Einer flog über das Kuckucksnest (DVD) Testbericht

ab 8,39
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Erfahrungsbericht von Mathi15

Ist nicht jeder reif für die Klappse ? WE ARE FREAKS !

Pro:

Inhalt, Aussage, Schauspieler

Kontra:

nüscht

Empfehlung:

Ja

Mit dieser , ich gestehen, etwas provokativen Überschrift möchte ich den Film "Einer flog übers Kuckucksnest" von Regisseur Milos Forman vorstellen.
Denn schlussendlich hat doch von uns jeder eine Macke, die für Außenstehende oder Menschen, die wir gerade erst kenenlernen, fremd, merkwürdig und mitunter auch abnormal erscheinen. Gerät man einmal in den Fokus des falschen Klientels kann dies wie im Falle McMurphys fatale Folgen haben


Einleitung:

Ein Film, der unter die Haut geht. So ist der Streifen "Einer flog übers Kuckucksnest" wohl am besten zu beschreiben.
Ich stieß auf diesem Film erstmals bei der Behandlung im Englischunterricht. Denn unsere Lehrerin beharrte darauf, diesen Film in englischer Sprache an uns heranzutragen. Neben eher misslungenen anderen filmischen Werken wie "Independence Day" oder "Das fünfte Element" - meines Erachtens nach viel zu leicht zu verdauende Hollywood-Beschalllungskost - sahen wir diesen Film von Regisseur Milos Forman in der Originalfassung. Obwohl die Filmvorführung damals noch in der Ende der Sekundarstufe I erfolgte, hatte keiner der anwesenden Rezipienten Probleme dem Inhaltlichen zu folgen, wie sich anhand er regen Diskussion nach dem Schauen herausstellte.

Zudem sah ich den Film auch noch mal öffentlich bei meinem 3-wöchigen Zivi-Lehrgang in im bayrischen Bad Staffelstein. Auch hier gab es daraufhin eine pulsierende Debatte über dieses Werk. Denn alleine der Status des Zivis schließt ja ein Interesse am Thema des Films meist ein. Wir hatten bei uns im Seminar auch einige Zivi-Leidensgenossen, die ihren Dienst in einer Psychiatrie ableisteten und daher auch empirische Befunde aus ihrem alltäglichen Arbeitsablauf mit in die Gesprächsrunde einwerfen konnten.


Auszeichnungen:

Der Film wurde völlig zurecht im Jahre 1976, der Jahr der Ausstrahlung im Kino, mit Auszeichnungen geradezu überschüttet:
Die am 24. Januar im Beverly Hilton Hotel in Los Angeles stattgefundene Golden Globe-Verleihung ist ein erstes Indiz dafür:
Hier ging das Werk Milos Forman als Bestes Drama aus der Verleihung heraus. Zudem wurden. Zudem sahnte noch Milos Forman den begehrten Preis als bester Regisseur ab.
Die schier endlos zu erscheinende Kette von Lobhymen riss nicht ab:
Dies zeigte sich auch in der Verleihung der Academy Awards, besser bekannt als Oscarverleihung, des Jahre 1976, die am 29. März im Dorothy Chandler Pavilion in Los Angeles stattfand.
Erneute Konsequenz: Jack Nicholson und Louise Fletcher wurden auch hier als beste Schauspieler und beste Schauspielerin des Jahres durch die beiden Hauptrollen im Werk ausgezeichnet. Auch Milos Forman erhielt einen Oscar als bester Regisseur. Da er des weiteren mit dem besten Drehbuch ausgezeichnet worden ist neben dem Award als bester Film des Jahres, hat "Einer flog übers Kuckucksnest" einen bisher nicht wiederholten Triumph vollbracht: Die wichtigsten 5 Oscars gingen allesamt an dieses filmische Machwerk. Gigantisch und beispiellos völlig zurecht meines Erachtens nach!



