Fahrenheit 9/11 (DVD) Testbericht

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Erfahrungsbericht von aimnrt

Ist das wirklich alles wahr?

Pro:

Interessante, unterhaltsame Dokumentation

Kontra:

Teilweise zu polemisch

Empfehlung:

Ja

Hallo allerseits!
Ich möchte euch den Film "Fahrenheit 9/11" vorstellen, der seit dem 29.07.04 in den deutschen Kinos lief und auch vor den amerikanischen Präsidentschaftswahlen bereits im deutschen Fernsehen (Pro7 und SAT1) gesendet wurde. Dazu werde ich einige Hintergründe beschreiben, den Inhalt des Filmes in groben Zügen erläutern und noch einige persönliche Statements abgeben.


Der Macher des Films: Michael Moore
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Michael Moore ist in den USA mittlerweile als der heftigste Gegner von Präsident George W. Bush bekannt. Allerdings stand er auch schon vorher im Rampenlicht, z.B. als Autor ("Stupid White Men") oder auch als Dokumentarfilmer. Z. B. erhielt er Preise für "Bowling for Columbine". Immer schon die Mächtigen in Politik und Wirtschaft im Blick, verfolgt er seit dem 11.09.2001 besonders den amtierenden und nun wieder gewählten Präsidenten. Allerdings, so ist in Kritiken zu lesen, sind an manchen Stellen auch Zweifel angebracht, wenn er es mit den Fakten nicht ganz so genau nimmt.

Für "Fahrenheit 9/11" erhielt Moore im Mai 2004 in Cannes eine Goldene Palme, erstmals für einen Dokumentarfilm.

In Amerika ist, quasi als Gegenangriff, für den 31.08.2004 der Start des Films "Michael Moore hates America" geplant.


Thema des Films
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Thematisiert wird die Politik von George W. Bush als amerikanischer Präsident, besonders seit den Terroranschlägen am 11. September 2001. Das hört sich zunächst eher nicht besonders interessant an, sind doch die wesentlichen Ereignisse hinlänglich bekannt: Zunächst Angriff auf Afghanisten mit dem Ziel, Al-Kaida-Terroristen und besonders Osama bin Laden zu treffen, was bekanntermaßen bisher nicht gelungen ist.

Nach langem hin und her dann der Angriff auf den Irak, vordergründig wegen der angeblichen Massenvernichtungswaffen, die man aber bisher nicht nachweisen konnte. Besonders hierbei wurde die Frage diskutiert, was denn die wahren Beweggründe seien, den Irak anzugreifen. Schließlich wird ja z.B. Nordkorea ebenfalls von einem menschenverachtenden Diktator regiert, der ebenso als Gefahr für andere Länder gesehen werden könnte. Dort greifen die USA nicht an, liegt also die Vermutung nahe, dass es für den Angriff des Irak noch andere Gründe gab. Öl - das ist häufig die recht schnelle Vermutung, wenn es um die Interessen Bushs im Irak geht.

Natürlich werden diese allgemein bekannten Tatsachen und Vermutungen auch in Michael Moores Film aufgegriffen, aber er geht inhaltlich doch noch ein ganzes Stück weiter.


Filminhalt
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Um sich ein Bild von dem Film machen zu können, werde ich einige Punkte grob darstellen. Eine genauere Beschreibung würde sicher die Spannung nehmen.

Zu Beginn wird das Chaos der Wahl im Jahr 2000 dargestellt, wie die verschiedenen Fernsehsender zu verschiedenen Ergebnissen gekommen sind, mal den einen und mal den anderen zum Sieger erklärten. Letztendlich wird die Entscheidung durch das oberste Gericht entschieden, wo Moore bereits enge Verknüpfungen der Richter zur Familie Bush sieht.

