Fräulein Smillas Gespür für Schnee Testbericht

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Erfahrungsbericht von w.gruentjens

Julia Ormond zwischen Hitchcock und Akte X

Pro:

-

Kontra:

-

Empfehlung:

Ja

Kann eine europäische Produktion Hollywood beim Unterhaltungs-Publikum Paroli bieten? Kann ein Film in verschiedenen Phasen zwischen Hitchcock-Niveau und Akte X schwanken? Kann eine Geschichte, die mit feinfühligen Sequenzen, mit einer zarten Kind-Frau-Freundschaft beginnt, die schließlich zu einem Polit-Thriller wird, schließlich in billigem Actionismus (ver-)enden?

Dieser Film kann es: Er hinterlässt ein so zwiespältiges Bild zwischen psychologisch-feinfühliger Kunst und blankem Action-Kitsch, dass die einen das als genial, die anderen als schizophren ansehen werden. Aber Julia Ormond bietet hier eine derart glaubhafte Darstellung einer tollen und starken Frau, dass dies alles Andere unwichtig erscheinen lässt.


DATEN

Deutschland, Dänemark, Schweden 1996
FSK 12

Darsteller: Julia Ormond (Smilla Jasperson), Gabriel Byrne ( Nachbar), Richard Harris (Andreas Tork), Mario Adorf (Captain Sigmund Lukas), Jürgen Vogel
Regie: Bille August
Produzenten: Bernd Eichinger, Martin Moszkowicz
Drehbuch: Ann Biderman nach dem Roman \"Fräulein Smillas Gespür für Schnee\" von Peter Hoeg
Musik: Hans Zimmer, Harry Gregson-Williams

INHALT

Vorgeschichte 1:

Im Jahre 1859 steht ein Eskimo am Wasserloch und wartet mit seiner Harpune darauf einen Seehund zu erlegen. Da erscheint ein Feuerball am Himmel, trifft auf die Erde auf, und es gibt eine Explosion wie bei einer kleinen Atombombe. Die Druckwelle tötet den Eskimo und seine Schlittenhunde.

Vorgeschichte 2:

Die kindliche Smilla - halb Dänin, halb Eskimo - ist mit ihrer Mutter und anderen Frauen und Mädchen unterwegs. Als sie die Richtung verloren haben, ist Smilla ganz sicher, den richtigen Weg zu finden, weil sie ein Gespür für Schnee entwickelt hat; und sie findet ihn auch.


Geschichte:

Smilla, mittlerweile etwa 28, ist eine sonderbare junge Frau, die zunächst sehr harte, fast unsympathische Züge trägt - was sich im Laufe der Zeit aber nach und nach völlig ändert. Ein kleiner, aufdringlicher Nachbarjunge versucht schließlich, ihre Freundschaft zu gewinnen, und die Entstehung dieser Freundschaft ist wunderschön geschildert.

Eines Tages aber findet sie ihn beim Nachhausekommen tot vor dem Haus; alle Spuren im Schnee zeigen, dass er vom Dach gesprungen ist. An einen Selbstmörd oder Unfall glaubt sie aber nicht, denn er hat solche Höhenangst, dass er nie ohne große Not aufs Dach gegangen wäre. Und so beginnt sie Nachforschungen. Sie erfährt schließlich, dass der Junge einmal im Monat im Krankenhaus untersucht wurde, sie lernt einen Nachbarn kennen, der sich an den Nachforschungen beteiligt.

Schließlich erfährt sie von einem Unternehmen, bei dem der Vater des Jungen arbeitete, der bei einer Expedition dieses Unternehmens umgekommen war.

Werde der Nachbar und sie sich näher kommen, wird es zwischen ihnen funken?

Was bedeutet es dann aber, dass ihr Nachbar mit dem Chef des Unternehmens, zu dem ihre Spuren führen, spricht?

Warum wurde der Vater bei der Expedition getötet, warum der Sohn im Krankenhaus untersucht?