Handlung & Meinung:

Jack Nicholson, bekannt aus "The Shing" oder "Besser geht´s nicht", weiß in der Rolle als Mister McMurphy zu überzeugen. Er ist ein störrischer, rebellischer Dickkopf. Denn der vorbestrafte McMurphy will nicht hinter schwedische Gardinen. Um diesen Wegsperren sich zu entziehen, lässt er sich in eine geschlossene psychiatrische Klinik einweisen. Doch dies scheint sein Untergang zu sein. Die kalte und berechnende Stationsschwester Ratched, brillant gespielt von Louise Fletcher, scheint dem harten Burschen McMurphy Stück für Stück ein stützendes Teil nach dem anderen aus seinem geistigen Rückgrat zu ziehen. Er wird immer schwächer und verschließt sich zunächst. Seine anfängliche Euphorie scheint entscheidend gestört.
In regelmäßig stattfindenden Gesprächsrunden mit den anderen Klinikinsassen, findet er immer mehr Geheimnisse heraus. Der noch junge Billy ist beispielsweise freiwillig in der Nervenheilanstalt, wie auch einige andere seiner Leidensgenossen, mit denen McMurphy auch einige Freundschaften schließt. McMurphy kann es nicht verstehen, ohne Hilfe durch eine solche Instanz im Leben nicht klar zu kommen. Doch er löscht auch dieses Ereignis schnell aus seinem Gedächtnis.
Eine starke emotionale Bindung baut er zum so genannten Häuptling auf. Der riesige Hüne ist scheinbar taubstumm, aber McMurphys unermesslicher Elan hilft den großen Unbekannten stärker in die Gemeinschaft einzugliedern. Schlussendlich ist er sogar die der beste Mann als Korbleger beim Basketball und verhilft McMurphy zur kurzzeitigen Flucht. Er nutzt die Chance und macht gegen den Willen der Anstaltsleitung einen Ausflug mit seinen besten Freunden der Station. Sie fahren zum Hafen und haben gleichzeitig ein Boot weggefunden - sie leihen es sich kurz widerrechtlich aus.´
Der Ausflug findet auch mit einer Prostituierten statt, die mit McMurphy befreundet zu sein scheint, in die sich Billy verliebt. Der Ausflug hat aber herbe Konsequenzen und McMurphy wird in der Folge in der Anstalt noch härter ran genommen. Wie wird er wohl aus dieser missligen Lage wieder herauskommen? - wenn überhaupt.


Mir persönlich hat der Film mehr als nur gut gefallen. Ein Kumpel von mir hat selbst den Dienst als Zivildienstleistender in einem Wohnheim für geistig Behinderte abgeleistet. Und ein anderer Kumpel von mir fuhr als Zivi bei der AWO (Arbeiterwohlfahrt) Behinderte zu ihren Arbeitsstellen. Dort leisteten sie dann einfache körperliche Arbeiten ab: Sie fertigen Spulen, einige arbeiteten aber auch auf dem Bau - eher dann doch harte, körperliche Arbeit.
Nicht nur durch ihre Erzählungen bekam ich immer mehr Kontakt zu diesem für viele scheinbar weit entfernten Teil unserer Gesellschaft. Ich war auch einmal beim Tag der offenen Tür im Behindertenheim meines Kumpels und unterhielt mich auch mit vielen dort wohnenden Insassen. Es war sehr interessant, die jeweilige, meist einfach gestrickte Psyche jedes einzelnen kennen zulernen und zu untersuchen.
Aber es gibt auch viele Erzählungen, die mehr als nur erschreckend waren. Ein anderer Kumpel beispielsweise hat in Dösen - eine bekannte Anstalt im Leipziger Raum - die Aufnahme der neuen Insassen protokollieren müssen. Dabei ist es schon sehr hart, aber gleichfalls sehr interessant, jede einzelne Leidensgeschichte der jeweiligen Person durch eigene Erzählungen oder deren Personenakte zu erfahren.
Mitunter von der Familie ausgegrenzt und abgeschoben, führen viele ein tristes Leben abseits der Gesellschaft. Das Veröden fällt so doppelt so "leicht".
Behinderte sind bis heute quasi nur formal in die Gesellschaft eingegliedert. Klar ist auch, dass viele Fälle der ständigen Kontrolle und Aufsicht ausgesetzt werden müssen, weil man sie nicht ohne guten Gewissen auf die restliche Menschheit loslassen kann - harte Worte, die es aber meines Erachtens nach sehr genau treffen.
Die bösen Stimmen in weiten Teilen der Gesellschaft zeigen sich nicht nur indirekter Form. Dafür sprechen beispielsweise Ausflüge meines Kumpels als Zivi mit Bewohnern seines Heimes: Nicht nur Kinder, nein auch Erwachsene zeigten mit Fingern auf die zu betreuenden Menschen in der Öffentlichkeit. Szenen wie aus einem schlechten Film zeigten sich meinem Kumpel. Igorante Menschen, die genau wissen, wie sie mit solchen "minderen" Wesen umgehen müssen. Schlimm, schlimm.
Ich meine, ich habe auch gelernt, dass Behinderte starke Ähnlichkeit mit Kindern haben, nicht nur zumeist auf der geistigen Ebene geschult: Wenn sie wissen, was sie machen dürfen oder können, dann tun sie das auch in der Regel. Sie wissen ihre Chancen genauestens einzuschätzen und ihren Vorteil daraus zu ziehen. Aber dennoch muss man sie genau so wie andere Menschen auch behandeln: Ihnen eine faire Chance zur Besserung ihrer Lage geben. Ein Stück der eigenen Lebensfreude auch auf sie versuchen zu projezieren. Sie an allen Seiten des Lebens teilhaben lassen: Mit ihnen lachen, aber auch weinen, mit ihnen stänkern, sie zu loben, aber auch bei bewusster Boshaftigkeit mit ihnen zu schimpfen. Lernprozesse stellen sich mitunter nicht immer ein, aber bei ausreichender Geduld ist jeder noch so kleinste Fortschritt ein Grund weiter zu machen und die Betreuung nicht zu vernachlässigen. Denn jedes noch so kleinste Lächeln oder generell Gefühlsäußerungen sind auch wie ein Sonnenschein im eigenen Gemüt.
Doch nun zunächst erst einmal genug zum auto-biographischen Exkurs des Autors.

