K-19 - Showdown in der Tiefe (VHS) Testbericht

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ab 10,25
Auf yopi.de gelistet seit 10/2004

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Erfahrungsbericht von wildheart

Treue, Ehre, Pflicht und Vaterland !!

Pro:

-

Kontra:

-

Empfehlung:

Nein

Eine „wahre Begebenheit“ liegt Kathryn Bigelows U-Boot-Film zugrunde. 1961 – mitten im „Kalten Krieg“ – schippert ein sowjetisches U-Boot mit Atomraketen bestückt durch den Atlantik und hat enorme Probleme mit dem Reaktor. Mäßige Kritik hält die deutsche Filmkritik bereit. Die „Frankfurter Rundschau“ schreibt: „Zu holzschnittartig sind die Charaktere, zu abgenutzt die Effekte. [...] Alles meint man schon viele Male gesehen und gehört zu haben. Wo vordergründig Kameradschaft, Gehorsam und Befehlsnotstand verhandelt werden, hat sich Bigelow doch tatsächlich nur für die technische Seite des Projekts interessiert. [...] Überhaupt tendiert der Film zu einer unangenehmen triumphalen Inszenierung militärisch-technischer Macht.“ Für die „Welt“ haben sich „in keinem ihrer Filme [...] bisher Dramatik und Reflexion so die Waage gehalten“. Bigelow zeige „die Instabilität des Gleichgewichts zwischen dem geforderten Gehorsam und einer höheren Verantwortung, das jeder Soldat in sich finden muss“. (sprach der Welt-Soldat). Selbst die kritischen Kritiker von der „taz“ haben nichts besseres zu verkünden denn: „Als Vostrikov seine Crew in Zweierteams nacheinander in den Reaktorraum schickt, um die Lecks zu schweißen (ein Himmelfahrtskommando), schafft sie mit ihrer Nähe zu den Figuren einen Horror, der jede Atom-Hysterie von Hollywood-Actionreißern übersteigt.“ Lediglich der „Filmdienst“ ist erbost und sieht in dem Streifen „eine undifferenzierte und ärgerliche Apologie soldatischer Tugenden. Zu keinem Zeitpunkt transzendiert der Film die hermetische militärische Logik: Letztlich geht es nur um die Verhinderung einer dieser Logik immanenten militärischen Eskalation, die alle anderen Konflikte an Bord des U-Bootes sekundär scheinen lassen.“

Alles trotzdem relativ milde, angesichts dessen, was einen auf der Leinwand erwartet.

Inhalt
K-19, das ist die sowjetische Antwort auf das erste US-amerikanische nuklear bestückte U-Boot. Allerdings haben die Crew und ihr Captain Polenin (Liam Neeson) erhebliche Probleme. Es fehlt an Material, Ersatzteilen, bei einer Übung versagt die Elektronik, die Konstruktion wichtiger Teil hat Mängel. Die militärische Führung in Moskau unter Marschall Zelentsov (Joss Ackland) allerdings sieht in Polenin den falschen Mann an Bord. Er stelle „sein Boot und seine Mannschaft über die Partei“. Kurzerhand wird Polenin zum ersten Offizier degradiert und der als linientreu geltende Kapitän Vostrikov (Harrison Ford) als Kommandeur der K-19 bestimmt.

Als die K-19 am 18.6.1961 in See sticht, ist Vostrikov – trotz aller technischen und personellen Mängel – fest entschlossen, seinen Auftrag, die K-19 in jeder Hinsicht zu testen und den USA die Antwort auf ihr Nuklear-U-Boot zu demonstrieren, durchzuführen – komme, was da wolle. Vostrikov setzt eine Übung nach der anderen an, um die Crew tauglich für den Einsatz und für einen potentiellen Ernstfall zu machen. Polenin ist entsetzt über den offenbar skrupellosen Willen Vostrikovs, der das Boot auf 300 Meter Tiefe fahren lässt, so dass die Außenhülle eingedrückt wird. Die Ängste an Bord wachsen. Dann lässt der Kapitän das Boot durch eine Eisdecke auftauchen und eine Testrakete abfeuern.

