Nosferatu - Phantom der Nacht (DVD) Testbericht

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ab 6,57
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Erfahrungsbericht von Videokind

Der blaue Klaus

Pro:

-

Kontra:

-

Empfehlung:

Nein

Der Stummfilm "Nosferatu - Eine Symphonie des Grauens" aus dem Jahre 1922 gilt zurecht als Klassiker des Genres. 57 Jahre später machte sich Werner Herzog in einem Anflug von Selbstüberschätzung daran, ein Remake dieses Streifens in Angriff zu nehmen.

Da ich sie eigentlich als bekannt voraussetzen kann die Handlung nur im Telegrammstil: Immobilienmarkler reist zu Grafen nach Transylvanien in dessen Schloß. Graf entpuppt sich als Vampir und kauft altes Haus in Großstadt. Draci verliebt sich aufgrund Medaillon in Angetraute des Marklers und eilt zu seinem neuen Besitz. Markler reist schwer angeschlagen hinterher. Böser Vampir bringt neben seinem Lieblingssarg noch ein paar pestversuchte Ratten mit zu neuem Domizil. Lediglich das Ende bringt etwas Abwechslung.

Bei der Wahl der Schauplätze legte man großes Augenmerk auf Authenzität. Die Landschaften und auch die Straßenzüge sind gut gewählt. Das Manko des Films ist es, dass man bei der Wahl der Darsteller nicht so viel Sorgfalt walten ließ.

Klaus Kinski in der Rolle des Nosferatu ist natürlich über jeden Zweifel erhaben. Gehört er doch zu der kleinen Riege von Ausnahmedarstellern, die schon allein durch ihre Präsenz den jeweiligen Streifen aufwerten. Er spielt seinen Grafen hingebungsvoll und überzeugend - brillant seine Fingergestik, wohl auch bedingt durch die extrem langen Fingernägel. Sein Make-Up ist treffend auf ihn abgestimmt; mit Glatze und "Spock"-mäßigen Ohren wird er seiner Rolle als "Herr der Ratten" gerecht. Dazu passen auch die Fangzähne, die an den mittleren Schneidezähnen und nicht wie üblich mehr seitlich befestigt sind. Aber das war eine Vorgabe aus dem Vorbild.

Dass man in gemeinsamen Szenen mit Kinski einen schweren Stand hat, dürfte klar sein. Deshalb verstehe ich nicht, wie man jemanden wie Bruno Ganz die zweite tragende Rolle als Jonathan Harker geben konnte. Selbst wenn man viel Wohlwollen aufbringt und einen "Kinski-ist-auch-da"-Bonus vergibt, kann man seine Leistung nur als Totalausfall deklarieren. Nuschelnd tapst er durch die Dekoration und hat immer fast denselben Blick drauf, ob der sich nun vom Grafen bedroht sieht oder sich von seiner Holden verabschiedet.

Damit wären wir auch schon bei der zweiten großen Enttäuschung: die Französin Isabelle Adjani ist eine Schauspielerin von internationalem Format. Hier beschränkt sie sich ausschließlich darauf, putzig auszusehen und verzweifelt-melancholisch in die Gegend zu stieren. Vielleicht war Madmoiselle (richtig geschrieben?) auch nicht so recht glücklich mit den wirklich hirnverbrannten Dialogen, die man ihr zumutete aufzusagen.

Nennenswert höchstens noch der Darsteller des verrückten Renfield, der als Einzigster außer Kinski überzeugen kann. Aber so gut, dass ich jetzt extra seinen Namen raussuche, war er auch nicht. Über den Rest der Sprechrollen hüllen wir einen höflichen Mantel des Schweigens. Bei den Statisten legte man Wert auf "Typen", soll heißen, echt wirkende Einwohner der unwirtlichen Gegend. Irgendwie scheint es Herzog nicht so dolle mit der Schauspielerführung zu haben, denn man hat stets den Eindruck, dass die Laienschauspieler nicht so recht wußten, was sie machen sollten - also machten sie fast gar nix außer mehr oder weniger dekorativ in der Gegend rumzustehen und hilflos dreinzublicken.

Wert legte man auf darauf, möglichst viel "Atmosphäre" durch Beleuchtung und Schattenspiele zu erzeugen. Zwar erhielt das bleiche Make-Up Kinskis dadurch einen Blaustich, aber das ist nicht weiter störend. Zugutehalten kann man dem Film, dass die Szenen, in denen keine Dialoge vorkommen, durchaus gelungen sind. Sei es nun Landschaftstotale in den Karpaten oder in der pestverseuchten Stadt. Dem Komponist Popol Vuh kann man auch professionelles Bemühen bescheinigen. Immerhin schafft er mit seinen Klängen etwas Gruselstimmung, obwohl die Idee mit den gregorianischen Männerchor sieben Jahre zuvor bei "Die Nacht der reitenden Leichen" bedeutend besser umgesetzt worden ist.

Wenn es Herzog darauf angelegt hat, dem Zuschauer nahezubringen, dass eine übermächtige Bedrohung die Sinne lähmt und man nur schwer reagieren kann und ein hypnotisches lähmendes Entsetzen mit sich bringt, dann kann man das Unternehmen als gelungen bezeichnen. Nicht umsonst beginnt jeder Hypnotiseur mit "Sie werden müde... sehr sehr müde..."

Unterm Strich bleibt ein zähes Filmchen, welches so vor sich hin plätschert. Es ist schade um Kinskis Leistung, dass sein zweiter Auftritt in einem Vampirfilm (nach "Nachts, wenn Dracula erwacht" von 1969 - dort als Renfield) nicht durch ein entsprechendes Umfeld richtig zur Geltung kommt. Es gibt noch eine Fortsetzung "Nosferatu in Venedig", welche 1987 in Italien entstand. Obwohl auch nicht gerade ein Meisterwerk hat dieses jedoch gegen Herzogs Werk die Fledermausnase vorn. Wer also Vorbehalte gegen den "Neuen deutschen Film" hat, sieht diese hier leider voll bestätigt.

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