Roter Drache (VHS) Testbericht

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ab 16,66
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Erfahrungsbericht von winterspiegel

Mit Hannibal Lecter auf Zeitreise

Pro:

Anthony Hopkins, das teilweise reanimierte Lämmer-Feeling

Kontra:

Ein nicht völlig überzeugender Bösewicht

Empfehlung:

Ja

Als Anthony Hopkins die Rolle des Hannibal Lecter in der Romanverfilmung von Thomas Harris annahm, hätte er wohl nicht im Traum damit gerechnet, dass er damit eine neue Kultfigur des modernen Kinos erschuf. Denn als Jonathan Demme 1991 „Das Schweigen der Lämmer“ auf die Leinwand brachte, gab es für den britischen Mimen mit klassischer Theaterausbildung nicht nur einen explosionsartigen Popularitätsschub, sondern auch noch die höchsten Weihen für einen Schauspieler überhaupt noch obendrauf – den Oscar.

Jahre später schrieb Harris die Fortsetzung „Hannibal“. Diese von den Fans ungeduldig erwartete Fortsetzung wurde natürlich umgehend in Drehbuchform gebracht, sodass Kultfilmer Ridley Scott (Alien) einen weiteren Streifen von Psychiater, mit der kleinen Schwäche für lukullisches aus menschlichen Zutaten, in Angriff nehmen konnte. Natürlich war niemand anderes als Hopkins selber wieder in seine Paraderolle geschlüpft.

Der Filmmogul Dino de Laurentis ließ danach nichts mehr anbrennen, und gab auch noch die erste Umsetzung Michael Manns „Manhunter“ neu in Auftrag. In Harris erstem Roman der Lecter-Trilogie -„Roter Drache“ war der teuflische Psychiater allerdings nur eine Randfigur. Doch mit Feder und Papier bewaffnet, machte sich Drehbuchautor Ted Tally (wie schon zuvor bei „Das Schweigen der Lämmer“) an die Aufgabe Hannibal Lecter, in dem ihm gebührenden Rahmen ins Script zu schreiben.



Filmhandlung


Der ehemalige Special Agent Will Graham hat sich aus seinem aufreibenden Job als FBI-Profiler zurückgezogen, um sich nur noch seiner Frau und seinem Sohn zu widmen. Da erscheint sein alter Chef Jack Crawford auf der Bildfläche, um noch einmal seine Hilfe in einem dringenden Fall in Anspruch zu nehmen.
Ein Serien-Killer beginnt in Vollmondnächten ganze Familien abzuschlachten. Sein Spitzname – die sogenannte Zahnfee bekommt er deshalb, weil er bei seinen Opfern immer Zahnabdrucke auf ihrer Haut hinterlässt. Graham schaut sich genauestens an den Tatorten um, sodass er sich so schnell wie möglich einen Eindruck von der Psyche des Mörders verschaffen kann. Die Zeit wird immer knapper, da die nächste Vollmondnacht nicht mehr allzu weit entfernt ist. Deshalb entschließt sich der FBI-Beamte schweren Herzens seinen alten Erzfeind Hannibal Lecter um Mithilfe zu bitten. Er war es schließlich, der den Kannibalen seinerzeit hinter Gitter gebracht hat.

Graham bleibt so weit dies möglich ist auf Distanz. Er weiß ganz genau: Wer sich mit Lecter einlässt und nicht höllisch aufpasst, ist auch schon so gut wie verloren. Graham versucht den Kannibalen mit einigen Hafterleichterungen zu ködern, wenn der ihm dafür behilflich ist. Langsam kommt danach die Ermittlung ins rollen. Doch da geschieht es, dass die Zahnfee heimlich mit Lecter, seinem – wie sich herausstellt - Vorbild in Kontakt tritt. Lecter, für den es ein Leichtes ist die geheime Adresse herauszukriegen, wohin Graham seine Familie versteckt hat, gibt sie an den Killer weiter. Graham geht an seine Grenzen und bearbeitet Lecter weiter, um den Aufenthaltsort der Zahnfee herauszubekommen. Doch der ist nur bereit kleine Brocken seiner Erkenntnisse über den Mörder preiszugeben, dem es nichts ausmacht ganze Familien auszulöschen. Und der hat sich als nächstes die Familie der Grahams ausgesucht...




Kritik


Brett Ratner, der bisher hauptsächlich mit den beiden Action-Komödien „Rush Hour“ 1und 2 für Furore sorgte, übernahm diesmal das Ruder und damit die schwere Bürde der Neuverfilmung von „Roter Drache“. Die erste Umsetzung Michael Manns, war zwar nicht schlecht, doch es wollte sich einfach nie so recht eine düster- bedrohliche Atmosphäre einstellen, wie sie zum Beispiel Jonathan Demme in „Das Schweigen der Lämmer“ so unübertroffen vermitteln konnte.

