In the Bedroom (VHS) Testbericht

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ab 7,69
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Erfahrungsbericht von ZordanBodiak

Eine Familienidylle zerbröselt…

Pro:

-

Kontra:

-

Empfehlung:

Ja

Die Kritiker waren beeindruckt. Und auch die Besucherzahlen in den USA machten „In the Bedroom“ zu einem der erfolgreichsten Independenten-Filme des letzten Kinojahres. Doch trotz der Überhäufung mit zahlreichen Filmpreisen und der Nominierung für fünf der begehrten Oscars (u.a. auch als bester Film) fiel der starbesetzte Film beim deutschen Publikum durch. Erneut ein Fall der Ignoranz gegenüber anspruchsvollen Filmen oder eine berechtigte Reaktion?


Die Fowlers führen ein harmonisches Familienleben. Vater Matt ist Arzt und Mutter Ruth leitet den ortsansässigen High School Chor. Doch die neue Freundin ihres Sohnes Frank – der seine College-Ferien in der Heimat verbringt – bereit dem glücklichen Ehepaar Kopfzerbrechen. Die wenige Jahre ältere Natalie hat bereits zwei Kinder und befindet sich noch immer in der schwierigen Trennung von ihrem Noch-Ehemann Richard, der zu keinem Zeitpunkt seine Gefühle unter Kontrolle hat und auch vor physischer Gewalt nicht zurückschreckt.

Immerzu erscheint Richard in Natalies Haus, zerstört Einrichtungsgegenstände oder terrorisiert die verzweifelte Mutter. Schlichtend versucht Frank in einen dieser Konflikte einzugreifen, doch ein Pistolenschuss löst sich, der Sohn der Fowlers sinkt leblos zu Boden.

Eine Tragödie nimmt ihren Lauf. Während Matt versucht sein Leben trotz der bedrückenden Trauer erneut in den Griff zu bekommen, versinkt Ruth in ihrem Kummer. Sie zieht sich zurück, spricht nur noch in kurzen Sätzen mit ihrem Mann und sucht einen Teil der Verantwortung bei Natalie und auch bei ihrem Ehemann. Als schließlich Richard auf Kaution freigelassen wird, droht die Situation zu eskalieren...


Mir fehlen die Worte. Schon lange kam ich nicht mehr derartig deprimiert und bedrückt aus dem abgedunkelten Kino heraus. Lange musste ich auf „In the Bedroom“ warten, lief er doch in den deutschen Kinos nur sehr kurzzeitig. Sicherlich für die Masse eine absolut verständliche Entscheidung. So bietet Todd Field doch einen verstörenden und sperrigen Blick auf eine Familientragödie, die gänzlich gegen die üblichen Hollywood-Konventionen inszeniert worden ist.

Field, der in Zusammenarbeit mit Rob Festinger das Drehbuch verfasst hat (Oscar-nominiert; nach einer Vorlage von Andre Dubus), versucht entgegen des üblichen Kommerz-Kinos keine Dynamik in seinem Film aufzubauen. Behäbig inszeniert er die einzelnen Szenen, lässt Kameramann Antionio Calvache auf den trauerverzerrten Gesichtern verweilen. Dialoge sind spärlich gesät, stumme Aussagen erhält der Zuschauer aus dem phantastischen Mienenspiel der Darsteller. In bedrückenden Bildern schildert Field das Zerbröseln der Ehe. Die Kleinstadtidylle wird durch den Tod des Sohnes jäh zerstört, das so glücklich erscheinende Ehepaar droht langsam an der Trauer zu zerbrechen. Sie machen sich gegenseitig Vorwürfe, verfallen in Streiterein wegen Kleinigkeiten. Ausweglos scheinen die Fowlers in eine Sackgasse zu laufen.

Und auch dem Aufbauschen falscher Gefühl wird durch das spärliche Verwenden von musikalischer Unterstützung vorgebeugt, Thomas Newman vermeidet es den Zuschauer durch rührselige Musik zu den Tränen zu rühren. Lediglich im bedrückenden Finale und durch das musikalische Überschneidungen vereinzelter Szenen erhält der Film sein spärliches musikalisches Gewand.