Was bedeuten die Röntgenbilder, die sie schließlich stieht?

Wie hängt das ganze Puzzle von Freundschaft, Liebesgeschichte, einer ehemaligen Sekretärin, dem Meteorit, dem Tod, dem Krankenhaus und der Expedition zusammen?

Um das herauszufinden, schmuggelt sich Smilla schließlich bei der nächsten Expedition ein. Wird sie das Rätsel lösen können, und was geschieht schließlich mit dem gelösten Rätsel?


QUALITÄT

Wie schon oben angedeutet, ist die Regie dieses Filmes teils auf dem Niveau von Hitchcock, teilweise aber nur auf dem Niveau von Akte X - der Film angesiedelt. Das liegt wohl daran, dass der Film allmählich das Thema aufbaut und schließlich zu größerer Dichte und höherer Handlungsgeschwindigkeit gelangen will. Es ist wohl Geschmackssache, aber mir scheint der Actionismus im zweiten Teil des Films nicht sonderlich angebracht.

Die Story richtet sich weitgehend nach der Buchvorlage, wobei jedoch ein paar Risse entstehen, die die zeitlichen und logischen Zusammenhänge manchmal fragwürdig erscheinen lassen. Deshalb ist es im zweiten Teil des Films auch manchmal so, dass man den Verdacht hat, gerade diese Szene wurde eingebaut, weil man sie für besonders verkaufsträchtig hielt - auch das kann natürlich ein völlig falscher Verdacht sein.

Die Musik von Hans Zimmer schwankt zwischen zurückhaltend und etwas zu aufdringlich, ist aber nicht peinlich wie etwa bei Pearl Harbor.

Die Schauspieler haben mir alle gut, recht gut, sehr gut - schwankend - gefallen. Aber das spielt alles keine Rolle:

Die großartige Leistung von Julia Ormond, die man bisher nur aus halb romantischen Edelschnulzen kannte, die hier aber eine ganz andere Ormond zeigt, die hier Stärken - menschliche und schauspielerische - entwickelt, die man nie hinter ihr vermutet hätte, diese großartige Leistung macht für mich alles, was mir an dem Film unglücklich erschien, wieder wett. Ich war selten von einer Hauptrolle so begeistert wie von dieser.

Nur deshalb - nur wegen Julia Ormond - werde ich den Film auch später noch einmal gerne sehen, und deshalb werde ich gerne über alles hinwegsehen, was mich an Akte X erinnert hat und schmunzeln ließ.


FAZIT

Dies ist ein europäischer Film (Deutschland - Dänemark - Schweden), der sich aber stark an die Tradition amerikanischer Filme anlehnt, ohne deren Pathos oder den üblichen kitschigen Patriotismus zu übernehmen.

Es ist ein sehr guter Unterhaltungsfilm mit Ansätzen zu künstlerischen Szenen. Vieles ist gutes Handwerk, und wenn der Film auch am Ende zu sehr zum Actionfilm wird, so wird man doch durch die poetischeren Anfangsszenen und die im ganzen Film über durchgehend hervorragende schauspielerische Leistung von Julia Ormond entschädigt.




----- Zusammengeführt, Beitrag vom 2004-10-15 23:59:33 mit dem Titel Julia Ormond - wundervoll

Kann eine europäische Produktion Hollywood beim Unterhaltungs-Publikum Paroli bieten? Kann ein Film in verschiedenen Phasen zwischen Hitchcock-Niveau und Akte X schwanken? Kann eine Geschichte, die mit feinfühligen Sequenzen, mit einer zarten Kind-Frau-Freundschaft beginnt, die schließlich zu einem Polit-Thriller wird, schließlich in billigem Actionismus (ver-)enden?