Was ich damit nur sagen wollte: Der volkstümliche Spruch: "Wenn man einmal in der Klappse ist, kommt man da nicht mehr raus!" ist nicht von der Hand zu weisen.
Denn schlussendlich wird auch jede scheinbar auffällige Gefühlsregung, ob nun in verbaler oder anderer Form, McMurphys vom Personal zumeist als abweichendes Verhalten angesehen. Allein der Fakt, dass er sich ja in psychiatrischer Behandlung befindet, lässt eine völlig unvoreingenommene Sichtweise des Personals gegenüber McMurphy im Film nicht zu. Ein Fakt, der zwar nachvollziehbar ist, aber nur in Maßen.
Schlussendlich wird McMurphy durch Maßnahmen der Kliniksleitung erst wirklich kürre im Kopf gemacht. Er kommt als scheinbar gesunder, geistiger Mensch in die Anstalt und verlässt diese als Mensch ohne eigene Persönlichkeit. Oder verlässt er sie sogar? Findet es heraus!
Das Ende ist meines Erachtens nach mehr als nur dramatisch und nachdenklich.
Schon zu Beginn - der Tag seiner Einweisung - scheint sein Untergang zu sein. Er stellt sich dem Klinik-Direktor gegenüber sehr impulsiv dar. Dies stützt nur weiter die Tatsache der Behandlung, ja auch eine bewusst angewandte Taktik McMurphys, um sich dem Knast zu entziehen - doch gleichzeitig ist dies auch das Lösen seinen Tickets gen Klinik ohne Rückfahrschein.
Es wird eine Leidensgeschichte erzählt, die für den Betrachter mehr als nur ungerecht erscheint. Besonders zur Stationsschwester Mildred Flatcher und zum Pfleger Warren hat McMurphy ein mehr als gestörtetes Verhältnis:
Mir ist besonders die Szene gerade vor Augen, in der McMurphy im Schwimmbecken seine Bahnen paddelt, von Pfleger Warren durch den Stock dazu aber getrimmt wird, vom Beckenrand Abstand zu halten. Eine scheinbar sinnloses Aufspielen der Macht es Pflegers - McMurphy reagiert sichtlich irritiert und versucht den Streit spielerisch zu lösen. Doch Warren ist hart und deutet an, dass "wir dich noch länger hier behalten werden, McMurphy - dafür werden wir schon sorgen". Eine Tendenz, die sich letztendlich bewahrheiten soll.
Warren ist auch immer der erste, der herbeieilt, wenn es heißt, McMurphys zu sehr sprühenden Elan gewaltvoll im Zaum zu halten. Er ist quasi ein "Affe der Macht" um das Werk von Klaus Mann mit dem Hauptakteur Hendrik Höfgen zu ziehen.