*Achtung hier gehe ich auf das Ende ein*

Trotz meiner Gewohnheit muss ich wie geschrieben einen kleinen Vorgriff auf das Ende vollführen. Wie bereits ersichtlich eskaliert die Situation in die Richtung der Selbstjustiz. Matt und sein bester Freund beschließen Richard im Wald zu erschießen. Doch im Kontrast zu den zahlreichen Hollywood-Filmen, die ebenso die Thematik der Selbstjustiz aufgreifen, verwendet Todd Field keine glorifizierende Darstellung. Er lässt seine Figuren in eine Sackgasse laufen, deren einziger Ausweg der Mord an Richard zu sein scheint. Eine Standpunktergreifung für oder gegen Selbstjustiz wird der Zuschauer nicht erhalten. Lediglich die Reaktion der Filmfiguren kann man ansatzweise erkennen. So scheint Matt – der den Mord zur Rettung seiner Ehe begeht – auch mit dieser Tat nicht fertig zu werden. Verstört fährt er von seiner Straftat nach Hause, sinkt mit einem ausdruckslosen Gesichtsausdruck in sein Bett. Langsam „zoomt“ die Kamera von dem Haus der Fowlers. Direkte Erklärungen wird der Zuschauer vergeblichst suchen, Grundlagen für Interpretationen und gedankliche Fortsetzungen der Situation sind über zu genüge gegeben.

*Ab hier kann man wieder unbelastet weiterlesen*


Phantastisch wird diese bedrückend ruhige Atmosphäre von den brillant aufspielenden Darstellern vorangetrieben. Sissy Spacek – die dreifach Oscar-nominierte Aktrice war zuvor in (u.a.) „Carrie“ und „Eve und der letzte Gentleman“ zu bestaunen, für ihr Auftreten in „In the Bedroom“ erhielt sie zudem einen Golden Globe – und Tom Wilkinson – der begnadete Brite ist in seiner Heimat ein angesehener Theaterdarsteller und war zuvor (u.a) als strippender Arbeitsloser in „Ganz oder gar nicht“ (wofür er mit einem British Film Award ausgezeichnet worden ist) zu begutachten– liefern wahre Glanzvorstellungen ab, ihr intensives Mienenspiel ist beängstigend real. Sie gehen gänzlich auf in ihren Darbietungen als trauerndes Ehepaar: Tom Wilkinson als Vater, der nahezu stumm sein Schicksal aufnimmt und Sissy Spacek als verzweifelt trauernde Mutter. Man kann ihre Trauer und ihren Schmerz greifen, kann mit ihnen fühlen. Verständlicherweise wurden sie für diese intensiven Darbietungen mit einer Oscar-Nominierung geehrt worden sind, wieso aber Wilkinson letztendlich leer ausgegangen ist, ist eine andere Frage.

Aber auch die Nebenrollen sind ebenso brillant besetzt worden. Allen voran kann in diesen Reihen Marisa Tomei überzeugen. Die Oscar-honorierte Aktrice (für ihren Auftritt in der liebreizenden Komödie „Mein Vetter Winnie“) kann nach etlichen Jahren der filmischen Durchhängephase erneut eine glanzvollen Auftritt als verzweifelte Freundin des Sohnes offenbaren. Von den Fowlers als Schuldige gebrandmarkt, steht sie erneut alleine vor einem familiären Scherbenhaufen. Und auch für diese beeindruckende Darbietung erhielt die Aktrice eine verdiente Oscar-Nominierung. Entgegen ihren üblichen Rollen in leichteren Komödien kann Marisa Tomei beweisen, dass sie auch in der Lage ist eine anspruchsvolle Rolle mit Leben zu füllen.


Abschließend kann ich trotz dieser Brillanz nur eine eingeschränkte Guckempfehlung für „in the Bedroom“ aussprechen. Normale Kinogänger dürften bei dieser dichten Inszenierung gänzlich überfordert sein. Keinerlei Action-Sequenzen, keine lustigen Sprüche; viel mehr bietet – wie hoffentlich im vorangehenden Text herauskristallisiert worden ist – Marc Foster ein anspruchsvolles und emotionalergreifendes Familiendrama, das zum Nachdenken anregt und bei weitem nicht für einen einfachen Filmabend geeignet ist. Und trotz der sperrigen Inszenierung kann der Film – auch aufgrund einer exzellenten Darstellerriege – begeistern...

Punkte: 9 von 10 möglichen Punkten
Internet: movies.uip.de/inthebedroom/

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