Dieser Film kann es: Er hinterlässt ein so zwiespältiges Bild zwischen psychologisch-feinfühliger Kunst und blankem Action-Kitsch, dass die einen das als genial, die anderen als schizophren ansehen werden. Aber Julia Ormond bietet hier eine derart glaubhafte Darstellung einer tollen und starken Frau, dass dies alles Andere unwichtig erscheinen lässt. Dies ist aber mein persönlicheer Eindruck. Andere werden die Mischung aus Kunst und Action vielleicht gerade besonders gut finden.


DATEN

Deutschland, Dänemark, Schweden 1996
FSK 12

Darsteller: Julia Ormond (Smilla Jasperson), Gabriel Byrne ( Nachbar), Richard Harris (Andreas Tork), Mario Adorf (Captain Sigmund Lukas), Jürgen Vogel
Regie: Bille August
Produzenten: Bernd Eichinger, Martin Moszkowicz
Drehbuch: Ann Biderman nach dem Roman \"Fräulein Smillas Gespür für Schnee\" von Peter Hoeg
Musik: Hans Zimmer, Harry Gregson-Williams


INHALT

Vorgeschichte 1:

Im Jahre 1859 steht ein Eskimo am Wasserloch und wartet mit seiner Harpune darauf einen Seehund zu erlegen. Da erscheint ein Feuerball am Himmel, schlägt auf der Erde auf, und es gibt eine Explosion wie bei einer kleinen Atombombe. Die Druckwelle tötet den Eskimo und seine Schlittenhunde.

Vorgeschichte 2:

Die kindliche Smilla - halb Dänin, halb Eskimo - ist mit ihrer Mutter und anderen Frauen und Mädchen unterwegs. Als sie die Richtung verloren haben, ist Smilla ganz sicher, den richtigen Weg zu finden, weil sie ein Gespür für Schnee entwickelt hat; und sie findet ihn auch.


Geschichte:

Smilla, mittlerweile etwa 28, ist eine sonderbare junge Frau, die zunächst sehr harte, fast unsympathische Züge trägt - was sich im Laufe der Zeit aber nach und nach völlig ändert. Ein kleiner, aufdringlicher Nachbarjunge versucht schließlich, ihre Freundschaft zu gewinnen, und die Entstehung dieser Freundschaft ist wunderschön geschildert.

Eines Tages aber findet sie ihn beim Nachhausekommen tot vor dem Haus; alle Spuren im Schnee zeigen, dass er vom Dach gesprungen ist. An einen Selbstmord oder Unfall glaubt sie aber nicht, denn er hat solche Höhenangst, dass er nie ohne große Not aufs Dach gegangen wäre. Und so beginnt sie Nachforschungen. Sie erfährt schließlich, dass der Junge einmal im Monat im Krankenhaus untersucht wurde, sie lernt einen Nachbarn kennen, der sich an den Nachforschungen beteiligt.

Schließlich erfährt sie von einem Unternehmen, bei dem der Vater des Jungen arbeitete, der bei einer Expedition dieses Unternehmens umgekommen war.

Werden der Nachbar und sie sich näher kommen, wird es zwischen ihnen funken?

Was bedeutet es dann aber, dass ihr Nachbar mit dem Chef des Unternehmens, zu dem ihre Spuren führen, spricht?

Warum wurde der Vater bei der Expedition getötet, warum der Sohn im Krankenhaus untersucht?

Was bedeuten die Röntgenbilder, die sie schließlich stieht?

Wie hängt das ganze Puzzle von Freundschaft, Liebesgeschichte, einer ehemaligen Sekretärin, dem Meteorit, dem Tod, dem Krankenhaus und der Expedition zusammen?

Um das herauszufinden, schmuggelt sich Smilla schließlich bei der nächsten Expedition ein. Wird sie das Rätsel lösen können, und was geschieht schließlich mit dem gelösten Rätsel?


QUALITÄT

Wie schon oben angedeutet, ist die Regie dieses Filmes teils auf dem Niveau von Hitchcock, teilweise aber nur auf dem Niveau von Akte X - der Film angesiedelt. Das liegt wohl daran, dass der Film allmählich das Thema aufbaut und schließlich zu größerer Dichte und höherer Handlungsgeschwindigkeit gelangen will. Es ist wohl Geschmackssache, aber mir scheint der Actionismus im zweiten Teil des Films nicht sonderlich angebracht.

