Event Horizon - Am Rande des Universums (DVD) Testbericht

ab 8,15
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Erfahrungsbericht von wildheart

Effekte statt Geschichte

Pro:

-

Kontra:

-

Empfehlung:

Ja

Bei manchen Filmen fragt man sich nicht: Who has done it, sondern what happened there? So auch bei Paul Andersons („Mortal Kombat“, 1995) Event Movie „Event Horizon“. Anderson eröffnet seinen Sciencefiction mit einem mehr als ansehnlichen Blick in die Weiten des Weltraums, Planeten, Raumschiffen und allem, was dazu gehört. Es beschlich mich das Gefühl, ein Sequel von „2001: Odyssee im Weltraum“ des großen Stanley Kubrick zu betrachten. Die zunehmend klaustrophobische Atmosphäre an Bord der beiden Raumschiffe „Lewis and Clarke“ und „Event Horizon“ tut ein übriges, um für eine gehörige Portion Spannung zu sorgen. Allein, die Geschichte – so gut sie sich anfangs anlässt – wird im Laufe des Films visuellen und pyrotechnischen Effekten geopfert.

Inhalt
Vor sieben Jahren war ein Erkundungsraumschiff unter dem Namen „Event Horizon“ in der Nähe des Neptun spurlos verschwunden. Im Jahr 2047 wird die Crew der „Lewis and Clarke“ unter Führung von Captain Miller (Laurence Fishburne, „Othello“, 1995, „The Matrix, 1999) auf Erkundungsfahrt Richtung Neptun geschickt, Sonderurlaub der Besatzung gestrichen. Nur einer weiß, welchen Auftrag die Mannschaft erfüllen soll: der Wissenschaftler Dr. Weir (Sam Neill, „Jurassic Park“, 1993, 2001) eröffnet der überraschten Besatzung, die „Event Horizon“ sei nicht explodiert; man habe Signale empfangen, die eindeutig auf die „Rückkehr“ des Raumschiffs schließen ließen, das nun geborgen werden solle. Mit Überlebenden rechne man nicht.

An Bord befinden sich neben Weir und Miller zwei Frauen, Peters and Starck (Kathleen Quinlan, „Apollo 13“, 1995, Joely Richardson, „101 Dalmatiner“, 1996) sowie vier Männer, Cooper (Richard T. Jones), Justin (Jack Noseworthy, „Breakdown“, 1997), D. J. (Jason Isaacs, „Dragonheart“, 1996) und Smith (Sean Pertwee). Weir weiß offensichtlich mehr, als er zunächst sagt. Nach und nach rückt er mit weiteren Einzelheiten heraus, etwa, dass die „Event Horizon“ mit einer Technologie ausgestattet sei, die es ermögliche, von einem Punkt des Alls in kürzester Zeit Millionen Lichtjahre zu einem anderen Ort zurückzulegen. Wie durch ein schwarzes Loch sei die „Event Horizon“, deren Konstrukteur Weir war, jetzt wieder in die Umlaufbahn von Neptun zurückgekehrt. Die anderen können das, was Weir erzählt, nicht so richtig glauben, sind teilweise wütend, weil wegen derartiger „Hirngespinste“, die jeglicher physikalischer Theorie widersprechen, ihr Urlaub gestrichen wurde. Justin ist so aufgebracht, dass er Weir angreift und nur mit Mühe überwältigt werden kann.

Man findet die „Event Horizon“. Zwei Männer werden abkommandiert, um das Raumschiff zu inspizieren. Und dann passieren merkwürdige Dinge. Halluzinationen überkommen einen nach dem anderen. Peters sieht ihren Sohn, Weir seine tote Frau, andere sehen die Leichen der Besatzung der „Event Horizon“. Irgend etwas auf dem Raumschiff scheint zu leben, ohne sichtbar zu werden. Die Situation wird lebensbedrohlich, als die „Lewis and Clarke“ schwer beschädigt wird. Und auch Weir verhält sich zunehmend seltsamer und will verhindern, dass die Besatzung nach Reparaturarbeiten wieder zur Erde zurückkehrt ...

Inszenierung
Ein optimales Produktionsdesign (Joseph Bennett und Malcolm Middleton), zum Teil jedenfalls atemberaubende visuelle Effekte und special effects (Neil Corbould, Brent Boates) und eine überdurchschnittliche Besetzung sind eigentlich die besten Voraussetzungen für einen gelungenen Sciencefiction. Und tatsächlich kann „Event Horizon“ in der ersten Hälfte diesbezüglich überzeugen. Die Situation der Gefangenschaft der Crew auf den beiden Raumschiffen durch eine im Ansatz gelungene Idee von einer Gefahr, die anfangs unsichtbar und undurchschaubar ist, die Halluzinationen, die auf die Besatzungsmitglieder so echt wirken, als würde wirklich geschehen, was sie sehen, tun ein übriges, um Spannung aufzubauen. In Dr. Weir baut Philip Eisner eine zunehmend undurchsichtige Person auf, die wesentlich mehr zu wissen scheint, als sie zugibt.