Während die Mannschaft den Erfolg feiert, äußert Polenin gegenüber Vostrikov: „Dieses Mal haben Sie Glück gehabt, Kapitän. Ich bin hoffentlich auf einem anderen Schiff, wenn es sie verlässt.“

Die K-19 nimmt Kurs auf die amerikanische Küste. Im Reaktor allerdings steigt der Druck. Ein Leck ist die Folge und die Temperatur beginnt dramatisch zu steigen, bis auf über 900 Grad. Die einzige Möglichkeit, eine atomare Katastrophe zu verhindern, ist es, das Leck per Hand zu verschweißen und Kühlwasser einzuführen. Ein Himmelfahrtkommando. Niemand spricht davon, dass die Männer, die nun im Reaktorraum für jeweils zehn Minuten versuchen, das Leck zu schließen, ihr eigenes Todesurteil unterschreiben. Die Strahlung gefährdet jedoch nicht nur diese Männer, sondern die gesamte Crew. Vostrikov weigert sich, amerikanische Hilfe von einem in der Nähe fahrenden Kreuzer anzufordern. Zwei Besatzungsmitglieder wollen Vostrikov absetzen und hoffen damit darauf, dass Polenin die vernünftige Entscheidung trifft, mit den Amerikanern Kontakt aufzunehmen. Der jedoch entscheidet anders ...

Inszenierung
Spannung – das sei vorweg gesagt: der Film hat einige durchaus spannende Sequenzen, in denen Bigelow die beängstigende Situation an Bord der K-19 einfängt. Dabei reicht dieser Film in dieser Hinsicht an Petersens „Das Boot“ allerdings nur punktuell heran. Das alles hat mich aber ehrlich gesagt nicht mehr interessiert, nachdem die letzten ca. 45 Minuten des Films überstanden waren.

Überstanden – im wahrsten Sinn des Wortes. Denn „K19“ ist ein unerträglich vor Patriotismus triefender Streifen, der mir ehrlich gesagt Angst macht. Die perfide Art und Weise, wie hier – nach all den anderen Zumutungen wie „We were soldiers“ oder „Windtalkers“, „Bad Company“ oder „Pearl Harbor“, „Black Hawk Down“ oder „Der Anschlag“ – auf die patriotischen Tränendrüsen gedrückt wird, übersteigt alles bisher Gesehene. 45 Minuten lang ist nicht nur von Pflicht, Ehre, Vaterland, Treue die Rede; diese „Werte“ werden einem regelrecht um die Ohren geschlagen, damit auch dem letzten Kinobesucher klipp und klar wird, das im Leben letztlich nichts anderes zählt. Die „wahre Begebenheit“, auf der der Film fußt, ist dabei völlig unwichtig (geworden). Dass die Offiziere der K-19 erst nach 1989 öffentlich über die Vorkommnisse auf dem U-Boot öffentlich sprechen konnten, nutzt der Film ganz zum Schluss noch schamlos für Landser-Romantik. Es ist wirklich unfassbar.

Als der an Bord befindliche Partei-Kommissar und ein treuer Anhänger Polenins Vostrikov seines Kommandos entheben, schreitet Polenin gegen die beiden ein und bezeichnet sie wenig später als Männer, die ihre Selbstachtung verloren hätten. Einziger Grund für ihr Verhalten war es, die Mannschaft so weit wie möglich zu retten, indem man den US-Kreuzer rasch um Hilfe ersucht. Polenin aber stellt sich hinter Vostrikov. Der Pflichterfüllung und Treue zu Partei und Vaterland ist genüge getan. Die, denen es um den Abbruch einer sinnlosen Aktion ging, stehen wie Feiglinge da. Die, die das alles zu verantworten haben – die politische und militärische Führung in Moskau und Vostrikov – als Helden im Glanze ihres Angesichts. K-19 war technisch unausgereift, eine tickende Zeitbombe. Vostrikov hat das nicht interessiert. Er stellte den Befehl – so jedenfalls der Film – über das Leben der Crew und alles andere. Polenin, der Zweifler, steht nun mit einem Mal an Vostrikovs Seite.

Nach der Rettung der verbleibenden Crew wird Vostrikov vor ein Militärgericht gestellt. Polenin verteidigt ihn. Vostrikov wird zwar nicht verurteilt, darf aber nie wieder ein Kommando führen. Als beide mit den Überlebenden 28 Jahre später am Grab der durch die Strahlung umgekommenen Soldaten stehen, hält Harrison Ford nochmals eine Rede über Pflicht und Treue. Jetzt allerdings – in Verbitterung über die Partei, die ihn kaltgestellt hatte – spricht er davon, dass die umgekommenen Kameraden ihre Pflicht nicht für das Vaterland, sondern für die anderen gelassen hätten. Die alt gewordenen Soldaten salutieren. Es wird immer unerträglicher. Die Tatsache, dass Hollywood dieses Mal ein Ereignis auf russischer Seite zum Anlass nimmt, seine Kriegsideologie-Produktion am laufen zu halten, bekommt in dieser Schlussszene einen Sinn: Auch die Russen haben ein Vaterland, nur die politische Führung hat falsch gehandelt, weil sie Vostrikov kaltgestellt hat. Daher bleibt ihm nur noch die „Kameradschaft“. Bei uns wäre das nicht passiert.

