Rosenstraße (DVD) Testbericht

D
Rosenstrasse-dvd-drama
ab 7,00
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Erfahrungsbericht von princesse

Offener Widerstand im "Dritten Reich"

Pro:

\"Die Kraft des Zivilen Ungehorsams und die Kraft der Liebe bezwingen die Gewalt der Diktatur\"

Kontra:

Besetzung des Kindes Ruth, manchmal etwas kitschig

Empfehlung:

Ja

Historisch

Am Samstag den 27. Februar 1943 wurden etwa 2000 - mit nicht-jüdischen Partnern verheiratete - (überwiegend) Männer in ein Verwaltungsgebäude in der Rosenstrasse (Berlin) gebracht.
Die nicht-jüdischen Frauen erfuhren auf unterschiedliche Weise von der Gefangennahme ihrer Partner. Sie kamen in die Rosenstraße um sich über deren Verbleib zu informieren. Daraus entwickelte sich ein Protest der eine Woche lang dauerte. Auch als Maschinengewehre aufgebaut wurden beendeten die (geschätzt etwa 600-1000) Frauen ihren Widerstand nicht. Nach einer Woche wurden die Männer freigelassen.

" Neuere Forschungen lassen an dieser Darstellung allerdings Zweifel aufkommen. Wolf Gruner erschließt im aktuellen "Jahrbuch für Antisemitismusforschung" Quellen, die bis jetzt wenig beachtet wurden. Die Aktenlage, wie Gruner sie analysiert zeigt, "daß das Reichssicherheitshauptamt die Juden aus 'Mischehen' zu diesem Zeitpunkt nicht abtransportieren wollte". Von den rund 2000 Personen - vorwiegend Männer -, die Gefangene im ehemaligen ?jüdischen Arbeitsamt? waren, sollten etwa 200 ausgewählt werden um in den noch arbeitenden jüdischen Institutionen (Reichsvertretung, jüdische Gemeinde, jüdisches Krankenhaus im Wedding) eingesetzt werden und in diesen 450 deportierte Mitarbeiter ersetzen.
Da die Gestapo zu diesem Zeitpunkt nicht beabsichtigte, die in der Rosenstraße internierten Juden zu deportieren, wurde ihre Entlassung aus dem Sammellager nicht durch die Proteste der Frauen herbeigeführt. Dies schmälert in keiner Weise den Einsatz und die Zivilcourage der dort sich versammelnden Angehörigen. Ihre Zahl wurde zuerst mit 6000 angegeben, aber in den letzten Jahren dann auf 2000 geschätzt. Heute geht man von 600 Demonstrierenden gleichzeitig und einer Gesamtzahl von 1000 Personen, die über die ganze Woche verteilt sich immer wieder an den Protesten beteiligt haben, aus." (1)

Der Film

Soeben ist der Ehemann der New Yorkerin Ruth Weinstein (Jutta Lampe) gestorben, Überwältigt von Schmerz und Trauer ordnet die sonst wenig orthodoxe Jüdin für die ganze Familie 30 Tage Trauer an ( das jüdische Trauerritual Shiwa), was jene teils überfordert, teils irritiert.

Besonders ihrer Tocher Hannah (Maria Schrader) macht das seltsame Verhalten ihrer Mutter sehr zu schaffen, da die Mutter zudem auch noch Hannahs Verlobten Luis (Fedja van Huêt) und die Heirat mit ihm strikt ablehnt.
Hannah trifft während der Totenfeier eine Fremde, es ist die Tochter Lena Fischers, welche, mittlerweile 90jährig, in Berlin lebt und einen direkten Bezug zu Ruths Vergangenheit hat, über die diese nie spricht. Hannah, durch die Ereignisse aufgewühlt, begibt sich nach Berlin, um mit der Lena Fischer (Doris Schade) zu sprechen. Sie gibt sich als Journalistin aus, Lena Fischer erzählt, wie es damals war, als sie Ruth, Hannahs Mutter, kennenlernte und letztendlich zu sich nahm.
Und so beginnt eben auch die Geschichte in der Rosenstrasse, wo Ruth, noch ein Mädchen, ihre Mutter, die gefangengenommen wurde, sucht, und wo sie (die junge) Lena Fischer (Katja Riemann) trifft, die um die Freilassung ihres jüdischen Ehemanns Fabian (Martin Feifel) kämpft. Lena gibt Ruth fortan als ihre Tochter aus und schützt sie so vor der sicheren Deportation.
"Wir wollen unsere Männer wiederhaben!" skandieren die Frauen vor dem Gefängnis in der Rosenstrasse.
Lena kämpft - beschimpft als "Judenhure" - bei den Nazischergen und in
der Rosenstrasse um die Freilassung ihres Mannes. Als sie bei den Nazis vorstellig wird um für die Freilassung Fabians zu bitten, legt man ihr nahe, sich scheiden zu lassen. Sie weist das weit von sich, worauf man ihr zu verstehen gibt, dass das 3. Reich für "Judenhuren" nichts tun kann.
Lena kommt aus einer reichen, einflussreichen Familie, doch der Vater redet nicht mehr mit ihr weil sie einen Juden geheiratet hatte und verweigert ihr auch jetzt Unterstützung.
Auch ihr Bruder Arthur (Jürgen Vogel), einem in Stalingrad verwundeten Wehrmachtsoffiziers, der anders als der Vater zu ihr hält, kann trotz des hohen Ansehens der Familie seine Beziehungen nicht nutzen, um seiner Schwester und deren Mann zu helfen. Er versucht es zwar, jedoch erfolglos.