Doch dann geschieht das, was jeden Spannungsaufbau wieder zunichte macht. Zu oft hintereinander passiert immer wieder das gleiche: Blut strömt aus den hohlen Augen, die Halluzinationen wiederholen sich, und das, was Weir weiß, wird immer mysteriöser und unglaubwürdiger. Weir entpuppt sich als Mischung aus Halbverrücktem und Geheimnisträger, der dem Betrachter keine Chance gibt, ihm überhaupt noch etwas zu glauben. Am Ende ist er das Böse schlechthin, aber nur vordergründig, ohne Substanz. Angeblich weiß er, was hinter dem schwarzen Loch vor sich gegangen ist und noch vor sich geht. Aber er war nie dort. Angeblich hat das Mysteriöse, was an Bord der Raumschiffe geschieht, irgend etwas mit der Hölle zu tun.

Eisner spekuliert mit Spekulationen. Und das tut der Geschichte und der Handlung, den Charakteren, die – statt dass sie entwickelt würden – immer mehr verflachen zu unwilligen Opfern von etwas (ja von was eigentlich?), nicht gut. Das Drehbuch spielt mit dünnen Vermutungen, etwa den Halluzinationen: „Es (das Unbekannte) zeigt Dinge – schreckliche Dinge –, das Dunkle in mir von einem anderen Ort aus. Ich will dahin zurück.“ Was soll dieser Satz Weirs bedeuten? War er doch schon einmal „dort“, und was ist „dort“? Weir strömt Blut aus allen Poren und aus den Augen. Ist er von einer fremden Macht besessen? Existiert eine Intelligenz, deren Bewusstsein auch körperlos existieren kann?

What the hell! What happens here? Erst werden Spekulationen in die Welt gesetzt über irgendeine unheimliche Macht. Zum Schluss wird ein Ergebnis präsentiert: Ein Verrückter. Aber was passiert „dazwischen“? Ein Verdacht wird in die Welt gesetzt, der irgend etwas mit der Möglichkeit zu tun hat, dass irgend etwas oder jemand die Gesetze der Physik überwinden könne. Am Ende gibt es ein paar Tote mehr. Aber was verbindet Anfang und Ende? Nichts, wirklich absolut nichts. Ich höre den alten Vulkanier Mr. Spock, wie er zu Captain Kirk ganz ruhig sagt „Captain, das ist unmöglich. Vergessen Sie es.“ Recht hat er. Unmöglich ist nicht, eine unmögliche Geschichte zu erzählen, sondern die Plausibilität zu zerstören, die auch etwas Unmögliches spannend machen sollte.

Fazit
So verliert die im Ansatz gute Geschichte in der zweiten Hälfte des Films jegliche Glaubwürdigkeit, im Rahmen des Genres, versteht sich. Charaktere und Geschichte werden Splatter- Effekten und Pyrotechnik geopfert. Und wie ein Großteil der „Event Horizon“ in den Weiten des Alls explodiert, verpufft die Geschichte im Nichts. Daran kann die hochkarätige Besetzung des Films auch nichts mehr ändern. Der Tod des größten Teils der Besatzung wirkt wie das Eingeständnis vom Scheitern des Plots. Der Horror wird vordergründig. Die „dunkle Macht“ verliert sich on the dark side of Neptune.

Und jetzt kommt die große Wende des Kritikers: Das Spektakel hat mir trotzdem gefallen. „Event Horizon“ ist kein außergewöhnlicher Sciencefiction. Aber er hat mich abseits aller Unzulänglichkeiten eineinhalb Stunden im Kinositz festgehalten. Ich schiebe das hier mal auf die Tagesstimmung. So paradox kann Kino sein.

Cinemaxx zeigte „Event Horizon“ in einer Sondervorstellung im Rahmen der Reihe „Cult & Classic“ in Freiburg.

Wertung: 7 von 10 Punkten.

Event Horizon – Am Rande des Universums
(Event Horizon)
USA 1997, 95 Minuten
Regie: Paul Anderson

Drehbuch: Philip Eisner
Musik: Michael Kamen
Kamera: Adrian Biddle
Schnitt: Martin Hunter
Spezialeffekte: Neil Corbould, Brent Boates
Hauptdarsteller: Laurence Fishburne (Captain Miller), Sam Neill (Dr. William Weir), Kathleen Quinlan (Peters), Joely Richardson (Lt. Starck), Richard T. Jones (Cooper), Jack Noseworthy (Justin), Jason Isaacs (D. J.), Sean Pertwee (Smith), Peter Marinker (Kilpack), Holley Chant (Claire), Barclay Wright (Denny), Noah Huntley (Brennender Mann / Edward Corrick), Robert Jezek (Techniker)

Offizielle Homepage: –
Internet Movie Database: http://us.imdb.com/Title?0119081

Weitere Filmkritik(en):
„Chicago Sun-Times“ (Roger Ebert):
http://www.suntimes.com/ebert/ebert_reviews/1997/08/081501.html

„Movie Reviews“ (James Berardinelli):
http://movie-reviews.colossus.net/movies/e/event.html


© Ulrich Behrens 2002 für
www.ciao.com
www.yopi.de
www.dooyoo.de

16 Bewertungen, 2 Kommentare

  • XXLALF

    15.12.2011, 10:20 Uhr von XXLALF
    Bewertung: besonders wertvoll

    super und bw und ganz liebe grüße

  • Sayenna

    21.12.2006, 17:32 Uhr von Sayenna
    Bewertung: sehr hilfreich

    sh & Kuss :-)