Kissing Jessica (DVD) Testbericht

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Auf yopi.de gelistet seit 02/2010
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Erfahrungsbericht von wildheart
Abseits von Hollywood-Romanzen
Pro:
-
Kontra:
-
Empfehlung:
Ja
Jennifer Westfeldt und Heather Juergensen schrieben sich eine „typische“ (?) Manhattan-Komödie auf den Leib und spielten auch gleich die Hauptrollen. Daniela Sannwald vom „Tagesspiegel“ störte das „Gequieke, Stammeln, Zappeln und Kichern“ von Jennifer Westfeldt. In welchem Film war Daniela? Außerdem sei der Film politisch korrekt. Für Annett Busch war das ganze nichts weiter als eine „Beziehungskomödie mit Homovariante“. Die „Welt“ nimmt den Film viel ernster: Hermann-Wurmfeld stelle „traditionelle Geschlechterrollen und gängige New-York-Klischees lustvoll aus, um sie sogleich mit gackerndem Vergnügen zu zerstören“. Die „Süddeutsche Zeitung“ vergleicht den Streifen mit dem „tragikomischen Charme früher Woody-Allen-Filme. [...] Zwei junge Frauen spielen damit, dass sie sich ineinander verlieben könnten, und wissen nicht so genau, wie ernst sie es meinen sollen. Der Film weiß es auch nicht so genau, weshalb er sich im letzten Drittel etwas hilf- und klanglos aus der Affäre zieht“ (1).
Ach herje!
Inhalt
Die 28jährige Zeitungsredakteurin Jessica Stein (Jennifer Westfeldt) hat die Schnauze von Männern gestrichen voll. Keiner ist perfekt, geschweige denn wenigstens halb-perfekt. Mama Judy (Tovah Feldshuh) und Oma Esther (Esther Wurmfeld) suchen verzweifelt einen passenden Mann in der jüdischen Gemeinde des New Yorker Vororts Scarsdale. Keiner passt dem Töchterchen. Auch Jessicas schwangere Kollegin Joan (Jackie Hoffman) kommt mit ihrem Verkupplungsversuch bei einem Diner nicht weit, zumal Jessicas Chef und Ex-Freund Josh Myers (Scott Cohen) Jessica vor allen Gästen auch noch Beziehungsunfähigkeit vorwirft.
Helen Cooper (Heather Juergensen), Geschäftsführerin in einer Galerie, hingegen kann sich über Männerbekanntschaften nicht beklagen. Ihr sind Männer schon überdrüssig. Keiner bringt irgend etwas Neues in ihr Leben, schon gar nicht im Bett. Also setzt sie mit Hilfe ihres schwulen Kollegen Larry (Ben Weber) eine Annonce auf, garniert mit einem Rilke-Zitat, um eine Frau fürs Leben – zumindest zeitweise – zu finden. Rilke trifft Jessica wiederum ins Herz, doch auch die vage, verzweifelte Hoffnung, dass es mit einer Frau vielleicht besser sein könnte. Bei der ersten Verabredung bekommt Jessica das Muffensausen. Helen allerdings schafft es, Jessica bei der Stange zu halten. Bei den langwierigen Versuchen Helens, Nähe zu Jessica zu bekommen, werden beide Frauen zunächst einmal – immerhin – Freundinnen.
Josh wird immer trauriger, je fröhlicher Jessica wird. Er ist immer noch in sie verliebt. Aber zunächst einmal schafft es Mama Judy, die beiden Frauen zusammen ins Bett zu bringen. Nach einer Sabbat-Feier im Haus der Steins zwingt Judy alle Gäste, im Haus zu bleiben und zu übernachten. Da passiert „es“.
Ein Problem allerdings bleibt: Jessica ist unfähig, ihren Verwandten, Bekannten und Freunden irgend etwas von ihrer Beziehung zu Helen zu erzählen. Helen ist sauer. Jessica schließt sie von ihrem Leben aus. Mama Judy weiß jedoch längst über ihre Tochter Bescheid ...
