Hero (VHS) Testbericht

Hero-vhs-actionfilm
ab 20,11
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Auf yopi.de gelistet seit 10/2004

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Erfahrungsbericht von princesse

Überirdisch schöner Film

Pro:

verschwenderisch, wunderschön, wie ein Tanz

Kontra:

streckenweise etwas einschläfernd

Empfehlung:

Ja

Was zurückbleibt an Erinnerung sind wundervolle Bilder, ein Fest der Farben und Eindrücke, anmutige Kampf-Choreographie und eine gewisse Traurigkeit über soviel Tod. Gestorben wird immer heldenhaft, immer für ein höheres Ideal, das über das eigene Leben gestellt wird, sterben für eine bessere Welt. Das ist der Stoff, aus dem ein berührender wenn auch mich etwas ratlos zurücklassender Film gemacht wurde, von Regisseur Zhang Yimou. Hero ist ein chinesischer Film, erinnerte mich aber eher an Japan.

Hero ist die Geschichte einer der vielen Legenden, die sich um den ersten Kaiser Chinas, Kaiser Chin, drehen. Wir sehen uns zurückversetzt ins dritte Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung, in die präimperiale \"Epoche der sieben kämpfenden Reiche\" (ca. 240-221 v.Chr.).

Ein Schwertkämpfer, ein Namenloser (Jet Li), bittet um Audienz beim König Chin Shi Huang Di (zu diesem Zeitpunkt ist er noch nicht Kaiser und China wurde noch nicht gegründet), er erklärt, die drei Attentäter, welche den König seit nunmehr 10 Jahren schlaflose Nächte bereiteten, getötet zu haben und bringt als Beweis deren Schwerter und Lanze mit.
Keiner darf sich dem König näher als bis auf 100 Schritte nähern, dies soll verhindern, dass ein Attentäter die Chance bekommt, den König zu töten.
Der Namenlose tritt also vor König Chin und dieser will wissen, wie es dem Schwertkämpfer gelang, Zerbrochenes Schwert (Tony Leung), Fliegender Schnee (Maggie Cheung) und Weiter Himmel ( Tony Ching Siu Tung) (die drei Attentäter) getötet zu haben, galten diese als unbesiegbare Kämpfer, vorallem Weiter Himmel, den der Namenlose zuerst tötete. Er schildert, wie er Weiter Himmel aufsuchte und mit ihm kämpfte und ihn dann besiegte, zum Zeichen des Wahrheitsgehaltes seiner Geschichte überbringt er dem König die silberne Lanze des Besiegten, denn nie hätte sich Weiter Himmel von dieser Lanze freiwillig getrennt.
Ein Dekret, zuvor vom König erlassen, besagt, dass der der Weiter Himmel tötet, sich dem König bis auf zwanzig Schritte nähern darf. So sitzt der Namenlose 20 Schritte vor dem König und erzählt nun, wie er Zerbrochenes Schwert und Fliegender Schnee tötete. Letzteres erlaubt ihm, sich dem Herrscher bis auf 10 Schritte zu nähern. Und erst jetzt eröffnet ihm König Chin, dass er ihm kein Wort glaubt, er seine Erzählungen und die mitgebrachten Beweise für eine Inszenierung hält, das Ganze nichts weiter ist als ein geschickt eingefädeltes Komplott um sich dem König bis auf 10 Schritte zu nähern. Ist ein Kämpfer einmal dem König so nahe, so hat er die Möglichkeit, den Tyrannen zu töten, da die Leibwache sich wie alle anderen 100 Schritte entfernt vom Thron befindet und somit nicht rechtzeitig eingreifen kann. Im Grunde wird der Film erst jetzt etwas spannend. Tötet der Namenlose den König oder nicht oder versucht er es zumindestens? Da wir wissen, dass König Chin Kaiser wurde und China gründete, überlebte er diese Begegnung natürlich.

Es ist nicht diese Geschichte, die den Film ausmachen, sondern das, was im Film damit verbunden wird, was darunter liegt, die Philosophie dass nichts nur Gut oder Böse ist, nichts entweder hinter oder vor der Linie liegt, alles zwei Gesichter hat, so wie Ying und Yang, schwarz und weiss, untrennbar und voneinander nicht lösbar.
Nicht der Held ist der Gute, nicht der Tyrann ist der Böse, aber auch nicht umgekehrt. Der Held verfolgt keine übergeordneten Ziele, sondern im Grunde nur die eigene Rache, weil die Truppen Chin\'s seine Familie einst töteten. Die Attentäter sind auch nicht alle das, was man zuerst annehmen mag, einer verteidigt den König sogar. Und der Tyrann verfolgt nicht nur Ruhm, Macht und die eigene Grösse, er ist ein Mensch der die Fähigkeit besitzt, in andere hineinzusehen, zu erkennen, was sie wirklich verfolgen. Er lässt den Namenlosen bis 10 Schritte an sich herankommen, obwohl er weiss, dass dieser nicht der ist, der er vorgibt zu sein. Die Geschichte ist vielschichtig und der Film bewegt sich zugleich auf mehreren Ereignisebenen, denn das was der Namenlose dem König erzählt, sehen wir als Zuschauer unmittelbar. Und dann sehen wir die Version der Geschehnisse aus Sicht des Königs, so wie er glaubt, dass es sich abgespielt hat, und nocheinmal eine neue Geschichte des Namenlosen, dreimal dasselbe aus unterschiedlichen Perspektiven.

