Minority Report (VHS) Testbericht

Minority-report-vhs-science-fiction-film
ab 8,11
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Auf yopi.de gelistet seit 10/2004

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Erfahrungsbericht von Tub_thumper

Ein Auge auf die Story

Pro:

-

Kontra:

-

Empfehlung:

Ja

Plot:
Wir schreiben das Jahr 2054. In Washington hat sich ein System etabliert, dass Morde vorherbestimmen kann. Drei Menschen liegen in einem Trancezustand in einem Bassin und sind in der Lage die Tat vorher zu sehen. Sie sind die Kinder von Drogenabhängigen und werden aufgrund ihrer Fähigkeiten Precogs genannt. Die Abteilung, die sich diese Möglichkeit zunutze macht, heißt PreCrime. Detective John Anderton leitet in der Abteilung die Ermittlungen. Wenn die Precogs einen Mord vorhersagen, dann erscheinen Bilder der Tat, die auf eine Holowand projeziert werden. Zusätzlich werden die Namen der Beteiligten auf Kugeln geschrieben. Auf der ersten Kugel steht der Name des oder der Opfer, auf der zweiten der des Täters. Jetzt ist es an Anderton und seiner Gruppe den Tatort zu bestimmen und den Täter vor der Tat zu verhaften. Dabei müssen sie sich beeilen, denn gerade bei Spontantaten bleibt den Beamten wenig Zeit für ihre Arbeit.

Da in Washington die Mordrate seit Jahren bei 0 ist, gibt es eine Petition das System landesweit zu betreiben. Mit dem Interesse an der Precrime-Einheit, interessieren sich auch das Justizministerium dafür. Detective Danny Wittwer wird daher der Auftrag erteilt, das Projekt zu begutachten und Schwächen zu finden. Kurz nachdem Wittwer den Raum mit den Precogs besichtigt hat, erwacht einer von ihnen, Agatha, greift nach Anderton und weist mit einer mysteriösen Andeutung auf einen abgeschlossenen Fall hin. Anderton geht dem nach und findet heraus, dass eine der aufgezeichneten Vorsehungen, nämlich die von Agatha, nicht im Archiv ist. Auch Andertons Vorgesetzter und Protektor Direktor Lamar Burgess hilft ihm nicht weiter.

Abends, nach getaner Arbeit, zeigt Anderton eine weitere Facette von sich. Während er tagsüber ein engagierter, zuverlässiger Mitarbeiter ist, ist er abends allein mit seinem Problem: sein Junge wurde quasi vor seinen Augen im Freibad entführt und wurde nicht gefunden. Dadurch ging auch die Ehe mit seiner Frau zu Bruch. Seinem Verlust begegnet er mit Drogenkonsum und alten Holoaufzeichnungen.

Der nächste Tag wird für Anderton jedoch zum Albtraum. Während der bei der Arbeit ist, schnüffelt Wittwer bei ihm zu Hause rum und findet Drogenreste. Wittwer ist selbst an Andertons Stelle interessiert und hat somit ein Trumph in der Hand. Doch nicht genug: es gibt eine neue Vision der Precogs. Anderton ist nicht unüberrascht, dass er in 36 Stunden eine ihm unbekannte Person töten soll. Die Vision kann er nur mit Mühe geheimhalten und er ist auf das kurzfristige Wegschauen eines Kollegen angewiesen. Ihm bleibt nur die Flucht um nicht wie alle anderen Beschuldigten eingefroren zu werden.

Für Anderton beginnt eine rasante Jagd gegen seine Kollegen und ein Kampf gegen eine Technik, die er für unfehlbar hielt, auf der Suche nach dem Beweis seiner Unschuld und der Manipulation, hinter der er Detective Wittwer vermutet. Seine Hoffnung liegt darin begründet, dass er durch die Erschafferin des Systems, Dr. Iris Hineman, erfährt, dass es zu Unregelmäßigkeiten in den Visionen kommen kann. Agatha hat manchmal eine andere Vision wie ihre Kollegen. Diese werden jedoch von Precrime vernachlässigt, aber in ihr in einem Bericht, den Minority Report, abgespeichert. Anderton muss also zurück in die Höhle des Löwen...

Kritik:
Minority Report ist aus meiner Sicht ein wenig überzeugender Film, der allerdings durch seine Aufmachung besticht. Optisch ist dieser Film ein Genuß. Schon alleine die projezierte Wand wo die Visionen der Precogs analysiert werden, ist schlicht und ergreifend oskarreif. Aus meiner Sicht ist es der bisher innovativste Special Effect der Filmsaison.