Inszenierung
Sicher, Herman-Wurmfeld lässt seine Figuren in der Schickeria-Culture-Szene Manhattans agieren. Was die hiesige Filmkritik allerdings übersieht, ist, dass es darum am wenigsten geht. Zunächst jedenfalls geht es um zwei Frauen, die überaus unterschiedlich sind: Jessica, auf Perfektion, Sicherheit aus, ängstlich vor allem Neuen, unfähig, ihre selbst gemalten Bilder einem Galeristen anzubieten (sie könnte dann ja im Rampenlicht der Öffentlichkeit stehen), auf der Suche nach dem einen und einzigen, fehlerlosen Mann, dem Helden, ihrem Helden, dem Superman nur für sie: keiner weit und breit, der ihren 150%igen Ansprüchen genügt; und Helen, cool, mit allen Wassern der Großstadt gewaschen, der Männer überdrüssig, immer auf der Suche nach was Neuem, keine Spur von Angst, lebenslustig, bisexuell und für alles offen. Auch als Jessica nach Monaten einen Rückzieher macht, weil sie merkt, dass sie nicht wirklich lesbisch ist, kann das Helen nur kurzzeitig vom Sockel hauen. Schnell hat sie eine neue Partnerin.
Der Überdruss und die Langeweile der einen treffen sich mit der Enttäuschung, ja Verbitterung der anderen: auch im Bett – nach einigen mühevollen Tagen der „Kleinarbeit“, an denen Helen sehr viel Geduld aufbringen muss, bis Jessica „nachgibt“. Dieses Nachgeben, das ausgerechnet von Mutter Judy gefördert wird, ist aber lediglich Ausdruck einer inzwischen tiefen Freundschaft zwischen zwei so unterschiedlichen Frauen. Klar, auch Jessica scheint Spaß am Sex mit Helen zu haben. Aber im Grunde will sie nur eine Freundin zum Anschmiegen. Das begreift Helen erst später.
Juergensen und Westfeldt haben ihrem Drehbuch und Spiel aber noch mehr verpasst. Jessica und Helen haben es gar nicht nötig, sich in irgendeiner Weise in der New Yorker Gesellschaft zu rechtfertigen. Mama hat Verständnis, Oma bemängelt lediglich die nach ihrer Meinung zu kleinen Brüste Helens, Papa schweigt lieber – nur einer ist verzweifelt: Josh, der Jessica liebt. Kein Vorurteil, vollstes Verständnis, Liberalität en masse. Jessica ist so viel lesbisch wie ein „politischer“ Vegetarier, der beim Körner- und Müsli-Verzehr gute Miene zum Spiel macht und von einem Steak träumt. Irgendwann wird er nachts in eine Fleischerei einbrechen und es sich holen. Und am nächsten Tag wird er wieder das sein, was er immer war: Fleischesser.
Ist Manhattan so liberal? Höchstwahrscheinlich schon. Und gerade deshalb ist es für Helen wie Jessica so leicht möglich, die Tour durch die verwirrten Gefühle zu absolvieren als wäre es (fast) nichts: mit ungezwungenem Humor, ein paar wenigen Tränen und einer guten Portion Vitalität. Jedenfalls lernen sie (und wir) den Unterschied zwischen Liebe und Freundschaft, sie erkunden ihn und finden einen Weg. Dass sie Freundinnen bleiben, ist wohl das schönste Resümee des Films. Immerhin.
Fazit
Mit war das stellenweise ein bisschen zu leicht und locker. Denn auch wenn es in New York so sein mag, wäre das alles anderswo doch dramatischer über die Bühne gegangen. Trotzdem ist „Kissing Jessica Stein“ ein durchaus kurzweiliges, eher leises Independent-Vergnügen, das sich wohltuend von den üblichen, langatmigen und sich im Kreis der Klischees drehenden Hollywood-Romanzen deutlich abhebt und insbesondere auch frei von honigtriefender Musik ist.
(1) Zit. n. www.angelaufen.de
Kissing Jessica
(Kissing Jessica Stein)
USA 2001, 100 Minuten
Regie: Charles Herman-Wurmfeld
Drehbuch: Heather Juergensen, Jennifer Westfeldt
Musik: Marcelo Zarvos
Kamera: Lawrence Sher
Schnitt: Kristy Jacobs Maslin, Greg Tillman
Spezialeffekte: –
Hauptdarsteller: Jennifer Westfeldt (Jessica Stein), Heather Juergensen (Helen Cooper), Scott Cohen (Josh Myers), Tovah Feldshuh (Judy Stein), Jackie Hoffman (Joan), Michael Mastro (Martin), Carson Elrod (Sebastian), David Aaron Baker (Dan Stein), John Hamm (Charles), Robert Ari (Sidney Stein), Esther Wurmfeld (Großmutter Esther), Ben Feldman (Ben Feldman), Ben Weber (Larry)
Offizielle Homepage: http://www.kissingjessica.de/
Internet Movie Database: http://us.imdb.com/Title?0264761
Weitere Filmkritik(en):
„Chicago Sun-Times“ (Roger Ebert):
http://www.suntimes.com/ebert/ebert_reviews/2002/03/031301.html
„Movie Reviews“ (James Berardinelli):
http://movie-reviews.colossus.net/movies/k/kissing_jessica.html
© Ulrich Behrens 2002
(dieser Beitrag wurde zuerst veröffentlicht in www.ciao.com unter dem Mitgliedsnamen Posdole)
Ach herje!