Das einzige, was als krönender Abschluss noch gefehlt und mir den Rest gegeben hätte, wäre eine flammende Rede des amerikanischen Präsidenten über den Fortbestand der inflatorisch „vermittelten“ „Werte“ und ihr aktueller Bezug. Das hat man sich andererseits durchaus ersparen können, denn der Präsident ist mit wichtigeren Dingen beschäftigt, etwa einem Schlag gegen den Irak.

Angst macht sich be mir jedenfalls breit. Hollywoods Kriegsideologie produzierende Maschinerie läuft auf vollen Touren. Man muss keine Verschwörungstheorien bemühen, sondern die Augen aufmachen und hinschauen, was sich abspielt. Nur Harrison Ford und Liam Neeson werden kaum als Offiziere an der Front gegen den Irak kämpfen, um ihre patriotischen Pflichten zu erfüllen. Das haben sie mit diesem Film bereits getan.

Fazit
„K19: The Widowmaker“ enthält keine Kritik an der Logik des „Kalten Krieges“, an militaristischer Gesinnung oder „soldatischen Tugenden“, im Gegenteil: Bigelow reproduziert diese für die Kriegführung erforderlichen Elemente in die Gegenwart. Und in diesem Punkt ist der Film sogar realistisch: Man kann Krieg nur führen, wenn diejenigen, die in die Schlacht müssen, dazu innerlich bereit sind. Dazu gehört vor allem, dass das, was als „Kameradschaft“ bezeichnet wird, ein Selbstläufer wird. Kameradschaft läuft nur von selbst, wenn nach dem Sinn und Zweck, der moralischen Legitimation von Befehlen nicht gefragt wird, sondern der Zusammenhalt in der Truppe – dem Befehl untergeordnet – funktioniert. Verantwortliche deutsche Militärs haben sich nach dem zweiten Weltkrieg auf den so genannten „Befehlsnotstand“ berufen, um sich der Verantwortung für Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen zu entziehen. Wenn der furchtbare Diktator Saddam Hussein auf einen Militärschlag der USA mit ABC-Waffen gegen Israel reagiert, nützt das alles der israelischen Bevölkerung nichts mehr. Saddam wird dann vielleicht gestürzt sein, aber wie viele Menschen in Israel und Palästina sollen dafür mit ihrem Leben bezahlen?

K-19: Showdown in der Tiefe
(K-19: The Widowmaker)
USA 2002, 138 Minuten
Regie: Kathryn Bigelow

Drehbuch: Christopher Kyle, nach einer Vorlage von Louis Nowra
Musik: Klaus Badelt
Kamera: Jeff Cronenweth
Schnitt: Walter Murch
Spezialeffekte: –
Hauptdarsteller: Harrison Ford (Captain Alexei Vostrikov), Liam Neeson (Captain Mikhail Polenin), Peter Sarsgaard (Vadim Radtchenko), Christian Camargo (Pavel Loktev), Joss Ackland (Marschall Zelentsov), Roman Podhara (Lapinsh), Sam Redford (Vasily Mishin), John Shrapnel (Admiral Bratyeev), Donald Sumpter (Dr. Savran), Steve Nicolson (Yuri Demichev), Peter Stebbings (Kuryshev), Tim Woodward (Partonov), Ravil Isyanov (Igor Suslov), Sam Spruell (Dimitri Nevksy), Lex Shrapnel (Mikhail Kornilov)

Offizielle Homepage: http://www.rtl.de/kino/k19/
Internet Movie Database: http://us.imdb.com/Title?0267626

Weitere Filmkritik(en):
„Chicago Sun-Times“ (Roger Ebert):
http://www.suntimes.com/ebert/ebert_reviews/2002/07/071901.html

„Movie Reviews“ (James Berardinelli):
http://movie-reviews.colossus.net/movies/k/k-19.html


© Ulrich Behrens 2002
(dieser Beitrag wurde zuerst veröffentlicht in www.ciao.com unter dem Mitgliedsnamen Posdole)

15 Bewertungen, 2 Kommentare

  • XXLALF

    04.03.2012, 16:21 Uhr von XXLALF
    Bewertung: besonders wertvoll

    garantier kein film für mich, bei welchem ich mein herz verlieren könnte, wenngleich du ihn recht interessant geschildert hast. bewe dafür und ganz liebe grüße

  • Sayenna

    17.12.2006, 14:49 Uhr von Sayenna
    Bewertung: sehr hilfreich

    sh & Kuss :-)