Das Szenario 2054 ist meiner Ansicht nach gut gelungen. Neben der Holotechnologie hat sich das Leben aus meiner Sicht relativ realistisch weiterentwickelt. Es gibt eine Mischung aus vorhersehbarer und unvorhersehbarer Technik. Dass es beispielsweise Versuche gibt, den Straßenverkehr auch mittels Automatisierung sicher zu machen oder Retinascanner einzusetzen halte ich für ziemlich realistisch innerhalb einer Periode von knapp 50 Jahren. Die vorgegebenen Strecken(steile Straßenschluchten direkt nach unten) oder Blitz-Augentransplantationen sind wohl vorerst nur der Phantasie entsprungen. Aber wer hat schon vor 50 Jahren ans Internet, DVDs oder andere moderne Techniken, die erst langsam Alltag werden, gedacht?
Vor dem zeitlichen Hintergrund wirkt die Ausgabe der Namen, die in Billardbälle reingeschrieben werden, jedenfalls fast lächerlich, auch wenn es gut ausschaut, dass die Bälle wie in einer Lottomaschine eine Strecke lang rollen.

Allerdings besitzt dieser Film eine ganz große Schwäche in dem Drehbuch. Die Story ist zwar durchaus spannend aufgebaut, aber im nachhinein gibt es doch immer wieder logische Fehler, gerade am Ende.

Gleich zu Beginn des Films fangen die Ungereimtheiten an. Anderton und seine Leute fahnden nach dem Tatort eines zukünftigen Verbrechens, des Paradefalls, der ein funktionierendes System darstellen soll. Anhand der Visionen ist eigentlich schon erkennbar, dass die Tat in einem Reihenhaus stattfinden soll. Als Problem wird genau die Suche des Hauses dargestellt. Anderton findet die richtige Tür indem er vorort nachfragt ob diese offensteht oder nicht. Natürlich ist in dem Fall die richtige Tür genau eine offene. Auf mich wirkt dieses sehr konstruiert. Wenn ich schon Täter- und Opfername kenne, weiß ich dass es sich höchstwahrscheinlich um ein Ehepaar (samt Liebhaber) handelt, dann wirkt es auf mich unlogisch nicht als erstes an das Familienhaus zu denken und dieses nachzuprüfen. Statt dessen ist irgend ein dummer Umstand (hier. die offene Tür) verantwortlich, dass die Tat im letzten Moment verhindert wird. Für meinen Geschmack macht die unlogische Herangehensweise den Erfolg des Systems nicht glaubwürdig, sondern es war eher ein Zufallstreffer, dass der Mord verhindert wurde. Dies halte ich insbesondere vor dem Hintergrund als unglaubwürdig, weil durch die Retinascans zumindest eine relative Ortsangabe möglich wäre und zudem offensichtlich personenbezogene Daten überall bekannt sind, denn sinnigerweise werden vorbeilaufende Menschen von Hologrammen in Geschäften namentlich angesprochen um diese ins Geschäft zu locken.

Diese kleinen Ungereimtheiten, die mir zum Teil erst im Nachhinein mit ein bißchen Abstand aufgefallen sind, ziehen sich weiter durch die ganze Geschichte. Beispielsweise müssen Augen nach einer Transplantation 12 Stunden strengstens geschont werden. Allerdings übersteht Anderton einen Retinascan nach der Hälfte der Zeit offensichtlich unbeschadet.

Gegen Ende des Films wird es dann ganz unglaubwürdig. Das vermeintliche Opfer von Anderton, Leo Crow, wird nicht ermordet, sondern der Schuß löst sich versehentlich im Zweikampf der beiden. Agatha ist Zeugin des Vorfalls. Als normal dürfte erwartet werden, dass sie im halbwachen Zustand eine Aussage machen kann oder aber sich die Vorfälle als Visionen im Bassin wiederholen. Zudem wären Retinascans des Opfers, um dieses zu finden, ein durchaus probates Mittel für die Mitglieder des Precrime-Teams gewesen, um Crow zu lokalisieren und Anderton eine Falle zu stellen. Auch ein zweiter Mord, der Anderton angelastet wird, kann ihm eigentlich alles andere als nachgewiesen werden, denn zur ungefähren Tatzeit taucht er weit entfernt bei seiner Ehefrau auf. Sollen im Jahre 2054 wirklich Fakten nichts mehr zählen, Gerichtsverfahren nicht mehr stattfinden, sondern nur noch (widerlegbare) Vermutungen? Dann wären heutige Ermittlungsmethoden technisch vielleicht nicht so ausgereift, aber dennoch wesentlich besser, weil sie wahrheitsorientiert sind.

Ganz außen vor gelassen wird übrigens die ethische Diskussion um dieses Thema: ist es legitim Menschen, die als weniger würdig erachtet werden, in einen Trancezustand zu versetzen? Damit wären heutige Aussagen bezüglich der Selbstbestimmung und der Rechte eines Menschen in Zukunft nichts mehr wert, sondern es gibt Instanzen, die entscheiden in welcher Form menschliches Leben existieren darf.