Und all dies in imposant inszenierten Bildern, wo ein Schwertkampf zu einem Tanz in wallenden Gewändern und berauschenden Farben wird, es wirkt fast nie gewalttätig, eher wie eine perfekte Choreographie, Bilder, die unbeschreiblich schön und beeindruckend sind und geradezu etwas mediatives haben, zumal die Musik das ganze Kunstwerk hinreissend schön untermalt. So gesehen ist Hero nicht einfach ein Film, sondern ein ästhetisches Kunstwerk von höchster Präzision und selten erreichter Schönheit, die Handlung, das Erzählte tritt zuweilen einen Schritt zurück vor der atemberaubende Durchdringung und Ausdruckskraft, welche die Bilder erzeugen. Und vor diesem Hintergrund sind die Dialoge sparsam, vielmehr ist es die Gestik, Mimik und Körpersprache der Protagonisten, die alles Ungesagte erklären, mehr Gesprochenes hätte wohl nur die Harmonie und Vollkommenheit des bildhaften gestört. Ein emotional ausgesprochen wirkungsvollen Film, zumindestens für mich, sicherlich nicht für jeden Zuschauer, man muss es mögen, Kunst statt tunbe Action, wo sogar das Töten im Kampf zu einem schaurig schönen Ritual wird, jedoch Platz einräumt für die Trauer um den der getötet wurde und auch um jenen der tötete. So ist eine der berührendsten Szenen, als sie ihrem Geliebten das Schwert in die Brust stösst, während ihr die Tränen übers Gesicht laufen, sie vor ihm kniet und er, auch im Tode noch, ebenfalls kniet, und immer weht der Wind über eine grossartige Landschaft welche einen weiten Blick zulässt, und weite, wallende Gewänder flattern und auch die langen Haare, welche teilweise kunstvoll auf dem Kopf vernüpft, teilweise bei ihm und ihr bis zur Taille reichen, flattern mit. Wir, die Zuschauer verharren einen langen Moment in dieser Szene, nehmen an ihrer Trauer teil um ihren Geliebten und verlieren uns schier in diesem Bild.

Wunderbar, wie Maggie Cheung Fliegender Schnee spielt, zuerst maskenhaft und unnahbar schön in der Erzählung des Namenlosen, wo sie, blind vor Eifersucht, ihren Geliebten tötet, weil dieser mit Roter Mond, seiner Dienerin, von ihr beim Liebesakt erwischt wurde. Beeindruckend, als sie am Ende des Films diesen entsetzlichen Schrei von sich gibt, als sie erkennt, was sie getan hat, ein Schrei der den Schmerz ausdrückt wie selten ein Film-Schrei dies kann, und gleichzeitig ein Akt der Befreiung zu sein scheint.

Der Film ist episch, opulent, manche mögen sagen kitschig, aber das sind Filme über Helden fast immer irgendwie, also ist dies völlig in Ordnung, er mag für usn im Westen etwas fremd wirken, aber es ist ein Märchen, eine Legende aus China, das ist naturgemäss nicht das, was uns Oma einst auf der Ofenbank erzählte.

Um den Film in einem Satz zusamenzufassen: Virtuose Symphonie der Bilder und fast überirdisch schön mit einer beeindruckenden Liebesgeschichte und einem wunderschönen Liebespaar, mit einem Helden der keiner ist, aber zu einem wird, einem Tyrannen, der ein Mensch ist und einer Musik, die ich mir immer wieder anhören könnte.


ZITAT: \"Ein Film wie ein chinesisches Schriftzeichen: von unendlicher Sorgfalt, voller Brillanz und Eleganz, rätselhafter Schönheit, jahrhundertealter Weisheit, bestechender Farben, dafür geschaffen, bewundert zu werden, respektiert. In jedes Bild zeichnet der Regisseur tausend Jahre Zeit, in Wörter das Blau seiner Figuren, in Sand Kalligraphien, wieder und wieder[...]\".


Nachtrag: Wer einen spannenden Actionfilm erwartet, der sollte um diesen Film einen Bogen machen, er/sie würde enttäuscht werden, wahrscheinlich.

2. Nachtrag: Die eingangs erwähnte latente Ratlosigkeit meinerseits hat sich mit dem Schreiben dieser Rezension aufgelöst, was bleibt ist Erinnerung an das was ich beschrieb.

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