Nach dem chaotischen Amtsantritt Anfang 2001 wird dann die laxe Arbeitshaltung des neuen Präsidenten erläutert, der in den ersten Monaten seiner Amtszeit bereits über 40 Tage frei gemacht hat. Den Wendepunkt stellt der 11. September dar, an dem Bush bei einem Besuch in einer Grundschule von den Anschlägen auf das World-Trade-Center erfährt. Die Szene, bei der Bush von einem Berater etwas ins Ohr geflüstert wird, ist hinlänglich bekannt, Moore jedoch macht daraus einen unfähigen Präsidenten, da er trotz der eindeutigen Nachrichten noch einige Minuten mit den Schulkindern liest.

In einer Art Rückblende ("Was könnte der Präsident in diesen Minuten gedacht haben?") werden verschiedene Verbindungen von Bush in Richtung Saudi-Arabien, besonders auch zur Familie Bin Laden dargestellt. Bush hatte während früherer Geschäftsführertätigkeiten immer wieder große Finanzspritzen aus dieser Region erhalten, obwohl seine Firmen alles andere als erfolgreich waren. Schlussfolgerung: Bush jun. wurde damals als Partner benötigt, da Bush sen. gerade Präsident war.

Bereits kurz nach den Anschlägen beschließt Bush, den Irak anzugreifen. Jetzt hat man endlich einen Grund! Währenddessen werden Saudi-Arabische Wirtschaftsleute, darunter auch Mitglieder der Familie Bin Laden, von der Regierung in ihre Heimat geflogen, ohne dass sie in irgendeiner Weise überprüft worden wären. Und das, obwohl zur gleichen Zeit strengste Sicherheitsvorkehrungen herrschten und jeder bei dem kleinsten Verdacht verhört wurde.

Dummerweise lässt sich ein Angriff auf den Irak momentan nicht rechtfertigen, also muss erst mal Afghanistan bluten. Aber aufgeschoben ist ja nicht aufgehoben! Außerdem kann man Afghanisten ganz gut als Partner brauchen, da man dort gerade eine Ölpipeline bauen will.

Natürlich gab es vor dem 11. September Erkenntnisse der Geheimdienste, dass ein Anschlag bevorstehen würde. Aber der eher einfältige, freizeitliebende Präsident hat diese ignoriert. Die Angst der Bevölkerung nach den Anschlägen kam der Popularität von Bush zugute, und so wurde das Bedrohungsszenario aufrecht erhalten und eifrig gepflegt. So wurden alle möglichen, auch völlig unbedeutende Orte ("Das einzige, wo sich hier ein Anschlag lohnen könnte, wäre die WalMart-Filiale!") genannt, die angeblich Ziel eines geplanten Anschlags werden könnten. Diese Bedrohungslage war dann auch Rechtfertigung genug für den Feldzug gegen den Irak.

Hier kommt dann schnell der Wendepunkt, von der scheinbar heroischen Kriegslust hin zum Beklagen der Opfer auf beiden Seiten.


Filmische Mittel
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Der gesamte Film ist aus Nachrichten und Dokumentarszenen, Interviews und Reporterauftritten von Moore zusammengestellt. Dabei ist der Erzähler in deutsch zu hören, die Originalszenen dagegen haben deutsche Untertitel erhalten.
Der gesamte Film ist von einer sarkastischen, ironisierenden Aufmachung geprägt, Moore lässt keine Gelegenheit aus, sein Gift gegen George W. Bush zu verspritzen und ihn als geldgeilen Einfaltspinsel darzustellen.

Lediglich im letzten Teil, in dem es um den Irak-Krieg geht, überwiegt die Nachdenklichkeit, während sonst, teilweise mit sehr viel Polemik, ein Schlag nach dem anderen ausgeteilt wird. Die Zusammenstellung der Nachrichtenszenen, Interviews usw. ist sehr geschickt vorgenommen, so dass sich dem Zuschauer wirklich ein geschlossenes Bild zeigt.


Wirkung des Filmes
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Die Reaktionen, die ich bei den anderen Kinobesuchern beobachtet habe, stellen ganz gut die Wirkung des Filmes dar. Besonders bei der anfänglichen, ironischen Darstellung des faulen Präsidenten wurde immer wieder herzlich gelacht. Bei der Darstellung der geschäftlichen Verbindungen von Bush zur arabischen Welt aber und auch bei den teilweise abstrusen Begründungen für den Irakkrieg und seine Auswirkungen dagegen war immer wieder entsetztes, ungläubiges Kopfschütteln zu beobachten.