McMurphy dient in der Folge als eine Art Versuchskaninchen wie alle anderen Insassen der Klinik für jegliche Formen von Medikamenten. Ein ebenso bedenklicher Fakt, der im Film gezeigt wird und auch in der Realität ausgeprägt ist: Auch die Pharma-Industrie legt eine nicht lobenswerte Taktik an den Tag: Forschen ohne die Anwendung irgendeiner menschlichen Moral. Denn nicht umsonst finde ich den folgenden Spruch, den ich durch einen Freund, der seine Lehre als Einzelhandelskaufmann im Außenhandel - Pharmazeutiker in einer Krankenhausapotheke - gehört habe, mehr als nur diesen angesprochenen Fakt untermauernd: "Am Sterbebett fragt der Kranke nicht nach dem Preis für seine lebensverlängernde Medizin ."
So ist es: Forschung dient nicht nur der Realisierung menschlicher Wertvorstellungen - Nein! Es ist eine ebenso rational ausgenutzte Verhaltensweise besonders in der heutigen Zeit. Nicht nur Friedrich Dürrenmatt wusste mit seinem Werk "Die Physiker" die Ausnutzung forscherischer Tätigkeiten mehr als nur deutlich aufzuzeigen. Der Forscher: Eine Marionette der Wirtschaft? Scheinbar schon, wenn man solch schlimmen Sätze vernehmen muss. Das sollte doch jedem nicht schon seit dem Bau der Atombombe bekannt sein.
Um aber auf den Fakt der Forschung zurückzukommen: Bietet es sich nicht an, Medikamente an scheinbar entmündigten Lebewesen auszutesten? Behinderte scheinen für die Pharma-Industrie wie geschaffen dafür. Ich habe von meinem Kumpel durch Erlebnisse von seiner Station des Behindertenwohnheims auch grausige Geschichten gehört, die diesen Fakt weiter untermauern. Mir stockte der Atem, als ich das vernahm.
Auch der Preis für ein Medikament ist doch letzendlich auch nur fiktiv gewäht. Welcher Laie, der die Medizin käuflich erwirbt, kann doch schlussendlich objetiv nachvollziehen, inwieweit der Preis für sein Medikament aufgrund des Forschungsstandes gerechtfertigt? Richtig! Nur schwer oder gar nicht.
Die Monopolisierung der Pharma-Industrie ist weiter vorangeschritten, als von vielen gedacht.

Generell sehe ich den Film daher mehr als nur gelungen an. Er regt automatisch zum Denken über diese Thematik an, zumindest wenn man als Rezipient noch ein Fünkchen Menschlichkeit in sich trägt. Tendenzen werden gezeigt, die nicht nur Bestandteil der schlimmsten Alpträume sind, sondern allgegenwärtig sind. Ist man schlussendlich nicht immer höheren Instanzen ausgenutzt? Was tun? Über sich ergehen lassen, oder resistent bleiben und eine mögliche Normierung befürchten?

Gleichzeitig zeigt der Film aber auch wie dankbar man sein Muss, als gesunder Mensch in der freien Wildbahn des Planeten unterwegs sein zu dürfen. Ein ebenso wichtiger Fakt und gleichzeitige Erkenntnis. Nicht immer über alles Gedanken machen: Wie, wo, wann, warum, weshalb? Durch im Kreis-drehen wird man im Leben auch nicht glücklicher. Aber man sollte doch lieber alle Seiten der Medaille bertachten, umso die guten Seiten noch besser schätzen zu können.


Das Ende:

Ich möchte das Ende des Films nicht vorwegnehmen. Das wäre nicht fair und würde die Spannung nehmen. Doch ich deute an, dass es eine vielleicht abzusehende, aber in dieser Form sehr krass umgesetzte Konsequenz ist. Ich musste tief schlucken, als ich McMurphys schlussendlichen Werdegang filmisch umgesetzt mit ansehen musste. Ein Ende, das wie auch der gesamte Film mehr als nur gelungen ist. Eine eben mehr als würdige Abrundung eines Klassefilms.