Kritik

Margarete von Trotta ist schon ein Name, wenn der auf einem Film steht, erwarte ich viel und hohen Anspruch. Nach dem Sehen war ich hin und her gerissen. Auf der einen Seite die wunderbare Darstellung Katja Riemanns insbesondere und auch die der anderen Schauspieler, alleine die Besetzung des Kindes Ruth fand ich persönlich verunglückt, das Kind wirkt unecht, das (Schau-)Spiel gespielt, nicht wirklich gut. Die kleine Ruth bleibt farblos und wirkt eher wie eine Requisite als ein Mensch mit einer eigenen Persönlichkeit.

Die Geschichte ist äusserst spannend, der Film vermag dies auch fast immer zu transportieren. Nur wirkt manches etwas kitschig im Sinne von Herz/Schmerz, manches zu dick aufgetragen, manches unwirklich, klischeehaft.
Am allermeisten, neben der Darstellung des Kindes Ruth hat mich der Schluss gestört, er ist nicht sauber zu Ende erzählt, gerade ist Hannah noch in Berlin, dann, völlig ohne Übergang, in New York, ihre Mutter ist wieder happy und das war's dann. Wünschenswert wäre da ein etwas fliessenderer Übergang gewesen, es wirkte doch sehr abrupt und es bleiben Fragen offen.
Der Film hat immer wieder Sprünge in den Zeiten und Orten, das hat Margarete von Trotta aber im Allgemeinen sehr gut hinbekommen, ich fand mich als Zuschauer stets zurecht in den Bildern.
Die Bilder waren beeindruckend, so wie der Film und die Darstellung insgesamt, ich fand Rosenstrasse sehr bewegend.

Unterm Strich sehe ich den Film ambivalent, ja zum Thema und zu den meisten Darstellern, deren Kunst, getrübt von den oben genannten Kritikpunkten. So komme ich doch auf 4 von 5 Sternen.

Franz Rath wurde für seine herausragende Kameraarbeit mit dem Bayrischen Filmpreis geehrt, Katja Riemann erhielt für ihre exzellente schauspielerische Leistung die Coppa Volpi bei den Festspielen in Venedig.

DVD
Bonus/ Extras / Ausstattung:
- Kinotrailer
- Making-Of
- Interview mit den Hauptdarstellern
- Interview mit der Regisseurin Margarethe von Trotta und mit dem Produzenten Markus Zimmer
- Audiokommentar von Margarethe von Trotta
- «Behind the Scenes»-Sequenzen
- Cast & Crew-Info
- Produktionsnotizen

Da ich mich persönlich lediglich für den Film interessierte, nicht aber für das Bonusmaterial, kann ich dieses nicht weiter kommentieren. Es wirkte auf mich aber im grossen und ganzen interessant und professionell.

DVD Video
EAN: 4010324021663
FSK: 12
Hülle: Amaray Case
Jahr: 2002
Erscheinungsdatum: 02.06.2004


Hauptdarsteller/in: Carine Cruzen (Mutter Erika), Carola Regnier (Rachel Rosenbauer), Doris Schade (Lena Fischer (mit 90 Jahren)), Fedja van Huêt (Luis Marquez), Fritz Lichtenhahn (Vater Fabian), Gaby Dohm (Baroness von Eschenbach), Hans-Peter Hallwachs (Baron von Eschenbach), Isolde Barth (Mutter Fabian), Jan Decleir (Nathan Goldberg), Jutta Lampe (Ruth Weinstein), Jutta Wachowiak (Frau Goldberg), Jürgen Vogel (Arthur von Eschenbach), Katja Riemann (Lena Fischer), Lena Stolze (Miriam Süssmann), Lilian Schiffer (Erika), Maria Schrader (Hannah Weinstein), Martin Feifel (Fabian Fischer), Martin Wuttke (Goebbels), Nina Kunzendorf (Litzy), Svea Lohde (Ruth (mit 7 Jahren)), Thekla Reuten (Klara Fischer)
Regie: Margarethe von Trotta
Land: Deutschland
Regionalcode: 2
Genre: Drama
Hersteller: Eurovideo Bildprogramm GmbH
Laufzeit: ca. 130 min
Typ: DVD-9
Bildformat: 16:9 anamorph (2.35:1)
Tonformat: Deutsch: Dolby Digital 2.0 (Stereo)



(1) von http://www.berlin-judentum.de/denkmal/rosenstrasse.htm

40 Bewertungen, 4 Kommentare

  • nickvonzoehner

    29.12.2004, 20:04 Uhr von nickvonzoehner
    Bewertung: sehr hilfreich

    Ändere das hier mal ab: b] Historisch

  • mima007

    17.10.2004, 10:56 Uhr von mima007
    Bewertung: sehr hilfreich

    für die Erhellung des historischen Hintergrundes! Einwandfreier Bericht. VG, mima

  • w.gruentjens

    16.10.2004, 22:21 Uhr von w.gruentjens
    Bewertung: sehr hilfreich

    ... und abwägend ist dein ausgezeichneter Bericht.

  • Alusru

    16.10.2004, 21:43 Uhr von Alusru
    Bewertung: sehr hilfreich

    Das hast du wunderschön beschrieben, und obwohl es ein schwieriges Thema ist, hast du es exzellent gemeistert, meine Hochachtung und lieben Gruß Uschi.