Diese Hausaufgaben hat Ratner allerdings gemacht, und so lehnt sich seine Adaption auch optisch eher an Demmes Meisterwerk, als an der Erstverfilmung von „Roter Drache“ an. Nur äußerst wenige Szenen spielen bei hellem Tageslicht. Ansonsten haben die Macher die unterschwellige Bedrohung von „Das Schweigen der Lämmer“ durch ein exaktes wiederherstellen von Lecters Gefängnis, und seinen teuflischen Einfluss auf alles und jeden, - selbst durch die Panzerglasscheibe seiner Zelle versucht wiederherzustellen. Dies ist ihnen dann auch ganz gut gelungen. Den Hauptanteil dafür hat ohne Frage Sir Anthony Hopkins selber, der in der Maske des die Phantasie beflügelnden Psychopaten mit Intelligenz und Bildung, ein weiteres Mal alle Register seiner mimischen Extraklasse zieht.

Jetzt will ich zu einem Punkt kommen, der mir dann doch etwas negativ auffiel. Es ist die Darstellung vom Hauptbösewicht Francis Dollerhyde – der Zahnfee. Und das liegt sicher nicht an Ralph Finnes Verkörperung, der den in seiner Kindheit misshandelten Verbrecher hervorragend zum Leben erweckt, sondern eher daran, dass die Zahnfee als eine Person gezeichnet wird, die selber verführt und höchstwahrscheinlich erst danach zum Monstrum wurde. Dies ist auch ganz gut in den Szenen zu erahnen, wenn er mit der blinden Reba zusammen ist und versucht so etwas wie eine Beziehung zu ihr aufzubauen. Hier weiß das Publikum mitunter nie so genau, ob es den tätowierten Killer ohne wenn und aber aufrichtig hassen kann, oder aber ob es doch viel eher Mitleid mit ihm haben sollte.

Edward Norton, der den Ermittler Will Graham darstellt, wirkt beinahe etwas zu jugendlich für die Charakterisierung des nervlich am Ende scheinenden Cops. Dennoch holt er noch das Beste aus seiner Rolle heraus, die nicht mehr ganz so tiefgreifend beleuchtet wird, wie noch in Manns völlig unterschätzter erster Verfilmung. Der finale Showdown schließlich haut den verwöhnten Action-Fan zwar nicht gerade aus den Socken, einen immerhin gut inszenierter Schlussakkord gibt es aber dennoch zu bestaunen.


Filmdaten

Laufzeit: 120 Minuten

Regie: Brett Ratner

Drehbuch: Ted Tally

Musik: Danny Elfman

Darsteller: Anthony Hopkins, Edward Norton, Ralph Fiennes, Harvey Keitel



Fazit


Trotz aller Anstrengungen der Verantwortlichen muss sich diese Neuverfilmung mit dem dritten Platz aller Hannibal Lecter Streifen begnügen. „Roter Drache“ reicht einfach nicht mehr ganz an die Intensität von Ridley Scotts „Hannibal“, und schon gar nicht an den alles überragenden Meilenstein des Horror-Kinos „Das Schweigen der Lämmer“ heran.
Den ausschlaggebenden Faktor hierfür spielte sicher, dass der Film-Schurke selbstverständlich gerissen, klug und auch vielschichtig sein kann - und es im besten Fall auch sein sollte. Aber es darf meiner Ansicht nach halt nicht den geringsten Zweifel an seiner abgrundtiefen Bösartigkeit geben. Sonst könnte es nämlich sein, dass das fein säuberlich gesponnene Netz der düsteren Handlung, an der einen oder anderen Stelle unschöne Risse bekommt.
Als Bewertung gibt es dennoch von mir 5 Sterne, wenn auch äußerst knapp.

Noch einige Worte zur DVD-Version, die Gegenstand dieses Berichts ist.
„Roter Drache“ gibt es in einer vor Extras nur so strotzenden 2er Disc-Edition, welche die Sammlung der Hannibal Lecter Trilogie auf digitalem Datenträger gebührend vervollständigt. Als Highlights ragen Audiokommentare, Interviews mit den Schauspielern, ein gelungenes Making of und vor allem ein sehenswertes Video-Tagebuch des Regisseurs heraus. Von meiner Seite aus kann ich deshalb den doppelten Silberling nur empfehlen.

(c) winterspiegel für Ciao & Yopi

37 Bewertungen, 2 Kommentare

  • catmother

    09.08.2004, 22:52 Uhr von catmother
    Bewertung: sehr hilfreich

    Und wieder ist das Original um Längen besser.

  • kleenerknuffi

    08.08.2004, 11:37 Uhr von kleenerknuffi
    Bewertung: sehr hilfreich

    iat auf jeden Fall Snthony Hopkins als Hannibal Lecter. Denn gerade im direkten Vergleich zu Brian Cox sieht man wie gut er diese Rolle ausfüllt. Liebe Grüße Bine