Am Ende möchte ich noch die allgemeinen Daten zum Film in komprimierter Form angeben:

Kategorie: Spielfilm
Genre: Drama
Originaltitel: One Flew over the Cuckoo's Nest
Land/ Jahr: USA 1975
Regie: Milos Forman
Darsteller: Jack Nicholson , Louise Fletcher , William Redfield
Anbieter: (Label) Warner
Vertrieb: Warner
System: DVD
Sprache: Deutsch/Englisch/Spanisch
Untertitel: Deutsch/Englisch/Französisch/Spanisch/
Italienisch/Türkisch/Dt. f. Hörg./Engl. f.
Hörg./Dänisch/Finnisch/Griechisch/
Hebräisch/Isländisch/Kroatisch/
Niederländisch/Norwegisch/Polnisch/
Portugiesisch/Schwedisch/Tschechisch /
Ungarisch
Bildformat: 1:1,85
Ton: Mono
FSK: 12
EAN-Code: 7321921367007
Auslieferung: 25.09.1998

Die wichtigsten Darsteller sind:

Jack Nicholson als Randle Patrick McMurphy
Louise Fletcher als Stationsschwester Mildred Ratched
William Redfield als Harding
Michael Berryman als Ellis
Peter Brocco als Colonel Matterson
Dean R. Brooks als Dr. John Spivey
Alonzo Brown als Miller
Mwako Cumbuka als Pfleger Warren
Nathan George als Pfleger Washington
Danny DeVito als Martini
William Duell als Jim Sefelt
Josip Elic als Bancini
Lan Fendors als Krankenschwester-Schülerin Miss Pilbo


Kamera:

Der Film lebt von langen, intensiven Einstellungen. Keine schnellen oder oft verwendeten Schnitte. Dies zeigt sich in einer recht geringen Schnittfrequenz. Der Film lebt nun einmal von seiner athmosphärischen Stimmung, die bestens durch eine solche Herangehensweise realisiert wird.
Besonders am Ende, als der Film emotional wie ein leicht entzündliches Pulverfass zum Überkochen kommt, sind aber viele nahe Einstellungen die Folge.
Praktische Umsetzung: Nahe Einstellungen in einer Normalsicht (Fachausdruck: straight on angle)

Hingegen wird das Aufsichtspersonal von Anfang an anderweitig dargestellt: leichte bis starke Untersichten -> Für diejenigen unter euch, die mit diesem Ausdruck wenig anfangen: die verwendeten Einstellungen werden auch als so genannte Froschperspektive bezeichnet.
Dieser Einstellungstyp suggeriert Macht und eine höhere hierarchische Stellung des Akteurs gegenüber dem Rezipienten.


Musik:

Die Filmmusik ist durch klassische Klänge geprägt. Melancholische Töne durch Streich- und Blasinstrumente sind die musikalische Untermalung des Visuellem angepasst. Generell lebt aber der Film von einer knisternden Spannung. Auch generell zeugen viele ruhige und lange musiklose Passagen von der immensen Dramaturgie des Werks und der vermittelten Stille und Einsamkeit der Insassen der Kliniksstation.
Nur bei der "Medikamentenausgabe" erklingt immer die gleiche Melodie für die "Bewohner" der Nervenheilanstalt: Damit diese die harmonische Musik auch sofort als charakteristisches Signal für die tägliche Pflicht, nämlich die Einnahme der "Medizin", an die sie sich gewöhnen sollen, vernommen wird und so die Prozedur reibungslos von statten geht.

Auch hier möchte ich wieder eine charakteristischen Auschnitt einer Szene - eine Sequenz - zur Untermalung meiner getätigten Aussagen anführen:
Es ist der Dialog zwischen McMurphy und der Heilerziehungspflegerin Miss Pilbo: Nachdem McMurphy in Minute 28 des Films widerrechtlich die Schwesternstation betreten hat, um so die Medikamentenausgabe selbst auszuführen, tritt folgender Dialog zwischen den beiden zu Tage:

Miss Pilbo: Mister McMurphy, Ihr Medikament ! " [reicht Mister McMurphy ein Becherchen]
Mister McMurphy: Was issen in der Pferdepille ? " [betrachtet ungläubig den Inhalt des Bechers]
Miss Pilbo: "Es ist eine Medizin - Ist gut für Sie !"
Mister McMurphy: "Ja, aber mir gefällt der Gedanke nicht, etwas einnehmen zu müssen, von dem ich nicht weiß, was es ist !"
Miss Pilbo: "Regen Sie sich nicht auf, Mister McMurphy!" [lächelt ihn an]
Mister McMurphy: "Ich rege mich nicht auf, Miss Pilbo. Ich möchte nur nicht, dass mir irgendjemand versucht, Salpeter zu verabreichen ! " [zunächst im ruhigen Ton, dann auf seinen Schritt hinweisend und zwinkernd] - "Sie wissen schon, was ich meine ;-) "

Nun kommt die höhere Instanz Miss Ratched ins Spiel:

Miss Ratched: "Ist schon gut Miss Pilbo. Wenn Mister McMurphy seine Medizin nicht auf normal oral einzunehmen wünscht, werden wir dafür sorgen müssen, dass er sie auf eine andere Art kriegt." [lächelt diebisch]

Mit wider Willen nimmt er die Medizin doch ein. Lässt sie aber im Mundraum und spuckt sie dann heraus.


Davor hatte sich McMurphy sogar noch über die immense Lautstärke der eingespielten "Medikamenten-Ausgabe-Musik" beklagt, wurde aber von Schwester Ratched darauf hingewiesen, dass dieser Fakt das einzige was die alten, schwer hörenden Insassen der Station noch hätten: Die Liebe zur Musik.

Preis:

Ich habe für diesen Film als DVD-Version knapp 5 Euro gelöhnt. Auch für den doppelten Preis mehr als nur lohnenswert, es mir gleichzutun und sich den Film auch für seine Sammlung zulegen, kann ich nur wärmstens empfehlen.


Das Buch zum Film:

Diese ist ebenso gelungen und genauso mitreißend wie die filmische Umsetzung. Auf 288 Seiten beschreibt der Autor Ken Kesey eindrucksvoll die Leidensgeschichte des Protagonisten.

Hier die allgemeinen Daten zum Buch:

Titel: Einer flog übers Kuckucksnest
Originaltitel: "One Flew Over the Cuckoo's Nest"
Autor: Ken Kesey
Seitenzahl: 288
Preis: 8.90 Euro
Gattung: Roman
Erscheinungsjahr: Januar 1982
Hersteller/ Verlag: Rowohlt Taschenbuch Verlag
Ausgabeformat: Taschenbuch
ISBN: 3-499-15061-1



Fazit:

Im Endeffekt also ein echtes Meisterwerk.
Am Ende möchte ich auch noch bemerken, dass ich mich über Resonanzen eurerseits sehr freue. Was haltet ihr vom Film oder meinen Ansichten. Ich möchte nich, dass dieser Testbericht per *klicki-klicki*-Schnellverfahren in eurem Gedächtnis nicht hängen bleibt oder euch zumindest mental in keinster Weise beschäftigt. Ich möchte durch meine Ausführungen einen hilfreichen Denkanstoß geben, der von euch als Leser der Meinung weiter verfolgt werden soll.

In diesem Sinne: Ich bitte um zahlreiche und konstruktive Stellungnahmen und nicht in dem Stil : "Tolle Meinung, weiter so" - das wäre nicht wirklich individuell und zeigt mir gleichzeitig, wie intensiv Berichte gelesen werden - ein klassisches Eigentor quasi.

Im Endeffekt kann der Überschrift also nach den getroffenen Aussagen zugestimmt werden. Denn schlussendlich scheint doch nahzu jeder Fremde für uns zu Beginn einer Begegnung durch bestimmte Verhaltensweisen suspekt zu sein. Aber gerade diese macht ja die lebenswichtige und nicht wegzudenkende Individualität aus.
Aber mutieren wir durch ein solches Verhalten nicht genau so auch zu manipulierbaren Retortenwesen? Fragen über Fragen ! Jeder sollte für sich selbst die geeigneten Antworten finden.




!!! Don´t forget : WE ARE FREAKS !!!!

22 Bewertungen, 1 Kommentar

  • irmi1967

    28.09.2005, 15:26 Uhr von irmi1967
    Bewertung: sehr hilfreich

    und gut geschriebener Bericht. Habe den Film (leider) noch nie gesehen. Du hast mich mit deinem Bericht neugierig gemacht - u. ich werde ihn mir demnächst mal ansehen. Danke u. MfG. IRmi.