Wie beschrieben ergibt sich wirklich ein geschlossenes Bild der Geschichte. Die Zusammenstellung der einzelnen Szenen ist äußerst wirkungsvoll, wenngleich ich vermute, dass viele Aussagen doch sehr aus dem Zusammenhang gerissen wurden und somit der Zuschauer manipuliert wird. Dennoch ist es ein sehr spannender Film, abgesehen von einigen Längen am Schluss des Filmes über die gesamte Dauer von etwa zwei Stunden hinweg interessant zu sehen.


Fazit:
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"Ist das wirklich alles wahr?" war mein erster Gedanke nach dem Film! Er ist wirklich beeindruckend und beschäftigt einen auch danach noch. Je mehr ich darüber nachdenke, umso unsicherer bin ich jedoch bei der Beantwortung dieser Frage. Natürlich ist Bush ein machtgieriger, geldgeiler Präsident, sicher spielen in seiner Welt wirtschaftliche Verstrickungen eine große Rolle und beeinflussen die Politik. Der Irak-Krieg ist auch eher seiner persönlichen Interessen wegen angezettelt worden als wegen einer tatsächlichen Bedrohung.

Dennoch erscheint mir im Nachhinein einiges in dem Film doch etwas zu glatt dargestellt und eben genau so zusammengeschnitten, dass die gewünschte Wirkung erzielt wird. In gewisser Weise manipuliert der Film seine Zuschauer. Während ich diesen Bericht schreibe, fallen mir Nachrichten nach dem 11. September 2001 ein: Kurz nach den Anschlägen wurden Bilder aus der arabischen Welt gezeigt, wo die Menschen jubelten, angeblich wegen der Anschläge. Im Nachhinein stellte sich jedoch heraus, dass der Jubel einen ganz anderen Grund hatte und die jubelnden Menschen zu dem Zeitpunkt gar nichts von den Anschlägen wussten. Aber es passte eben ins Bild, dass sich die arabische Welt über die 3000 toten Amerikaner freute und so hat es jeder auch erst mal geschluckt.

Alles in allem ist der Film aber auf jeden Fall sehenswert und für einen Dokumentarfilm ausgesprochen spannend. Ich kann nur empfehlen, sich ein eigenes Bild davon zu machen. Meines ist im Moment, wie beschrieben, eher unsicher.

Vielen Dank für's Lesen, Bewerten und Kommentieren!


Ergänzende Infos:
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FSK: ab 12
Länge: 122 min.

Internetseiten:
www.fahrenheit911.com (englisch, aber lesenswert!)
www.fahrenheit911.de
www.michaelmoore.com --> hier werden unter anderem Quellen für die Filmausschnitte angegeben

37 Bewertungen, 4 Kommentare

  • enir04

    30.01.2006, 20:59 Uhr von enir04
    Bewertung: sehr hilfreich

    super bericht. würde mich über gegenbewertung freuen:) lg enir04

  • kleinvolli

    09.11.2004, 14:06 Uhr von kleinvolli
    Bewertung: sehr hilfreich

    Das hab ich mich auf am vergangen Wochenende gefragt als der Film auf Pro 7 zu bestaunen war.

  • jollymare

    07.10.2004, 10:52 Uhr von jollymare
    Bewertung: sehr hilfreich

    Dein Bericht ist gut und du hast mich überzeugt das ich mir wohl eine Meinung darüber bildes sollte. OK

  • negelchen

    20.08.2004, 15:35 Uhr von negelchen
    Bewertung: sehr hilfreich

    ich find den film ziemlich übertrieben.. es steckt zwar ein wahrer kern drin, aber es wird auch sehr übertriben dargestellt. was ich ja auch verstehen kann, weil wer würd sich den film sonst anschauen bzw. die bücher kaufen?