Insgesamt ist der Film sehr auf Tom Cruise zugeschnitten. Alle anderen Charaktere sind in dem Stück nur mehr oder minder wichtiges Beiwerk. Der Scientology-Jünger schafft es in gewohnter Manier den Zuschauer zu fesseln. Mich hat er mit seiner schauspielerischen Leistung voll und ganz überzeugt. Cruise spielt zwar zum x-ten mal den Sunnyboy, der gut aussehend jeder Gefahr entkommt, doch er trifft die charakterlichen Unterschiede zu seinen anderen Rollen wie David Aames (in Vanilla Sky) oder Ethan Hunt(Mission Impossible). Auch wenn die Rollen von Hunt und Anderton sehr ähnlich sind, wird durch Mimik und Gestik der kleine aber feine Unterschied zwischen Hunt und Anderton klar: Anderton muss allein aufgrund der technischen Möglichkeiten vorsichtiger zu Werke gehen als Hunt, der zwar auch gejagdt wird, aber seine Situation doch cooler an seine Aufgabe herangehen kann. Zudem hat Tom Cruise auch die privaten Probleme von Anderton gut dargestellt.

Im Gegensatz zu Cruise bleiben die anderen Charaktere doch ziemlich blass. Collin Farrel als Wittwer ist jederzeit mehr Teil der Verfolger von Anderton als ein dominant führender Teil. Der Beitrag von Wittwer als Gegenspieler von Anderton basiert fast vollständig auf seinem Interesse an dem Posten. Farrell selber hat zugegebermaßen auch nicht viele Chancen sich charakterlich zu profilieren.

Max von Sydow spielt seine Rolle als Lamar Burgess sehr ordentlich. Er bleibt über einen Großteil des Films als undurchschaubare Persönlichkeit im Hintergrund präsent. Als er im letzten Abschnitt mehr in den Vordergrund rückt, kommt es auch nicht dazu, dass ich behaupten kann, dass er sich in irgendeiner Form aufgedrängt hat und zu einem schauspielerischen Gegenpol von Cruise wird. Das mag vor allem daran liegen, dass die Szenen, in denen er auftritt, fast immer ruhigere und fast belanglose Passagen (als Kummeronkel für Anderton oder als Redner) sind.

Auch ein weiblicher Gegenpart zu Anderton fehlt eigentlich, weil es keine Love-Story gibt, sondern die Beweissuche von Anderton im Vordergrund steht. So bleibt Samantha Morton als Agatha monoton in der Rolle des weiblichen Precogs, der zwar der intelligenteste ist, aber letztlich fast ausschließlich nur unkoordiniert durch die Gegend laufen muss. Immerhin schafft es Morton ihren Gesichtsausdruck, in dem sich die geistige Abwesenheit wiederspiegelt, gut durch den Film zu bringen. Kathryn Morris hat eine weniger anstrengende Rolle zu spielen. Ihre Auftritte sind immer relativ kurz – wenngleich entscheidend für die Story.

Fazit:
Minority Report ist sicherlich ein sehenswerter Film. Sehenswert ist er nicht, weil ich ihn für überzeugend halte. Meine Vorbehalte habe ich ja deutlich beschrieben. Ich finde aber, dass er manch wichtige Frage aufwirft und vor möglichen Fehlentwicklungen warnt. Die wichtigste Lehre, die man aus diesem Film ziehen kann, ist, dass kein System perfekt ist, so dass man blind auf dieses vertrauen kann. Auch wenn der Wunsch nach einer Welt ohne Mord und anderen schwerwiegenden Verbrechen verständlich ist, ist eine möglich e Lösung nicht darin zu suchen Unschuldige, bei denen die Beweislage zwar sehr eng ist, aber eben nicht vollständig, einzusperren. Erst recht nicht, wenn dieses System in irgendeiner Weise manipulierbar ist, insbesondere wenn die Möglichkeiten für die Allgemeinheit unbekannt ist.

Der Film schafft es, einen diskussionswürdigen Stoff mit einer Reihe von besonderen Effekten zu verknüpfen und wirkt somit nicht trocken, sondern unterhaltend. Diese Mischung sorgt jedoch dafür, dass die Thematik an sich sehr oberflächlich diskutiert wird. Der Film selbst findet eine Antwort, es gäbe jedoch noch Alternativen, die jedoch nicht aufgegriffen und diskutiert werden. Somit geht meiner Meinung nach viel von der Aussage verloren um unterhaltende Elemente reinzubringen. Alles in allem ist Minority Report typisch amerikanisch: es gibt eine Aussage zu einem Thema. Diese wird nicht mehr als Unterstützung zur Meinungsbildung, sondern als Meinungsbildung – also als aktives Instrument eingesetzt.

Filminfos:
Schauspieler: Tom Cruise(Tom Anderton), Max von Sydow(Lamar Burgess), Samantha Morton(Agatha), Collin Farrel(Danny Wittwer), Kathryn Morris(Lara Anderton) u.a.

Regie: Stephen Spielberg

Drehbuch: Phillip Dick, Scott Frank

Dauer: 145 min


Danke für\'s Lesen, Tub_thumper
(der Artikel wurde auch von mir bei CIAO veröffentlicht)

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