Die Story richtet sich weitgehend nach der Buchvorlage, wobei jedoch ein paar Risse entstehen, die die zeitlichen und logischen Zusammenhänge manchmal fragwürdig erscheinen lassen. Deshalb ist es im zweiten Teil des Films auch manchmal so, dass man den Verdacht hat, gerade diese Szene wurde eingebaut, weil man sie für besonders verkaufsträchtig hielt - auch das kann natürlich ein völlig falscher Verdacht sein.

Die Musik von Hans Zimmer schwankt zwischen zurückhaltend und etwas zu aufdringlich, ist aber nicht peinlich wie etwa bei Pearl Harbor.

Die Schauspieler haben mir alle gut, recht gut, sehr gut - schwankend - gefallen. Aber das spielt alles keine Rolle:

Die großartige Leistung von Julia Ormond, die man bisher nur aus halb romantischen Edelschnulzen kannte, die hier aber eine ganz andere Ormond zeigt, die hier Stärken - menschliche und schauspielerische - entwickelt, die man nie hinter ihr vermutet hätte, diese großartige Leistung macht für mich alles, was mir an dem Film unglücklich erschien, wieder wett. Ich war selten von einer Hauptrolle so begeistert wie von dieser.

Nur deshalb - nur wegen Julia Ormond - werde ich den Film auch später noch einmal gerne sehen, und deshalb werde ich gerne über alles hinwegsehen, was mich an Akte X erinnert hat und schmunzeln ließ.

Wenn man sich aber durch das etwas Phantastische und manchmal Konstruierte nicht stören lässt, dann kann man den Film schon sehr genießen.


FAZIT

Dies ist ein europäischer Film (Deutschland - Dänemark - Schweden), der sich aber stark an die Tradition amerikanischer Filme anlehnt, ohne deren Pathos oder den üblichen kitschigen Patriotismus zu übernehmen.

Es ist ein sehr guter Unterhaltungsfilm mit Ansätzen zu künstlerischen Szenen. Vieles ist gutes Handwerk, und wenn der Film auch am Ende zu sehr zum Actionfilm wird, so wird man doch durch die poetischeren Anfangsszenen und die im ganzen Film über durchgehend hervorragende schauspielerische Leistung von Julia Ormond entschädigt.

41 Bewertungen, 5 Kommentare

  • catmother

    01.12.2004, 16:58 Uhr von catmother
    Bewertung: sehr hilfreich

    ich bin zwar ein Fan von Julia Ormond, aber hier war sie mir doch etwas steif.

  • Wunderblume

    25.11.2004, 23:46 Uhr von Wunderblume
    Bewertung: sehr hilfreich

    Da mir der Film sehr gut gefallen hat, warte ich schon ganz ungeduldig, dass das Buch endlich von der Süddeutschen Bibliothek herauskommt. Lesen ist doch immer noch schöner.

  • antjeeule

    24.10.2004, 02:18 Uhr von antjeeule
    Bewertung: sehr hilfreich

    Julia Ormond ist auch mir in diesem Film besonders aufgefallen. Ich mag diesen Film sehr. Deine Rezension dazu ist Klasse. Es macht Spaß, deinen Gedanken zu folgen. LG, Antje

  • princesse

    16.10.2004, 22:08 Uhr von princesse
    Bewertung: sehr hilfreich

    habe das buch gelesen und war begeistert, dann noch einen film ansehen gehen, ist ein grosses risiko (enttäuscht zu werden), diesmal habe ich es gelassen :-)

  • nexuspolaris

    16.10.2004, 15:47 Uhr von nexuspolaris
    Bewertung: sehr hilfreich

    gesehen, fand den klasse ;-) lg nexus