Inhalt
Die 28jährige Zeitungsredakteurin Jessica Stein (Jennifer Westfeldt) hat die Schnauze von Männern gestrichen voll. Keiner ist perfekt, geschweige denn wenigstens halb-perfekt. Mama Judy (Tovah Feldshuh) und Oma Esther (Esther Wurmfeld) suchen verzweifelt einen passenden Mann in der jüdischen Gemeinde des New Yorker Vororts Scarsdale. Keiner passt dem Töchterchen. Auch Jessicas schwangere Kollegin Joan (Jackie Hoffman) kommt mit ihrem Verkupplungsversuch bei einem Diner nicht weit, zumal Jessicas Chef und Ex-Freund Josh Myers (Scott Cohen) Jessica vor allen Gästen auch noch Beziehungsunfähigkeit vorwirft.
Helen Cooper (Heather Juergensen), Geschäftsführerin in einer Galerie, hingegen kann sich über Männerbekanntschaften nicht beklagen. Ihr sind Männer schon überdrüssig. Keiner bringt irgend etwas Neues in ihr Leben, schon gar nicht im Bett. Also setzt sie mit Hilfe ihres schwulen Kollegen Larry (Ben Weber) eine Annonce auf, garniert mit einem Rilke-Zitat, um eine Frau fürs Leben – zumindest zeitweise – zu finden. Rilke trifft Jessica wiederum ins Herz, doch auch die vage, verzweifelte Hoffnung, dass es mit einer Frau vielleicht besser sein könnte. Bei der ersten Verabredung bekommt Jessica das Muffensausen. Helen allerdings schafft es, Jessica bei der Stange zu halten. Bei den langwierigen Versuchen Helens, Nähe zu Jessica zu bekommen, werden beide Frauen zunächst einmal – immerhin – Freundinnen.
Josh wird immer trauriger, je fröhlicher Jessica wird. Er ist immer noch in sie verliebt. Aber zunächst einmal schafft es Mama Judy, die beiden Frauen zusammen ins Bett zu bringen. Nach einer Sabbat-Feier im Haus der Steins zwingt Judy alle Gäste, im Haus zu bleiben und zu übernachten. Da passiert „es“.
Ein Problem allerdings bleibt: Jessica ist unfähig, ihren Verwandten, Bekannten und Freunden irgend etwas von ihrer Beziehung zu Helen zu erzählen. Helen ist sauer. Jessica schließt sie von ihrem Leben aus. Mama Judy weiß jedoch längst über ihre Tochter Bescheid ...
Inszenierung
Sicher, Herman-Wurmfeld lässt seine Figuren in der Schickeria-Culture-Szene Manhattans agieren. Was die hiesige Filmkritik allerdings übersieht, ist, dass es darum am wenigsten geht. Zunächst jedenfalls geht es um zwei Frauen, die überaus unterschiedlich sind: Jessica, auf Perfektion, Sicherheit aus, ängstlich vor allem Neuen, unfähig, ihre selbst gemalten Bilder einem Galeristen anzubieten (sie könnte dann ja im Rampenlicht der Öffentlichkeit stehen), auf der Suche nach dem einen und einzigen, fehlerlosen Mann, dem Helden, ihrem Helden, dem Superman nur für sie: keiner weit und breit, der ihren 150%igen Ansprüchen genügt; und Helen, cool, mit allen Wassern der Großstadt gewaschen, der Männer überdrüssig, immer auf der Suche nach was Neuem, keine Spur von Angst, lebenslustig, bisexuell und für alles offen. Auch als Jessica nach Monaten einen Rückzieher macht, weil sie merkt, dass sie nicht wirklich lesbisch ist, kann das Helen nur kurzzeitig vom Sockel hauen. Schnell hat sie eine neue Partnerin.
