ausführliches über die Hintergründe und die Dreharbeiten. Ein eindeutiges Lob hierfür.

Ein großes Manko hat die DVD noch: Die deutschen Untertitel sind bei der englischen Tonspur nicht abstellbar (wahrscheinlich aus lizenzrechtlichen Gründen). Dies ist natürlich immer sehr ärgerlich, wenn man sich einen Film in der Originalsprache anschauen will. Bei den zahlreichen Dialogen in indianischer Sprache bekommt man diese dann auch auf Deutsch untertitelt.

F A Z I T
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Auch wenn die DVD sicher keine Bestnoten verdient, muss man eine klare Kaufempfehlung abgeben. Diese rechtfertigt der hervorragende Film sowie Ton und Bild der DVD, die diese gegenüber eine VHS-Fassung oder einer TV-Ausstrahlung eindeutig und um Weiten vorzugswürdiger erscheinen lassen.

Mit Spannung darf man übrigens auch Kevin Costners nächste Regiearbeit erwarten: „Open Range“ ist wieder ein Western und damit heißt es „Back to the roots“ für Costner. Die ersten Kritiken aus Amerika sind sehr lobend, so dass man sich einiges versprechen kann.

Film: 10 von 10 Punkten!
DVD: 2,5 von 5 Punkten!
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Gesamt: 8 Punkte auf meiner 10er Skala!

Diese DVD wurde mir freundlicherweise von dvds24.de für ein Review zur Verfügung gestellt.

D A T E N
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Titel Deutschland: Der mit dem Wolf tanzt
Originaltitel: Dancing with wolves
Genre: Western / Drama
USA 1990, FSK 12, Laufzeit: 223 Minuten (Langfassung) (auf dem Cover steht fälschlicherweise 240 Minuten)

Darsteller: Kevin Costner (John J. Dunbar), Mary McDonnell (Steht mit einer Faust), Graham Greene (Strampelnder Vogel), Rodney A. Grant (Wind in seinem Haar), Floyd „Red Crow“ Westerman (Zehn Bären), Tantoo Cardinal (Schwarzer Schal), Robert Pastorelli (Timmons), Charles Rocket (Lt. Elgin), Maury Chaykin (Major Fambrough), Jimmy Herman (Stone Calf), Nathan Lee Chasing His Horse (Lächelt viel), Michael Spears (Otter), Jason R. Lone Hill (Worm), Tony Pierce (Ivy), Tom Everett (Sgt. Pepper), Annie Costner (Christine), Kirk Baltz (Edwards)

Regie: Kevin Costner
Produktion: Kevin Costner, Jim Wilson
Drehbuch: Michael Blake nach seinem eigenen Roman
Kamera: Dean Semler
Musik: John Barry
Schnitt: Neil Travis

W E I T E R F Ü H R E N D E * I N F O R M A T I O N E N
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Internet Movie Database: http://german.imdb.com/title/tt0099348/

Online Filmdatenbank: http://www.ofdb.de/view.php?page=film&fid=1826

© Björn Becher 20032, 2004

Ersveröffentlichung: 03.12.2003 auf www.filmbesprechungen.de

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