Der Überdruss und die Langeweile der einen treffen sich mit der Enttäuschung, ja Verbitterung der anderen: auch im Bett – nach einigen mühevollen Tagen der „Kleinarbeit“, an denen Helen sehr viel Geduld aufbringen muss, bis Jessica „nachgibt“. Dieses Nachgeben, das ausgerechnet von Mutter Judy gefördert wird, ist aber lediglich Ausdruck einer inzwischen tiefen Freundschaft zwischen zwei so unterschiedlichen Frauen. Klar, auch Jessica scheint Spaß am Sex mit Helen zu haben. Aber im Grunde will sie nur eine Freundin zum Anschmiegen. Das begreift Helen erst später.
Juergensen und Westfeldt haben ihrem Drehbuch und Spiel aber noch mehr verpasst. Jessica und Helen haben es gar nicht nötig, sich in irgendeiner Weise in der New Yorker Gesellschaft zu rechtfertigen. Mama hat Verständnis, Oma bemängelt lediglich die nach ihrer Meinung zu kleinen Brüste Helens, Papa schweigt lieber – nur einer ist verzweifelt: Josh, der Jessica liebt. Kein Vorurteil, vollstes Verständnis, Liberalität en masse. Jessica ist so viel lesbisch wie ein „politischer“ Vegetarier, der beim Körner- und Müsli-Verzehr gute Miene zum Spiel macht und von einem Steak träumt. Irgendwann wird er nachts in eine Fleischerei einbrechen und es sich holen. Und am nächsten Tag wird er wieder das sein, was er immer war: Fleischesser.
Ist Manhattan so liberal? Höchstwahrscheinlich schon. Und gerade deshalb ist es für Helen wie Jessica so leicht möglich, die Tour durch die verwirrten Gefühle zu absolvieren als wäre es (fast) nichts: mit ungezwungenem Humor, ein paar wenigen Tränen und einer guten Portion Vitalität. Jedenfalls lernen sie (und wir) den Unterschied zwischen Liebe und Freundschaft, sie erkunden ihn und finden einen Weg. Dass sie Freundinnen bleiben, ist wohl das schönste Resümee des Films. Immerhin.
Fazit
Mit war das stellenweise ein bisschen zu leicht und locker. Denn auch wenn es in New York so sein mag, wäre das alles anderswo doch dramatischer über die Bühne gegangen. Trotzdem ist „Kissing Jessica Stein“ ein durchaus kurzweiliges, eher leises Independent-Vergnügen, das sich wohltuend von den üblichen, langatmigen und sich im Kreis der Klischees drehenden Hollywood-Romanzen deutlich abhebt und insbesondere auch frei von honigtriefender Musik ist.
(1) Zit. n. www.angelaufen.de
Kissing Jessica
(Kissing Jessica Stein)
USA 2001, 100 Minuten
Regie: Charles Herman-Wurmfeld
Drehbuch: Heather Juergensen, Jennifer Westfeldt
Musik: Marcelo Zarvos
Kamera: Lawrence Sher
Schnitt: Kristy Jacobs Maslin, Greg Tillman
Spezialeffekte: –
Hauptdarsteller: Jennifer Westfeldt (Jessica Stein), Heather Juergensen (Helen Cooper), Scott Cohen (Josh Myers), Tovah Feldshuh (Judy Stein), Jackie Hoffman (Joan), Michael Mastro (Martin), Carson Elrod (Sebastian), David Aaron Baker (Dan Stein), John Hamm (Charles), Robert Ari (Sidney Stein), Esther Wurmfeld (Großmutter Esther), Ben Feldman (Ben Feldman), Ben Weber (Larry)
Offizielle Homepage: http://www.kissingjessica.de/
Internet Movie Database: http://us.imdb.com/Title?0264761
Weitere Filmkritik(en):
„Chicago Sun-Times“ (Roger Ebert):
http://www.suntimes.com/ebert/ebert_reviews/2002/03/031301.html
„Movie Reviews“ (James Berardinelli):
http://movie-reviews.colossus.net/movies/k/kissing_jessica.html
© Ulrich Behrens 2002
(dieser Beitrag wurde zuerst veröffentlicht in www.ciao.com unter dem Mitgliedsnamen Posdole)
30 Bewertungen, 2 Kommentare
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11.02.2012, 14:33 Uhr von XXLALF
Bewertung: besonders wertvollden film hab ich noch nicht gesehen, aber du hast die story sehr gut erzählt, sodass man sich wirklich ein bild von diesem film machen kann. einfach super, bw und ganz liebe grüße
-
15.12.2006, 12:31 Uhr von Sayenna
Bewertung: sehr hilfreichsh & Kuss :-)
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